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Heroes of Horror
Bewertung:
(4.7)
Von: Hannes Gaschnig
Alias: Nagakeng
Am: 08.02.2006
Autor:James Wyatt, (Ari Marmell, C.A. Suleiman)
Typ:
System:D&D 3.5
Setting:Universell
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:0-7869-3699-1
Inhalt:157 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Heroes of Horror

Einführung

In einer Welt dunkler Hexer, böser Kulte, monströser Untoter und bizarrer Lebensformen ist die Grenze zwischen Fantasy und Horror nicht immer einfach zu ziehen. Was den Unterschied am Spieltisch ausmacht, ist schlichtweg die Stimmung, die Atmosphäre. Ihrer Erzeugung ist HoH gewidmet.

Das Coverbild vermittelt eine düstere, ungewisse Stimmung und passt damit perfekt.

Alle Zeichnungen, wie auch Karten, sind hochwertige Kunst in Farbe und auch Schwarz-Weiß. Sie stammen durchgehend aus feiner Hand und passen zur Thematik. Für Neulinge mögen sie noch gruselig erscheinen, für die durch diverse Bände und Reihen abgebrühte DnD-Gemeinde sind sie allerdings eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Erst der Kontext im Buch schafft es auch dem Erfahrenen unter uns einen Schauer über den Rücken zu jagen.

Außerdem sind für Beispielcharaktere die neuen Statblocks verwendet worden, was Alteingesessenen erst einmal den Überblick raubt. Eine kurze Einarbeitung genügt, um sich zurechtzufinden. Ich persönlich bevorzuge allerdings weiterhin die alte Auflistung.

 

Kapitel

Die ersten drei Kapitel gehören dem Spielleiter allein. Darin sind für die drei unterschiedlich aufzubauenden Szenarientypen alle wichtigen Tipps geordnet zusammengetragen. Viele Inhalte lassen sich lückenlos von Begegnung auf Abenteuer und Kampagne übertragen. Allerdings kaum anders herum, und das sollte doch beachtet werden.

Die letzten drei Kapitel stehen auch dem Spieler offen. Allerdings sollte er nur in das Nötigste hineinschnuppern, da Unwissenheit ein wichtiges Element des Horrors ist. Zum Wichtigsten gehören vor allem Prestigeklassen, Talente und Zauber. Pauschalisieren lässt sich dabei nicht, denn auch manche Prestigeklasse baut auf dem Taint-System auf und damit sollte man sich dann doch ein Stück weit auskennen, genauso, wie mancher Zauber nicht für Spieleraugen gedacht ist.

 

1. Furchteinflössende alleinstehende Begegnungen in einer Standardkampagne

Mit Beispielen aus Film, Fernsehen und Buch werden Erinnerungen wachgerufen. Ich setze einmal voraus, dass alle wissen wie sich Horror anfühlt. Was allerdings bis jetzt die wenigsten unter uns wissen, ist, wie man Horror theoretisch entstehen lassen kann.

Dem Spielleiter, der faktisch Autor und Regisseur – die Spieler haben da ja noch ein kleines Wörtchen mitzureden- zugleich ist, wird dabei Grundlegendes zum Spannungsbogen, zum Entstehen von Horror, u.a. die enge Verknüpfung der Charaktere mit der Welt, und zur Technik der Vermittlung nahegebracht.

Dabei springen einem vor allem die beiden Tabellen zu gruseligen Effekten und Eigenschaften von Bösewichtern ins Gesicht. Viele der gänsehauthaschenden Stichpunkte waren mir neu und keineswegs verschwendeter Platz. Speziell bei Horror gilt eben: Wenn du das Unverhoffte nicht erwartest, packt es dich.

Zum Abschluss des Kapitels werden zwei ohne weiteres übernahme- und beschränkt levelanpassungsfähige Begegnungen vorgestellt: To Grandmother´s House und Annalee´s Baby. Während die erste vor allem auf Abscheu und Entsetzen aufbaut, schlägt die zweite mit Schock und Überraschung zu.

Zuletzt darf die Vorstellung eines neuen Gottes, sowie seines Avatars im neuen Format auch nicht fehlen. Denn auch Horror braucht seine Entsprechung unter den Hohen: Cas, Halbgott der Boshaftig- und Gehässigkeit. Das Besondere an ihm: Er wendet sich mit Vorliebe Kandidatinnen und Kandidaten zu, die ihn unterbewusst schon rufen. Ob der Avatar allerdings seinem HG gerecht wird, wage ich zu bezweifeln.

