Sharner Kobold Sharner Kobold

 

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Descent - Expansion 1 - The Well of Darkness
Bewertung:
(4.3)
Von: Nico Bracht
Alias: Cut
Am: 11.04.2007
Autor:Kevin Wilson
Übersetzer:---
Typ:Fantasy-Brettspiel-Erweiterung
System:---
Setting:Die Welt von Runebound
VerlagFantasy Flight Games
ISBN/ASIN:Modellnummer: FFG0VA28
ASIN: 1589942914
Inhalt:
Sprache:Englisch

Descent: Journeys in the Dark“ ist der Titel der englischen Originalversion des erfolgreichen Brettspiels, welches beim Heidelberger Spieleverlag (HDS) unter dem Titel „Descent: Reise ins Dunkel“ erschienen ist.

Eine Rezension über das deutsche Descent findet Ihr hier im Gate (Zur Rezension...).

 

Fantasy Flight Games unterstützt sein Spiel zu Beginn des Jahres 2007 mit der Veröffentlichung zweier Erweiterungsboxen. Diese Boxen bringen neuen Spielspaß, neues Material und sind nur in Verbindung mit dem Basisspiel zu nutzen. Die erste Box trägt den Titel „The Well of Darkness“ (WoD) und ist dabei, übersetzt zu werden. Sie wird bald unter dem Titel „Die Quelle der Dunkelheit“ im Programm des Heidelberger Spieleverlages auf Deutsch erscheinen. Auf der Homepage des HDS-Verlags (unter der Rubrik Downloads) können bereits heute die neuen Karten sowie das Regel- und Questheft in der deutschen Übersetzung angesehen werden.

 

Der erste Eindruck und der Inhalt:

Die Box von WoD ist genau halb so groß wie die Spielschachtel des Basisspiels. Auch sie ist wieder enorm schwer und scheint randvoll gepackt zu sein. Das Coverdesign ist im gleichen Stil gehalten wie das Grundspiel. Die Box ist stabil genug, dem Inhalt standzuhalten. Alles scheint stimmig, bis man die Schachtel öffnet. Denn dann wird klar: Randvoll ist sie nicht. Im Inneren finden sich zuoberst das Regel-und-Quest-Buch und drei dem Format der Spielschachtel entsprechende, schwere, vollfarbig bedruckte Papp-Ausstanzbögen. Darunter befindet sich eine Art „Raumtrenner“ aus Pappe, auf dem sich noch mal (in weiß-blau gehalten) das Coverbild der Box findet. Dieser Trenner teilt die Schachtel in ein kleines Fach und eine Art „Höhle“ unter der Pappe auf.

In dem kleinen Fach finden sich die 110 Spielkarten aus der Erweiterung, unter dem Papptrenner finden die 33 Miniaturen Platz. Auf den ersten Blick und im ersten Moment ist man etwas enttäuscht. Vom Gewicht und vom Inhalt des Basisspiels ausgehend hätte man mehr erwartet.

Sehen wir das Material im Einzelnen an:

Die Pappmarker in ihren Stanzbögen sehen wieder ausgesprochen gut aus. Sie sind aus stabiler, schwerer Pappe und lassen sich gut heraustrennen. Insgesamt gibt es 10 neue Bodenplatten, mit denen man das Verließ erweitern kann und über 130 kleinere, neue Pappmarker. Besondere Erwähnung sollte ein riesengroßer Blitzschlag-Marker finden. Dieser ist schwer beeindruckend und macht sofort Lust auf das erste neue Abenteuer. Im Questbuch (das auch gleichzeitig das Regelbuch ist) sind neun neue Quests enthalten. Diese sind allesamt mehr als nur abendfüllend von ihrer Dauer. Man wird mit der Erweiterung viel Zeit verbringen können!

