Links zur Rezension Mit dem Eberron Kampagnensetting wurde das Thema des Reisens an entlegene Orte in einer D&D Spielwelt zu einem Kernthema. In welchen Gefährten diese Reise in Eberron stattfinden, welche Gefahren sie beherbergen und an welche Ziele sie die Abenteurer führen, wird im Explorer’s Handbook beschrieben. Und die folgende Rezension beschäftigt sich mit eben jenem Buch. Und dieses Buch ist grün. Nicht braun, wie das Eberron Campaign Setting, nicht grau wie „Five Nations“, sondern grün. Ein schönes grün, und die Cover-Illustration von Wayne Reynolds, die sich wie in jedem Eberron Buch im Inneren auf einer Doppelseite im Vollformat wieder findet ist von der gewohnten, extrem hohen Qualität und zeigt eine Abenteuergruppe die, von Sahaguin bedrängt, an einer fremden Küste landet. Ansonsten ist das Buch in gewohnter Manier illustriert – vollformatige Kurzgeschichten zu Beginn eines jeden Kapitels, eine Menge Kartenmaterial und viele, atmosphärische Illustrationen zu den jeweiligen Orten. Ich war mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, was ich von dem Buch zu erwarten hatte. Etwas über Reisen, mit Sicherheit, aber wie interessant könnte das schon sein? Reisen waren doch immer das, was nach kurzer Umfrage innerhalb der Spielrunde einstimmig nicht ausgespielt werden wollte. Ich bin gespannt. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart neben 5 Kapiteln samt Anhang außerdem eine mit 17 Nummern versehen Karte Eberrons. Schaut man sich das Inhaltsverzeichnis dann noch einmal genauer an, stellt man fest, dass jede dieser 17 Nummern zu einer besonderen Örtlichkeit irgendwo in dieser Welt gehört. Die Spannung auf den Inhalt steigt, doch eins nach dem anderen. Nach einer recht unterhaltsamen, aus der Sicht eines Barden geschriebenen Einführung in das Buch, in der man lernt, das die Antwort auf die Frage: „Haben wir genug Seil?“ immer „Nein.“ ist, geht es auch schon los.
Kapitel 1 – Travel Dieses Kapitel ist mit 13 Seiten dann eher knapp. Zuerst einmal werden die Gründe erläutert, aus denen man sich allgemein auf Reisen begibt. Nachdem das geklärt ist, werden einem 10 (mal mehr, mal weniger gute) Gründe geliefert, wieso Teleportation nicht immer eine Alternative ist. Wenn auch nicht wirklich neu, bringt dies noch mal gut auf den Punkt, was man sonst eventuell übersehen hätte. Und dann stellt sich natürlich noch die Frage wie man denn nun reisen möchte. Ebenfalls 10 verschiedenen Ansätze werden präsentiert, die mir persönlich sehr gut gefallen haben. Die Ausgangssituation kann hier von „total pleite“ bis „Stil ist alles“ reichen. Bei letztere Methode lassen wohlhabende Leute auch schon einmal einen eigenen Wagon an der Blitzbahn ankoppeln – was andere Reisende aufgrund der Wartezeit eher verärgern mag. Passend dazu gibt es in einem der vielen Exkurse entlang des Buches einen Tipp der „Wayfinder Foundation“, dieses mal: „Wie man es schafft, das andere Passagiere sich nicht an einen erinnern.“ Diese Tipps, die aus einem Reiseführer stammen könnten, ziehen sich durch das ganze Buch und geben Hilfestellung in so ausweglosen Situationen wie wenn man sich auf abstürzenden Luftschiffen befindet oder in der Sklaverei in Darguun gelandet ist. Dabei sind sie nahezu immer politisch unkorrekt und daher sehr unterhaltsam zu lesen. Weiterhin werden in Kapitel 1 noch die Dienstleistungen, welche die Häuser Lyrandar und Orien anbieten beschrieben. Hier wird erklärt, für welche Dienstleistungen jedes der beiden Häuser verantwortlich ist und wie diese durchgeführt werden. Außerdem wird auch darauf eingegangen, wie einfach oder schwierig die jeweiligen Dienstleistungen zu bekommen sind. Danach reiht sich eine Preisliste so ziemlich aller auf Khorvaire verfügbaren Transportmittel an. Positiv fällt auf, dass sowohl Preise für den Personen- als auch den Gütertransport pro Person und Meile angegeben werden, aber auch die Kosten die anfallen, würde man ein ganzes Fahrzeug mieten oder gar kaufen wollen. Zu jedem Eintrag gibt es noch einmal einen erläuternden Eintrag über die (auch regeltechnischen) Vorzüge des jeweiligen Transportmittels. Interessant ist hier beispielsweise, dass es gängige Praxis ist, das wohlhabende Privatpersonen ihre eigenen Waggons an die „Lightning Rail“ anhängen können, oder das es mit einem eigenen Zug theoretisch wäre, die geschlossenen Strecken des Klagelandes zu befahren. So oder so sind die Informationen zur Blitzbahn recht ausführlich und zufrieden stellend und werden auch noch durch eine Übersicht über alle großen Haltestellen und Entfernungen samt Fahrtzeiten ergänzt. Abschließend wird auf einer Doppelseite noch auf die möglichen Begegnugen während einer Reise eingegangen und eine Tabelle geboten, die zufällige Begegnungen mit „geheimnisvollen Reisenden“ verspricht. Diese sind in einem Satz ausgearbeitet und eigenen sich allesamt als Aufhänger um Hintergrundinformationen zur Welt zu verbreiten oder auch ein kleines Abenteuer zu starten Das war es dann auch mit Kapitel 1, das mich sehr zufrieden weiterblättern lässt.
