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Legendary Heroes
Bewertung:
(3.8)
Von: Nico K. Bracht
Alias: Cut
Am: 28.10.2006
Autor:Aaron Dembski-Bowden, Richard Ford, Bryan Steele
Typ:Regelerweiterung
System:D100 – RuneQuest
Setting:RuneQuest
VerlagMongoose Publishing
ISBN/ASIN:1-905471-65-3
Inhalt:96 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Legendary Heroes

Einleitung:

Mit RuneQuest - Legendary Heroes legt Mongoose Publishing eine Hardcover-Regelerweiterung vor, die sich größtenteils mit der Erschaffung und dem Spiel von und mit sehr erfahrenen Abenteuerfiguren beschäftigt. Auch Legendary Heroes gehört noch zu den Basiswerken der RuneQuest-Serie und ist noch nicht spezifisch auf ein bestimmtes Setting – wie etwa das jetzt auch erschienene Glorantha - ausgerichtet.

Im Regelbuch RuneQuest gab es schon einige Hinweise, wie man erfahrenere Charaktere erschaffen kann. Anhand einer kurzen Tabelle zu jeder Einstufung konnte man ersehen, welche Anforderungen an die jeweilige Stufe geknüpft sind, etwa das Erreichen eines bestimmten Mindestalters, und wie man die Charaktererstellung abzuändern hat, wenn man sich bei der Erschaffung eines neuen Abenteurers dazu entschließt, direkt eine erfahrenere Figur zu erstellen.

Abhängig vom Grad der Erfahrung wurden Charaktere bisher als Erfahren („Seasoned“), Veteranen („Veteran“), Meister („Master“) oder Helden („Hero“) eingestuft.

Mit Legendary Heroes wird sozusagen eine neue „Stufe“ eingeführt, nämlich eben die eines legendären Helden.

Und damit sich dieser legendäre Held von den profanen Helden des Alltagslebens etwas abheben kann, bekommt man im vorliegenden Buch nicht nur die Anleitung zur direkten Erstellung einer solchen Heldenlegende, nein, man bekommt zu seiner Ausstattung auch neues, selbstverständlich legendäres Spielzeug.

 

Qualität und Verarbeitung:

Was den Druck und das Layout angeht, bleibt Mongoose Publishing sich treu: Legendary Heroes ist eine Regelerweiterung und liegt damit in schwarz-weiß-Druck vor. Dieser ist wie gehabt auf schlichtem, weißen Papier zu finden und ordentlich und klar gemacht. Die Bindung des 96 Seiten starken Hardcovers wirkt gewohnt solide. Das Buch müsste bei einigermaßen sachgemäßer Behandlung eine recht ausgeprägte Lebenserwartung haben.

Also alles wie schon bei den Vorgängermodellen aus der RuneQuest-Serie und durchweg in Ordnung.

 

Optik:

Man sieht dem Werk sofort an, dass Mongoose es zu den Basiswerken der RuneQuest-Serie rechnet: Die in dunklen Tönen gehaltene Covergestaltung der vorangegangenen Werke wird weitergeführt, diesmal findet sich im Steinkreis eine pinke Rune, die etwas an ein „W“ erinnert, auf einem Stück Stein.

Im Inneren trifft man das mittlerweile angenehm vertraut gewordene Layout wieder, welches weiterhin den Eindruck eines alten und ehrwürdigen Buches vermittelt.

Anmerken muss man allerdings, dass sich ein paar – in meinen Augen recht pixelige - ganzseitige Zeichnungen in das Layout des Buches verirrt haben.

Diese weisen nicht alle das gewohnt hohe Maß an zeichnerischer und drucktechnischer Qualität auf, was wirklich bedauerlich ist, da das Buch mit seinen 96 Seiten eh schon nicht sonderlich dick ist. Überhaupt werde ich das Gefühl nicht los, dass hier (gerade zum Beispiel bei der Scharmützelzeichnung auf Seite 37) eine ursprünglich wesentlich kleinere Zeichnung aufgebläht wurde, um das Buch seitentechnisch voll zu bekommen...

