Links zur Rezension Mit Sharn – Stadt der Türme ist die deutsche Übersetzung des englischen Sharn: City of Towers herausgekommen.
Da das englische Buch bereits von Talamar rezensiert wurde, baut diese Rezension der deutschen Ausgabe auf seiner auf.
Erster Eindruck: Der erste Eindruck ist, wie nicht anders zu erwarten, beeindruckend. Die Aufmachung des gesamten Eberron-Settings, die auch schon im Kampagnenbuch überzeugen konnte, spiegelt sich auch im vorliegenden Buch wieder. Das Hardcover wird von einem grandiosen Artwork aus dem Zeichenstift von Wayne Reynolds geziert (das gesamte Bild findet sich dann gleich auf den ersten Seiten des Buchinneren), dessen Illustrationen Eberron von Anfang an geprägt haben und der mittlerweile zu meinen absoluten Lieblingskünstlern zählt. Aber auch der Rest des Buches weiß zu überzeugen. Jedes der acht Kapitel wird von einer einseitigen Illustration im Comic-Stil eingeleitet (wie auch schon im EKS) und fast jede Seite wird von einer oder mehreren durchweg tollen Illustrationen geziert (einer meiner Lieblinge ist der einstürzende Turm ziemlich am Ende des Buches). Der Text ist zweispaltig gesetzt und sehr gut lesbar, ihm liegt ein blassgraues, tribal-ähnliches Muster zugrunde, welches die Optik auflockert. Das Buch sieht insgesamt schon sehr professionell aus.
Verarbeitung: Beim ersten Durchblättern der deutschen Ausgabe fällt sofort das Hochglanzcover auf. Zwangsläufig fragt man sich, warum F&S sich dazu entschieden hat, Sharn auf Hochglanz zu drucken und nicht, wie das EKS, als mattes Cover herauszubringen. Ein mattes Cover hätte sich im Regal wesentlich besser gemacht. Weiterhin fällt auch sofort die recht dünne Papierdicke auf, die zu besonderer Vorsicht veranlasst. Mit welcher Papierdicke das englische Pendant gedruckt ist, kann ich nicht sagen, aber es scheint ein Trend von F&S zu sein, beim Papier zu sparen.
Der Inhalt: Wie bereits gesagt, besteht das Buch aus acht Kapiteln, die sich mit den verschiedenen wichtigen Punkten der Stadt beschäftigen.
Kapitel 1: Eine kurze Stadtführung Nach einer kurzen Einleitung, die die einzelnen Kapitel kurz beschreibt, geht es dann auch sofort los. Der Stadtführer beschreibt auf guten 20 Seiten so ziemlich alles, was in und um Sharn wichtig ist und was für den Spieler zunächst oberflächlich interessant sein könnte. Dazu gehört die generelle Struktur der Stadt, mit ihren Hunderten, wenn nicht Tausenden, Türmen und den verschiedenen Ebenen und Vierteln, wie auch Informationen über Klima, Anreise, Bankgeschäfte, Sprachen, Ausbildungsmöglichkeiten, Entertainment, Kriminalität, Services, usw.. Alles das, was man als „Tourist“ am ehesten erleben würde, wird hier ausführlich beschrieben. Auch die Population, die Geschichte und die wichtigsten Feste der Stadt werden hier erwähnt. Selten habe ich dabei eine solche Detailverliebtheit gesehen, wie sie in diesem Buch angeboten wird. Die Beschreibungen sind akribisch niedergelegt (wie übrigens im gesamten Buch) und erscheinen mehr als nur gut durchdacht. Im Gesamten wirkt das erste Kapitel fast wie ein „Reiseführer“.