Kapitel 2 – Tools of the Trade Nachdem man ja aus der Einleitung bereits weiß, dass man immer zuwenig Seil dabei hat, sollte man also gut vorbereitet sein. Zumindest, was die Gefährte, mit denen man unterwegs ist, leistet diese Kapitel das. Hier wird erläutert, wie die durch Elementare angetrieben Fahr- und Fliegzeuge Eberrons eigentlich funktionieren. Wie sie gebaut werden, wie man mit dem Elementar darin kommuniziert und es steuert und was passieren kann, wenn es befreit wird. Aber auch für diesen Fall gibt es ja die Reisetipps der „Wayfinder Foundation“. Eingegangen wird hier auf Luftschiffe, Landwagen, die Blitzbahn und seegebundene Transportmöglichkeiten. Dabei sind die Regeln zu allen Varianten ausführlich und gut durchdacht. Gegenstände werden beschrieben wo nötig, denn sogar Luftschiffe brauchen (magische) Rettungsringe. Alle Möglichen Aktionen (Klettern, Herunterfallen oder – wer wird denn – jemanden herunterwerfen) die man wohl beim Benutzen der Biltzbahn ausführen könnte, werden ebenfalls erläutert. Kurz gesagt – wenn es eine Frage zur Benutzung eines dieser Vehikels gibt, wird sie hier beantwortet. Schön ist außerdem, dass trotz der Fülle an magischen Fortbewegungsmitteln auch eine Beschreibung der gewöhnlichen Transportmittel einen Platz gefunden hat. Weiter geht es mit Abhandlungen zum Thema „Internationales Reisen“ – eine Tatsache, die mich sowohl amüsiert hat, aber auch zweimal nachdenken ließ. Tatsächlich gibt es in Eberron Grenzpatrouillen – und die werden von den Experten in solchen Fragen, Haus Deneith, gestellt. Auch hier werden alle möglichen Dinge abgehandelt – von den Grenzpatrouillen über das Erwerben (oder Fälschen) von Reisepapieren. Ab diesem Punkt im Buch wird der Leser dann auch nach jedem Abschnitt mit zwei bis drei Abenteuerideen versorgt. Kurz werden dann noch eine Reihe von „Explorer Marks“ vorgestellt, die als Hinweis oder Warnung von anderen Reisenden hinterlassen werden könnten. Und schließlich geht es weiter mit den Organisationen, die sich auf die Erforschung spezialisiert haben. Sowohl die berühmte „Wayfinder Foundation“ als auch das „Twelve’s Acquisitions Directorate“ werden ausführlich beschrieben. Welche Anforderungen ein Mitglied erfüllen muss, welche Vorteile es davon hat, was diese Organisationen motiviert – mal wieder so ziemlich alles. Erwähnenswert ist dabei, dass die Wayfounder Foundation eine Vereinigung unabhängiger Forscher und Abenteurer ist und damit in direkter Konkurrenz zu dem von den 12 großen Häusern getragenen „Twelve’s Acquisitions Directorate“ steht. Und die ist nicht zimperlich und stiehlt der Konkurrenz Erfolge auch schon einmal vor der Nase weg. Erfreulich ist hier, dass das Buch auch einen Eintritt der Spielercharaktere bei der amoralischen der beiden Gilden eingeht. Nun folgen noch drei Prestigeklassen. Ganz richtig, es sind nur drei, was mich ehrlich gesagt sehr erfreut hat. Denn diese drei sind genau auf das Thema zugeschnitten. Zum einen der „Cataclysm Mage“. Was sich so martialisch anhört bezeichnet eigentlich nur eine Klasse für den arkanen Spruchanwender, der sich mit der längst vergangenen Geschichte Eberrons beschäftigt, in der jedes Zeitalter von einer großen Katastrophe beendet wurde. Daher der Name. So verschieden wie die Zeitalter selbst sind die Fähigkeiten, welche die Klasse verleiht – aber auch so stimmungsvoll. Zweiter im Bunde ist der „Thunder Guide“. Diese Klasse stellt den starken Reiseführer, ausgestattet mit dem nötigen Wissen über die Begebenheiten am Reiseziel aber auch besonderen Fähigkeiten die er an allerlei Orten aufgeschnappt hat, die zur Verteidigung der stark gefährdeten Haut seiner unwissenden Auftraggeber – und seiner eigenen – dringend nötig sind. Die dritte Klasse dürfte am interessantesten sein. Der „Windwright Captain“ ist ein fähiger Schiffskapitän zu Wasser und in der Luft. Auf nur 5 Stufen (die beiden anderen Klassen haben jeweils 10) erhält er alle nötigen Fähigkeiten, um ein wirklicher Meister seines Fachs zu werden, und kann schließlich sogar telepathisch mit dem Elementar, das an sein Schiff gebunden ist, kommunizieren. Alle drei Klassen haben mir recht gut gefallen. Jeder Eintrag wird ausführlich um eine Menge Hintergrundinformationen ergänzt, die mit der Einbindung in die Welt zu tun haben und jede Klasse nimmt eine ganz besondere Funktion innerhalb der Kampagnenwelt ein. Dabei ist allerdings keine der Klassen sonderlich kampfstark (aber auch nicht schwach) – das Flair behält hier eindeutig die Oberhand.