Etwas besser sieht da schon die ganzseitige Zeichnung aus, die man in der Preview auf der Mongoose-Homepage begutachten kann. (Link zur Preview siehe Infokasten). Diese ist meiner Ansicht nach die beste ihrer Art im Buch. Allerdings sind es nicht mehr als 4 oder 5 ganzseitige im ganzen Buch und es handelt sich daher nicht um einen dicken Kritikpunkt sondern eher um ein kleineres Ärgernis. Denn ansonsten ist die Qualität der kleineren Zeichnungen in meinen Augen wieder ganz okay.

 

Sprache:

Das Buch Legendary Heroes gibt es zur Zeit nur auf Englisch.

 

Inhalt:

Im ersten Teil des Buches („Introduction“) sprechen die Autoren an, was sie mit diesem Band bezwecken, wie sie sich vorgestellt haben, dass dieses Buch benutzt werden sollte, und wie der Weg eines Helden zur Legende gerne einmal verläuft.

Es werden dann zum Beispiel jeweils fünf Vor- und Nachteile des Legendendaseins aufgezählt.

Die Einführung in das Buch macht auf mich leider nicht den bestmöglichen Eindruck; ich finde, sie wirkt etwas platt.

Das nächste Kapitel („Crossing into Legend“) verspricht da schon interessanter zu werden.

Hier findet sich anfangs erwähnte Tabelle, die man nutzen kann, um direkt einen legendären Helden zu erschaffen oder aber um festzustellen wann der eigene Chararkter sich weit genug entwickelt hat, um diese Stufe durch angesammelte Erfahrung zu erreichen. Hintergrundmaterial in Form einiger neuer Advanced Skills rundet dieses Kapitel ab.

Leider ist auch dieses Kapitel sehr kurz gehalten.

Ganz direkt mit Neuerungen legendärer Art für die Helden in RuneQuest beschäftigen sich dann noch drei weitere Kapitel: Legendäre Fähigkeiten, Legendäre Runen und Legendäre Artefakte.

Diese drei Kapitel bilden den Kern des neuen „Spielzeugs“ für die Helden (im Gegensatz zu den Regeln, die im vorangegangenen Kapitel „Crossing into Legend“ vorgestellt wurden).

Es handelt sich hier also nicht mehr um weitere Regeln, sondern um neue Fähigkeiten, Zauber und Material für die Spielerfiguren. Hier finden sich sehr abgefahrene Sachen, die allerdings spärlich eingesetzt werden sollten, und ihren Platz im Spiel eigentlich nur dann haben, wenn die gesamte Gruppe besonders erfahrene Abenteurer spielt. Sonst können diese neuen Runensprüche und Artefakte das Gleichgewicht der Kräfte schnell aus dem Ruder laufen lassen.

Es werden etwa dreißig neue „Legendary Abilities“ vorgestellt. Im Kapitel über die legendären Runen finden sich zunächst Änderungen für die klassischen Runen, die bereits im Laufe von verschiedenen Abenteuern von den SC verinnerlicht wurden. Wann immer eine neue Rune verinnerlicht wird, bekommt der Runenträger eine besondere Fähigkeit aus der entstandenen Beziehung. Erreicht nun ein SC die Stufe eines legendären Helden verändern sich auch die von ihm im Verlaufe seines Lebens erworbenen Runen-Fähigkeiten und werden noch mächtiger. In welcher Art sich das jeweils auswirkt, lässt sich einer Tabelle entnehmen. Im weiteren Verlauf des Kapitels „Legendary Runes“ werden dann aber auch noch über 10 neue Runen vorgestellt, die von SC mit hoher Stufe verinnerlicht werden können und extrem mächtige Magie entfalten können. Ein nettes, aber auch wieder sehr kurzes Kapitel behandelt dann noch 7 legendäre Artefakte, die man Helden finden lassen kann, oder mit denen sie es im Verlaufe ihres „legendären“ Lebens noch zu tun bekommen können.

Weiterhin findet sich ein kurzes Kapitel („Beastiary“) mit neuen, teils chaotischen, teils rechtschaffenen Kreaturen, die auch in der Lage sind, einem fortgeschrittenen Helden das Leben schwer zu machen.

