Als Dragon Magic 2006 erschienen ist, ging das Gerücht um, dass WotC dieses Buch nur rausgebracht hat, weil die Marketingabteilung überzeugt war, dass alles sich mit Drachen und Magie als Titel gut verkauft. Logischerweise muss sich dann ein Buch namens Dragon Magic am besten verkaufen. Dragon Magic richtet sich somit auch an die große Käufergruppe der Spieler und ähnelt daher den Büchern der Complete- bzw. Races-of-Reihen.
Das Cover zeigt einen arkanen Zauberwirker mit einem Drachenstecken und einem kleinen Drachen als Vertrauten. Im Hintergrund ist das riesige Auge eines „purpurnen“ Drachen erkennbar. Die Illustrationen von Dragon Magic ähneln vom Stil her denen der Races-of- bzw. Complete-Reihe und sind wie meistens in WotC-Produkten gut gelungen. Ganzseitige Illustrationen wie in einigen der letzten WotC-Bücher sucht man aber vergeblich. Die letzten drei Seiten sind zudem Werbung, wie es mittlerweile bei WotC-Produkten üblich zu sein scheint.
Einleitung Die Einleitung beginnt mit einer halbseitigen Mini-Geschichte des Iconic Sorcerers Hennet. Dann folgt eine Kurzbeschreibung des Buches und es werden die Optionen, die das Buch bietet, erläutert. Grundidee des Buches ist eine engere Bindung zwischen Drachen und den humanoiden (Spieler-)Völkern, so dass diese die Geheimnisse und Mächte der Drachen erlernen können. Das Buch verfolgt also die Idee einer Kampagne, in der Drachen durchaus Bindungen, Pakte usw. mit den „niederen“ Völkern suchen.
Kurz wird hier zudem noch der Dragonblood Subtype aus Races of the Dragon erläutert und welche Bücher man benötigt, um Dragon Magic zu nutzen. Neben den Grundregeln sind das Draconomicon und Races of the Dragon nützlich, aber nicht zwingend notwendig. Diese Angabe ist aber mal wieder falsch, denn das Buch nimmt auch Bezug auf Regeln aus dem Expanded Psionics Handbook, Magic of Incarnum, Complete Arcane, DMG 2 und Tome of Magic. Zwar sind das nur jeweils eine Handvoll Seiten, aber ohne diese Bücher kann man diese eigentlich nicht nutzen. WotC ist hier zunehmend nachlässiger geworden, insbesondere weil auf dem Backcover ausschließlich die Grundregeln als benötigt angegeben werden.
Kapitel 1 - Dragonbound Heroes Das Kapitel beginnt sehr regellastig mit neuen Optionen für die Völker und Grundklassen sowie über 30 neuen Talenten.
Bei den neuen Völkern handelt es sich um diverse Grundvölker wie Menschen, Zwerge, aber auch Halb-Drow, deren Vorfahren (Halb-)Drachen und Humanoide waren. Daher haben diese Völker Eigenschaften der Drachen übernommen. So haben z.B. die Silverbrow Humans, deren Vorfahren Silberne Drachen und Menschen waren, einige Fähigkeiten, die mit Silbernen Drachen in Verbindung gebracht werden. So z.B. die Fähigkeit, Federfall zu wirken oder sich gut verkleiden zu können. Insgesamt gibt es neun unterschiedliche Völker dieser Art, vom Fireblood Dwarf bis zum Frostblood Orc. Alle diese „neuen“ Völker haben den Dragonblood Subtype.
Auch für die Grundklassen gibt es einige alternative Varianten mit Drachenbezug im Stile des PHB 2. So kann man anstelle einer Klassenfähigkeit, die man normalerweise bekommen würde, eine andere auswählen. Z.B. kann der Draconic Fist anstelle des Monk-Bonus-Talents auf Stufe 1 seine Faust zusätzlichen Elementarschaden verursachen lassen (je nach Drachentyp). Insgesamt gibt es 12 dieser Alternative Class Features.
Zuletzt findet man in dem Kapitel über 30 neue Talente. Einige davon sind die aus anderen Büchern bekannten Divine, Draconic und Initiate Feats. Neu sind dagegen die Ceremony Feats. Diese sind abhängig von der Fertigkeit Wissen (Religion) und erlauben es, je nach Anzahl der Ränge in der Fertigkeit bestimmte Zeremonien durchzuführen. So erlaubt das Talent Armor of Scales z.B., den Teilnehmern an der Zeremonie für 24 Stunden einen natural armor bonus zu verleihen. Alle Talente sind natürlich drachenbezogen und einige erfordern auch den Dragonblood Subtype. Hexenmeister werden sich glücklich schätzen, dass sehr viele Talente ihnen gewidmet sind. So finden sich sehr viele neue Draconic Heritage Feats in dem Buch. Auch wer einen Kleriker eines Drachen spielen will, wird durch die Initiate Feats der diversen Drachengötter bzw. die neuen Ceremony Feats gut bedient. Die anderen Klassen kommen aber deutlich schlechter weg.
Kapitel 2 - Dragon Aspirants Das zweite Kapitel bietet eine neue Grundklasse und sieben neue Prestigeklassen.
