Der erste Eindruck: Das Complete Adventurer ist das vierte Buch der Complete-Reihe und schließt die Reihe der Klassenbücher für D&D 3.5 ab. In diesem Band geht es weitestgehend um Charaktere, die stark auf Fertigkeiten basieren und sich auf diese verlassen müssen, weswegen hier neue Verwendungen von Fertigkeiten, Talenten, sowie neue Klassen, Prestigeklassen, Zauber, Magische Gegenstände und Organisationen zu finden sind. Die neuen Monster, die auf der Rückseite des Covers versprochen werden, sind jedoch nicht im Buch zu finden. Das Buch umfasst die für diese Bücher üblichen 196 Seiten und kommt, ebenfalls wie gewohnt, im Hardcover. Im Inneren finden sich zahlreiche, teils ganzseitige Illustrationen, die verschiedenste Stile aufweisen und auch von verschiedenster Güte sind. Einige wissen sehr gut zu gefallen, andere wiederum nicht, was aber auch eine Frage des Geschmackes ist. Schön sind diejenigen Illustrationen, die zwei in Relation zueinander stehende Prestigeklassen zeigen, wie beispielsweise die des Shadowbane Inquisitor der seinem Kumpanen, dem heimlichen Shadowbane Stalker folgt. Das Layout des Buches lehnt an die anderen Complete-Bücher an und ist übersichtlich in zweireihigem Text angelegt, der sehr gut lesbar ist. Der Text an sich ist gut verständlich geschrieben.
Klassen Wie alle Complete-Bücher beginnt das Complete Adventurer (CAdv) mit neuen Klassen. Diese sind der Ninja, der Scout und der Spellthief. Während der Ninja ein Meister der Heimlichkeit, Tarnung und der schnellen tödlichen Angriffe ist, ist der Scout in vielen Kampagnen für den „Waldläufer-Spieler“ eine sehr gute Wahl, denn er kommt mit besonderen Fähigkeiten im Bereich „Survival“ und „Tapfinding“ daher und kann sogar mit einigen leichten Kriegswaffen umgehen. Der Ninja hingegen geht voll und ganz auf Heimlichkeit und hat besondere Fähigkeiten, die es ihm erlauben, Dinge zu tun, die die wenigsten anderen Klassen tun können. Beispielsweise kann er mit dem „Ghost Step“ unsichtbar bzw. ab der 10. Stufe statt dessen ätherisch werden. Dazu setzt er auf die Kraft seines Ki. Der Spellthief ist praktisch eine Weiterentwicklung des Rogues (Schurken). Er kann im Tausch gegen Sneak Attacks Zauber stehlen, in späteren Stufen kann er diese sogar bedingt absorbieren oder stattdessen sogar Zauber- oder Energieresistenzen stehlen.
Prestigeklassen: Die Vielfalt ist hier Trumpf. Faktisch ist für jede Klasse etwas dabei und selbst Mutliclass-Charaktere kommen auf ihre Kosten. Bei den Prestigeklassen finden sich viele „alte Bekannte“, wie beispielsweise der Animal Lord, der Bloodhound, der Dread Pirate oder der Vigilante, die allesamt natürlich auf die 3.5 Regeln geupdated wurden. Es sind sogar Prestigeklassen aus dem Dragon Magazine zu finden (Beispiel: Ghost Face Killer). Was mir besonders an den PK’s gefallen hat, sind die schon eingangs erwähnten Prestigeklassen, die in Verbindung zueinander stehen. Wieder kann ich hier als Beispiel den Shadowbane Inquisitor sowie den Shadowbane Stalker nennen, aber auch der Daggerspell Mage und der Shaper haben mir sehr gut als Team gefallen. Diese Teams bringen einen interessanten Aspekt in eine Gruppe, wenn sie von verschiedenen Spielern gespielt werden. Vor allem der Shadowbane Inquisitor, ein Paladin mit Schurkenfähigkeiten, hat mir hier besonders gut gefallen. Auch der Dread Pirate ist ein interessanter Charakter, denn eigentlich werden in dieser Prestigeklasse gleich zwei PK’s angeboten – nämlich der ehrenhafte und der unehrenhafte Pirat, zu dem man sich auf der 2. Stufe der PK entscheiden muss. Von dieser Entscheidung hängt dann ab, wie sich der Charakter weiterentwickelt und welche Fähigkeiten er erlangt.
Fertigkeiten & Talente: Die Fertigkeiten haben mich nicht wirklich überzeugt. Zwar werden hier einige neue Varianten angeboten und auch die Beschreibungen der Fertigkeiten wurden erweitert, was sicherlich eine nette Sache ist, aber sie sind auch nicht bei allen Fertigkeiten zu finden. Dennoch bietet auch dieser Bereich ein paar nette Ansätze, die der eine oder andere Spieler oder SL gerne verwenden wird. Die Talente bieten eine ähnliche Vielfalt wie die Prestigeklassen. Zwar gibt es hier auch eine Vielzahl an Talenten, die das einfache, aber oftmals effektive Prinzip des „Wir tauschen einfach einen Attributs wert gegen einen anderen“ aus verfolgen, aber es gibt auch Talente, die wirklich mehr Individualität in die einzelnen Klassen bringen. Außerdem finden sich gerade für den Barden einige sehr interessante musikalische Talente, wie beispielsweise der „Ironskin Chant“ der ihm eine Schadensreduzierung von 5/- verleiht.
