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Chaugnar Faugns Fluch
Bewertung:
(4.4)
Von: Hannes „Nagakeng“ Gaschnig
Am: 09.06.2006
Autor:William A. Barton, Sheldon Gilett, Jan Christoph Steines
Typ:
System:Cthulhu Kampagnenband
Setting:Cthulhu 1920
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:3-937826-60-2
Inhalt:165 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Chaugnar Faugns Fluch - Kampagnenband

Aussprache: SCHAHG-nar FAHN

 

 

1. Überblick

 

1.1 Front

In Farbe, tiefblau bis türkis, braun und ockerfarben. Ich assoziiere damit Pazifik und Hochebenen, was auch den Punkt des Spielhintergrundes relativ gut trifft. Das Türkis im Inneneinband sticht mir jedoch zu sehr ins Auge. Sein Flair kommt erst bei gedämpftem Licht und Kerzenschein zur Geltung.

 

1.2 Inhaltsverzeichnis

Leider Minimalismus statt Optimierung. Lediglich die Überschriften der drei Abenteuer sind mit Seitenzahl angegeben und für den dritten Teil zusätzlich die wenig aussagekräftigen Tageseinteilungen. Es stört mich, dass bei der auf mich zukommenden Wissensflut keine Orientierung über eine Gliederung möglich ist. Bereits aus einem früheren Abenteuer kenne ich die Vorteile einer gefächerten Gliederung. Spart vor allem Zeit, und reduziert Unterbrechungen im Spielfluss auf ein Minimum.

 

1.3 Vorwort

CFF ist demnach großteils eine Übersetzung zweier englischer Abenteuer. Zum einen „The Curse of Chaugnar Faugn“, zum anderen „Horror´s Heart“, die nur lose zusammenhingen. Nach einiger Überarbeitung der ursprünglichen Abenteuer und der Kreation eines Verbindungsstückes, „Die Prophezeiung geheißen“, später, war der CFF-Kampagnenband, bestehend aus drei auch unabhängig spielbaren Szenarien, gediehen. Allerdings sollten die Charaktere vorher bereits mit dem Mythos in Berührung gekommen sein, was ein oder mehrere Vorabenteuer sinnvoll macht.

 

1.4 Design

Auf beinahe jeder zweiten Seite findet sich eine schwarz-weiß Illustration der unterschiedlichsten Sorte. Von recherchierten Bildern des frühen letzten Jahrhunderts (vor allem Porträt- und Kulissenbilder) über räumlich gezeichnete Gebäudegrundrisse, hin zu der ein oder anderen Zeichnung, bis zuletzt den im jeweiligen Anhang befindlichen Personenporträts und handschriftlichen Handouts findet sich alles, was das Spielleiterherz begehrt.

Die Schriftarten der Überschriften und das Seitenlayout im „Vergilbten-Wälzer-Stil“ reihen sich in die Cthulhu Tradition.

 

 

2. Kapitel

 

2.1 Allgemeines zum geschriebenen Wort

Das Lesen ist durch den Schreibstil ein Leichtes und Vergnügliches. Der Lektor jedoch scheint zum Ende hin immer mehr an Tippfehlern zu übersehen, was mir ein winziger Dorn im Auge ist. Dafür ein kleines Minus.

Die Übersichtlichkeit wird durch eine gute, hauptsächlich zeitliche Strukturierung der mit Überschriften bestückten Ereignisse geschaffen, dennoch macht dies das „fehlende“ Inhaltsverzeichnis nicht wett.

Weiterhin werden dem Spielleiter mit grauen und schwarzen Kästen zum nebenstehenden Text wichtige Zusatzinformationen zum Inplay, Tipps aufgrund von Testspielergebnissen und unentbehrliche Überschaubarkeit an die Hand gegeben.

Die Kapitel beschreiben den „Optimalverlauf“ der Kampagne. Für Abweichungen, die an vielen Stellen aber durchaus möglich sind, werden nur wenige Alternativen geboten. Die Reichweite der Spielerentscheidungen auf den Gesamtverlauf bleiben meist abschätzbar, da ihre Wirkungen sich meist auf Teilaspekte beschränkt. Da Cthulhuspieler normalerweise mit ihren Charakteren relativ normalen Menschen und Verhalten nachempfinden wollen, dürfte die Kampagne dennoch nicht aus dem Ruder laufen und der Optimal sich relativ häufig mit dem Realverlauf decken. Dafür hat Pegasus Press wohl mit Testspielen vorgesorgt. Ein dickes Plus dafür.