Die neue Grundklasse ist der Dragonfire Adept. Hierbei handelt es sich um eine Unterart des Hexers aus dem Buch des Arkanen. Ähnlich wie dieser hat der Dragonfire Adept auch Invocations, die er als Zauberähnliche Fähigkeit wirken kann. Wie der Hexer hat man natürlich entsprechend wenige von diesen Invocations, kann sie aber beliebig oft anwenden. Anstelle des Eldritch Blasts bekommt der Dragonfire Adept passenderweise eine Odemwaffe. Auch diese kann er „at will“ einsetzen und sie ist eine Übernatürliche Fähigkeit. Die Odemwaffe wird natürlich stufenweise besser und macht mehr Schaden. Zudem kann man bestimmte Odemeffekte auswählen. Neben diesen Fähigkeiten bekommt der Dragonfire Adept einen natural armor bonus, Drachenimmunitäten und anderen Kleinkram. Zwei gute Rettungswürfe und ein schlechter BAB runden die Klasse ab. Als Alternative zum Hexer macht der Dragonfire Adept einen guten Eindruck. Wer den Hexer mag, wird daher den Dragonfire Adept auch mögen.
Die sieben neuen Prestigeklassen sind natürlich alle drachenzentriert.
Diamond Dragon Eine Psioniker-Prestigeklasse, die an die psionisch begabten Gem Dragons angelehnt ist. Die PK verleiht im Prinzip ein paar klassische Drachenfähigkeiten, wie Odemwaffe und gewisse Resistenzen. Zudem gibt es ein paar Spezialfähigkeiten, die man mit Power Points aktivieren kann. Das bezahlt man mit dem Verlust von zwei Manifesterstufen. Insgesamt recht einfallslos.
Dragon Descendant Eine Mönchs-PK. Bei dieser steigen einige der normalen Mönchsfähigkeiten an, was sie attraktiv macht. Die Fähigkeiten, die man erhält, werden von den Drachenvorfahren gewährt und wirken interessant. So hat man faktisch Zugriff auf Bardenwissen, welches einem die Geister der Drachen mitteilen. Diese beschützen einen zudem oder geben spezielle Fähigkeiten, einige davon sehr stark, wie etwa die High-Level-Fähigkeit (Stufe 9 der PK), für jeden Angriff eines Gegners einen Gelegenheitsangriff durchführen zu können. Insgesamt eine gut gelungene PK, die jedem Mönch gefallen wird. Zudem führt sie gut Background und Fähigkeiten zusammen.
Dragon Lord Der Dragon Lord ist ein Armeeführer, der nach der Philosophie von Drachen handelt. Die PK richtet sich an charismatische Krieger-SC/-NSC und wirkt zumindest vom Background interessant. Die Fähigkeiten sind denen des Marshal aus dem Miniatures Handbook entlehnt und auch der Dragon Lord kann eine Aura einsetzen, um sich und seine Verbündeten zu stärken.
Hand of the Winged Master Eine PK für Schurken, Späher und Ninjas. Sie erhöht Sneak-, Skirmish- und Sudden-Strike-Schaden. Man spielt hier einen Spion eines mächtigen Drachen. Die Fähigkeiten würde ich eher als moderat interessant bezeichnen und nicht wirklich außergewöhnlich.
Pact-Bound Adept Eine Hexenmeister-PK, die darauf aufbaut, dass man einen Pakt mit einem Drachen geschlossen hat. Drachenpakte werden später im Buch beschrieben. Die PK verstärkt den Pakt noch und gibt ein paar kleine Fähigkeiten, die zu einem Hexenmeister gut passen (Eschew Materials z.B.). Insgesamt aber nichts Außergewöhnliches.
Swift Wing Eine eher langweilige Kleriker-PK. Man erhält klassische Drachenfähigkeiten (Immunitäten, Odem, Flugfähigkeit usw.) und bezahlt mit zwei Zauberstufen.
Wyrm Wizard Ein arkaner Zauberwirker, der nicht durch Forschung, sondern durch das Wissen der Drachen an neue Zauber gelangt. Während der Background nicht so sehr überzeugt, bekommt man recht starke Fähigkeiten. Einmal eine gute Counterspell-Fähigkeit sowie sogar die Möglichkeit, verbotene Zauber, sprich göttliche Zauber, zu erlernen. Bezahlen tut man mit drei Zauberstufen.
Die Prestigeklassen überzeugen nicht so sehr. Etwa die Hälfte der PK sind eher langweilig und wirken unkreativ. Richtig gut hat mir eigentlich nur der Dragon Descendant gefallen.