Das einzige Kapitel, welches sich nicht speziell an legendäre Helden und ihren Einfluss auf das System richtet und damit auch für Gruppen interessant ist, die noch am Anfang mit ihren Figuren stehen, ist gleich das Kapitel nach „Crossing into Legend“ und widmet sich den Regeln für größere Schlachten oder eben „Mass Warfare“.

Hier wird ein relativ einfaches Kampfsystem vorgestellt, welches dafür gedacht ist, große Schlachten abzuhandeln, die den Rahmen einer klassischen Rollenspielsession sprengen würden.

Die Idee ist die, dass man mit diesem vereinfachten System mehrere Figuren oder Soldaten in Einheiten zusammenfassen kann und damit vermeidet, größere Kampfsequenzen mit den herkömmlichen RuneQuest-Kampfregeln ausspielen zu müssen, was wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen würde.

Dieses Kapitel hätte meiner Meinung nach gut im Grundregelbuch oder zumindest etwas später im RuneQuest Companion enthalten sein können. Was genau es ausgerechnet in einem Handbuch über legendäre Heldenfiguren zu suchen hat, hat sich mir nicht erschlossen, außer, dass in diesem Band einfach noch der notwendige Platz enthalten war und sich einige Spieler das Buch wegen dieser doch für Kampagnen nützlichen Regeln viel früher anschaffen werden, als die Entwicklung der Charaktere es erfordert hätte. Spieltechnisch kann man vielleicht so argumentieren, dass erst sehr erfahrene Charaktere das Kommando über eine Einheit auf dem Schlachtfeld erhalten würden. Ich überlasse es aber jedem Einzelnen sich hierzu seine eigene Meinung zu bilden.

 

Die Kampfregeln selber behandeln sowohl Regeln für klassische Schlachtfeldeinheiten (Fußtruppen, Reiterei und Bogenschützen), als auch für Belagerungsmaschinen und deren Einsatz auf dem Schlachtfeld. Katapulte etwa sind nicht nur geeignet, Befestigungsanlagen zu schrotten, sondern können auch mit verheerender Wirkung gegen Truppen auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden.

Das System ermöglicht denn dann auch einzelnen Helden als Anführer einzelner Truppenteile zu fungieren und macht auf mich einen funktionalen und recht überzeugenden Eindruck, um die Irrungen und Wirrungen auf einem Schlachtfeld in einen überschau- und spielbaren Rahmen zu bringen.

Die Rolle der Einheitskommandeure wird gesondert besprochen und geregelt.

Zusammengefasst kann man sagen, dass ein guter Commander seiner Einheit viel nützt, aber auch dass die Einheit den Kommandeur schützt und es deshalb zumeist für eine Spielerfigur besser ist, einer Einheit vorzustehen, als ein anonymes Mitglied selbiger zu sein.

Regeltechnisch betrachtet werden jeder Einheit vor Beginn des Kampfes Durchschnittswerte für Verteidigung und Offensive, sowie Gesundheit und Bewegungsweite zugewiesen.

Diese errechnen sich unter Berücksichtigung mehrerer Faktoren, unter anderem aus der Anzahl von Soldaten, die die Einheit bilden, der Ausrüstung und Waffen, die sie mitbringen, und einem Mittelwert, was die Waffenfähigkeiten angeht.

Kernaspekt der Regeln zu „Mass Warfare“ ist aber der Begriff der Moral.

Hohe Moralwerte machen Einheiten stärker, während eine demoralisierte Einheit sogar Einbußen bei ihrem Verteidigungswert hinzunehmen hat.

Jede Einheit verfügt zu Beginn der Schlacht über einen Moral-Wert, der von der Truppenstärke der Einheit, der Führungsstärke des Commanders und einigen weiteren Faktoren beeinflusst wird.

Nimmt die Einheit im Verlaufe der Schlacht Schaden, so leidet die Moral und damit wird die Einheit unter anderem schwieriger zu kommandieren, verliert Kampfaktionen und kann sogar zu fliehen beginnen.