Weiterhin bekommt der Käufer 110 neue Spielkarten an die Hand. Alle sind mit einem kleinem Zeichen, einem Brunnen (zu finden in der rechten oberen Kartenecke) versehen, so dass man die Karten problemlos wieder aus dem Spiel aussortieren kann. Das gefällt mir sehr gut, da hat der Verlag mitgedacht. Enthalten sind in diesen 110 Karten nicht nur neue Karten (z.B. Schatzkarten, Ausrüstungskarten oder Karten für den Overlord), sondern auch ein paar Austauschkarten für Karten aus dem Basisspiel, bei denen anscheinend die Spielerfahrungen gezeigt haben, dass Änderungen angebracht sind. Unter anderem gibt es Austauschkarten für die Monsterkarten der Tiermenschen und der Skelette. Das zeigt, dass sich die Leute vom Verlag um ihr Produkt und dessen Fans kümmern. Das ist ein weiterer Pluspunkt.

Und was wäre eine Erweiterung ohne neue Figuren. In „The Well of Darkness“ gibt es drei neue Monstertypen, jeweils wieder in der Standard- und in der Elite-Version. Da wären die Kobolde, die Ferrox und die Golems. Insgesamt bekommt man 27 Monsterfiguren. Die Kobolde sind sehr klein und jede Figur besteht in Wahrheit aus zwei Kobolden. Die Ferroxe sind etwas größer als die meisten der Heldenfiguren und die drei Golem-Figuren sind die größten in der Schachtel enthaltenen, neuen Miniaturen.

Aber nicht nur neue Monster sind enthalten: Es gibt auch sechs neue Helden und ihre dazugehörige Helden-Karten. Ebenso gibt es für die neuen Helden neue Spezialfertigkeiten. Diese überzeugen allesamt.

 

Die Box hat einen Preis von U.S. 39,95 $ und ist im deutschen Handel, je nachdem wo man zuschlägt, für einen Preis zwischen 26 und 40 Euro zu haben. Im Vergleich zum Inhalt und dem Preis des Basisspiels finde ich das obere Spektrum dieser Preise deutlich übertrieben. Man bekommt zwar wieder einiges für sein Geld, ist aber doch vom Reichtum und der Vielfalt aus dem Grundspiel arg verwöhnt und ich gestehe, dass ich beim ersten Öffnen etwas mehr erwartet hätte. Die Figuren der Kobolde, von denen im Set die meisten enthalten sind, sind beispielsweise arg klein geraten.

Dieses Gefühl legte sich dann aber schnell wieder, als ich die ganzen Marker und Karten aus ihren Stanzbögen und Plastikfolien befreit hatte und versuchte, sie in kleinen Plastikschachteln sinnvoll zu verstauen. Da wurde dann doch klar, dass man eine große Menge an neuem Spielmaterial an die Hand bekommen hat. Zur Verstauung empfiehlt es sich, eine gewisse Menge an Tütchen oder Schachteln zur Hand zu haben, da sonst schnell einige von den schönen Spielmaterialien verloren gehen können.

 

Es bleibt abzuwarten, für welchen Preis der HDS die deutschen Erweiterungen auf den Markt bringen wird. Schließlich ist das deutsche Grundspiel auch billiger zu haben als die englische Version.

 

Das Spiel:

An der Spielidee von Descent ändert die WoD-Erweiterung nicht viel. Es werden ein paar neue Spielsteine eingeführt, etwa neue grüne Treppenstufen, eine neue Art von Trank, Schlamm- und Lavafelder. Daneben gibt es aber auch ein paar neue Spielsteine, die neue Mechaniken einführen. Hier wären die rollenden Steine und die sie lenkenden Rampen, Klingenfallen und ein Gang mit einer Pfeilfalle zu nennen, die der Erweiterung ein gewisses Indiana-Jones-Flair verleihen und ihr bei den Fans im Internet schnell den Spitznamen der „Indiana-Jones-Expansion“ eingebracht haben.

