Zwischen den Ränken einer uralten, finsteren Macht und dem Untergang des Imperiums steht nur eine einsame Gruppe von Abenteurern. Wer diese tapferen Seelen sind? Nun, natürlich Sie und Ihre Gruppe! „In den Schmieden Nulns“ ist der letzte Teil der Kampagne „Wege der Verdammten“. Nachdem die Spieler die Pläne des Chaos bislang durchkreuzen konnten, hat das Böse noch eine letzte Chance. Die Kanonengießereien Nulns speien Schwefeldunst gen Himmel, doch der Rauch überdeckt nur unzulänglich den Gestank der Verderbtheit innerhalb der Stadt. Auf Einladung der Gräfin von Liebwitz kommen Adelige und Kaufleute aus dem ganzen Imperium nach Nuln, um die Enthüllung der „Magnus“, einer gewaltigen Kanone, die das neueste Wunder Nulner Ingenieurskunst darstellt, zu feiern. Die Kultisten des Slaanesh sehen dies als ideale Gelegenheit, um die Stadt und mit ihr das ganze Imperium in Flammen zu setzen.
Der Klappentext verspricht weiterhin in großen Lettern nunmehr „Das große Ende eines Epos“ - ob nun wirklich mit einer gewissen Breite und Ausführlichkeit von einem bedeutenden, in der Welt des Warhammer als historisch real verstandenen Ereignis berichtet werden kann, wird sich am Ende dieser Rezension zeigen. Der äußere EindruckMit insgesamt 112 Seiten reiht sich „In den Schmieden Nulns“ vom Umfang her nahtlos in die Ausmaße der ersten beiden Teile ein. Auch hier ist allerdings weiterhin Sparsamkeit angesagt im Verlag Feder & Schwert, und zwar insofern, dass wir erneut mit einem einfachen Schwarz-Weiß-Layout vorlieb nehmen müssen und lediglich die nunmehr schon obligatorischen Karten auf beiden Innenseiten des Hardcover-Umschlags in A3-Format bunt gedruckt sind.
Das Cover folgt im Layout seinem englischen Vorbild, wobei mir der englische Klappentext mit seiner Ankündigung wesentlich mehr Geschmack auf das Abenteuer gemacht hat. Insgesamt hätten sowohl der Stadt als auch dem Abenteuer etwas mehr Illustrationen sehr gut getan - viele bedeutende oder auch interessante Orte bleiben in der Gestaltung der Phantasie des Lesers überlassen. Somit gibt es leider nur sehr wenig fürs Auge, wenn auch die meisten wichtigen Schauplätze des Abenteuers recht gut beschrieben sind. Zum InhaltAuch zum Abschluss der Kampagne wurde Alexander von Peschke-Pigulla bemüht, unter dem Lektorat von Oliver Hoffmann aus dem Englischen zu übersetzen, wobei erfreulicherweise wiederum das Glossar von Games Workshop Deutschland verwendet wurde. Eine besondere Schwierigkeit hatte Alexander von Peschke-Pigulla diesmal sicherlich bei den Texten von Robert J. Schwalb und seinem unvergleichlichen Warhammer-Humor zu meistern. Den Spaß, den ich mit dem englischen Original hatte, konnte er in seiner Übertragung leider nicht immer erreichen. Dafür ist der Text aber insgesamt recht Originalgetreu in seiner Übersetzung und verzichtet weitestgehend auf eigene Kreationen.
Wie bereits verraten wurde, ist „In den Schmieden Nulns“ der Abschluss der Kampagne „Wege der Verdammten“, der mit dem Band „Aus der Asche Middenheims“ begann und seine Fortsetzung „In den Türmen Altdorfs“ fand. Insofern folgt „In den Schmieden Nulns“ im Aufbau seinen Vorgängern und gliedert sich einen ausführlichen Teil, der die Geschichte Nulns, ihren Aufstieg vom Stadtstaat bis hin zur ehemaligen Hauptstadt und die Ereignisse während des „Sturm des Chaos“ beschreibt und mit zahlreichen Informationen über die Nulner Gesellschaft, den Adel, die Priester, Gilden und Unterweltfamilien aufwartet.
