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[VR] Söhne des Gruumsh
Bewertung:
(4.2)
Von: Alex Lorenz
Alias: Blackthorne
Am: 25.07.2007
Autor:Christopher Perkins
Übersetzer:Stefan Kreksch, Holger Raab (Lektorat)
Typ:Abenteuer
System:D&D 3.5
Setting:Vergessene Reiche
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3-86762-006-2
Inhalt:48 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Söhne des Gruumsh

Anmerkung:

Bei dieser Review haben wir die Rezension zur englischen Variante des Produkts aufgegriffen und um ein paar Ergänzungen zur deutschen Version erweitert.

 

„Söhne des Gruumsh“ (im Folgenden SdG) ist ein D&D-Abenteuer für vier Charaktere der 4. Stufe, welches in den allseits beliebten Forgotten Realms angesiedelt ist.

Der Autor des Abenteuers, Chris Perkins, ist Lesern des Dungeon Magazins bestens bekannt. Er war dort jahrelang Chefredakteur und zudem für einige der besten Abenteuer im Magazin verantwortlich. Auch bei den dortigen „Adventure Path“-Projekten hatte er seine Finger im Spiel und gilt als einer der besten Abenteuerautoren unserer Zeit.

SdG ist ein 32-seitiges Softcover im bewährten Forgotten-Realms-Stil. Auf dem Umschlag erfreut eine wiederum sehr gelungene Illustration von Todd Lockwood das Auge. Im Inneren hingegen ist das Artwork sehr spärlich verteilt und auch eher unauffällig. Die enthaltenen Karten sind unspektakulär, aber gut brauchbar. Bis auf den Umschlag ist SdG in Schwarz-Weiß gehalten und auf preiswertem Papier gedruckt; kostet aber auch nur schlanke 9,- Euro im Internetversand.

SdG wurde seinerzeit als erster Teil eines neuen „Adventure Path“ angekündigt. Im eigentlichen Produkt ist hiervon jedoch nichts erwähnt und das Abenteuer ist in sich abgeschlossen.

 

Die Story (Spieler sollten hier nicht weiter lesen):

SdG spielt in der Moonsea-Region, welche bisher in der 3. Edition ja eher stiefmütterlich behandelt wurde. Dort, im Lande Thar, sammeln sich die Orks unter der Führung eines Orog-Kriegsfürsten namens Thrull in einer verlassenen Ork-Zitadelle, um Tod und Verderben über die ganze Region zu bringen.

Um Thrull, der als Auserwählter des Orkgottes Gruumsh gilt, mehr Macht zu verleihen, wollen die orkischen Schamanen ein Ritual durchführen. Zu diesem Ritual werden Opfer benötigt; und zufällig ist den Orks vor einigen Tagen eine Gruppe junger Abenteuer, die allesamt den Adelsgeschlechtern von Melvaunt entstammen, in die Pranken gefallen.

Währenddessen sind die Adelshäuser von Melvaunt natürlich sehr besorgt. Eines von ihnen ergreift die Initiative und heuert eine Gruppe von Abenteurern an, um die Vermissten zurückzuholen. Dies sind natürlich die Spielercharaktere.

Die komplette Hintergrundgeschichte des Abenteuers wurde übrigens von den Wizards online gestellt, der Link findet sich rechterhand.

SdG ist in drei Akte eingeteilt: Im ersten Akt ermitteln die Charaktere in Melvaunt, wohin und mit wem die Adeligen verschwunden sind. In recht knapper, aber ausreichender Form werden hier alle denkbaren Spuren und Ermittlungsansätze abgehandelt. Zwischendurch werden die Charaktere von ein paar Schlägern angegriffen; ein Indiz dafür, dass jemand in Melvaunt nichts gegen die aktuelle Entwicklung der Dinge hat…

Der zweite Akt behandelt die Reise durch die Wildnis von Thar. Hier werden die Charaktere Spuren finden, welche sie zur Zitadelle von Xul-Jarak führen. Außerdem warten ein Lager von Orkspähern, ein Eulenbär und ein Manticor. Aber auch die Interaktion wird nicht komplett vergessen: Die Gruppe kann Informationen mit einem Halb-Ork-Waldläufer austauschen.

Insgesamt dauert die Reise acht Tage. Es ist etwas schade, dass nur eine Begegnung ohne Kampf enthalten ist; andererseits ist Thar auch eine raue und wilde Gegend, in der es wenig Zivilisation gibt.

Der dritte Akt schließlich widmet sich der Zitadelle, in der die Adeligen von den Orks gefangen gehalten werden. Dieser Abschnitt macht den Löwenanteil des Abenteuers aus: Mit List und Tücke oder mit Gewalt müssen sich die Charaktere einen Weg durch die Zitadelle und das Gewölbe darunter bahnen, um die Adeligen zu retten.

Chris Perkins tut hier sein Möglichstes, um diesen Abschnitt des Abenteuers nicht zur reinen Schlachtplatte verkommen zu lassen: Er geht auch auf viele denkbare Ansätze ein, das Problem ohne Gewalt zu lösen (Verkleidung, Schleichen etc.). Zudem finden die Charaktere einen Verbündeten: die Magierin der entführten Gruppe hat einen Raben als Vertrauten, der den Spielercharakteren ein paar nützliche Tipps ins Ohr krächzen kann.

In der Zitadelle befinden sich außerdem Orks verschiedenster Couleur, die sich unter Thrull vereinen wollen. Sehr clevere Spieler könnten also auch die Spannungen zwischen den verschiedenen Stämmen nutzen, um ihr Ziel zu erreichen; ein Ansatz, auf den das Modul leider kaum eingeht.

