Lost Empires of Faerûn (LEoF) beschäftigt sich mit den untergegangenen Imperien der Vergessenen Reiche. Als Cover-Bild sehen wir eine Abenteuergruppe die gegen einen Leichnam kämpft der sich gerade aus seinem Sarkophag erhebt. Die Abenteurer werden außerdem von den mumienartigen Skeletten bedrängt. Das Bild gefällt mir vom Stil nicht ganz so gut, ist aber dennoch ein passendes Titelbild für die Thematik. Mal sehen was sich im Innern verbirgt.
Einleitung & Artwork: In der Einleitung erfährt der Leser, worum es in LEoF geht und welche Bücher benötigt werden, um das Buch effektiv nutzen zu können. Benötigt werden nur die Grundregelwerke und der Player’s Guide to Faerûn. Für einen kleinen Teil an Psionischen Regeln ist das Expanded Psionics Handbook unabdingbar. Allerdings finden wir auch den Hinweis, dass auf einige Bücher Bezug genommen wird, ohne dass man diese zwingend braucht. „Einige“ ist hier aber eher untertrieben, so nahezu alle VR-WotC Bücher der letzten Jahre sind damit gemeint, sowie weitere Bücher wie etwa sämtliche Monsterbücher. Fairerweise muss aber gesagt werden, dass man diese Bücher wirklich nicht benötigt. Es gibt sogar eine Tabelle, wie man bestimmte Monster mit welchen aus den Grundregeln ersetzen kann. Persönlich gefällt mir dieser Bezug auf weitere Regelwerke ganz gut, zumal diese nicht wirklich gebraucht werden, so hat man gleich einen Tipp, wie man Material aus anderen Büchern einbauen kann. Thematisch so erfahren wir, beschäftigt sich das Buch mit der Vergangenheit Faerûns die geprägt ist durch untergegangene Imperien unterschiedlicher Art und ihrer Geheimnisse, sowie was von ihnen geblieben ist. Da dies eine der Kern-Thematiken der Vergessenen Reiche ist, daher unter anderen auch ihr Name, können wir gespannt sein. Das Artwork im Buch hat mir deutlich besser gefallen als in vielen anderen VR-Büchern. Manga-Bilder findet man praktisch nicht und viele Bilder fangen sehr gut das Thema das Buches ein.
Kapitel 1 – Uralte Geheimnisse Das erste Kapitel enthält den Großteil des „crunch“, nämlich Prestige Klassen, Talente und Zauber. Zunächst zu den 16 neuen Talenten. Was hier geboten wird, ist interessant, aber erhofft hatte ich einige Talente für höherstufige Charaktere, die man hier leider nicht findet. Dennoch sind einige, vor allem für den SL interessante Talente dabei. Dazu gehört sicherlich Servant of the Fallen. Dieses erlaubt, dass man göttliche Zauber von einem toten Gott oder eine nahezu göttlichen Kreatur wie einen Dämonenfürsten oder Erzteufel erhält, etwas was in den VR sonst eigentlich nicht möglich ist. Diese elegante Regellösung ist auch für Spielercharaktere interessant, die gerne einen Kleriker spielen wollen, der unabhängig ist von jeglicher Kirchenhierarchie und dessen Gottheit vielleicht nicht überall bekannt ist. Für Magier-Spezialisten gibt es auch einige gute Talente die es ihnen ermöglichen Zauber aus einer verbotenen Schule zu ergreifen bzw. Gegenstände dieser Schule anzuwenden. Gelungen ist ein neues Talent zur Erschaffung von magischen Gegenständen mit dem Namen „Craft Scepter.