Equipment & Tools: Dieses Kapitel umfasst viele neue Gegenstände, darunter auch neue Waffen. Außerdem werden hier die alchemistischen Kapseln (capsules) präsentiert, die entweder als falsche Zähne für die schnelle Verbesserung eigener Fertigkeiten, wie auch für Kapseln, die an Waffen angebracht werden können, um entweder Gegnern zu Schaden oder auch Schadensreduzierungen zu durchdringen, daherkommen. Diese Kapseln sind sicherlich sehr interessant und bieten einen weiteren Aspekt zur persönlichen Anpassung eines Charakters. Neben der handvoll exotischer Waffen finden sich weiterhin auch noch andere alchemistische Gegenstände in diesem Kapitel, die es in sich haben. Abgerundet wird das Kapitel mit neuen Masterwork-Instrumenten und verschiedenen Werkzeugen und Skill-Sets, sowie mit einer ganzen Reihe an neuen magischen Gegenständen, die auf jedenfall mehr als einen Blick wert sind.
Zauber: Die neuen oder überarbeiteten Zauber, die sich hier finden sind zahlreich und wie so oft, sind einige interessant und einige wieder nicht. Aber auch hier sind die Geschmäcker verschieden und die Gemüter werden sich bei den verschiedenen Zaubern scheiden. Ich habe auf jedenfall einige entdeckt, die mir schon jetzt gefallen und die sicherlich im Spiel Anwendung finden werden und dort effektiv eingesetzt werden können. Allerdings können viele dieser Zauber auch vorhandene Talente ersetzen (beispielsweise der Guided Shot, bei dem keine Mali aufgrund der Reichweite anfallen oder Blade Storm, der dem Whirlwind-Talent sehr ähnlich ist und mit dem man Nahkampfangriffe gegen jeden Feind in Bedrohungsreichweite angreifen kann) und das bringt eben die Gefahr, dass bestimmte Talente auf das Abstellgleis geschickt werden und in der Versenkung verschwinden.
Organisationen: Das letzte Kapitel behandelt Organisationen und bietet eine Handvoll neuer Organisationen mit entsprechenden Informationen an. Neben den grundlegenden Richtlinien einer Organisation, deren Gruppierung, typischen Mitgliedern, einer Gildenkampagne, wird auch eine Beispielmitglied der Organisation feilgeboten. Interessant hierbei ist, dass jeder Organisation eine oder mehrere Prestigeklassen zugeschrieben wird. Auch wird ein Führer angeboten, um eigene Organisationen zu erstellen. Abgeschlossen wird das Buch mit einigen Informationen über Epic Level Progression und einigen neuen epischen Talenten, die am Ende des Kapitels zu finden sind.
Sonst noch was?: Das Buch hat weniger auffällige Fehler, als vorige Bände der Reihe, aber an einigen Stellen konnte der Fehlerteufel doch zu schlagen. Ein offensichtlicher Fehler beispielsweise ist der auf Seite 86 in Tabelle 2-25. Dort sollte es bei den „Spells per Day“ für den Vigilante sicher nicht sein, dass er auf der 7. Stufe 20 Zauber des 3. Grades hat, sondern eher das er 2 Zauber des 3. Grades und 0 Zauber des 4. Grades erhält. Das Gleiche gilt für die folgenden Stufen, hier ist anscheinend ein Fehler in den Spalten übersehen worden. Sicherlich gibt es auch noch einige andere Fehler und ein Errata wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.
Fazit: Alles in Allem hat mir das Buch sehr gut gefallen und es bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten und zeigt Verwendungsbreite. Egal, ob neue Klasse oder auch eine Prestigeklasse, für jeden Charakter sollte hier was zu finden sein. Mir haben hier besonders die „PK-Teams“ gefallen, wie die Shadowbane- oder die Daggerspell-PK’s, die eine Symbiose bilden und sich gegenseitig ergänzen. Auch Talente und Fertigkeiten haben es in sich, wenn auch die Talente hier eindeutig die Nase vorn haben. Bei den Gegenständen ist der Aspekt der alchemistischen Kapseln hervorzuheben, denn diese sehe ich als sehr gelungene Idee an, die auch gut umgesetzt ist. Dann ist noch das Kapitel über Organisationen hervorzuheben, welches hinsichtlich D20 nichts wirklich Neues bietet, aber eine kompakte und gut erarbeitete Sache ist. Schon alleine der Bezug mit bestimmten Prestigeklassen macht dieses Kapitel aber mehr als interessant. Ansonsten bietet das Buch die üblichen Dinge eines Klassenbuches: Neue Zauber, magische Gegenstände und so weiter, was nicht negativ gemeint ist, denn auch diese sind weitestgehend sehr gut erarbeitet. Wer gerne seine Charaktere mit Fertigkeiten und besonderen Fähigkeiten aufmöbeln will und/oder auf Optionen zurückgreifen möchte, dem sei das Complete Adventurer ans Herz gelegt. Das Buch ist mit Sicherheit sein Geld wert. Ich selbst finde sogar, dass es das beste Buch der Reihe ist, aber das ist nur eine persönliche Empfindung.
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