 

2.2 Chaugnar Faugns Fluch

Deutschland, Berlin in den 1920ern. Es beginnt mit der Kontaktaufnahme von Helene Walden zur Gruppe über ihren ehemaligen SC-Freund. Aufgrund ihres Rufes das Ungewöhnliche zu entschlüsseln, bittet die bildschöne, junge Frau sie, ihren seelisch und körperlich angeschlagenen Vater zu beschützen, weil…

 

… Sir Walden, ein angesehener Professor für Fernost, kam von einer Tibetreise zurück, auf der er vom Volk der Tcho-Tcho eine riesige Götzenstatue entwendet hatte, welche nun im Museum ausgestellt ist. Die Tcho-Tcho ließen ihn im Glauben, dies heimlich getan zu haben. Eine alte Prophezeiung besagt nämlich, dass eines Tages ein Weißer Adept Chaugnar Faugn, den elefantenköpfigen Gott, in den Westen führen, und er infolge dessen wieder das gesamte Universum ausfüllen würde. Zwar erfüllte Walden nicht alle Vorraussetzungen der Prophezeiung, doch der Oberpriester des von CF geschaffenen, menschenähnlichen Volkes entschied, dass es CFs Macht auf alle Fälle nicht schaden kann. Tja, die Statue ist tatsächlich der völlig reglos verharrende Chaugnar Faugn! Er ist an diese Haltung nicht gebunden, und kann jederzeit von seinem Podest herabsteigen, was er auf Nahrungssuche des Nächtens auch regelmäßig unternimmt. Und tja, nicht Walden fand den Gott, sondern der Gott ihn!

Die Tcho-Tcho haben über Walden den Zauber Fluch des Chaugnar Faugn ausgesprochen. Walden wird daraufhin langsam aber stetig wahnsinnig, was sich in einer Art Krankheit mit Anfällen äußert. Die Tcho-Tcho wollen, dass er sich als neuer Gefährte dem Gott andient. Im Westen zurück ist ein alter Kollege Waldens, Prof. Sadowsky, bewandert in Okkulten und Mythos, sich sicher, dass der Götze Chaugnar Faugn höchst persönlich ist und will Walden warnen, der von alledem ja keinen blassen Schimmer hat und meint, Sadowsky sei ja nur eifersüchtig auf seinen Fund und Ruhm. Sie zerstreiten sich auf Teufel komm raus und Walden steht ab sofort alleine da, während er geistig immer mehr umnachtet. Als er eines Nachts im Museum erwacht, wohin er scheinbar schlafgewandelt ist, lässt er sich von Helene ans Bett fesseln. Er entwickelt in seinen wenigen klaren Momenten die Theorie, den „Großen Alten“ mit einem Mythos Manuscript, welches sich noch in Sadowskys Besitz befindet, kontrollieren zu können und sich dann an Sadowsky, dem er inzwischen glaubt, ihn aber aufgrund seiner schließlich verweigerten Hilfe um so mehr hasst, rächen zu können. Auf seiner vorletzten Reise hatte Walden den Zauber Bewusstseinstausch erlernt und tauschte mit seiner Tochter den Geist und damit den Körper, und übte damit umzugehen, um schlussendlich doch an die Manuskripte zu gelangen.

In der letzten Nacht vor Spielbeginn kam dann der Tcho-Tcho-Priester um nach dem Rechten zu sehen, warum im Westen nichts vorwärts ging und der Fluch nicht richtig ansetzte.

Helene ertappte dabei den Priester, wie er über Walden stand, um ihn los zu schneiden. Für die unbehelligte Helene sah es allerdings aus, als ob er ihren Vater töten wollte. Sie schrie, Walden erwachte und tauschte intuitiv mit ihr den Körper, sie wurde bewusstlos. Walden-in-Helene vertrieb den Priester…

 

… er in Gefahr schwebt. Den Spielern ermöglichen sich die ersten Ansätze für Nachforschungen. Unter anderem hat im Museum auch Chaugnar Faugn mit seinem Rüssel das erste Opfer, einen Wachmann, gerissen und eine Riesensauerei hinterlassen, während er wieder seelenruhig auf seinem Sockel verharrt und dem „lustigen“ Treiben der Polizei zusieht. Hier kommen die Charaktere das erste Mal mit Kommissar Hermer in Kontakt und erfahren vom anderen Wachmann einige merkwürdige Beobachtungen. Der Kommissar wird im Laufe des Spieles erst zum Gegenspieler, dann vielleicht zum Verbündeten.