 

2. Furchteinflössende Abenteuer in einer Standardkampagne

Ein Abenteuer unterscheidet sich natürlich von der Begegnung. Eine bestimmte Stimmung über eine einzelne Begegnung zu halten, verlangt andere Vorbereitungen, als über ein ganzes Abenteuer.

Hier werden vor allem die Abenteuerantriebe, die verschiedenen Atmosphärenarten, die Wahl der Location, der Hintergrund der Geschichte sowie sehr ausführlich der oder die Typen und Motive der Bösewichter in Verbindung mit der Klassenwahl vorgestellt.

Es sind allbekannte Muster, aber auch altbewährte.

Ein weiteres Mittel, um Horror für Momente zu steigern ist die Nutzung von Terror. Auch dieser kann unterschiedliche Auswüchse haben und dient als auswahlbereicherndes Element für den Spielleiter, der zuletzt immer entscheidet, was passt und was nicht.

For Hate´s Sake ist ein kurzes Beispielabenteuer unter dem Aspekt Cas, zur Verdeutlichung dessen, was bis jetzt vorgestellt wurde. Es dient der Auseinandersetzung mit dem „visuell

inhalierten“ Stoff. Es ist durchaus zum Erfahrung sammeln unter dem Horroraspekt geeignet.

 

3. Die Horrorkampagne

Sie ist zugegebenermaßen das Schwierigste, woran sich ein Spielleiter wagen kann. Denn eine Stimmung über mehrere Spielabende, wenn nicht duzende und aberduzende Sessions zu halten, ist so mit das fragilste Geschöpf, das ich aus meiner Laufbahn heraus kenne. Cthulhu ist dafür das beste Beispiel.

Was alles zu bedenken ist, findet hier seinen Platz. Dazu gehört das Verhältnis von Spielern zu ihrem Meister und umgekehrt, die Wahl oder der Entwurf des Settings, die Eignung bereits veröffentlichter Settings, die Handlung basierend auf lange währendem Horror und seinen Mitteln, dem Einsatz der Bösewichter, der unglückliche bzw. nicht komplett befriedigende Ausgang, grundlegend andere Kampagnenmodelle, der Gebrauch von Träumen und Albträumen, sowie die Idee einer Traumebene.

Nightwatch dient hierbei wiederum als grobumrissene, ausbaufähige Beispielkampagne.

 

4. Horrorregelwerk

Der Gedanke dahinter ist die Intensivierung und Umsetzung dessen in die Welt, was bis jetzt lediglich beschrieben wurde.

Hervorsticht in diesem Zusammenhang vor allem der Aspekt Furcht und Angst. Es gibt viele Arten davon und ihre Auswirkungen sollen den Spielern vorgaukeln, dass sie und ihre Charaktere es wirklich erleben. Bei Horror, der ja angsteinflössend sein soll, muss man allerdings mit diesen Effekten spärlich umgehen, sonst stumpfen die Spieler ab. Und auch davor wird gewarnt bzw. mit Alternativregelungen zum Grundregelwerk Bandbreite geschaffen.

Weiterhin kommt der Gedanke der Betroffenheit ins Spiel: Taint – Befangenheit (freie Übersetzung).

Das Böse hat eine korrumpierende Wirkung auf den Geist, wie auch den Körper, was sich in angenehmen und unangenehmen Veränderungen manifestiert. Aus dieser Betroffenheit und Frustration kann sich neue Kraft entwickeln. Sie hat also sowohl ein Für als auch ein Wider, was sie auf prickelnde Weise sehr attraktiv werden lässt. Taint ist somit auch Voraussetzung für einige Talente und Prestigeklassen.

Auch Umgebung wie Taint verseuchte Plätze, beeinträchtigtes Terrain durch böses Material, Orte des Spuks, Friedhöfe und Katakomben werden nutzbar beschrieben.

Gerade bei der Umsetzung der Gesinnung, der Erkenntnismagie, des Todes mit seiner Überwindung und der Gewalt in Anbetracht von Taint sollten Überlegungen zur Vereinbarkeit angestellt werden, wo HoH sehr viel weiter hilft. Ausversehen und unbemerkt die Seele eines Massenmörders in den toten Körper eines Kameraden zurückzuholen, oder Gewalt zum Ursprung von Befangenheit zu erklären und damit die Welt in ihrer Angst völlig zu verändern, hat etwas Gespenstisches.

