GloranthaEinleitung: Das Setting „Glorantha“ ist eine, wenn nicht sogar die Hauptspielwelt, für das Rollenspiel-System RuneQuest. Seinerzeit von Greg Stafford erschaffen, ist Glorantha eine facettenreiche Welt mit viel Tiefgang, die Magie, Religionen, Kulte und die unterschiedlichsten Völker beinhaltet. In seiner Entwicklung und Geschichte ist Glorantha in verschiedene Zeitalter eingeteilt. Frühere Versionen des RuneQuest-Rollenspiels haben sich zumeist mit dem 1. und 3. Zeitalter der Welt beschäftigt, während das 2. Zeitalter gerne als eine Zeit voller Geheimnisse und Mysterien umschrieben, aber nie vertieft behandelt wurde. Dies ändert sich jetzt. Mongoose Publishing bringt mit „Glorantha – The Second Age“ das erste nicht-Basis-Regelwerk für ihr neues RuneQuest auf den Markt und widmet sich auf knapp 160 Seiten pur den Hintergründen der Welt Glorantha während ihres 2. Zeitalters. In dieser Zeit liefern sich zwei Imperien einen Wettstreit um die Vorherrschaft, ausgetragen durch Kämpfe politischer, militärischer sowie religiöser Art. Das „God Learner Empire“ steht dem „Empire of Wyrm’s Friends (kurz EWF) gegenüber. Insbesondere die gegensätzlichen religiösen Ausrichtungen der Imperien allgemein, und im Speziellen die Zerwürfnisse zwischen alten und neuen Religionen im Inneren der Bevölkerungen beider Imperien sorgen für große Spannungen und Belastungen für die Menschen die die Welt im 2. Zeitalter bevölkern. Aber nicht nur die Bewohner, nein, auch die Welt selbst scheint dem Druck, den diese beiden Imperien erzeugen, nicht ewig stand halten zu können und zeigt bereits erste Reaktionen...
Qualität und Verarbeitung: Das Buch liegt in farbigem Druck vor, hochwertiges, beschichtetes Papier und die gewohnte hohe Verarbeitungsqualität stellen den Käufer zufrieden.
Optik: „Glorantha – The Second Age“ ist das erste Buch, das für das neue RuneQuest-System geschrieben wurde, aber nicht in die Reihe von Basis(Regel)büchern gehört, sondern sich einer speziellen Welt widmet. Konsequenterweise bricht man daher auch mit der Covergestaltung der vorhergegangenen Titel aus der Grundbuchreihe und schafft ein neues Coverdesign. Einzig bei der Gestaltung des Inneren bleibt das vertraute Bild eines alten, ehrwürdigen Buches – wenngleich dieses Mal in Farbe - erhalten. Beim Cover selber gehen die Meinungen auseinander. Im RuneQuest-Forum auf der Homepage von Mongoose Publishing wird angeregt über das Cover diskutiert. Sind die meisten User noch mit dem pompös daherkommenden Glorantha-Logo zufrieden, welches jetzt an der Stelle angebracht wurde, wo sonst das RuneQuest-Logo zu finden war (dieses ist jetzt an den unteren Rand des Covers gewandert), so lehnt eine Mehrheit das „Coverkunstwerk“ selber als langweilig und nicht Glorantha-spezifisch genug ab. Das Bild zeigt einen Helden, der sich in einem Kampf mit einem schweineschnäutzigen Troll befindet. Nur Richtung Buchfalz kann man noch ein paar gehörnte Gestalten erspähen. Dieses böse Chaosvolk, die Broo, die typisch für Glorantha sind, hätten nach Ansicht der Fans eher in den Mittelpunkt gehört, um einen deutlicheren Bezug zum Setting herzustellen. Ich für meinen Teil habe schon deutlich gelungenere Coverbilder gesehen, würde aber nicht so weit gehen, zu sagen, dass es ein unpassendes oder gar schlechtes Bild ist. Die Auswahl war sicherlich einfach nur nicht optimal, aber wollen wir dem Inhalt doch eine Chance geben. Auf den stabilen Innenseiten des Covers vorne und hinten findet sich jeweils eine Weltkarte. Eine Weltkarte in Posterform hätte dem Buch sicherlich gut getan, ist aber nicht dem Buch beigelegt und bisher auch noch gar nicht erhältlich. Sehr wohl kann die Weltkarte Gloranthas als kostenloses .pdf auf der Mongoose-Homepage gefunden werden (Siehe nebenstehenden Link), aber das ist eben nicht das Gleiche.
