Die Aprilausgabe des Dungeon Magazines enthält die übliche Mischung aus drei Abenteuern, Monte Cooks Dungeoncraft-Kolumne sowie ein paar weiteren Artikeln für das Campaign Workbook. Eberron wird ein Besuch abgestattet, die Barbaren im hohen Norden haben einen Auftritt und der zehnte Teil des Abenteuerpfads „Age Of Worms“ setzt die Storyline um den Kampf gegen die Ankunft dieses welterschütternden Ereignis fort. Das Low-Level-Abenteuer dieser Ausgabe spielt in Eberron, genauer gesagt in Sharn, der Stadt der Türme. In Chimes At Midnight (Nicolas Logue), einem Abenteuer für Charaktere der 5. Stufe, werden die SC Zeugen eines Gefangenenausbruchs, die eine Verlegung in ein anderes Gefängnis nutzen. Wenige Tage später werden sie von Baron Trelib d'Medani angeheuert, um das Verschwinden seiner Tochter Zelina aufzuklären und ein gestohlenes Kunstwerk wiederbeschaffen. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei den scheinbar unabhängig voneinander stattgefundenen Ereignissen um den Auftakt zu einem groß angelegten Racheakt, der in einem Attentat auf den Baron selbst münden soll. Was zunächst als Kriminalermittlung beginnt, mündet in einen Wettlauf gegen die Zeit, um das Leben des Barons zu retten. Danach gilt es, Zelina zu retten, die Übeltäter ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen. Für Eberron-Fans ist dieses Abenteuer ein absolutes Muss und alleine schon den Kaufpreis wert. Dem Autor gelingt es auf bewundernswerte Weise, das für Eberron so wichtige cinematische Feeling aufkommen zu lassen und durch viele kleine Details die Atmosphäre Eberrons einzufangen. Die Schurken sind interessant genug, um selbst als Grundlage für weitere Abenteuer zu dienen, und der Mastermind hinter den Verbrechen verfügt über genügend charakterliche Tiefe, um ihn zu einem längerfristigen Gegenspieler der SC aufzubauen. Das Attentat selbst,aber auch das Finale würden jedem Action-Film zur Ehre gereichen. Die Stärke von Chimes At Midnight ist aber auch gleichzeitig eine Schwäche. Es dürfte ziemlich viel Arbeit machen, das Abenteuer in ein anderes Setting zu transformieren. Speziell das Attentat wäre überarbeitungspflichtig, da es sehr stark auf der Technologie Eberrons aufbaut. In diesem Zusammenhang hat James Jacobs aber vor kurzem in den Paizo-Foren gepostet, dass dieses Problem in Kauf genommen werden müsse, da man ansonsten auch sofort ein generisches Abenteuer daraus machen könne, um Leute, die das jeweilige Setting nicht mögen, nicht abzuschrecken. Ill Made Graves (Kevin Carter) führt die Helden (der siebten Stufe) in den hohen Norden, wo sie der Bestattung Lolgoffs beiwohnen, dem im Kampf gegen den Drachen Oroshar gefallenen König der Eisbarbaren. Auch der Drache wurde in diesem Kampf getötet, sein Geist blieb allerdings zurück und sucht, sich wieder mit seinem Drachenhort zu vereinigen. Die Helden erhalten den Auftrag, einen Drachenzahn, der sich in der Asche des Königs fand und an den der Geist Oroshars gebunden ist, zurück zur Höhle des Drachen zu bringen und dort in einem dort von diesem geöffneten Portal zur Ebene des Feuers zu vernichten. Dabei müssen sie sich nicht nur des Geistes Oroshars erwehren, der dieses Schicksal natürlich abzuwenden versucht, sondern auch des Frostbarbaren Vellenhorst, der den Zahn für seinen Stamm in Besitz bringen möchte, der gerade einen Feldzug gegen die Eisbarbaren vorbereitet. Kevin Carter gibt freimütig zu, dass er sich bei diesem Abenteuer neben der Beowulf-Saga auch von Tolkiens Herr der Ringe inspirieren ließ. Fans dieser beiden Werke dürften also auch an Ill Made Graves ihre Freude haben. Aber auch auf alle anderen wartet ein durchaus gut durchdachtes und atmosphärisches Abenteuer, das davon lebt, dass die Charaktere sich bis zum Schluss eines Feindes erwehren müssen, den sie nicht besiegen können, vor dem sie aber auch nicht einfach fliehen können, wenn sie keine größere Katastrophe auslösen wollen. King Of The Rift (Greg A. Vaughn) ist der zehnte Teil des Abenteuerpfads Age Of Worms und für vier Charaktere der 18. Stufe konzipiert. Die Helden haben in The Library Of Last Resort, dem vorausgegangenen Abenteuer, herausgefunden, wie sie den untoten Drachen Dragotha besiegen können, bzw. wo sie sein Phylakterium finden können. Dazu reisen sie in die von Giganten bewohnte Stadt Kongen-Thulnir, geraten aber mitten in einen Kampf zwischen den Riesen und einer von Dragotha geschickten Drachenarmee. Zwischen den Fronten kämpfen