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Weapons of Legacy
Bewertung:
(2.8)
Von: Dominik Stieler
Am: 02.08.2005
Autor:Bruce R. Cordell, Kolja Raven Liquette, Travis Stout
Typ:
System:D&D 3.5
Setting:Universell
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-78693688-6
Inhalt:226 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

„Weapons of Legacy“ ist ein Buch, das zu keiner existierenden Produktreihe von WotC gehört und ein neues System für Gegenstände (aber eben hauptsächlich Waffen), die sich in den Händen eines speziellen Trägers im Laufe der Zeit verbessern, einführt. Nachdem ich durch einen Thread auf den Boards der WotC, der gleichzeitig vernichtende und sehr positive Kritiken beinhaltete, geschockt wurde, stand für mich bereits fest, dass dies ein Buch ist, über das man viel diskutieren kann und das stark polarisiert. In dieser Rezension versuche ich deshalb herauszufinden, welcher Gruppe ich mich anschließen möchte.

 

Anmerkung d. Redakteurs: Da die einzelnen Kapitel in Weapons of Legacy sehr stark zusammengehören und sich schwer unabhängig voneinander beschreiben lassen, verzichte ich bei dieser Rezension auf meine übliche Praxis, jedes Kapitel einzeln mit einer „Zwischennote“ zu bewerten.

 

Layout und Gestaltung:

Wie immer kommt das 226 Seiten starke und sehr stabile Hardcover Weapons of Legacy (im Folgenden WoL genannt) in ansprechendem Layout daher, auch das Cover weiß sehr zu gefallen. Die Illustrationen im Inneren des Buches sind ebenfalls ok, was bei mir den Eindruck erweckt, dass sich das Niveau der Zeichnungen wieder etwas stabilisiert, nachdem meine Augen doch zuletzt von einigen schrecklichen Künstlern gequält wurden. Die „Items of Legacy“ haben jeweils eine große Abbildung spendiert bekommen und sind bis auf wenige Ausnahmen (z.B. das übertrieben comichafte „Planeshifter’s Knife“) auch sehr passend und individuell gezeichnet.

 

Kapitel 1: The Legacy

Kapitel 1 bietet auf wenigen Seiten einen Überblick über die „Items of Legacy“, mit einer Erklärung, was einen solchen Gegenstand ausmacht, Tipps zum Einbau in eine Kampagne, Behandlung der Fragen „Artefakt oder Vermächtnisgegenstand“ (Hmm, klingt bescheiden...) und was passiert, wenn 2 Charaktere oder NSCs mit „Weapons of Legacy“ aufeinandertreffen. Genau wie das Buch beschäftige ich mich allerdings erst einmal mit der Frage, was überhaupt eine „Weapon of Legacy“ ist, verbunden mit einer kurzen Erläuterung des Gesamtkonzepts .

Anders als der Titel des Buches vermittelt gibt es nicht nur „Weapons“, sondern auch andere „Items of Legacy“. Dies sind Gegenstände, die einmal eine entscheidende Rolle gespielt und dadurch ein gewisses Vermächtnis erlangt haben. Um deren Fähigkeiten nutzen zu können, muss der Charakter erst einmal bestimmte Voraussetzungen erfüllen (ähnlich wie bei einer Prestigeklasse, aber meist nur „Richtungsangaben“ wie „Muss arkane Zauber sprechen können“), außerdem immer mehr Informationen über die Vergangenheit des Gegenstandes ans Tageslicht bringen und bis zu 3 spezielle „Rituale“ durchführen. Hinter diesem leicht hochtrabenden Begriff verbergen sich oft auch so banale (aber durchaus dennoch herausfordernde) Dinge wie „Besiege nur mit dieser Waffe und ohne Schild einen Gegner des selben Herausforderungsgrades wie du“, verbunden mit beträchtlichen Goldkosten. Hat man diese Rituale durchgeführt, erhält man Zugang zu den sich parallel zur Stufe verbessernden Fähigkeiten des Gegenstandes, die wiederum natürlich zur Persönlichkeit und den besonderen Taten des früheren Trägers passen. Diese sind durchaus abwechslungsreich und äußern sich nicht nur in Form von Verbesserungsboni, sondern auch Zauberähnlichen Fähigkeiten oder dauerhaften Eigenschaften wie „Dunkelsicht“. Allerdings muss ein Charakter für die durch die Waffe gewährten Fähigkeiten auch etwas opfern, erleidet also zum Beispiel Mali auf Angriffswürfe oder Trefferpunktabzüge.

Dieses System funktioniert relativ gut, allerdings hätte ein wenig mehr Selbstkontrolle dem Buch an manchen Stellen gut getan: Zum Beispiel erhält man als Träger des Bloodcrier’s Hammer einen Malus von –3 auf Rettungswürfe, dann aber auch eine Fähigkeit, die dies mit einem +2-Bonus fast wieder ausgleicht. Dasselbe gilt für Verbesserungsboni, die durch Angriffsmali teilweise wieder relativiert werden, doch sehe ich dies als insgesamt weniger problematisch.