Auflockernd und unterstützend finden sich über das ganze Buch verteilt viele ansprechende, durchweg farbige Zeichnungen, die wieder das gewohnt hohe Niveau haben.
Sprache: Wie der Titelzusatz „The Second Age“ schon zeigt, liegt das Buch bisher nur auf Englisch vor.
Inhalt: Das Besondere an diesem Quellenbuch, denn nichts anderes ist es, ist, dass es gänzlich ohne Regeln auskommt. Im Verlaufe der knapp 160 Seiten bekommt der Leser nur Informationen, Hintergründe, Spieltipps, Beschreibungen und Erläuterungen, und nicht eine einzige neue Regel, keine Nichtspielerwerte oder dergleichen. Mir persönlich hat dieser Ansatz sehr gut gefallen, da man das Gefühl vermittelt bekommt, in einer Art Chronik zu lesen, und nicht alle Nase lang neue Spielwerte oder Regeländerungen vorgesetzt bekommt, die einen ständig an die Tatsache erinnern, „nur“ in ein Spielprodukt vertieft zu sein. Zu Beginn noch ein Wort zu den Namen, die in Glorantha gebräuchlich sind. Diese wirken für mich auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich. Schon die Benennung der beiden großen, konkurrierenden Imperien „The God Learners“ und „Empire of Wyrm’s Friends“ klingt sperrig im Ohr. Dies führt sich aber wie ein roter Faden durch die Geschichten der Welt: Eine bekannte Schlacht wurde bei den Inseln „God Forgot“ geschlagen und so weiter. Ich habe mich mit der Zeit daran gewöhnt. Schließlich geben zumindest die Titel der Imperien ziemlich genau wieder, was hinter ihnen und ihrer Macht steckt, und die erwähnte Insel liegt wirklich an einem gottvergessenen Zipfel der Landkarte, wenngleich sie, weil sie der Standort der sog. „Clanking City“ ist, sicherlich in späteren Produkten ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden wird.
Das Buch selber ist wie folgt gegliedert:
Seite 1: Credits & Contents. Seite 2: Welcome to Glorantha Seite 15: The Two Empires Seite 32: Major Cultures Seite 65: Major Races Seite 82: World Gazeteer Seite 125: Campaign Setting: Safelster, Cities of Intrigue Seite 158: Index
Wie bei Mongoose üblich, werden die Credits und die Inhaltsangaben zusammen gleich auf Seite 1 des Werkes abgearbeitet. Wirft man dabei zufällig einen Blick auf den Namen des Autors und kennt sich ein wenig mit RuneQuest aus, so nimmt man zur Kenntnis, dass sich die Mongooses mit Robin D. Laws einen Autoren an Bord geholt haben, der schon in früheren Editionen des Spiels über die Welt Glorantha geschrieben hat. Es ist daher davon auszugehen, dass hier eine Vertrautheit mit der Materie vorliegt, was eine hohe Kompetenz des Autors erhoffen lässt und damit eine gute Kompatibilität des neuen Materials zu dem, was bereits bekannt war, erwarten lässt. Leider liegt dem Produkt (immernoch!) keine Karte der Welt bei. Dies ist ein Luxus, den ich mir bei Kampagnen- oder Hintergrundsets wünsche, da er gerade auch für Neueinsteiger eine leichtere Orientierung in der neuen Welt und damit auch eine Vertiefung der Materie ermöglicht und das Einleben erleichtert. Die beiden identischen Karten der Welt, die in den Umschlagseiten des Buches zu finden sind, sind relativ klein und nicht praktisch zu handhaben, da man ja immer sein Buch an der Karte hängen hat.