Kapitel 3-5 – Points of Origin, Midpoints, Destinations Nach Kapitel 2 ist das Buch zur Hälfte gelesen, der Inhalt zum Thema Reisen erschöpft. Aber was wäre eine Reise, ohne die Orte, zu denen sie führt? Das Buch trägt das Thema noch ein wenig weiter und teilt die Orte in drei Kategorien ein: Startpunkte, Mittelpunkte und Ziele. Erst war ich aufgrund des Konzepts ja eher skeptisch, muss mich nach der Lektüre aber korrigieren. Durch das Herauspicken von 18 (17 davon auf der Karte verzeichnet) spannenden und komplett unterschiedlichen Orten auf ganz Eberron bietet das Buch in diesem Bereich definitiv für jeden Geschmack und jeden Herausforderungsgrad (1/2 - 28) etwas. Sei es ein Nachtclub in Sharn, die Stadt der Toten auf Aerenal oder ein Observatorium der Drachen auf Argonessen. Auf jeden Ort einzeln einzugehen, wäre wohl ein wenig viel. Daher will ich mich auf die wichtigsten Informationen beschränken. Zum einen fand ich es sehr positiv, daß zwei der Orte durchaus wieder verwendet werden können. Es handelt sich um einen Andockturm für Luftschiffe und eine Station der Blitzbahn. Der „Glitterdust Nighclub“ in Sharn wird sich bestimm auch großer Beliebtheit erfreuen. Andere Lokalitäten bieten sich nur für einen kurzen Trip an während beispielsweise die Stadt der Toten auf Aerenal oder Ashtakala in den „Demon Wastes“ auf lange Zeit Unterhaltung bieten können. Meistens sind jedem Ort knappe 4-5 Seiten gewidmet. Das schließt einige Abenteuerideen ebenso ein wie diverse NSC, Templates, Monster oder nützliche Hintergrundinformationen für den Spielleiter. Was mir ein wenig missfallen hat, sind die stellenweise etwas nichts sagenden Karten. Hier hätte ruhig etwas detaillierter gearbeitet werden dürfen. Ansonsten gefallen mir die Örtlichkeiten außerordentlich gut, da sie einfach ein enorm breit gefächertes Abbild der Welt liefern und mit viel Liebe zum Detail bereits aus dem Kampagnensetting bekannte Hintergründe ausarbeiten und vertiefen. So dienen sie nicht nur zum Benutzen im Abenteuer selbst, sondern auch zum Verständnis der Welt.
Anhang – Ancient Treasures Wer die Welt bereist und erforscht sollte ja auch ein paar Schätze finden. Da es im D&D Regelwerk niemals genug magische Gegenstände geben kann, werden hier also noch ein paar mehr vorgestellt. Erfreut stelle ich jedoch fest, dass es sich ausschließlich um Gegenstände handelt, die ihren Ursprung in zweien der großen, untergegangenen Zivilisationen haben. Zudem ist hier jeder Eintrag eine halbe Seite lang und beinhaltet sowohl eine Beschreibung, einen Abschnitt über das für Spieler zugängliche Wissen über die Herkunft (samt SG) und natürlich die Regelwerte. Hier geht eindeutig Qualität über Quantität.
Fazit Das Explorer’s Handbook ist keineswegs so, wie ich es erwartet hatte. Und das erfreut mich ungemein. Anstatt mit noch mehr Optionen zum Charakterbau aufzuwarten nimmt es sich der Thematik auf erfrischend neue und gut lesbare Weise an. So viele Regeln es auch beinhalten mag, so sind doch alle davon gut durchdacht und vor allen Dingen hervorragend in den Hintergrund integriert. Und das gefällt mir einfach sehr gut. Auch mit dem Explorer’s Handbook wird Reisen nicht zum Selbstzweck. Aber es hat vorher noch nie so viel Spaß gemacht.
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