Das vorliegende Abenteuer trägt seinen Namen nicht ohne Grund: Die in Nuln angesiedelte Imperiale Artillerieschule ist die größte Kanonenschmiede der Alten Welt und die einzige des Imperiums. Hier werden sämtliche Großkanonen und Mörser des Imperiums hergestellt. Die im Manufakturviertel befindlichen Gießereien sind von unerträglicher Hitze, Lärm, Qualm und Ruß erfüllt, der nicht zuletzt weite Teile der Stadt mit seinen Abgasen in schwarzen Dunst hüllt.
Nuln ist die zweitgrößte Stadt des Imperiums, die es Dank ihrer Lage zu großem Wohlstand als Handelsstadt gebracht hat. Hier treffen sich am Zusammenfluss von Reik und Aver viele Handelswege. Durch den Wohlstand ist es nicht erstaunlich, dass es Nuln, was gesellschaftliches Leben und Künste angeht, sogar Altdorf noch übertrifft. Nicht umsonst trägt die Stadt auch den Namen „Krone der eintausend Juwelen“.
Verborgen in den Katakomben unter der Stadt existiert eine verborgen lebende Mutantengemeinschaft. Diese ist bei den Bewohnern Nulns als der „Nachtmarkt“ bekannt und stellt nach den Kämpfen mit den Horden Archaons eine nicht zu unterschätzende Bedrohung dar, weiß doch niemand genau, was sich unter den Häusern und Straßen der Stadt zusammenrottet.
Insgesamt kommt das tägliche Leben in Nuln, mit seinen Bürgern, Steuern und täglichen Unzulänglichkeiten ebenso wenig zu kurz wie eine ausführliche Beschreibung der wichtigsten Bauten, Stadtteile und „Sehenswürdigkeiten“ der Stadt. Weiterhin findet man zwei neue Karrieren, die des Kaminfegers und die des Dungsammlers. Somit bietet dieses Kapitel einem SL mehr als genügend Orientierung. Nuln und kann auch als Grundlage für weitere eigene Abenteuer genutzt werden.
Das Thema Kaffee taucht in Nuln erstmals in der Warhammer-Welt auf. Scheinbar hat dieses Thema die Entwickler sowohl fasziniert als auch amüsiert, erfolgt doch nicht zuletzt der Hinweis auf die wohl teuersten Kaffeebohnen, die aus den Exkrementen der Qahwa-Schleichkatze gewonnen werde, die diese zuvor gefressen hat. Für gewöhnliche Sterbliche, die ein Pfund Kaffee kaufen möchten, sei der Preis von rund 33 GK genannt.
Als dritter Autor im Bunde der Kampagne „Wege der Verdammten“ hatte Robert J. Schwalb einen leidlich schweren Stand, galt es doch nicht nur die bisherige Geschichte fortzuführen, sondern zu einem fulminanten Ende zu bringen und nebenher eine vollständige Stadtbeschreibung zu liefern. Gab es bislang zu Middenheim und zu Altdorf hinlänglich Beschreibungen zu einzelnen Örtlichkeiten und zu ihrer historischen Entwicklung, auf die man aufbauen konnte, sah sich Schwalb für Nuln fast gänzlich ohne geeignetes Material und passende Hintergrundinformationen. Fündig wurde er allerdings im Warhammer-Roman „Der Graue Prophet“ von William King, dessen Handlung in Nuln angesiedelt ist und Schwalb in weiten Teilen zu seiner Beschreibung von Nuln inspirierte. Auch wenn diese nur rund 25 Seiten umfasst, so hebt sie sich in ihrer Intensität zumindest deutlich von der Beschreibung des eher biederen Altdorfs ab - sind es doch nicht zuletzt etliche Kneipen, Tavernen, Schank- und Wirtshäuser mit denen Schwalb aufwarten kann und die nur allzu gerne mit „Leben“ gefüllt werden wollen. Sei es nun „Der güldene Hammer“, „Zur blinden Sau“, „Zum flotten Zwerg“ oder „Zum bellenden Hund“.