Aber auch die Morgenzeitung, öffentliche Bibliotheken, die preußische Staatsbibliothek, und die Universität halten so manche Überraschungen bereit.

Am Abend dann sollten sich die Charaktere zum Schutz des Professors in dessen Haus verschanzen und davor vielleicht noch ein wenig herumschnüffeln. Als sie die bildhübsche Helene treffen ist es gerade Walden, mit dem sie sprechen.

Eingeleitet von einer Mythosvision, greift der Priester diesmal mit einem Insektenschwarm an, dem die Truppe nichts entgegensetzen kann, unterstützt von einer Horde Tcho-Tcho.

Sie entführen den unter Betäubungsmitteln stehenden Walden, der dann selbständig Chaugnar Faugn schlafwandelnd aufsucht, vor ihm erwacht und in Todesangst mit Helene, deren Körper er zu ihrem Schutz unter Betäubungsmittel setzte, den Bewusstseinstausch vollzieht. Der Elefantenrüsselträger saugt Helene-in-Walden aus. Damit ist Walden nun im Körper seiner Tochter auf ewig gefangen, und der einzige Mensch, den er noch liebte, verstorben. Walden wird endgültig wahnsinnig und spinnt einen furchtbaren Plan. Als Helene versucht er, die Gemüter der Charaktere gegen Sadowsky zu erhitzen und stellt ihn als große Gefahr dar, der einzige Weg seine Macht zu brechen, wäre die besagten Manuskripte zu stehlen und zu vernichten. Und wirklich wird es ihm wohl nicht schwer fallen, die Charaktere gegen den mysteriösen Einzelgänger Sadowsky aufzuhetzen. Ist das Buch erst beschafft, täuscht „Helene“ seine Zerstörung vor.

Das Abenteuer findet eine einige Wochen umfassende Unterbrechung, in der Zeit ist für ein Zwischenspiel. Ein Abenteuer außerhalb der CF-Thematik, wo sie nebenbei Wladimir Trepoff aus einer Gefahr erretten sollten, der ihnen später noch eine große Hilfe sein wird.

In dieser Zeit baut sich auch die Liebe von „Helene“ und ihrem früheren Freund wieder auf- Walden hat vor, wieder in seinen männlichen Körper zu wechseln- man hört vom Verschwinden einiger Universitätsmitarbeiter- der paranoide Walden opfert seine geglaubten Feinde der „Statue“, damit Chaugnar Faugn stark ist bis zum Angriff auf seine neuesten Feinde: die Charaktere, die den Tod seiner Tochter und seines Körpers nicht verhindert haben!

Walden tauscht mit dem Spielercharakter endgültig den Körper und verschwindet, wie ebenfalls der Götze, aber nicht ohne ein gewaltiges Loch in der Museumswand zu hinterlassen.

Walden wird nun zum Gefährten Chaugnar Faugns und verändert dementsprechend sein Äußeres, den Körper des Charakters unangenehm.

Dem Aufenthaltsort des Gottes kommt man über die folgenden Morde auf die Spur, doch wie bekämpft man eine Gottheit? In diesem Augenblick taucht der Erfinder Trepoff mit seiner Raum-Zeit-Maschine auf, die zwar nicht so funktioniert, wie er will, aber um Dinge zeitlich umzukehren und damit zu dematerialisieren ist sie allemal nützlich.

In einem finalen Kampf, in einer von Walden angemieteten Lagerhalle im Hafengebiet, katapultieren die Charaktere unter Beistand Trepoffs und der Wunderwaffe, die danach eingeschrotet werden kann, den Großen Alten zurück in die Vergangenheit… vorläufig…

 

2.3 Die Prophezeiung

… England, London, ein knappes Jahr später. Die Charaktere - darunter wahrscheinlich der Charakter-in-Helene - werden erneut um Hilfe gebeten, doch diesmal auf anonyme Weise. Sie erhalten über eine Botenzustellung einen Zeitungsartikel. Auf einem nebenstehenden Zeitungsfoto sieht man, dass jemand auf ein Plakat in einer Tubestation einen Hilferuf gekritzelt hat, mit Chaugnar Faugns gezeichnetem Haupt darunter. Womit also ihre Neugier geweckt sein sollte, die sie…