Allerdings denke ich, dass die Designer es bei den Abzügen etwas übertrieben haben: Niemand wird wohl bereit sein, solch gravierende Abzüge wie bei den meisten Gegenständen zusätzlich zu später ziemlich heftigen Goldkosten zu akzeptieren, nur um die zwar mächtigen, aber im Verhältnis nicht wirklich lohnenden Fähigkeiten nutzen zu können.

Die restlichen im ersten Kapitel behandelten Themen werden kurz und prägnant abgehandelt, wobei ich den Abschnitt „Artifact or Legacy Weapon“ als besonders wichtig erachte und er ruhig noch ein wenig länger hätte ausfallen können.

 

Kapitel 2: Heroes of Legacy

Kapitel 2 führt auf 10 Seiten mit einigen Talenten, Zaubern und einer Prestigeklasse neues Material ein, das sich ausschließlich den „Items of Legacy“ widmet. So gehören zu den Talenten „Least, Lesser und Greater Legacy“, die man als Bonustalente erhält, sobald man das entsprechende Ritual durchgeführt hat – ein etwas ungewöhnlicher Mechanismus. Allerdings gibt es auch wirklich interessante Talente wie z.B. „Channel Legacy“, das einen tägliche Benutzungen einer Fähigkeit für Boni im Kampf aufgeben lässt. Auch die 3 besten Freunde der Designer – Empower und Quicken Legacy sowie Legacy Focus – sind vertreten.

5 neue Zauber bieten die Möglichkeit, verbrauchte Ladungen eines Legacy Items wieder aufzufüllen, das Band zwischen Träger und Gegenstand zu „zerschneiden“ oder jemanden nur kurzzeitig den besonderen Fähigkeiten der Waffe zu berauben.

Der Legacy Champion schließlich ist nicht wirklich innovativ. Zusätzlich zu einem Haufen von Standardfähigkeiten wie reduzierten Ritualkosten und Bonustalenten sowie Erhöhungen der täglichen Ladungen gibt es allerdings die interessante Neuerung, anstatt Zauberstufen die Klassenfähigkeiten einer vorherigen Klasse generell zu verbessern. So könnte man zum Beispiel einen Schurken der 10. Stufe nehmen (die Klasse erfordert ein Charakterlevel von 10) und gleichzeitig mit dem Legacy Champion dann noch 8 mal Klassenfähigkeiten erhalten, als wäre man als Schurke aufgestiegen.

Immerhin gibt es zum Abschluss noch den neuen Statblock zu bewundern, der zwar nach dem, was ich gehört habe, vor allem bei hochstufigen (N)SC noch länger sein soll als der alte, aber den Bogen übersichtlich und sinnvoll in 4 Abschnitte unterteilt : „Identification and Encounter“ (Name, Stufen, Initiative, Sprachen und Sinneswahrnehmung), „Defensive Information“, „Offensive Information“ und „Other Information“. Durch Neuerungen wie die Angabe der bevorzugten „Attack Options“ wird die Übersicht deutlich erleichtert und der Spielleiter kann die relevanten Werte schneller aus dem Stablock herausfiltern.

Hierfür gilt den Designern ein dickes Lob, der Rest des Kapitels ist meiner Meinung nach allerdings eher mittelmäßig.

 

Kapitel 3: Items of Legacy

Kommen wir zum Herz des Buches, das mit 49 vollständig beschriebenen „Items of Legacy“ sage und schreibe 155 Seiten einnimmt.

Zu jedem Gegenstand gehören dabei die Geschichte des Gegenstandes, eine Tabelle mit den Fähigkeiten und Abzügen, die der Träger erhält, sowie ein „Adventure Seed“, das einen typischen Aufenthaltsort für dieses „Item of Legacy“ darstellen soll, meist aus 1-2 Gebieten besteht und mit Karte sowie teils mehreren Statblocks für Gegner viel zu viel Platz raubt, der für weitere Gegenstände oder sinnvolle Tipps zur Implementierung in eine Kampagne wesentlich besser verwendet gewesen wäre.

Auch einige andere Designschnitzer stören mich sehr: Zum Beispiel wird die Entwicklung der Fähigkeiten bei knapp einem Viertel der Gegenstände nur bis zur 16. oder gar 10. Stufe beschrieben. Warum? Die Begründung ist die, denke ich mir, dass dieser Gegenstand keine größeren Taten vollbracht haben soll, doch gerade bei den im Buch vorgestellten Beispielwaffen hätte das dann eben immer der Fall sein müssen! Hätte man da nicht die nervigen „Adventure Seeds“ weglassen können? Egal, darüber lässt sich hinwegsehen.

Was mich viel mehr stört ist das völlige Fehlen von Äxten unter den „Weapons of Legacy“; nur eine läppische Hand- und eine Wurfaxt halten die Fahne dieser Waffengattung hoch. Dagegen stehen zu je etwa einem Fünftel Schwerter und „Nicht-Waffen“, während bei den restlichen Gegenständen eine relativ gleichmäßige Verteilung gegeben ist.