“ Zepter sind eine Mischung aus Stab und Stecken. Man kann zwei Zauber mit ihnen wirken, der SG richtet sich nach dem Erschaffer und der höchstmögliche Zaubergrad ist 7. Das einzige Metamagie-Talent, „Wounding Spell“, ist dagegen ziemlicher Mist und auch viel zu schwach. Dem Leser werden fünf neue Prestigeklassen (PK) dargeboten, die in einem für die VR völlig neuen Format dargestellt werden. Dieses so genannte „in-depth“ Format ist bereits aus den Races of X Büchern von WotC bekannt und ist absolut lobenswert. Im Gegensatz etwa zu den PKs aus der Complete X Reihe, werden hier neben den nötigen Spielwerten, auch tiefgehende Tipps zum Spielen und dem Einsatz der PK in einer Kampagne gegeben. Zwar finden wir auch wie immer einen Bsp. NSC am Ende jeder PK. Dieser hat aber im Gegensatz zu den Complete Büchern ein paar Zeilen Hintergrundgeschichte, was ihn deutlich attraktiver macht. Neben dem neuen Format wirken die fünf PKs allerdings eher wie Magerkost. Der Cultist of the Shattered Peak ist eine PK für einen Kult Überlebender Bewohner Nesserils die sicherstellen wollen, dass Nesseril ein untergegangenes Imperium bleibt, und für dieses Ziel vor nichts zurückschrecken. Während dieser Hintergrund noch gefallen mag, ist die Fünf-Stufen PK nicht besonders beeindruckend, was ihre Fähigkeiten angeht. Der Glorious Servitor ist eine Priester oder Paladin-PK für das Götterpantheon von Mulhorand. Diese sieben Stufen umfassende PK hat keine Spell-Progression erhält dafür starke Fähigkeiten, wie sich etwa in das Tyr der Gottheit zu verwandeln (bei Set z.B. in einen Skorpion). Die PK ist recht gut gelungen, auch wenn Spieler sie mangels ansteigen der Zauberstufe wohl eher meiden werden. Der Magelord führt die Magietradition der Magierfürsten von Athalantar fort (bekannt aus den Elminster-Büchern). Die PK ist eine Mischung aus Arcane Trickster und Halruaan Elder (Shining South). Sie ist auf den ersten Blick sehr stark. Die Schlüsselfähigkeiten der PK sind so genannte Signaturzauber. Diese Zauber kann man wirken, indem man andere Zauber direkt in sie umwandeln kann, genauso wie ein Kleriker alle Zauber in Heilzauber umwandeln kann. Die Voraussetzungen sie zu ergreifen sind auch recht hoch (wohl gedacht für Rogue 2 / Wizard 9) und man kann sie seltsamerweise nur auf epischen Stufen vollenden. Die Olin Gisir sind elfische Wächtermagier, die über Hinterlassenschaften der Elfen-Imperien wachen. Im Prinzip ähneln sie sehr stark dem Lore Master von den Fähigkeiten her. Auch die PK ist gelungen, auch wenn es eher eine weitere NSC-PK ist. Zuletzt gibt es noch den Sunmaster. Die PK ist für Kleriker des toten Sonnen-Gotes Amaunator, der als Lathander neu geboren wurde. Die PK gibt Zugriff auf weitere Domänen, Feuerresistenz und glühende Augen, aus denen man Strahlen verschießen kann. Zusammenfassend gesehen sind die PKs sicherlich nicht schlecht und da es sowieso so viele PKs gibt, ist es auch ganz gut, dass es nicht so viele sind. Zu loben ist vor allem das neue Format. Hier werden die PKs wirklich umfassend dargestellt und erhalten deutlich mehr Hintergrund und Substanz als im bisherigen Format. Man kann nur hoffen, dass WotC dies weiterhin so handhabt. Als nächstes folgen die Zauber. Größtenteils handelt es sich um Magier/Hexenmeister-Zauber. Viele Zauber tragen die Namen bekannter sehr mächtiger Magier der untergegangen Imperien wie Nezram oder Srinshee und sind deren Vermächtnis. Die Zauber sind eher phantasievoll dennoch nicht zu speziell und durchaus sinnvoll. Witzig ist der Ray of Resurgence der im Prinzip der Gegenzauber zum seit der 3.5E sehr beliebten Ray of Enfeeblement ist. Alles in allem haben mir die Zauber gut gefallen.