„Welcome to Glorantha“ stellt insbesondere Neulingen die Welt in groben Zügen vor. Deutlich wird schon hier, welch zentralen Aspekt Religionen, diverse Mythen und Heldenerzählungen spielen und wie eng die Götter mit der Welt und dem Leben der Menschen verbunden sind. Gleich zu Beginn werden in einer Tabelle 10 Punkte vorgestellt, mit denen man die Stimmung in Glorantha beschreiben kann. Die ersten Seiten dieses Kapitels und auch die Tabelle können unter dem Link „Preview 1“ rechterhands angesehen werden. Um einen eigenen Eindruck zu gewinnen, möchte ich interessierte Spieler bitten, diese vier Seiten einmal zu lesen, um ein Gespür dafür zu bekommen, in welche Richtung sich das Buch entwickeln wird. Auf Glorantha ist vieles ähnlich wie auf der Welt, die wir kennen. Sie unterscheidet sich aber in einigen Grundlagen. Beispielsweise durchzieht die Magie alles. Die Welt folgt nicht den uns bekannten Naturgesetzen, obwohl dies oberflächlich der Fall zu sein scheint. In Wahrheit bestimmen die göttlichen Gesetze und die Magie über den Lauf der Welt. Die Welt ist eine Scheibe und nicht, wie wir es kennen, ein kugelförmiger Planet. Auf dieser Scheibe finden sich aber alle gängigen geographischen Formen: Ozeane, Kontinente, Inseln, Gebirge usw. Die bedeutendsten Landmassen von Glorantha sind die Kontinente Genertela und Pamaltela. Erstgenannter Kontinent ist dicht bevölkert und ein angenehmes Klima herrscht vor. Pamaltela ist tropisch und weniger einladend. Weiterhin sehr wichtig ist die Insel Jrustela, die die Wiege eines der beiden um die Vorherrschaft ringenden Imperien ist, nämlich des „God Learner Empire“. Weiter stellt dieses Einstiegskapitel viele Eigenheiten der Welt in einem kurzen Abriss vor, ehe später im Buch nochmal im Detail darauf eingegangen wird. So erfährt der Leser zu diesem Zeitpunkt etwas über den Kalender, die Währungen, die verschiedenen Formen von Magie (u.a. Runen), den Wandel von alten Kulten und Religionen zu moderneren Formen, die daraus resultierenden Spannungen, die verschiedenen nichtmenschlichen Völker und ihre Kulturen (hier müssen besonders die Elfen erwähnt werden, die sich etwa von dem tolkien’schen Bild eines Elben abheben) und eine Zusammenfassung über die Geschichte Gloranthas unter der Überschrift „History in a Nutshell“. Erwähnung findet zu diesem frühen Zeitpunkt bereits das sog. HeroQuesting. Dieses Phänomen stellt einen Kernaspekt der Welt da und hat nichts mit dem gleichnamigen, kultigen Brettspiel aus den achtziger Jahren zu tun! Überhaupt ist die Art und Weise, wie die Mythologie, Magie, sowie Götter und Menschen interagieren. Die Darstellung der Welt wird durch Mythen bestimmt, die wiederum dadurch entstanden sind, wie und wo die Götter einst gehandelt haben. Bekommt man nun aber die Möglichkeit, etablierte Mythen zu ändern oder sie nachzuleben, so kann man direkten Einfluss auf die Gestaltung der Welt ausüben. Genau dies geschieht beim HeroQuesting. Beim Vorgang des HeroQuesting stoßen Magier (oder Helden) in andere Sphären, die „Otherworlds“, vor und vollziehen spirituelle Handlungen, die zumeist darin bestehen, Heldentaten, die Götter einst vollbracht haben, nachzueifern. Hat man Erfolg mit den Nachstellungen der alten Handlungen im Reich der Götter, oder nimmt man erfolgreich gezielte Änderungen vor, so kann man darauf hoffen, neue magische Fähigkeiten oder neue Zauber zu erlangen oder sogar Änderungen in der „realen“ Welt zu erzwingen. Mächtige Gegenstände zu erlangen ist etwas schwieriger, da nichts aus den verschiedenen „Otherworlds“ entfernt werden kann, was nicht mit hinein gebracht wurde. Aber auch hier gibt es Mittel und Wege. Diese Idee des HeroQuests ist meines Wissens nach eine ziemlich einzigartige Facette, die nur die Welt Glorantha zu bieten hat. Historisch gesehen haben insbesondere die Magier des „God Learner Empire“ diese HeroQuests genutzt, um von den Göttern zu lernen und ihre Macht anzuzapfen und sogar brisante Änderungen vorzunehmen. Allerdings beginnen die „God Learners“ zusehens den Bogen zu überspannen... Fakt ist, dass es einem Macht auf Glorantha verleiht, je mehr Überlieferungen, Mythen und Heldensagen eines Volkes (und das muss nicht zwangsläufig das eigene sein!) man kennt. Je größer dieses Wissen, desto mehr Möglichkeiten hat man, zu HeroQuests aufzubrechen und immer neue Beute mit nach Glorantha zu bringen. Für die God Learner sind daher Überlieferungen und Mythen der einzelnen Völker, in denen sich die Heldentaten der Götter und Helden, die einstmals auf Glorantha wandelten, von größtem Interesse und werden von Ihnen gesammelt wie von den meisten Abenteurern das schnöde Gold. Hierfür werden z.B. auch ahnungslose Abenteurergruppen angeworben, deren Aufgabe es ist, neue Mythen und Geschichten zu „erbeuten“ und diese den Gelehrten des „God Learner Empire“ zuzuführen. Etwas mehr zum wichtigen Thema HeroQuesting und den anderen Sphären findet sich in einem späteren Kapitel, aber um das HeroQuesting in vollem Ausmaß (und auch regeltechnisch) ins Spiel einbinden zu können, werden die Spieler sicherlich auf den für Januar 2007 angekündigten „Player’s Guide to Glorantha“ warten müssen.