 

5. Helden und Antihelden

In diesem Kapitel findet der Bastler alles, was man zum Entwurf eines Horrorcharakters braucht. Das alle, teilweise beschränkt, zauberfähig sind ist wohl kein Zufall.

Mit einer mir unbekannten Ausführlichkeit werden hier speziell für Horrorszenarien entworfene Klassen vorgestellt. Die Beschreibung der zwei Grund- und sechs Prestigeklassen gibt Orientierung und gefällt mir sehr gut. Hier ein kurzer, grober Umriss.

Der Archivist ist göttlicher Herkunft, hat allerdings mehr mit einem Magier gemein. Zu seinen wenigen vorzubereitenden Zaubern kommt als hilfreiche Unterstützung sein Dunkles Wissen, im Kampf einem Barden vergleichbar. Seine Fähigkeiten im Umgang mit dem Wissen bauen sich von Stufe zu Stufe weiter aus.

Der Furchtbare Nekromant ist ein spontaner Zauberwirker der alle Zauber des erlaubten Grades von seiner eigenen Zauberliste nutzen kann. Natürlich vor allem negative Energie Effekte, und (Un)todesmagie. Auf seiner zwanzig stufigen Reise staubt er nebenher noch jede Menge Schmankerl ab und wird mehr und mehr zur Sippschaft, die er kontrolliert. Zu einem Untoten, aber nicht irgendeinem...

Der Korrumpierte Rächer vereint Elemente des Waldläufers und des Schwarzen Streiters. Nur, dass seine beängstigende Stärke von Taint her rührt. Er jagt seine ausgewählte Feindschaft, eine spezielle Rasse, mit zunehmendem Bonus und bekommt einige wenige Niederstrecken Versuche pro Tage, Tainted Strike genannt.

Der Todesforscher spezialisiert sich auf die Fähigkeit dem Tod ins Auge zu sehen. Seine zuletzt erworbenen Neun Leben lassen jede Katze vor Neid erblasen.

Die Furchtbare Hexe ist eine lediglich fünf stufige Prestigeklasse mit der Aussicht auf Macht durch Angst. Mehr muss man dazu glaube ich nicht sagen.

Der Abkömmling des Teufels entdeckt mit dem Aufstieg immer mehr Gemeinsamkeiten zu seinen Namensvettern, bis er erkennt, dass seine Blutlinie einen Ausläufer in die Hölle besitzt. Seine dazu gewonnenen Fähigkeiten repräsentieren diese Verwandtschaft.

Der Reiniger der Heiligen Lehre ist der göttliche Gegenpart zum Taint. Er reinigt Befangene und vernichtet die Verbreiter.

Der Befangene Gelehrte zieht seine Macht direkt aus dem Taint. Anstatt seines Zauberattributs nutzt er seinen Taint Score, was ihn zu einem sehr fähigen arkanen Magiewirker aufsteigen lässt. Letztendlich wird ihn diese Macht aber auch zugrunde richten.

 

Jede Prestigeklasse hat darüber hinaus einen niedrigstufigen und einen hochstufigen Beispielcharakter stehen. Ein Selbstentworfener passt aber immer besser, wenn man nicht gerade zum Charakter die Geschichte entwickelt.

Des Weiteren kommen einige Tainted und Vile Talente hinzu, aber auch dazu gegenläufige und uneingeschränkte Talente. Die Deformity Reihe aus dem BoVD wurde überarbeitet und wirkt nun etwas attraktiver. Die Talente schwanken in ihrer Stärke und Nützlichkeit, doch völlig fehl am Platz ist keines.

Außerdem wird das Magiesystem um circa fünfundzwanzig Zauber und um die Bosheits- und um die Traumdomäne erweitert. Es sind natürlich Zauber, die eine Horrorkampagne auf verschiedenste Art stützen u.a. durch die Gefahr hin durch das Wirken selbst Taint zu erfahren.

Zudem gesellen sich noch ein magischer Gegenstand, wie geschaffen für einen Reiniger der Heiligen Lehre- kein Wunder, der erste stammte ja vom Gründer der Organisation- und drei Artefakte, um die sich eine Kampagne drehen könnte, dazu.