Die zahlreichen Bräuche, Gewohnheiten sowie die Aufmärsche und Paraden sind es letztlich, die das tägliche Leben in Nuln prägen: Von den Feierlichkeiten (und den wüsten Saufgelagen) anlässlich der Taufe einer frisch gegossenen Kanone bis hin zur Artillerieparade, wenn ein Artilleriezug die Stadt verlässt um in den Krieg zu ziehen. Die Erschaffung und Beschreibung all diese Dinge hat Robert Schwalb sichtlich viel Spaß bereitet, sie sind hervorragend dargestellt und haben immer wieder diesen leicht schrägen und bizarren Unterton, der Warhammer und seine Welt letztlich ausmacht. Allerdings kommen weitergehende Erläuterungen, wie zum Beispiel der „Schwarzpulverwoche“ zu kurz. Lediglich ein kurzer Absatz wird diesem Fest gewidmet, das ein zentrales Element des kompletten Abenteuers in Nuln darstellt. Hier hätte man sich gerne das komplette Programm einer Woche gewünscht und nicht nur den Hinweis auf die kostenlosen Feuerwerkskörper, die von der Imperialen Artillerieschule verschenkt werden.
Der zweite große Abschnitt mit insgesamt acht Kapiteln ist das eigentliche Abenteuer, wobei durch den Autor ausdrücklich der Hinweis erfolgt, man könne mit entsprechenden Kniffen dieses Abenteuer auch ohne Kenntnis der beiden anderen Teile spielen. Dies erscheint mir auch durchaus möglich - vorausgesetzt die Motivation und einige Hintergründe werden entsprechend angepasst.
Wenn die SC bereits die Geschehnisse „In den Türmen Altdorfs“ hinter sich gebracht haben, dürfte man als SL mit der Umsetzung eines komplexen Abenteuers vertraut sein. Das Abenteuer „In den Schmieden Nulns“ steht diesem nämlich in Komplexität in nichts nach. Auch hier gibt es eine Haupthandlung und zwei weitere Handlungsstränge, in die die SC hineingeraten. Das Abenteuer hat zudem einige zeitlich fixierte Schlüsselereignisse, die man nicht aus den Augen verlieren sollte. Aber auch in Nuln bleibt genügend Zeit, um inmitten all der Ränke und Intrigen sich durchaus „handfest“ mit manchen Geschehnissen auseinander zu setzen.
„In den Schmieden Nulns“ beginnt in Altdorf und schließt sich grundsätzlich unmittelbar an die Geschehnisse des Abenteuers „In den Türmen Altdorfs“ an. Auf der Suche nach dem dritten Artefakt gelangen die Charaktere in eine zerstörte Klosternanlage in der Nähe von Altdorf und finden Spuren, die sie nach Nuln führen. Die SC haben nunmehr die Gelegenheit, eine Passage auf der „Imperator Wilhelm“ zu buchen und sich auf den Weg nach Süden zu machen. Bereits auf dem Schiff erhalten sie einen kleinen Vorgeschmack auf die Verderbnis, der sie bald entgegentreten müssen.
Die Reise auf dem Schiff nach Nuln gestaltet sich zwar - ganz nach Geschmack des SL - überaus abwechslungsreich, allerdings bleibt der mysteriöse Mordfall auf dem Schiff ungeklärt und es gilt die Spieler vor möglichem Frust zu bewahren, noch bevor das eigentliche Ziel der Reise erreicht ist. Allerdings können auf dem Schiff unter Umständen einige Kontakte mit wohlhabenden und einflussreichen Persönlichkeiten geknüpft werden, die sich im Laufe des späteren Abenteuers in Nuln als nützlich erweisen könnten.
Bei ihrer Ankunft in Nuln werden die SC rasch in die mysteriösen Vorgänge rund um verschwundene und zum Teil auch überaus wohlhabende Bürger Nulns verwickelt. Nach und nach werden die SC tiefer in eine Verschwörung hineingezogen, bei der es um die Enthüllung der „Magnus“ geht, einer neuen Kanone, die in den Kampf gegen das Chaos ziehen soll.