 

… Die Tcho-Tcho haben davon Wind bekommen, dass ihr Herr im Verlauf der Zeit zurückgeschleudert wurde. Sie suchen nach einem Weg ihn bald möglichst zurück zu holen. Sie wissen jedoch nicht wie weit der Große Alte den Weg rückwärts antrat und um ihn zu finden, brauchen sie ausgerechnet die Spielercharaktere. Denn zwischen CF und seinen Plandurchkreuzern ist eine merkwürdige geistige Verbindung entstanden. So versuchen die Kultisten also die Charaktere dazu zu bewegen, ihn unbeabsichtigt selbst zurückzuholen. Die Charaktere sind sozusagen unfreiwilliges Werkzeug, wenn sie der gefakten Prophezeiung des Mu Sang, von den Kultisten umgeschrieben, Glauben schenken…

 

… auf ihren Ermittlungen kreuz und quer durch London steuert, und dabei ständig täuscht. Aus Zeichentrickfolgen kennt ihr, liebe Leser, sicherlich die Sequenzen, in denen jemand mit „Leckerlies“ eine Spur legt, ein Dummer sie einsammelt und zum Schluss in den Kochtopf fällt. Diese Art von Manipulationsversuch findet sich auch hier. Die große Frage bleibt eben, ob die Spieler ihr rechtzeitig auf die Schliche kommen werden!

Sie werden in Begleitung des Zeitungsfotographen einen Miri Nigri, einen Mythoszwerg, in den U-Bahnschächten und der Kanalisation verfolgen, sich anhand seines scheinbar verloren gegangenen Regenmantels mit einem Museumsflyer in der Tasche ins Anatomieinstitut begeben, auf einen jungen Professor, den Anführer der Kultisten in London, treffen, der sie auf die nächste heiße Spur geleitet. Ein alter Chinese wird seine Freundschaft vortäuschen, sie als die prophezeiten Vernichter Chaugnar Faugns preisen und nachdem er auf einem Angriff von einer Tcho-Tcho-Bande im Beisein der Charaktere schwer verletzt worden ist, um seine Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, ihnen seine Aufzeichnungen überlassen. Aus all ihren Funden können die Protagonisten dann den Ort deuten, an dem sie das Ritual einleiten müssen: den historischen Kristallpalast. Dort warnt sie dann ein letztes Mal der durch Tcho-Tcho-Folter dem Wahnsinn anheim gefallene Trepoff vor der Falle, doch so wirr, dass sie kaum mehr Zeit haben werden seine Worte zu verinnerlichen. Wenn die Charaktere bis hier her unbehelligt geblieben sind, werden die Kultisten sie, wenn überhaupt nötig und sie den Zutritt nicht freiwillig unternehmen, mit Gewalt in den buddhistischen Tempel treiben- das eine Ende des Tunnels durch das Chaugnar Faugn in die Gegenwart zurückgelangt!!!

Das andere Ende ruht in Montreal, was sie den paar Wortfetzen des abgedrehten Klapsmühlenkandidaten Trepoff entnehmen können und ab geht es mit der White Star Line auf den amerikanische Kontinent zu einem alten Bekannten: Priester William, Missionar für das Franzosen dominierte Montreal…

 

2.4 Das Herz des Grauens

… Kanada, Montreal, ein oder zwei Wochen später. Noch nicht ganz. Auf der Zugreise mit der komfortablen Canadian Pacific Railway, ereignet sich ein merkwürdiger Zwischenfall. Eine junge, reiche und gut aussehende Dame wird von einem Bahnangestellten mitten auf der Fahrt beinahe aus dem Zug entführt, während der menschliche Kollos entkommt. Dank ihrer Einsatzbereitschaft bei der Verhinderung der Entführung machen die Charaktere ihre nähere Bekanntschaft und erfahren, dass sie die Tochter des einflussreichsten Montrealers ist. Jean-Claude Lavoie ist Mogul über den Alkoholschmuggel in die prohibitionsbeschwerten ertragreichen Vereinten Staaten. Am Ziel möchte sie ihren Rettern gerne die Stadt zeigen und verabredet sich für diesen Abend mit ihnen. Die einzige Person, die die Spieler in Montreal - außer nun Celine- kennen, ist der oben erwähnte, katholische Priester William, ursprünglich Deutscher. Von ihm werden sie sich Ratschläge bei der Suche nach Chaugnar Faugn erhoffen. Hier verbreiten sich jedoch keine ähnlichen Nachrichten wie die berlinischen „Bestienmorde“ und er braucht ihnen lediglich Unterkunft und Verpflegung stellen. Aber auch sie kommen ihm sehr gelegen, denn…