Alle Kreationen werden die Balance nicht stören, wenn der Meister gut darauf achtet, was er zulässt und wem er es überlässt. Kontrolle ist hier ganz wichtig. Der Reiniger in den falschen Hände kann der Stimmung einen Abbruch tun, wie alles in den falschen Händen nur hinderlich ist. So kann man dann auch einer von verschiedenen Persönlichkeiten durchwachsenen Gruppe ein paar schöne Abende bescheren.

Was ich vor allem brauche, ist ausbaufähiges Material. Und das findet man in diesem Kapitel im anregenden und beschwingenden Maße.

Und es gilt immer der Grundsatz: Was nicht passt, wird passend gemacht. Anfängern empfehle ich sowieso erst einmal nur mit Grundregelwerk zu spielen.

 

6. Kreaturen der Nacht

Wo sich auf neues Terrain gewagt wird, dürfen auch neue Monster-zehn an der Zahl- und neue Schablonen- drei an der Zahl- nicht fehlen. Einige interessante Erweiterungen, doch wenig neue Ideen. Die Ergebnisse von zu stark befangenen Charakteren sind zwei Tainted Variationen- der eine körperlich, der andere seelisch dahingerafft. Sie gefallen mir persönlich am besten.

Was mir allerdings noch mehr gewählt, ist das vorhergehende Nachsinnen über klassische, uns seit je her bekannte Schöpfungen des Horrors, wie den Vampir, den Wolfmensch, Frankensteins Monster, die Mumie und den Geist.

Und auch, wie man die verschiedenen DnD Monstertypen im Kontrast zur Standardkampagne anders darstellen kann, um Stimmung aufkochen zu lassen, gefällt mir sehr gut. Für meinen Geschmack leider etwas kurz geraten.

 

Fazit

Ich habe mich beim Lesen hindurchquälen müssen. Nicht, weil es schlecht geschrieben ist, sondern weil man sich als Spieler einmal den Spaß verderben könnte, wenn man sich der Techniken des Spielleiters bewusst ist.

HoH ist aber ein stimmiges Buch. Was in diesem Zusammenhang etwas stört, ist wirklich Dungeons und Dragons selbst. Nicht umsonst haben die Autoren sich so einige Alternativregelungen ausgedacht.

Viele Zahlen und Regeln können manchmal doch etwas stören, weshalb mir die ersten drei Kapitel des Buches am besten gefallen. Auf brüchiges Spannungsterrain wagt man sich nur, wenn man auch die passenden Methoden zur Hand hat.

Was mir in diesem Zusammenhang etwas zu kurz kam, ist, wie man verhindert, dass im Kampf, wenn es dann wieder um Zahlen und Taktiken geht, die Stimmung nicht abreißt. Da wohnt auch für wollende und disziplinierte Gruppen ein hohes Gefahrenpotential drin. Eines das wahrscheinlich gar nicht beherrscht werden kann, sonst hätten die Autoren sich wohl darüber ausgelassen.

Im Übrigen sollte man sich mit einer anderen Truppe auch gar nicht erst an Horror wagen. Abgestumpfte, die bei jedem Horrorstreifen zu Gähnen beginnen, Regelfanatiker, die sich alle fünf Minuten von ihrem Spielleiter betrogen fühlen, Plappermäuler, denen man die Quasel extra Tod schlagen muss, Skeptiker, die grundsätzlich infrage stellen, warum man überhaupt gefühlten Horror in einem Heldenspiel wie DnD braucht, und ähnliche Typen verhindern von vornherein ein Gelingen.

Es muss ein großes Vertrauen zwischen Spielleiter und Spielern herrschen, damit dies funktionieren kann und man muss sich auf Neues einlassen können. Solch ein Geschenk kann euch kein Buch dieser Welt geben.

Ich persönlich habe noch nicht viel benutzt und natürlich nur Ausgewähltes- in einer bereits seit langem laufenden Kampagne sind die Möglichkeiten doch etwas beschränkt. Was ich dann allerdings verwendete, zeigte auch die gewünschte Wirkung.

Heroes of Horror ist ein glaubwürdiges und beflügelndes Quellenbuch und trägt einen großen Teil dazu bei, die Vollständigkeit des Sortiments im DnD-Universum langsam aber sicher herzustellen.

Für Aufklärungsbereite ein Stück vom Kuchen. Für Offene und Disziplinierte eine Bereicherung. Für Fans sicherlich kein Fehlgriff.