Kapitel 3 - Draconic Magic In diesem umfangreichen Kapitel findet man Zauber, psionische Kräfte, Invocations und magische Gegenstände. Die Zauber sind natürlich alle drakonisch geprägt. Es gibt auch ein paar Zauber für eher stiefmütterlich behandelte Grundklassen wie den Hexblade oder Wu Jen. Ansonsten sind natürlich einige ganz nette Zauber dabei, aber ebenso Zauber, die man sich auch hätte sparen können. Konsequenterweise findet man auch einige der neuen Dual-School Spells, bekannt aus dem PHB 2. Weiter geht es mit Breath Effects und Invocations für die neue Grundklasse, den Dragonfire Adept. Diese sind natürlich zwingend nötig, um die Klasse auch spielen zu können. Neun neue Warlock Invocations, fünf neue Psionic Powers, fünf neue Soulmelds (Magic of Incarnum) und eine neue Vestige (Tome of Magic) hat das Kapitel auch zu bieten. Zudem gibt es neue Auren für den Dragon Shaman (PHB 2) und den Marshal (Miniatures Handbook).
Bevor das Kapitel mit magischen Gegenständen abschließt, gibt es noch ein paar Seiten zu den Dragonpacts. Nur ein Hexenmeister kann so einen Pakt schließen und erhält so spezielle Fähigkeiten von dem Drachen, mit dem er den Pakt schließt. Hierfür muss er mit dem Drachen verhandeln und ihm schließlich Gold anbieten. Dafür erhält er Zauberähnliche Fähigkeiten von dem Drachen. Insgesamt gefällt mir die Idee und Hexenmeister werden seitens WotC weiterhin extrem gefördert.
Eine Seite wird zudem noch den Draconic Companion Spirits gewidmet. Ein System, welches im DMG 2 neu vorgestellt wurde.
Die magischen Gegenstände im neuen DMG-2-Format gefallen mir auch, aber es ist auch nichts wirklich aufregend Neues dabei. Das Kapitel schließt letztlich mit einer Legacy Weapon ab (bekannt aus Weapons of Legacy).
Kapitel 4 - Draconic Beasts Monster dürfen natürlich auch nicht in einem WotC-Buch fehlen. Neben einem Aspekt von Bahamut und Tiamat finden sich noch eine Handvoll anderer drachenartiger Kreaturen in dem Buch. Am Ende des Kapitels gibt es für die vorhandenen Drachen alternative Fähigkeiten.
Kapitel 5 - Draconic Campaigns Das letzte Kapitel ist das „Fluff“-Kapitel. Hier finden sich Kampagnenideen zur Umsetzung des Grundkonzeptes des Buches. Wie kann es zu engen Bindungen zwischen Drachen und niederen Wesen kommen? Wie kann man die neuen Regeln aus Dragon Magic integrieren? Diese Fragen werden leider nur auf knapp neun Seiten abgehandelt. Zwar sind ein paar gute Ideen dabei, aber insgesamt ist das doch ziemlich dürftig.
Das Kapitel schließt dann mit einigen Organisationsbeschreibungen im Stile des DMG 2 und einer Handvoll Adventure Locations ab. Sicherlich können diese die eine oder andere Anregung bieten, aber so richtig vom Hocker reißen sie den Leser auch nicht.
Fazit: Was erwartet man von einem Buch wie Dragon Magic überhaupt? Das ist die entscheidende Frage. Nimmt man die Grundidee des Buches ernst, so müsste man eigentlich eine Anleitung für eine drachenorientierte Kampagne erwarten, in der die Drachen den niederen Völkern Herrscher und Lehrer sind. Faktisch ist Dragon Magic aber hauptsächlich eine reine Crunch-Ansammlung. Das Buch besteht zu 90% aus Regelmaterial und bietet für nahezu alle kürzlich erschienen Regelbücher kleine Ergänzungen. Somit wird Dragon Magic seinem eigentlichen Ziel nicht gerecht. Als Gesamtkonzept wirkt das Buch daher eher wenig durchdacht. Im Detail ist Dragon Magic allerdings nicht so schlecht. Das gelieferte Regelmaterial ist solide und es sind ein paar Highlights dabei. Freuen werden sich vor allem Hexenmeister, aber auch andere Klassen, die eher stiefmütterlich behandelt wurden. Im Prinzip wird nahezu jeder Spieler etwas in diesem Buch finden, was ihm gefallen wird. Es stellt sich natürlich die Frage, ob man noch ein weiteres Buch voller Regelmaterial, welches man auch Complete Dragon hätte nennen können, braucht? Für mich ist die Antwort eindeutig nein. Ich bin mit Regelmaterial mehr als gesättigt und vielmehr an wirklich neuen Ideen interessiert. Allerdings mag dies für jeden anders sein und wer wirklich noch mehr Grundklassen, PK, Feats, Zauber usw. haben möchte, wird in Dragon Magic definitiv etwas Passendes finden. Allerdings ist anzumerken, dass neben dem Dragonfire Adept und einer PK nichts wirklich absolut Herausragendes dabei ist. Ein Skandal ist es zudem, dass WotC scheinbar versucht, seine Kunden zu täuschen, indem die Angaben, welche Bücher man nun benötigt, falsch sind. Da hier auf so viele Regeln anderer Bücher Bezug genommen wird, ist das Buch natürlich auch nur dann komplett nutzbar, wenn man diese ganzen Zusatzbücher besitzt. Dafür gibt es einen halben Punkt Abzug. Insgesamt daher noch ein gerade durchschnittliches, eher ideenarmes Buch. |
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