 

… Die Begegnung im Zug war zwar zufällig, doch bewusst provoziert. Die Familie Lavoie sucht mutige Fremde, damit sie einen Fluch brechen, welchen der Vater Jean-Claude Lavoies, ein großer Hexenmeister, über seine Nachkommen kurz vor seinem Tod ausgesprochen hat. Die Lavoies hüten ein Geheimnis. Sie wurden durch die Magie des Zauberers zu Gestaltwandler geworden. Jeder kann willentlich eine andere Tiergestalt annehmen. Dies hat nichts direkt mit dem Mythos an sich gemein, aber wohl indirekt. Außerdem sind einige von ihnen Mitglieder in einer Geheimgesellschaft, den dekadenten Lords- einem bleichem Schatten der einstigen mutigen Ritter, die sie gründeten. Einer, Jean-Claudes Sohn Stephane, ist zum Unwissen all seiner Verwandten dagegen passives Mitglied deren Gründungsgrundes, dem Erzfeind: das Blut. Dieser Kult ist auch jener, der dem geschwächten Chaugnar Faugn, von der anstrengenden Reise durch Zeit und Raum, seine ursprüngliche Macht zurückbringen will. Es ist bis jetzt nichts von Morden gehört worden, denn der schlappe Gott hat sich eine neue Gefährtin erwählt. Die Leiterin der hiesigen Psychiatrie versorgt den Durstigen mit ihren Patienten, die sowieso niemand Recht vermisst. Doch damit CF wieder wirklich den Beinamen eines Großen Alten verdient, muss ein Opferritual abgehalten werden bei dem eine Komponente nicht fehlen darf: Das Herz des Grauens. Es ist das unsterbliche Herz eines ehemaligen Gefährten des Großen Alten, namens James Andrews. Durch eine kompliziert verworrene Verwechslungsgeschichte ist ihm nach seinem Ableben das Werk des barmherzigen Andreas von Karden zugeschrieben und der Falsche vom Vatikan heilig gesprochen worden ist. Seine Gebeine samt unverwestem Herz sind nun unter der Kirche des unglücklich hineingezogenen Priester Williams freigelegt worden. Er hofft, die Gebeine des (wahren) Heiligen gefunden zu haben, damit seine Kapelle zu einem Wallfahrtsort wird. Zwar hat er bereits Morddrohungen - das Blut bleibt bis auf weiteres anonym, hat allerdings schon eine Spionin in der Kirche etabliert - erhalten und selbst schon Zweifel an der Echtheit des Heiligen, doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…

 