Das Kapitel „The Two Empires“ beschäftigt sich mit der Entstehung, den Religionen, den Zielen und den Hintergründen der zwei im 2. Zeitalter größten Imperien. Es stehen sich das „God Learners Empire“, welches durch übertriebenes HeroQuesting das magische Gewebe Gloranthas zu sehr belasten, und das „Empire of the Wyrm’s Friends“, deren religiöse Absicht es ist, sowohl die Menschen als auch die gesamte Welt immer mehr einem Dasein als Drachen anzunähern, gegenüber. Beide Imperien werden nacheinander abgehandelt, ihre Ziele, ihre Motive, ihre Religionen besprochen. Es finden sich immer wieder Boxen, die Spieler mit Tipps versorgen, wie man einen Charakter so spielt, dass er zu dem Imperium passt, dessen Interessen er vertritt, oder eben warum er sich gegen eines dieser Imperien gestellt hat. Weiterhin werden die wichtigsten und mächtigsten Personen der „God Learner“ und der EWF vorgestellt, zu beachten ist, dass sich aber wie gesagt keinerlei Rollenspielwerte für NSC finden. Ohne zuviel zu verraten, kann man sagen, dass die Ausrichtungen der beiden Imperien nicht kompatibel sind. Konflikte sind hier vorprogrammiert und bereits augenblicklich im Gange. Glorantha steht während seines 2. Zeitalters klar an einem Scheideweg.
Spieltechnisch kann man davon ausgehen, dass keines der beiden Imperien einem klassischen Spieler in allen Bereichen zusagen dürfte, irgendwas an der Ideologie und Ausrichtung müsste / sollte jeden stören. Damit fühlt man sich schnell ganz so wie im richtigen Leben, wo einem auch das eine oder andere an der Gesellschaft, in der man lebt, nicht wirklich recht zu sein scheint.
Wenn man keinerlei oder nur geringe Hintergrundkenntnisse von Glorantha hatte, bevor man sich dieses Buch zu Gemüte führte, kann einen die Informationsflut und die Darrreichungsform bei der ersten Lektüre noch etwas überfrachten, aber je mehr man sich mit dem Buch beschäftigt, umso besser passen die einzelnen Teile zusammen. Jedenfalls ging es mir so.
Im Kapitel „Major Cultures“ werden nun aus einer ungewöhnlichen Perspektive die großen Völker der Welt vorgestellt. Ungewöhnlich deshalb, weil ein Mitglied der jeweiligen Spezies die wesentlichen Hintergründe seines Volkes selbst erläutert. Überschrieben sind die einzelnen Teile sehr persönlich: „My Myths“, „My Magic“, „My History“ und „Why I Adventure“ sind die Überschriften, unter denen man alles Relevante zu den jeweiligen Völkern aufbereitet bekommt. „My Myths“ beschäftigt sich mit der Mythologie und den Grundlagen des Glaubens eines jeweiligen Volkes. „My Magic“ beschreibt die zumeist bekannten und gebräuchlichen Formen von Magie. In „My History“ erzählt der Vertreter von den vergangenen Tagen des Volkes und in “Why I Adventure” bekommen Spieler, die Charaktere aus dem angesprochenen Volk spielen, Ideen und Anregungen, wie es dazu kommt, dass es die Figur nicht zu Hause hält, sondern hinaus in die Welt zieht. Die Darstellungsform überrascht, ist mal was anderes und ebenso gut geeignet, die notwendigen Informationen „an den Mann“ zu bringen. Wie ich finde, eine schöne und gelungene Idee.