Eine größere Neuerung stellt die sogenannte „Treachery“-Spielmechanik dar. Es gibt drei Farben der „Heimtücke“: lila, grün und rot. In jeder Quest-Beschreibung wird angegeben, welche Anzahl einer jeden Farbe die jeweilige Quest hat. Vor jeder neuen Quest kann der Overlord-Spieler dann für diese „Treachery“-Punkte neue Overlord-Karten für seinen Overlord-Kartenstapel kaufen und gegen andere Karten eintauschen. Jede der neuen Karten hat einen bestimmten Wert an „Treachery“ und kann nur „gekauft“ werden, wenn der Overlord genug „Treachery“ der entsprechenden Farbe in dieser Quest zur Verfügung hat. Die „Treachery“-Kosten sind auf jeder einzelnen Karte aufgeführt.

Im Austausch muss der Overlord für jede neue Karte, die er in seinen Zugstapel nimmt, eine der klassischen Karten vor Spielbeginn aussortieren. So bleibt der Overlord-Zugstapel stets gleich stark, aber jedes Spiel wird anders als das vorangegangene und ein jeder Overlord kann sich sein Material so zusammenstellen, wie es seinen Vorlieben entspricht, indem er zum Beispiel weniger oder andere Fallenkarten benutzt. In einem Abenteuer gibt es zum Beispiel fast gar keine Türen. Hier ist es als Overlord sinnvoll, die Türfallenkarten auszusortieren und dafür lieber andere Fallenarten in seinen Stapel aufzunehmen oder mehr Monster-Entstehungskarten zu wählen. Nicht verbrauchte Punkte verfallen und haben keinen Einfluss mehr auf das Spielgeschehen.

Diese neue Spielmechanik ist sehr gelungen und ohne große Mühe einzubauen. Sie verkompliziert auch das Spielgeschehen nicht weiter, da sie sich in die bestehenden Mechaniken einpasst und vor dem Spiel abgewickelt wird. Das ist gut, da es sich bei Descent eh schon um ein sehr komplexes Spiel handelt, das nicht zwingend weitere zeitaufwändige Mechaniken im Spielablauf braucht. In gewissem Maße passiert dies aber durch die Steinkugeln im Abenteuer „Spiral of Death“ schon. Dort werden die Helden von Steinkugeln verfolgt, die von der Decke fallen. Diese Kugeln töten sowohl Helden als auch Monster, wenn sie überrollt werden und kosten die Spieler somit Questmarker für jeden Helden. Um diesem Schicksal zu entgehen, verstecken sich die Helden zumeist in den wenigen Nischen, die sich im Gangsystem des Abenteuers bieten, oder beißen in den saueren Apfel und lassen ihre Helden zur Rettung in Gruben fallen. Dies verzögert allerdings den Spielablauf gerade zu Beginn des Abenteuers doch sehr. Zwar hat das auch für den Overlord einen kleinen Vorteil, da er ja auch für das komplette Durchspielen seines Kartenstapels Questmarker der Helden gewinnt, aber die eigentliche Idee, die hinter den Steinen steht, also die Beschleunigung des Spiels und das gehetzte Gefühl der Helden, kommt erst gegen Ende des Abenteuers zum Tragen, wenn die Gänge mit weniger im Weg stehenden und am schnellen Vorankommen der Gruppe hindernden Monstern verstopft sind und sich einfach keinerlei Fluchtmöglichkeiten wie etwa Gangnischen oder Grubenfallen bieten. Dann entwickelt sich doch noch das beabsichtigte Wettrennen mit den Steinkugeln. Allerdings scheint dies bei den Probespielen des Verlags aufgefallen zu sein. Die Steinkugeln spielen nur in der einen genannten Quest eine tragende Rolle.

 

Ansonsten bleibt Descent weiterhin das spannende und facettenreiche Abenteuerspiel, das es auch schon in der Grundversion war.

 

Das Spielmaterial:

Das Material hat die gleiche (hohe) Qualität des Basisspiels. Einzig die Sockel einzelner Figuren sind wieder etwas schepp und dass man sich auf Verlagsseite nicht dafür entschieden hat, zwei Hefte (eines für die Regeln und eines für die Quests) zu drucken, stört etwas, da man nun während eines Abenteuers viel blättern muss. Auch ist das große Format der Hefte (dem der Hefte aus dem Basisspiel entsprechend) für mich gewöhnungsbedürftig und etwas unhandlich.