… bei Erweiterungs- und Sanierungsarbeiten haben Handwerker eine interessante Entdeckung gemacht: Den Leichnam und das unverweste Herz eines Heiligen! Zwar muss noch bewiesen werden, dass es sich dabei wirklich um Andreas von Karden handelt, doch dafür sind ja nun seine alten Freunde wie von Gott zur rechten Zeit gesandt worden! Das Herz befindet sich sicher in seinem Tresor. Tja, und das Abenteuer nimmt seinen Lauf. Der Pfarrer hat am selben Abend noch eine Verabredung. Sie werden ihn anschließend erst wieder beim Ritual begegnen, denn er wurde vom skrupellosen Anführer der Lords entführt und gefoltert. Wenn die Charaktere merken, dass der Pfarrer nicht die ganze Wahrheit erzählt, werden sie wohl auch beginnen herumzuschnüffeln, wenn sie es nicht ohnehin vorhaben. Die Charaktere werden einen wahnsinnigen Arbeiter, der das Herz berührte, stellen können. Die Aussage der armseligen Gestalt, sollte erste Zweifel wecken, und auch die übrigen Beobachtungen sind keineswegs positiver Natur. Da steht aber schon die Limousine der Lavoies vor der Tür, die sie in ein nobles Establishment fährt. Dort treffen sie einige Lavoies. Ein offen verübter Mord zerstreut die Gäste und die Charaktere finden sich plötzlich mit Celine und Stephane in einer Seitengasse, wo sie von einem Schlägertrupp abgepasst werden. Es sind Mitglieder der Lords und sie wollen Stephane tot sehen. Als es brenzlig wird, greift ein einäugiger Bernhardiner, Onkel Stephanes, ein, tötet zwei der Lordschläger und verschwindet wieder in der Dunkelheit. Nach der Beerdigung des Großvaters von Celine am nächsten Tag, wo sie den einäugigen Hund erneut treffen, welcher sie -aus einem Rachebedürfnis an seinem Bruder - zum Grab führt, auf dem eine merkwürdige Inschrift geschrieben steht, sind die Charaktere auf dem Sitz der Lavoies eingeladen, lernen den Vater kennen, machen eine mysteriöse Begegnung mit einem einbeinigen Bären- möglicherweise haben sie ihn bei der Verfolgung des Bahnangestellten schon gesehen. Sie werden mit dem Fluch erstmals direkt in Kontakt kommen, am nächsten Tag sollen sie den Fluch brechen. Doch es wird anders kommen als von Jean-Claude geplant. Seine Kinder hintergehen ihn und auch die Charaktere werden sich ihm widersetzen, wenn sie wissen, dass das Brechen des Fluchs den Tod zur Folge hat. Anschließend gelangen sie über den Toten Lordhandlanger in deren Kreise, kommen vermehrt mit dem Blut in Berührung, wenn Niedere Brüder des Chaugnar Faugn aufkreuzen, um das Herz zu entwenden und weitere Nachforschungen zum Heiligen anstellen, wozu auch die Seelengespräche der Haushälterin des Pfarrers mit dem Leichnam und dem Heiligen gehören. Ein verdeckter Ermittler des Vatikans tritt auf die Bühne, ein ängstlicher Aussteiger aus dem Blut redet sich die Last von der Seele, die Charaktere finden heraus, das nicht das Blut Pfaffe William entführt hat, sondern das Oberhaupt der Lords, das sich nicht vom Reichtum hat bequemen lassen. Des weiteren werden sie in den Besitz der Heiligen Klinge von Tsang gelangen können, mit der sich das Herz zerstören lässt und finden sich dann schließlich in den geheimen Räumlichkeiten des Blutes wieder. Und zwar genau in der Nacht, in der das Ritual- das Herz ist schließlich doch in die falschen Hände gelangt- abgehalten wird. Werden sie seine Wiedererlangung der Macht verhindern können? Zuletzt werden sie wissen, dass man einen Großen Alten nicht besiegen, dafür aber seine Pläne durchkreuzen kann. Immerhin.

 

 

3. Fazit

 

3.1 Der Fluch des Chaugnar Faugn

Das Abenteuer umfasst 48 Seiten geballter Geistesnahrung. Anzumerken ist die Tatsache, dass der Spielleiter in diesem Abenteuer mit einem Spieler zusammenarbeiten kann, er kann es aber auch anders handhaben. Es hängt ganz von der Gruppenkonstellation und den Gemütern ab, wird aber auf alle Fälle das Spiel sehr bereichern.

Nun die Story ist gut durchdacht und „logisch“ aufgebaut. Ich finde sie sehr spannend und actionreich.

Nichtsdestotrotz scheint sie mir aber etwas den Rahmen zu sprengen. In Cthulhu gehört es immer dazu, dass der Mythos etwas besonderes, etwas einzigartiges, aber eben besonders etwas seltenes ist. Mag man es so sehen, dass sich die Charaktere zu diesem Zeitpunkt bereits in den elitären Reihen der Mythosjäger in ihren geistig besten Jahren befinden, halte ich das Abenteuer doch für sehr mythoslastig durch alle möglichen Zauber, Mythosbücher, und den persönlichen Kampf gegen einen Großen Alten und erlangt zudem mit einer Raum-Zeit-Maschine einen spacigen Touch. Jedoch kann das Szenario auch als sehr angenehm empfunden werden, wenn man sich für Neues begeistern kann. Es hat auf alle Fälle das Potenzial die Cthulhugemeinde zu spalten.