Um dies zu verhindern, bedarf es eines guten Commanders, der in seinen Leuten weiterhin den Glauben an den Sieg erhalten kann oder sie anders zu motivieren in der Lage ist.

Eine spezielle Kampfrundenaktion erlaubt es dem Einheitskommandeur auch, die Moral seiner Truppe wieder anzuheben oder eine versprengte Einheit (wieder) unter seiner Führung zusammen zu führen. Schlecht für eine Einheit ist es natürlich, wenn eine angreifende Einheit eine spezielle Kampfaktion erfolgreich durchführt, die darauf abzielt, den Kommandeur einer gegnerischen Einheit zu töten. Passiert dies, ist es mit der Moral zumeist schlecht bestellt, wenn nicht sofort ein weiteres verbliebenes Mitglied der Einheit in der Lage ist, das Kommando an sich zu reißen.

 

Alles in allem macht das System auf mich einen ordentlichen und durchaus spielbaren Eindruck, auch wenn ich persönlich im Rollenspiel kein Freund von groß angelegten Schlachten bin.

Ich persönlich ziehe es vor, Schlachten zu kleineren Handlungssträngen aufzudröseln und diese dann, durch Beteiligung der Spielercharaktere, mit den Standard-Kampfregeln auszuspielen.

 

Fazit:

Mit Legendary Heroes erweitern Mongoose Publishing das Angebot der RuneQuest-Basis-Bücher um ein sehr spezielles Werk, welches meiner Meinung nach schon fast den Rahmen der Serie von RuneQuest-Grundwerken sprengt.

 

Eigentlich handelt es sich bei diesem Buch um einen Titel, der insbesondere für Spielgruppen gedacht und geeignet scheint, die schon sehr lange zusammen spielen und deren SC weit fortgeschritten und erfahren sind.

Oder eben solche Gruppen, die nicht warten wollen, bis ihre Figuren diese Werte auf „natürlichem“ Wege erreichen, und darauf erpicht sind, gleich mit den höchstmöglichen Werten ins Spiel zu starten.

Diese beiden Gruppen werden in diesem Buch denn dann auch fündig.

Für andere Gruppen, die noch am Anfang ihrer Kampagnen stehen, ist das Buch wegen der enthaltenen „Mass Warfare“ Regeln sicherlich interessant, aber auch nicht zwingend von Nöten.

 

Sieht man die verschiedenen bisher erschienen Titel der RuneQuest-Grundbücher-Reihe einmal genauer an, wird man erkennen, dass sie sich gut in drei Kategorien einteilen lassen:

 

1.)

Titel wie das RuneQuest-Grundregelbuch selbst und auch der RuneQuest Companion sind die Bücher, die man zum Spielen haben muss.

 

2.)

Der Band RuneQuest Monsters und (zumindest für absolute Anfängergruppen) auch das Abenteuerszenario Rune of Chaos, sowie wahrscheinlich auch das voraussichtlich im Dezember 2006 erscheinende Arms & Equipment Handbuch sind Bücher, die man zum Spielen unbedingt haben will.

 

3.)

Das Buch Legendary Heroes ist bisher das Buch der Reihe, von dem man sagen kann, dass es nicht zwingend notwendig ist um Spaß am Spiel zu haben, aber welches man, wenn man es denn sein Eigen nennt, gut zum Spielen nehmen kann.

 

Damit ist das Buch besonders den Spiel-Gruppen nahe zu legen, die für die nähere Zukunft planen, intensiv und lange RuneQuest zu spielen.

Aber auch für interessierte Spielleiter und Spieler, die sich frühzeitig mit den Aspekten höherstufigen Spiels bekannt machen wollen, oder eben für den einen oder anderen Regel-System-Sammler, ist das Buch in Ordnung und bei einem Preis von US $ 24,95 keine pure Geldverschwendung.

 

Trotzdem ist Legendary Heroes – zumindest in meinen Augen – das bisher schwächste Buch aus der bisher vorliegenden Reihe von RuneQuest-Basiswerken.

Zusammenfassend erhält Legendary Heroes von mir eine Bewertung von 3,8 Punkten.