Kapitel 2 – Träume der Vergangenheit In diesem Kapitel findet der Leser, etliche Tabellen zum zufälligen erstellen von Ruinen oder anderen Hinterlassenschaften der untergegangenen Reiche. Der SL kann so schnell Räume und evtl. Einwohner eines Gebäudes auswürfeln, was z.B. nützlich ist bei untergegangenen Städten wo man nicht jedes Gebäude vorbereitet hat. Persönlich benutze ich eher selten solche Zufallstabellen, aber es ist ja D&D Tradition, dass es diese in nahezu jedem Supplement erscheinen müssen. Auch gibt es eine Tabelle zum Erwürfeln von Abenteuerideen mit 1d20. Obwohl ich so etwas nie auswürfeln würde, sind die Ideen ganz nett. Der zweite Teil dieses Kapitels beschäftigt sich mit den toten/schlafenden Göttern. Die Beschreibung der zehn Götter ist sehr kurz, was schade ist. Enthalten sind auch die Domänen der aufgelisteten Götter, was natürlich sehr nützlich ist, wenn man einen solchen Kult einbauen will bzw. ein SC einen solchen Gott verehrt. Der letzte Teil dieses Kapitels beschäftigt sich mit Epischer Magie und der Errichtung eines Mythals. Hier findet der Leser einen epischen Zauber und zwei neue Epic Seeds. Der epische Zauber dient der Verlängerung des eigenen Lebens und ist sehr zerstörerisch. Jedes Wesen, was mit dem Zauber getötet wird, verlängert das Leben um ein Jahr. Die beiden Epic Seeds im Buch sind Mythal und Shadow und natürlich eine dankbare Ergänzung für die Epic Regeln. Anschließend wird sehr genau auf die Errichtung eines Mythals eingegangen. Ein Mythal ist ein mächtiges Magiefeld, welches allem im Bereich erlaubt, bestimmte Zauber zu nutzen oder bestimmte Zauber verbietet. Die Stadt Silbrigmond ist durch einen solchen z.B. geschützt und am bekanntesten ist der teilweise korrumpierte Mythal von Myth Drannor. Hier wird genau am Bsp. Silbrigmonds erläutert wie sich Kosten und der Zauberkunde SG ermitteln, um mittels eines Epic Spells einen Mythal zu errichten.
Kapitel 3 bis 9 – Die untergegangenen Imperien Die nächsten sieben Kapitel beschäftigen sich mit dem eigentlichen Thema des Buches, den Lost Empires of Faerûn. In jedem Kapitel wird eine Region Faerûns oder ein Zeitraum erläutert. Jedes Kapitel behandelt daher meist nicht ein verlorenes Reich, sondern mehrere. Die Kapitel unterteilen sich in The Crown Wars (Elfen), God-Kings of the East, Realms of the High Forest, Fallen Netheril, The Imperial South, The Dream of Cormanthyr und The Old North. Da jedes Kapitel ca. zwischen 10-15 Seiten umfasst kann man sich vorstellen, dass nur ein paar Seiten je ein Reich/Imperium behandeln. Alle Kapitel sind praktisch ähnliche aufgebaut. Beginnen tun sie mit einer Zeitleiste welche die Geschichte der Region zusammenfasst und einen Überblick gibt über die wichtigsten Geschehnisse. Wobei hier teilweise auch absolut unwichtig erscheinende Ereignisse aufgelistet sind. Anschließend wird die Geschichte jedes Reiches noch mal näher ausführlich erläutert. Dann folgt eine Beschreibung der wichtigsten Orte des untergegangenen Reiches und was mit diesen in der Gegenwart passiert ist bzw. was sich dort noch finden lässt. Am Ende jeder Beschreibung eines Reiches findet der Leser das für den SL wertvollste. Die Geheimnisse des jeweiligen Reiches und wertvolle Abenteuer-Plots. Das ist die Stärke von LEoF, denn es quellt förmlich vor Ideen über. Leider sind mir die Hintergrundgeschichten der einzelnen untergegangenen Imperien etwas kurz geraten. Diese wurden teilweise in 2E Supplements bereits deutlich vertiefter dargestellt, allerdings dann auch jeweils in einem Supplement für ein Reich. In LEoF wird versucht möglichst umfassend alle untergegangenen Reich darzustellen. Geboten werden dem Leser natürlich auch etliche NSC die den Untergang ihrer Reiche überlebt haben. Diese werden nur in Kurzform dargestellt, daher nur mit Stufe, Klasse und Volk. Selbstverständlich sind da einige sehr mächtige und berühmte Personen dabei wie ein 41. Stufe Elder Brain Lich namens Ioulaum. In Kapitel 4 und 9 findet sich außerdem ein kurzes Abenteuer. Das ganze ist wieder eher ein Sidetrek, wie es in den VR-Büchern üblich ist. Beide Abenteuer schlagen aber um längen die Abenteuer in den bisherigen Regionalbänden mit der Ausnahme der Mini-Kampagne in Silver Marches. Man kann mit den Abenteuern man zumindest einen Spielabend füllen. Die sieben Kapitel, mit den Beschreibungen sind das Herz des Buches. Inhaltlich haben sie mir gut gefallen, auch wenn mir persönlich vieles zu knapp und kurz dargestellt wird. Das gibt aber natürlich dem SL mehr Freiheiten, und ansonsten wäre das LEoF keine vollständige Sammlung über alle untergegangenen Reiche geworden.