Es kann sich auch das ein oder andere Abenteuerchen abseits der CF Spur anschließen, jedoch läuft die Kampagne dann immer Gefahr, erstens den roten Faden reißen zu lassen, zweitens den roten Faden zu behalten, sich dann aber zu lange zu ziehen- und durch Langeweile mit demselben Stoff auf Dauer zu stranden- und drittens die kampagnenwichtigen Charaktere durch Tod zu verlieren.

 

3.2 Die Prophezeiung

Ein rasanter und ziemlich geradliniger 16-seitiger Spaß! Es gibt genügend Momente, in denen die Charaktere ihre Marionettenposition bemerken können und beinahe sollen, dass nicht alles zufällig so geschieht, wie es den Anschein hat. Das Abenteuer wird wahrscheinlich gerade einmal einen Abend in Anspruch nehmen. Die Alternativhandlungen der Charaktere sind eingeplant und auch nicht unerwünscht. Es hat die Aufgabe die Charaktere misstrauisch zu stimmen und ihre Sinne zu schärfen. Überall Gefahren zu sehen, damit sie im letzten Abenteuer die Tendenz zur Übervorsicht ausleben.

Ein kleiner Fehler, der sich leicht ausbessern lässt, ist auf alle Fälle übersehen worden. Der Miri Nigri, der vor den Augen des Fotoreporters den Hilferuf auf das Plakat schmierte, kommt niemals so hoch. Kaum ein erwachsener Mann reicht bis ans obere Ende der Botschaft, vom einem Zwerg mal ganz abgesehen, und von einer Leiter oder einem Gestell ist keine Rede.

 

3.3 Das Herz des Grauens

Die Hintergründe und Zusammenhänge sind viel verschachtelter und die Handlung mit den verschiedenen unerwähnten NSC ist in ihren Verästelungen für die Charaktere viel umfangreicher als von mir dargestellt, in weniger auffallendem Maß natürlich auch beim ersten und zweiten Szenario. Die Wahrheit wird den Spielern nur zeitlich gestückelt präsentiert, was mir sehr gelungen scheint. Zum Schluss laufen alle Stränge dann doch irgendwie auf ein Ereignis zusammen.

Das mit 94-Seiten wahrhaftig sehr lange Endkapitel ist ein grandios mehrspuriges Vergnügen. Der Spielleiter wird sich auf jeden Fall Notizen machen müssen und es zwei bis drei Mal lesen, bevor er es ganz in seinem Gesamtzusammenhang verstanden hat und es lückenlos leiten kann. Damit ist weniger die zeitliche Gliederung zu verstehen, die durch die Einteilung in „Tage“ sehr übersichtlich wird, als die Verknüpfungen im Hintergrund ganz zu begreifen und durch notwendige Improvisation bei alternativen Handeln der Spieler keine unwiderruflichen Änderungen in der Gesamtstruktur zu verursachen. Durch die verschiedenen Ereignisse wirkt das Abenteuer sehr ausdauernd, trotz seiner Länge.

 

3.4 Insgesamt

Ich war seit meinem Einstieg mehrmals Spieler, einen Abend selbst Spielleiter… und das, ohne wirklich Regelkenntnisse zu haben. Ich besitze noch nicht einmal das Spielleiterhandbuch, und das Spielerhandbuch habe ich lediglich überflogen. Aber auch so würde ich mir zutrauen dieses Abenteuer mit ein wenig Regelkenntnisaufbereitung zu leiten. Cthulhu hat eben den Vorteil weniger „regellastig“ zu sein, als andere Systeme. Es kommt hier schlicht und ergreifend viel mehr auf die freie Handlung an, was man einfach an der statistischen Verteilung des Textes für, grob gesagt Story und Fight, abzählen kann.

 

Die einzelnen Bewertungen der Abenteuer sprechen bereits eine recht klare Sprache. Ich mag es. Durch die aktive Handlung der Umwelt wirkt die schätzungsweise 15 bis 20 Sitzungen – Sidetreks eingeschlossen - umfassende Kampagne insgesamt sehr lebendig und actionreich.

 

„Der Fluch des Chaugnar Faugn“ hat im Vergleich zu den anderen beiden Abenteuern die meiste, tja,… Power, hervorgerufen durch das extreme Ab und Auf. Der Kampf gegen einen Großen Alten wird ein einmaliges Highlight. Ich empfinde es trotzdem für die Cthulhu-Welt als durchaus passend und „glaubwürdig“.