Alles in allem enthält die Zitadelle über 80 Orks! Ein hartes Stück Arbeit also für Charaktere, die lieber die Waffen sprechen lassen. Hinzu kommen Botschafter aus der Zhentilfeste, ein Lindwurm, ein Oger und die Tatsache, dass die meisten Orks Klassenstufen haben. Glücklicherweise sind die Orks jedoch über den gesamten Ort verteilt. Zudem sieht das Abenteuer heftige Regenfälle vor, die es erschweren, einen Kampf, der woanders stattfindet, zu sehen oder zu hören.

Die Gewölbe unter der Burg bestehen aus vier Ebenen, die jedoch größenmäßig sehr überschaubar sind. Die Ebenen sind neben den Treppen durch einen großen Schacht, durch den ein Wasserfall rauscht, miteinander verbunden; ein weiterer Umstand, den gewitzte Spieler ausnutzen können.

Schließlich wartet am Ende die große Ritualkammer, in der die Charaktere, wie es sich gehört, gerade pünktlich zum großen Ritual erscheinen. Hier müssen die Adeligen rechtzeitig gerettet werden; zudem muss natürlich Thrull besiegt werden, der auch ohne seine Rüstung, die er für das Ritual ausgezogen hat, ein formidabler Gegner ist. Sollte das Ritual vollzogen werden, wird es noch deutlich schwerer, ihn zu besiegen.

Selbst wenn die Charaktere siegreich bleiben und die Adeligen zurückbringen, so wartet noch ein Epilog, in dem der Verbündete der Orks in Melvaunt einen letzten Versuch startet, die Macht zu übernehmen – auch über die Leichen der Spielercharaktere…

 

Bewertung:

"Söhne des Gruumsh" kommt mit einem Thema daher, das so unverschämt klassisch und generisch ist, dass man die Wizards für ihre guten Nerven beglückwünschen muss. Und warum auch nicht? Orks gehen immer, wie eine alte Rollenspielerweisheit sagt, und tatsächlich erinnere ich mich an kein offizielles Abenteuer der letzten zehn Jahre, in dem die Orks als solche im Mittelpunkt standen und nicht nur Schwertfutter waren.

Darüber hinaus ist es natürlich auffällig, dass hier eine Storyline verwertet wird, die erst vor kurzen ganz ähnlich an anderer Stelle in den Forgotten Realms verwurstet wurde (Obould Many-Arrows im Norden). Da dort jedoch die interessante Idee im Grunde nur für eine Romantrilogie von R.A. Salvatore verschwendet wurde, ist es sicherlich nicht verkehrt, das Thema auch für Rollenspielgruppen zugänglich zu machen, ohne sich um die Realms-Kontinuität sorgen zu müssen.

Zudem beweist Chris Perkins, warum er so einen guten Ruf hat: Er holt aus dem Thema einiges heraus. Das reicht von dem Intrigen-Subplot bis hin zu netten Kleinigkeiten wie etwa orkischen Kampfschreien mit Übersetzung und einer Liste mit Orknamen, falls man mal auf die Schnelle welche braucht.

Regeltechnisch macht SdG einen guten Eindruck; mir sind keine diesbezüglichen Fehler aufgefallen. Ein Background-Fehler ist jedoch aufgetreten: Im Abenteuer werden die „Mountain Orcs“ als besonders große und harte Orks bezeichnet. Laut „Races of Faerun“ jedoch sind sie die Standard-Orks für die Forgotten Realms. Ist natürlich nur eine Kleinigkeit.

Besondere Erwähnung verdient noch die angekündigte Unterstützung der D&D-Miniaturen in diesem Abenteuer. Allen besorgten Skeptikern kann ich hier Entwarnung geben: Diese „Unterstützung“ beschränkt sich darauf, dass im Statblock für jede Kreatur die empfohlene D&D-Miniatur mit Seriennummer wieder findet. Also ungefähr eine halbe Zeile Text pro Eintrag. Spielleiter ohne Miniaturen sind keinesfalls beeinträchtigt.

Ein Spielleiter, der die Vergessenen Reiche nicht nutzt, sollte kein allzu großes Problem damit haben, Thar durch ein kaltes, ungemütliches Land seines Vertrauens zu ersetzen. Auch Gruumsh als Orkgottheit ist austauschbar (sofern nötig), so dass SdG überall da zu Hause ist, wo es Orks gibt.

 

Übersetzung

Die deutsche Variante unterscheidet sich im Grunde genommen nicht wirklich vom englischen Pendant. Sprachlich ist das Teilchen gut übersetzt, aber das ist man von F&S ja eigentlich schon gewohnt, sollte aber nicht als stets gegeben hingenommen werden. In das deutsche Produkt sind alle bis zur Drucklegung erschienen Errata eingearbaitet worden, auch das ist eigentlich Standard bei den Mannheimern.

 


Fazit:

„Söhne des Gruumsh“ ist ein simples, ehrliches D&D-Abenteuer, in dem es unter anderem um das Töten von Orks geht. Wer damit nicht von Haus aus ein Problem hat, den erwartet ein solides, technisch einwandfreies Abenteuer mit genug guten Ideen, um es über den Durchschnitt zu heben. Ein Hauch von Intrige und Detektivarbeit lockert das Ganze etwas auf; Taktiker und Kämpfernaturen werden SdG jedoch sicherlich am meisten lieben. Jeden anderen erwartet ein Abenteuer, dass zwar die Welt nicht verändert, aber einfach gut ist.