Wenn auch etwas unerwartet, so finden sich im vierten Kapitel des Abenteuers noch einige durchaus interessante Hinweise darüber, wie man Nuln „zum Leben erwecken“ kann. Die Geräusch, Gerüche und zufälligen Anblicke in einer Stadt, die nicht zuletzt Altdorf Konkurrenz macht, stellen sich in einigen Beschreibungen und Tabellen dar.
Im fünften Kapitel, dem mit Abstand Kompliziertesten für den SL, sind alle Spuren, Hinweise und Orte sowie einige NSC aufgeführt, die die SC in den ersten fünf Tagen ihrer „Ermittlungen“ in Nuln nachgehen können. Die Spuren und Geschehnisse können beliebig kombiniert werden und ergänzen sich je nach Ablauf. Nebenhandlungen und weitere Ereignisse schließen sich unmittelbar im sechsten Kapitel an, wobei der Name „Kanäle und Kanonen“ hier Programm ist und die Quelle für die Beschreibung der Kanalisation des Autors Schwalb nur allzu deutlich erkennbar wird.
Bedauerlichweise müssen die Charaktere im Verlauf des Abenteuers oftmals Spuren folgen, die letztlich zu keiner Lösung führen, da ihnen manches Ergebnis vom Spielleiter aus „dramatischen Gründen“ fertig präsentiert werden muss. Gravierend fällt mir persönlich dies bei dem durchaus grandios in Szene gesetzten Maskenball der Gräfin Liebwitz im siebten Kapitel „Maskerade“ auf – hier muss es letztlich in mitten lauter maskierter Adeliger zu einem Mord kommen und es besteht keine Möglichkeit für die SC, in das Geschehen einzugreifen. Der Abend inmitten dieser Maskerade mit einem fulminanten Ende dürfte für die SC zwar sicherlich sehr ansprechend sein, aber was sie letztlich für das weitere Fortkommen des Abenteuers in Nuln daraus machen, obliegt alleine ihnen.
Zumindest führen die zahllosen Ereignisse in der Schwarzpulverwoche zu Unruhen und im achten Kapitel heißt es dann „Die Hölle bricht los“. Nichts Ungewohntes für die SC, war es doch insbesondere in Middenheim zum Schluss recht ungemütlich. Und nicht zuletzt rinnt auch die Zeit dahin und zwingt die Charaktere letztlich zum entscheidenden Kampf… FazitDer Abschluss der Kampagne kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Nach dem überaus linear angelegten Middenheim und dem recht verworrenen und zum Teil nicht sehr ansprechenden Abenteuer in Altdorf, ist es mit „In den Schmieden Nuln“ endlich gelungen, die optimale Mischung zu finden. Zwar bedarf es ob der Fixierung auf ein recht detektivisches Rollenspiel eines erfahrenen SL, doch der damit verbundene Spaß steht außer Zweifel. Es obliegt den SC, im Rahmen der gegebenen knappen Zeit ihre Nachforschungen in Nuln anzustellen und sich somit immer tiefer in die dunklen Intrigen dieser Stadt vorzuarbeiten. Einige Handlungsstränge verlaufen dabei parallel und bereiten nicht nur dem SL große Freude. Auf den Spuren eines vermeintlichen „Jack the Ripper“ im dunstigen Nuln zu wandeln, hat mir persönlich großen Spaß gemacht.
Darüber hinaus bietet Nuln noch Platz genug für eigene Abenteuerideen, da die Beschreibungen der Stadt und ihrer Einwohner in sich geschlossen und abgestimmt sind. Wer weiß, wohin ein Aushang an der Deutz-Ulme auf dem Reiksplatz die Abenteurer als nächstes hinweht?
Also - nicht lange zögern, denn trotz aller Kritik: Es ist nicht unbedingt ein Epos, aber wer Lust auf ein stimmungsvolles und gelungenes Abenteuer hat, sollte sich rasch „In den Schmieden Nulns“ zulegen. |
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