Kapitel 2: Leben in Sharn Der Name ist Programm. Mit über 70 Seiten ist dieses Kapitel das üppigste des Quellenbandes. Das ist auch kein Wunder, denn es befasst sich mit dem Leben der Leute in der Stadt der Türme. Hier werden neben der Struktur der Stadt, deren grobes Layout schon in Kapitel 1 erwähnt wurde, welches nun vertieft wird, die einzelnen Distrikte und Plateaus mit ihren Hunderten Gebäuden ausführlich beschrieben. Dafür gibt es zuerst einmal für jede „Ebene“ der Stadt eine hervorragende Karte, die einen detaillierten Überblick gibt. In den beiliegenden Texten werden dann die einzelnen interessanten Gebäude erklärt. Und das sind nicht wenige. Außerdem finden sich immer wieder Seitenbalken mit zusätzlichen Informationen, wie beispielsweise NSCs. Auch gibt es haufenweise kleinere Karten, die die Grundpläne einiger besonderer Gebäude zeigen.
Kapitel 3: Machtgruppen und Politik Wie der Titel des Kapitels erahnen lässt, geht es hier ans Eingemachte, was politische Dinge angeht. Dieses Kapitel liefert Informationen über die Zusammensetzung der „Stadträte“, der Regierung der Stadt, und welche Motivationen die einzelnen Ratsmitglieder haben. Auch der Einfluss der verschiedenen Häuser, wie auch der anderen Länder, wird hier erläutert und da Sharn eine intrigenreiche Stadt ist, kommen auch Hinweise auf Spione und mögliche Verschwörungen nicht zu kurz. Wie auch in den anderen Kapiteln sind die gelieferten Infos äußerst detailliert ausgearbeitet und werden stets von Seitenbalken ergänzt, die spezielle Bereiche kurz erklären oder Werte zu NSCs liefern.
Kapitel 4: Recht und Ordnung Keine Stadt ohne Gesetz und Ordnung. Das gilt auch für Sharn, und obwohl Sharn so unterschiedlich und so von Intrigen durchsetzt ist, sind die Gesetze hier weitestgehend sehr strikt. Allerdings hängt die Durchsetzung dieser Gesetze durch die Ordnungskräfte, sprich Wachen, oftmals davon ab, auf welcher Ebene der Stadt das Verbrechen geschieht. So wird eine waffenbewehrter Kampf in den unteren Ebenen oder gar in den so genannten „Tiefen“ eher kaum beachtet. Selbst ein Mord wird kaum jemanden der unteren Ebenen beeindrucken. Auf den oberen Ebenen, wo die Mittel- und die Oberklasse der Gesellschaft lebt, sieht dies jedoch ganz anders aus und ein Dieb kann sich dort schnell vor Gericht wiederfinden. Das Kapitel beschreibt die möglichen Verbrechen, welche Strafen zu erwarten sind und wie sie letztendlich durchgesetzt bzw. ausgeführt werden. Außerdem werden die verschiedenen Wacheinheiten, von den normalen Wachen bis hin zur Königswache, vom Hintergrund her wie auch spielwerttechnisch beleuchtet.
Kapitel 5: Gilden und Organisationen Jede gute Stadt hat Gilden, Clans und geheime oder nicht geheime Organisationen, die zumeist ein gewisses Maß an Einfluss haben. Sharn ist da nicht anders. Dieses Kapitel liefert die benötigten Hintergründe zu den verschiedenen Gilden (wie beispielsweise der Abenteurergilde, die einem Abenteurer viele Vorteile bringt) und Bruderschaften, die quer durch die Stadt existieren. Angefangen von den Diensten der Söldnergilde bis hin zum Organisierten Verbrechen findet sich hier alles in der schon üblichen Detailfülle des Buches, zumeist mit den wichtigsten Spielwerten für typische Charaktere der einzelnen Organisationen.
Kapitel 6: Helden und Magie Dieses Kapitel bringt die für einen Quellenband schon fast obligatorischen neuen Talente, Zauber, Magischen Gegenstände, Artefakte und Prestigeklassen. Dabei glänzt das Buch mit Klasse statt Masse, denn zu jedem Bereich gibt es nur eine Handvoll neuer Optionen, die es aber in sich haben. Besonders gut hat mir dabei die Prestigeklasse des Eliteagenten der Zitadelle gefallen, der die Interessen der Oberen von Sharn effektiv vertreten kann. Abgerundet wird das Kapitel mit Infos über besondere Ausrüstung, wie Güter und bestimmte Drogen, die man in Sharn erhalten kann, wenn man weiß, wo man zu suchen hat.