Kapitel 10 – Artefakte der Vergangenheit Das vorletzte Kapitel enthält wieder etwas Crunch. Neben den magischen Gegenständen findet der Leser hier einige mächtige Artefakte. Die magischen Gegenstände, darunter auch zwei Zepter, haben mir im Gegensatz zu den magischen Gegenständen in den letzten VR-Büchern gut gefallen. Es handelt sich natürlich um Gegenstände der untergegangenen Reiche und ähnlich wie die Zauber sind sie Phantasievoll aber dennoch nützlich. Eine Waffenverzauberung namens „Sending“ schickt z.B. bei einem kritischen Treffer einen Gegner auf eine andere Ebene (Nach Wahl des Angreifers). Auf den ersten Blick eher abgefahren, aber schon eine interessante Idee, die man als SL sicherlich mal einbauen kann. Die Artefakte sind unterteilt in Major und Minor Artifacts. Hier findet man wahrlich mächtige Gegenstände wie etwa die Nether Scrolls oder die Krönungsklingen von Myth Drannor. Die hier vorgestellten Artefakte können sicherlich in High- oder Epic Level Kampagnen gut genutzt werden und das Auffinden dieser Gegenstände kann das Ziel einer Kampagne sein. Die meisten der Artefakte wurden bereits in den Kapiteln 3-9 angerissen und sind evtl. der Schlüssel um die untergegangenen Reiche neu auferstehen zu lassen.
Kapitel 11 – Monster der Uralten Länder Natürlich dürfen Monster in keinem VR-Buch fehlen. Von den 29 Monstern sind etwa die Hälfte bereits vorher in Monster’s of Faerûn erschienen. Hier findet man das offizielle 3.5E Update von so bekannten Monstern wie die Baneguard, Deepspawn, Dread Warrior, Helmed Horror und dem Phaerimm. Die Monster sind alle größtenteils interessant und teils sehr typische VR-Monster. Das 3.5E Update des Phaerimm, welches man ja bereits aus dem Web-Enhancement vom Player’s Guide to Faerûn kennt, ist besonders gut gelungen. Ähnlich wie bei Drachen gibt es unterschiedliche Alterstufen für Phaerimm, was ein vielseitig einsetzbares Monster aus ihnen macht. Von den neuen Monstern gefällt mir der Nighthaunt, eine neue Version des Nightshade, mit eher mittlerer Challenge Rating. Die Monster haben eher einen niedrigen bzw. mittelhohen HG. Kein Wesen mit Ausnahme der mächtigeren Phaerimm hat einen HG von 12 oder höher.
Fazit: LEoF ist ein interessantes Buch, bietet sehr viel Material und viele interessante Ideen. Zugleich erhält man einen guten Überblick über die Geschichte der VR. Spieler sollten um das Buch einen großen Bogen machen, denn es zielt ganz klar nur auf SLs ab. Persönlich hätte mir ein vertiefender Einblick in einige wenige herausragende untergegangene Imperien der VR gefallen, statt eigentlich sämtliche verlorenen Reiche eher überblicksartig anzusprechen. Der Vorteil an der gewählten Methode ist aber sicherlich, dass jeder SL für die Gegend seiner Kampagne fündig wird. Das Fehlen einer Posterkarte wiegt in LEoF besonders schwer. Ohne ein VR-Kenner zu sein oder die Karte des VRKS vor Augen zu haben, kann man sicherlich viele Ortsnamen schwer einordnen. Die Karte im Buch selber ist eher mittelmäßig und zeigt eigentlich nur die Grenzen der unterschiedlichen Reiche im Jahr –626 TZ. Das bringt es nicht so richtig, da man überhaupt keine Städte bzw. besondere Orte eingezeichnet sind. Ansonsten ist LEoF aber ein Buch auf hohem Niveau. Lobend zu erwähnen ist, dass der Großteil des Buches Hintergrundmaterial ist, und selbst der dargebotene Regelteil wird durch Hintergrund vertieft. Hervorzuheben ist hier vor allem die Darstellung der Prestige Klassen. Etwas enttäuschend ist lediglich der Abschnitt über die toten Götter sowie über die epischen Regeln. Hier habe ich mehr erwartet. Wer gute und kreative Ideen für seine Kampagne sucht und eine der Kern-Elemente der VR vertiefen möchte, ist mit Lost Empires of Faerûn sicherlich bestens bedient.
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