Positiv fällt dagegen auf, dass es eine sehr hilfreiche Übersichtsseite auf der letzten Seite des Heftes gibt, wo nochmals alle Spezialfertigkeiten aufgeführt und kurz erklärt, die Zugabläufe von Spielern und Overlord aufgeführt und die „Preise“ für Bewegungen und Gegenstände aufgelistet werden. Das ist sehr praktisch. Es empfiehlt sich, diese Seite jedem Spieler auszudrucken, gerade wenn man länger nicht gespielt hat.

 

Anmerkung: Leider hat man in der Übersicht der Sonderfertigkeiten die Fertigkeit „Trickster“, welche zum Beispiel die Kobolde besitzen, vergessen. Diese wird aber im Hauptteil der Regeln zusammen mit den anderen Fertigkeiten erklärt. In der deutschen Übersetzung wurde dieser Fehler aber behoben.

 

Die Abenteuer:

Die im Handbuch enthaltenen neun neuen Abenteuer sind schwer, sehr lang und zeitintensiv, machen aber sehr viel Spaß. Leider sind einige kleinere Fehler in den Quest-Plänen nicht von der Hand zu weisen.

So würde es beispielsweise im oben bereits erwähnten Abenteuer „The Spiral of Death“ zu einem unvermeidlichen Ableben der Helden kommen, wenn man dem Aufbau laut Plan glaubt und ihm stur folgt. Dort werden die Helden von großen, den ganzen Gang ausfüllenden, ihnen schnell hinterherrollenden Steinkugeln verfolgt (Indiana Jones lässt grüßen!) und dann versperrt ihnen ein (laut Regeln) undurchquerbares, zwei Felder breites Wasserhindernis den Weg. Wenn der Overlord aber mit Verstand spielt, erkennt er diese kleinen Fehler schnell und behebt sie, ohne dass die Spieler davon etwas mitbekommen.

 

 

Fazit:

Mit „The Well of Darkness” bringt Fantasy Flight Games eine gelungene erste Erweiterung für das Descent-Brettspiel auf den Markt. Die neuen Karten und Helden passen sehr gut zum Spielablauf, die neue „Treachery“-Spielmechanik erlaubt dem Overlord-Spieler mehr Flexibilität. Neue Monster sind bei Spielen dieser Art immer willkommen, um für Abwechslung zu sorgen und die sechs neuen Heldenfiguren sind allesamt reizvoll zu spielen, wenngleich manche der neuen Fertigkeitskarten die Helden sehr, sehr mächtig werden lassen.

Die neuen Fertigkeits-, Schatz- und Ausrüstungskarten entsprechen in Größe und Farbe der Rückseite leider nicht zu 100 % denen der deutschen Basisversion. Man kann also, wenn man sehr genau hinsieht, im Vorfeld erkennen, ob es sich um eine Karte der englischen Erweiterung handelt oder nicht. Die Unterschiede sind aber so minimal, dass sie, wenn man keine pedantisch aufmerksamen Spieler hat, nicht ins Auge fallen und gefährden die Spielbalance nicht wirklich. Wenn einem die Herausforderungen aus Descent Spaß gemacht haben, man neue Abenteuer sucht und man die Erweiterungsbox für einen guten Preis in die Hände bekommt, kann man mit ruhigem Gewissen zuschlagen.

 

Alles, was an Descent Spaß gemacht hat, findet man in den Quests der Erweiterung wieder und man bekommt schönes, neues Spielmaterial an die Hand, die das Spielbrett optisch weiter verschönern. Für Freunde des Spiels spreche ich daher eine klare Kaufempfehlung aus.

 

 

Info:

Die erste Erweiterung „Well of Darkness“ soll im Frühjahr 2007 unter dem Titel „Die Quelle der Dunkelheit“ auf Deutsch erscheinen. Auch ist die Übersetzung der zweiten Erweiterung „Altar of Despair“ in Arbeit.