 

Aber die Kampagne fällt danach nicht in ein Loch. Die übrige Handlung kann da durch ihre Vielfältigkeit, ihre Abwechslung und den Ideenreichtum in Effekten, Wesen, Beweggründen und so weiter locker mithalten- zugegebenen, es gibt in den Abenteuern durchaus Parallelen, wie die drei Alkoholiker, der eine Mann mit Holzbein und der andere mit Klumpfuß, die Hilfsbedürftigkeiten als Einstieg, die aber für mich nicht sonderlich schwer ins Gewicht fallen - es ist jedoch der Eindruck bei mir entstanden, dass es in seiner Stimmung leicht gedämpfter läuft. Also im Vergleich zum erfolgreichen Kampf gegen einem Großen Alten zumindest. Allerdings schwingt es immer noch mehr als die meisten anderen mir bekannten Cthulhuszenarien.

 

Mir gefällt außerdem, dass die Kampagne eben diese Wendung vollzieht. Die Kurve flacht leicht ab, staucht und streckt sich aber weiterhin angenehm, und die Charaktere müssen schließlich ihre Euphorie über den Sieg gegen einen Großen Alten relativieren. Es wird ein gutes Gefühl bleiben, aber eben kein Totalsiegjubel.

 

In drei Aspekten sehe ich Gefahren für eine stimmige Cthulhurunde.

Als Erstes sind manche Aspekte für den Gesamtverlauf nicht ausreichend erläutert. Bei gewissen essentiellen Handlungssträngen steht geschrieben: „Es ist die Aufgabe des Spielleiters, dieses oder jenes Gefühl/jene Tendenz, etc. hervorzurufen…“ Und was ist, wenn er das nicht schafft und die Spieler skeptisch sind, obwohl sie gerade uneingeschränkt offen sein sollten? Diese Passagen bezeugen für mich die Tendenz zur Notwendigkeit eines erfahrenen Spielleiters.

Zum Zweiten ist der Textfluss oft so gehalten, dass <Spielercharaktere> lediglich durch <Ihr> zu ersetzen und rein theoretisch nur mehr vorzulesen ist. Der dicht gedrängte Spielinhalt ist zwar in seiner Genauigkeit anders kaum an den Spieler zu bringen und schließlich kann sich der Spielleiter ja auch nicht alle Beschreibungen in seinen wunderbaren Einzelheiten merken. Dennoch läuft die Kampagne dadurch Gefahr zu sehr zu einer Vorlesung zu werden und die Freiräume der Spieler einzuschränken.

Zum Dritten ist der relativ lockere Umgang mit Zaubern, Mythos und Wahnsinn dazu zu zählen. Es geht der Eindruck verloren, dass die Konfrontation mit dem Mythos etwas äußerst seltenes und damit besonderes ist und sich schließlich die Frage stellt, wer hier eigentlich wen anzieht… Das ist, denke ich, generell das Problem fast jeder KAMPAGNE und wohl schwer änderbar. Man könnte die Abenteuer Inplay zeitlich viel weiter auseinander legen, wobei eben dann wieder an anderen Ecken genörgelt werden kann…

 

3.5 Note

Da ich keine Vergleichsmöglichkeit bespielsweise zum Orient Express oder anderen englischsprachigen Cthulhukampagnen zu Rate ziehen kann, ist es schwierig dem Ganzen eine Note zu verleihen. Als Ergebnis orientiere ich mich schlicht an meinem überwiegend doch sehr positivem Eindruck (4,7) mit einem schlussendlich aber nur leicht fadem Beigeschmack durch die Tippfehler, dem Logikhandoutfehler, das unbefriedigende Inhaltsverzeichnis, die Parallelen und die Gefahren (-0,3). Wie man es sieht, es gibt eben nichts Perfektes, dazu sind wir viel zu sehr Problemsucher.

 

Wenn mich jemand fragt, worauf ich mich am meisten freue, werde ich antworten:

„Wenn die Spieler das letzte Mal die Würfel heben, die Stabilität über alle Spielabende soweit gesunken ist, dass dieser Wurf sie in die permanente Wahnsinnigkeit treiben kann und ich schließlich rufen darf … Die Würfel liegen richtig!“

 

Mit cthuloiden Grüße, Euer Hannes "Nagakeng" Gaschnig