Auf diese Art werden aber nicht nur die verschiedenen menschlichen Kulturen erforscht. Es gibt auch entsprechende Einträge (zumindest) für die bekannteren und wichtigeren nichtmenschlichen Völker, etwa die im Glorantha-Setting mit einer eigenen Kultur versehenen Trolle („Uz“), den auf Glorantha von Pflanzen abstammenden Elfen („Aldryami“), den reptilienartigen Dragonnewts, den Insektoiden („Timinits“) und den Zwergen („Mostali“). Diese Informationen finden sich dann aber im folgenden Kapitel „Major Races“, folgen aber auch dem gleichen, oben beschriebenen Aufbauschema.
Das nachfolgende Kapitel „World Gazeteer“ widmet sich dann ganz den Orten und Landstrichen der Welt. Neben kleinen Kartenausschnitten findet man Beschreibungen der einzelnen Regionen. Bei jeder angesprochenen Region wird beschrieben, welche Kultur dort lebt, wer herrscht, welche politische Linie gefahren wird und welche Religion(en) vorherrschend ist/sind/war(en). Weiter finden sich Hinweise zu Magie, Handel und geographischen Besonderheiten der jeweiligen Region. Die Einträge werden von Vorschlägen abgerundet, was einen Abenteurer in diese Gegend geführt haben könnte und was es zu erleben gibt. Leider ist auch hier das Kartenmaterial nicht ganz meinen Wünschen entsprechend, da die Karten sich nicht immer direkt bei den besprochenen Landstrichen, Regionen oder Städten befinden, so dass man manches Mal blättern muss. Das lässt sich natürlich bei mehrseitigen Erläuterungen nicht vermeiden, trotzdem hatte ich nach der ersten Lektüre das Gefühl und wurde es auch partout nicht mehr los, dass ich die eine oder andere besprochene Stadt nicht auf einer Karte gefunden habe. Hier tritt mein frommer Wunsch nach einem Begleitheftchen mit Kartenmaterial wieder zu Tage.
Das letzte Kapitel „Campaign Setting“ beschreibt detailliert die Region Safelster mit ihren Städten, Einrichtungen und politischen Ränkespielen. Hier wird ein interessantes Setting für eine längere Kampagne gesponnen. Safelster liegt geographisch unter der Region Ralios und hat eine sehr reiche und intensive Geschichte, die durchaus mit der genannten Region Ralios verknüpft ist. Früher befand sich in Ralios und Safelster einmal ein eigenes Reich, heute steht zumindest Safelster aber weitestgehend unter der Kontrolle des „God Learner Empire“ allerdings brodelt es bereits gewaltig unter der Oberfläche und es gibt einige Landstriche, die schlicht unregierbar scheinen. Auch hier finden sich keinerlei Spielstatistiken, aber das Kapitel und das Setting machen auf mich einen ordentlichen Eindruck, allerdings fehlen Informationen zur Nachbarregion Ralios, die zu haben unterstützend und hilfreich gewesen wäre. Dies hätte aber nicht der Fall sein müssen, denn die Informationen über die Region Ralios existieren und wurden auch redaktionstechnisch bearbeitet.
Aus Platzgründen aber wurde eben dieses komplette Kapitel über die Region Ralios komplett aus dem Buch gestrichen, was ich bei einer Seitenzahl von nur 160 Blatt etwas bedauerlich und befremdlich finde. Weiter hätte ich dann aber, wie ich es bisher von Mongoose Publishing gewohnt bin, erwartet, dass man dieses fehlende Kapitel als kostenfreien Download auf der Produkthomepage den Fans zur Verfügung gestellt hätte. Doch hier lag ich diesesmal mit meinem Vertrauen falsch, denn entgegen Ihrer ansonsten propagierten Gangart haben sich die Würdenträger bei Mongoose Publishing dafür entschieden, dieses Kapitel (quasi als eigenständiges Ergänzungsprodukt) nicht als Service-PDF sondern als Kauf-PDF zu veröffentlichen. Man kann das „fehlende Kapitel“ zum einigermaßen humanen Preis von $ US 4,95, bei einem Online-Rollenspiel-Distributor, der sich auf die Bereitstellung von Rollenspieltiteln in elektronischer Form spezialisiert hat (Ich spreche hier von DriveThruRPG.net) beschaffen. Was davon zu halten ist und ob man Ralios wirklich braucht, vermag ich nicht abschließend zu sagen, der Link zum Online-Händler findet sich aber ebenfalls in der Infobox unter dem Punkt „Links zur Rezi“, so dass man bei Interesse mit nur wenigen Klicks sein Quellenbuch und Wissen über Glorantha „vervollständigen“ kann.