(Zu) viele Gegenstände erscheinen mir außerdem ein wenig zu schwach, nicht nur im Vergleich zum „durchschnittlichen“ Machtlevel, sondern auch zu den ganzen Dingen, die man dafür opfern muss.

Immerhin wissen die zu den Gegenständen gehörenden Geschichten zu gefallen und die Waffen selbst wirken von ihren Fähigkeiten relativ interessant, wenn auch schwer auf eine Kampagne oder einen speziellen Spieler zuzuschneiden, da sie oft auf einen bestimmten Aspekt, wie zum Beispiel die Vernichtung von arkanen Zauberwirkern, spezialisiert sind. Dennoch, fast alle Fähigkeiten der Waffen lassen sich auch durch eine Ansammlung von schwächeren Gegenständen erreichen, ohne zu einem solchen Grad wie bei den Items of Legacy von ihnen abhängig zu sein.

Insgesamt bleibt bei mir nach der Lektüre dieses Kapitels, das ja mit Abstand am wichtigsten und längsten ist, ein fader Beigeschmack. Die Designer hätten ihre eigenen Regeln und Gegenstände hier noch einmal gründlich durchtesten müssen, da sie wie oben beschrieben sehr oft zu einschränkend sind oder es sich für den Träger einfach nicht lohnt, eine Weapon of Legacy zu benutzen.

 

Kapitel 4: Founding Legacies

Kapitel 4 liefert alle nötigen Informationen zum Erstellen eigener Items of Legacy, inklusive Tabellen mit vorgeschlagenen Abzügen je nach Charakter, der diesen Gegenstand benutzen können soll (Zauberspruchslotverlust für Kämpfer wäre z.B. Schwachsinn).

Außerdem gibt es 9 sogenannte „Menüs“ für schwächere, mittlere und stärkere Fähigkeiten mit einigen Beispielen. Hier ist es Bruce Cordell und Co. wiederum gelungen, ein griffiges und einfach zu verstehendes System zum Erstellen eigener, ausbalancierter Gegenstände zu erschaffen, was mich nach den Enttäuschungen aus dem 3. Kapitel doch ein wenig versöhnen konnte, denn so kann man sich wenigstens ohne lange Einarbeitungszeit austoben, sich neue Fähigkeiten ausdenken und mit den vorgestellten vergleichen.

 

Kapitel 5: Optional Rules

Das letzte Kapitel hat nichts Bahnbrechendes mehr in petto, sondern nur verschiedene kleine Dinge, wie Alternativen zu den Wissenswürfen, um mehr über die Gegenstände herauszufinden, sowie 2 alternative Arten der Items of Legacy, das „Mutable Legacy Item“ (hat verschiedene Eigenschaften abhängig von einem speziellen Parameter, wie zum Beispiel der Art des Edelsteins, der in den Schaft eingelassen ist) und das „Dual Legacy Item“ (ein „guter“ Pfad und ein „böser“ Pfad). Letzteres stelle ich mir besonders stylisch vor, wenn die Gruppe einen Pfad beschreitet und ihre Gegenspieler das genaue Gegenstück dazu haben. Auch Mutable Legacy Items bringen noch einmal ein wenig Abwechslung in das Buch, ändern aber nichts an den grundlegenden Designschnitzern.

Schließlich gibt es auch noch ein Template für „Monsters of Legacy“, was ich für eine Perversion der ursprünglichen Idee halte, die dazu noch relativ lieblos wirkt, sowie normale magische Gegenstände als „Legacy Items“, hier mit dem „Heiligen Rächer“ und dem „Stecken der Macht“ als Beispiele. Dies ist nichts anderes als die Aufgreifung eines bekannten magischen Gegenstandes und Konvertierung in ein „Item of Legacy“ – wem’s gefällt...

Auch an eine epische Weiterführung der „Items of Legacy“ wurde gedacht, ein paar neue Fähigkeiten und ein Beispielgegenstand sollen wohl alle Wünsche befriedigen.

 

Fazit:

Mein Fazit fällt – anders als ich anfangs dachte – eher durchwachsen aus. Platzverschwendungen („Adventure Seeds“), Designschnitzer (Gegenstände zu schwach) und lieblose Umsetzung (Monsters of Legacy, Legacy Champion z.T.) wiegen einfach zu schwer und ziehen die Gesamtnote nach unten. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass man die Regeln ohne große Mühe lockern kann (z.B. die schwachsinnigen Goldkosten bei den Ritualen entfernen und die Mali verringern), was ich bei Bedarf auch tun werde, und Kapitel 4 jedem Spielleiter einen leichten Einstieg in die Erschaffung eigener Items of Legacy bietet.

Wie schon oben gesagt sind die Hintergrundgeschichten der Gegenstände ebenfalls nicht schlecht und das dem Buch zugrunde liegende Konzept ist meiner Meinung nach ohnehin sehr gut, doch hätte man daraus noch deutlich mehr machen können – und, bei meinem Anspruch an die Wizards, auch müssen. Aus diesem Grund schließe ich mich alles in allem, und trotz einer akzeptablen Note von 3.8, der Skeptikergruppe an.