sie sich durch eine vom Krieg gezeichnete Stadt, treffen einen alten, geheimnisvollen Bekannten wieder und müssen letztendlich sowohl gegen Giganten als auch gegen Drachen bestehen, wenn sie ihre Aufgabe erfüllen wollen. Das Abenteuer lebt in der Hauptsache von dem einzigartigen Szenario und ist sehr kampflastig, bietet aber dennoch einige Gelegenheiten zum Charakterspiel. Die Kämpfe sehen sehr herausfordernd aus, was aber für den Abenteuerpfad (wie ja auch für seinen Vorgänger) durchaus typisch ist. Witzigerweise ist eine der von den Giganten gegen die Drachen eingesetzten Waffen nahezu untauglich (Drachen sind gegen Paralyse immun), was mit einem leichten Augenzwinkern auf den Paizo-Foren so erklärt wurde, dass diese Waffe ja auch nicht ausschließlich gegen Drachen entwickelt worden sei. Und da all diese Waffen auch den Abenteurern zur Verfügung stehen (wenn sie auf die Idee kommen), können diese sie durchaus auch gegen feindliche Giganten einsetzen. King of the Rift lässt sich prinzipiell sehr einfach als stand-alone-Abenteuer spielen, nur wenige Referenzen sind so AP-spezifisch, dass sie entfernt werden müssen. Dennoch würde ich es persönlich aufgrund seiner starken Kampforientiertheit als schwächstes der drei Abenteuer einstufen,das ist aber eher Geschmackssache, Gruppen, die auf knackige Kämpfe stehen, werden jedenfalls allerbestens bedient. Damit zu den Kolumnen: Monte Cooks Thema des Dungeoncraft-Artikels dieser Ausgabe ist die Marathon Session. Darinnen finden sich viele kleine nützliche Hinweise bezüglich der Planung einer solchen Sitzung, der Einbindung von Spielern, die vielleicht nicht die ganze Zeit über dabei sein können, wie man Pausen in die Session integrieren kann und noch einiges andere. Als mehr oder weniger erfahrener Spielleiter ist man zwar oft geneigt, viele dieser Hinweise als selbstverständlich anzusehen, ich glaube aber kaum, dass irgendjemand so perfekt ist, dass er nicht den geringsten Nutzen aus dem Artikel ziehen kann. Eine nach wie vor absolut empfehlenswerte Artikelserie von einem Meister seines Fachs. Die Artikel des Campaign Workbook beschäftigen sich diesmal mit Spielen für gelangweilte Charaktere (z.B. Knucklebones, einem pokerähnlichen Würfelspiel, oder Time for the Second Eye, einem Würfelspiel, dessen Ziel es ist, Gruumsh das zweite Auge auszuschießen ;-)), bietenTabellen für die zufällige Generierung des Aussehens einer Schriftrolle sowie für die Menüauswahl, wenn die Speisen mal etwas exotischer sein dürfen. Und passend zum Ecology-Artikel im DRAGON 341 wird im Critical Threat diesmal der „Marshal“, ein inevitable fighter 4 (CR 16) vorgestellt. In der Abteilung Map of Mystery gibt es diesmal eine Reihe miteinander verbundener Kavernen in der Underdark zu bewundern. Bleiben noch die Comics; Mt. Zogon und The Portent mag ich sehr, an den Dunkelelfen Downer beginne ich mich langsam zu gewöhnen, er bleibt aber nach wie vor Geschmackssache.
Fazit: Alles in allem eine sehr gute Ausgabe mit drei wirklich schönen Abenteuern. Chimes At Midnight ist eines der besten Eberron-Abenteuer, die ich bisher gelesen habe (inkl. Der offiziellen Abenteuer für dieses Setting, Ill Made Graves spielt sehr schön mit den literarischen Vorbildern entliehenen Details. Und King Of The Rift sollte geeignet sein, den Selbsterhaltungstrieb noch der wagemutigsten High-Level-Heroen wieder in Gang zu setzen. Wann gerät man schon mal in eine Schlacht zwischen Drachen und Giganten? Die Kolumnen würzen das angerichtete Menü noch kräftig nach. Ich mag es, meine Kampagnen mit kleinen Details anzureichern, und die Tabellen machen es jedem Spielleiter einfach, genau dieses zu tun. Der „Marshal“ stellt eine sehr geeignete potentielle Nemesis einer Gruppe dar, und die Underdark Caverns sollten eigentlich die grauen Zellen eines jeden SL sofort auf Trab bringen. Ging mir wenigstens so. Das die Endnote nicht höher ausfällt, liegt alleine daran, dass zwei der drei Abenteuer nicht bzw. nur eingeschränkt generisch sind. Es bedarf einiger Arbeit, speziell das Eberron-Abenteuer in ein anderes Setting einzufügen, Spielleiter, die Abenteuer 1:1 in ihre Kampagne übertragen wollen, bleiben hier eigentlich auf Ill Made Graves beschränkt. Wer die Mühe nicht scheut, kann aber bedenkenlos zugreifen. Und für Eberron-Fans wie auch für (potentielle) Spielleiter des Abenteuerpfads „Age Of Worms“ ist diese Ausgabe meiner Meinung nach ein Muss. Klare Kaufempfehlung.
|
||||||||||||||||||||