Fazit: „Glorantha – The Second Age“ ist ein gelungenes, wenngleich auch ein sehr ausgefallenes Quellenbuch. Auf 160 Seiten werden dem Leser viele Hintergrundinformationen über die Welt und die Wesen, die sie bevölkern, gegeben. Glorantha ist definitiv eine Welt mit sehr großem Tiefgang und viel Spiel-Potential. Das hier zu besprechende Buch gewährt einen Einstieg in die Welt. Allerdings weiß ich nicht, ob ein Spieler, der sich das erste Mal nach Glorantha begibt, einzig und alleine mit dem „Second Age“ Buch alles in der Tiefe ergründen kann, die das Setting zu bieten in der Lage ist. Das Buch selber legt aber ein solides Fundament an Wissen für Nachfolgeprodukte, die im 2. Zeitalter angesiedelt werden.
Da sich im gesamten Buch keinerlei neue Regeln befinden, bleibt abzuwarten, was der „Player’s Guide to Glorantha“ (Veröffentlichung voraussichtlich im Januar des kommenden Jahres) regeltechnisch mitbringen wird. Besonders weitere Informationen (und spezielle Regeln) für und ums HeroQuesting werden sicherlich händeringend erwartet und möglicherweise auch gebraucht. Auf jeden Fall bekommt der Leser den Eindruck einer lebenden, sich stets wandelnden Welt.
Der Boden ist bereitet, die Krise steht vor der Tür, die Welt ist reif für eine Gruppe von Helden, sich Ihrer anzunehmen. Die Aussichten sind spannend und gut. Mir jedenfalls hat das Werk „Glorantha – The Second Age“ sehr gut gefallen, auch wenn ich mir etwas mehr Übersichtlichkeit in Bezug auf die Regional-Karten, eine dem Buch beiliegende Posterkarte der Welt und das „fehlende Ralios-Kapitel“ gewünscht hätte. Die oftmals gewählte persönliche Darstellungsform gibt dem Buch eine besondere Note und gerade der Konflikt zwischen den beiden Imperien und den verschiedenen Glaubensrichtungen bietet Rollenspielmöglichkeiten ohne Ende. Allerdings öffnet das Buch nur die Tür nach Glorantha und erlaubt uns einen ersten Fuß auf die Welt zu setzen, ohne jedoch schon ganz hinüber treten zu können. Ob dies gelingen wird und ob sich Gloranthas 2. Zeitalter auch auf Dauer einen ehrenvollen Platz, neben den klassischen Zeitaltern (Erstes und Drittes), bei den Spielern wird sichern können, werden wohl erst die weiteren, kritischen Publikationen wie „Magic of Glorantha“ oder der „Player’s Guide“ zeigen können. Diese Publikationen befinden sich ja bereits in den Startlöchern, so dass die Fans nicht lange werden warten müssen.
Ich persönlich glaube daran, dass Mongoose Publishing das notwendige weitere Material zeitnah und in hoher Qualität bereitstellen wird und lasse mich dazu hinreißen, Gloranthas 2. Zeitalter Vorschusslorbeeren zu gewähren.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich denn dann doch daran störe, dass dem Buch einfach ein paar Kleinigkeiten abgehen, die mich ärgern: Hierunter fallen etwa das Fehlen einer grösseren (Poster-)Weltkarte oder aber dass man für das fehlende Kapitel „Ralios“ nochmal Geld bei DriveThru investieren muss, um sein Quellenbuch komplett zu machen. Wäre das Produkt um eine Posterkarte und ein Kartenheftchen für die Regionen erweitert worden und hätte man sich entschliessen können, aus dem Ralios-Kapitel ein frei herunterzuladendes Ralios-Produkt zu machen, wäre meine Bewertung für dieses Produkt wohl noch besser ausgefallen. Dies alles berücksichtigend, bewerte ich das trotzdem sehr interessante Buch mit einer Gesamtnote von 4,2 Punkten.
|
||||||||||||||||||||