Kapitel 7: Monster und Begegnungen Auch dieser Name spricht Bände. Hier gibt es eine Handvoll neuer Monster und Kreaturen, die einem in und um Sharn begegnen können. Meistens eher in den Tiefen Sharns (z.B. Kakerlakenmenschen oder Widerliche Käferzombies), doch auch für die oberen Bereiche gibt es Kreaturen (Turmdrache). Der Kakerlakenmensch wurde übrigens aus dem „D20 Modern: Urban Arcana Setting“ übernommen und stellt eine Art Riesenkakerlake dar, die sich in Menschenhaut hüllt.
Kapitel 8: Eine Kampagne in Sharn Das letzte Kapitel liefert auf ein paar wenigen Seiten globale Infos über das Entwickeln und Leiten einer Kampagne innerhalb von Sharn. Nach einem kleinen Baukastenprinzip kann man sich hier schnell eine hübsche kleine Kampagne zusammenzimmern und es werden sogar ein paar „Straßenkarten“ angeboten.
Übersetzung: Die Übersetzung durch Daniel Schumacher ist durchweg gelungen. Hin und wieder findet man ein paar recht saloppe Ausdrücke oder Floskeln, die aber nicht stören und das Flair der intrigenreichen Stadt noch ein klein wenig unterstreichen. Ansonsten ist der Text sehr flüssig zu lesen. Wie immer stellt sich natürlich das Problem der Übersetzung bestimmter Begriffe. So hört sich z.B. „Kakerlakenmensch“ am Anfang doch recht ungewöhnlich an, doch man findet sich damit ab.
CD: Dem englischen Pendant von Sharn wurde eine CD mit einem extra komponierten Sharn-Soundtrack beigelegt, die im deutschen Sharn leider fehlt. Aus welchen Gründen F&S die CD nicht beigelegt hat sei mal dahingestellt, doch die fehlende Beigabe ist trotzdem ein Wermutstropfen, der wohl viele zum Kauf des englischen Sharn veranlasst hat. Wer sich dennoch das deutsche Sharn zugelegt hat, der kann auf der Wizards-Seite drei der Tracks zum Download finden. Der Link findet sich rechts in der Infobox.
Fazit: Wow! Eberron legt nach. Nach dem absolut grandiosen EKS und einigen kleineren Abenteuern legen Keith Baker, James Wyatt und die Jungs von WotC einen weiteren Eberron-Hammer nach. Das Buch weiß von Anfang bis Ende absolut zu überzeugen und ich habe wirklich keine bemerkenswerte Schwachstelle gefunden. Design und Layout sind erstklassig und noch besser als das, was man bereits von den Wizards kennt, die Illustrationen (allen voran Mr. Reynolds’) sind ein Augenschmaus und die Detailfülle der gelieferten Informationen sind einfach mehr als erstklassig. Die Übersetzung ist absolut gelungen und weist keine Schwachpunkte auf. Schon nach den ersten Seiten merkt man deutlich, wieviele Gedanken und wieviel Arbeit in Sharn stecken und wie irre akribisch die Stadt der Türme ausgetüftelt ist. Selbst die neuen Monster, Talente, Zauber und dergleichen erscheinen nicht, wie so häufig bei D&D/D20-Produkten, überflüssig, sondern passen sich dezent in das gesamte Buch ein. Einzig und allein die Zugabe in Form der Eberron-Soundtrack-CD mutet traurig an, weswegen die deutsche Ausgabe auch nicht die gleiche Note wie das Original erhält. Kein Eberron-Fan kommt an diesem Buch vorbei und alle anderen sollten es sich ansehen, um ebenfalls in den Bann von Eberron gezogen zu werden. Exzellent! Absolute Kaufempfehlung! |
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