Links zur Rezension Road of the PatriarchBei dem Roman handelt es sich um den dritten Teil der Sellswords-Trilogie von R. A. Salvatore, in der er die Eskapaden und Abenteuer von Artemis Entreri, seines Zeichens calishitischer Assassine, und dem Drow Jarlaxle Baenre, einem Söldnerführer und galanten Schurken, schildert.
Erster Eindruck und Aufmachung
Zur Aufmachung ist zu sagen, dass sich das Buch in gewohnter Wizards-Qualität darstellt. Es handelt sich bei der von mir rezensierten Version um die Paperbackvariante. Der Einband ist aus relativ dünnem Karton und zeigt ein sich um das Buch herumspannendes Bild von Todd Lockwood, auf dem Artemis und Jarlaxle auf ihren magischen Nightmares flammenden Hufes über die Ebene von Vaasa galoppieren. Im Inneren findet sich noch eine (für den Roman vollkommen nebensächliche) Karte der von Halb-Orks bevölkerten Stadt Palishchuk. Die 375 Seiten Text sind ausnahmslos gut gefüllt, was durch einen fast augenfeindlich gewählten kleinen Schrifttyp und einen sehr knapp bemessenen Seitenrand erreicht wird. Dies hat – leider – zur Folge, dass man, wenn man die zur Buchmitte hin liegenden Worte lesen möchte, das Buch sehr weit aufzuklappen hat. Dies wiederum führt unweigerlich dazu, dass die nur sehr dünne Leimung bisweilen reißt und der Buchrücken unschöne Falten bekommt, was sich dann im Bücherregal negativ auswirkt. Aber da dies ein bekanntes Problem der WotC-Paperbacks ist, wird nur ein geringer Punkteabzug deswegen vonnöten sein, Schrifttyp, Größe und Layout werden jedoch einen leicht negativen Ausschlag auf die Gesamtnote haben.
Zum Inhalt (Vorsicht Spoilergefahr) Inhaltlich gegliedert in drei Teile schließt der Roman nahtlos an die Geschehnisse in „Promise of the Witch King“ an. In Teil 1 ist das Zhengyische Konstrukt besiegt, Jarlaxle in Besitz eines Kontrollgegenstands über einen schwarzen Dracolich und er und Artemis sind die Helden des Tages. Dies führt sogar so weit, dass die beiden offiziell von König Gareth Dragonsbane von Damara geehrt werden sollen, Artemis soll sogar zum „Apprentice Knight of the Order“ geschlagen werden. Die Nebenfiguren aus dem Vorgängerteil werden auch im ersten Teil dieses Romans wieder eingebracht. So erfahren wir, dass sich Artemis entgegen seiner sonstigen professionellen Gefühlskälte plötzlich zu Caliyhe hingezogen fühlt, ja, sie vielleicht sogar liebt. Er ist sich im Klaren darüber, dass eine magische Flöte, die ihm Jarlaxle zugesteckt hat, diese Gefühle noch verstärkt, lässt es aber dennoch zu. Jarlaxle verhandelt fröhlich weiter mit den beiden Drachenschwestern Ilnezhara und Tazmikella, wobei er die Verhandlungen auch gerne ins Schlafgemach Ilnezharas verlagert. Auch Athrogate, der nervige, aber kampfstarke Zwerg, ist wieder mit von der Partie.
Der erste Teil des Buches ist im Wesentlichen von politischen Wirren geprägt oder besser ausgedrückt: Wie mache ich mir in kürzester Zeit möglichst viele Feinde. Als Machtgruppen hinter den handelnden Personen erleben wir die Agenten der „Citadel of Assassins“, die versuchen, Artemis in ihre Dienste zu pressen, was dieser natürlich in einem geschickten Manöver zu verhindern weiß. Jarlaxle hingegen sucht nach Möglichkeiten, seine Drow-Söldnerkompanie und deren Interims-Anführer, den Psioniker Kimmuriel, als Machtgruppe in den Bloodstone Lands zu etablieren. König Gareth Dragonsbane hingegen versucht, durch seine (sehr mächtigen) Freunde herauszufinden, was Artemis und Jarlaxle vorhaben. Insbesondere der Grandmaster Monk Kane und sein „Spysong“-Netzwerk machen nun auch Jagd auf die beiden. Am Ende des ersten Teils haben es Artemis und Entreri geschafft, nahezu alle Mächtigen der Bloodstone Lands gegen sich aufzubringen und fliehen in den Norden nach Vaasa.
Teil zwei handelt dann davon, wie Jarlaxle das Zhengyische Konstrukt, eine alte Burg des bösen Witch Kings nördlich von Palishchuk, in Besitz nimmt und daraus Castle D’Aerthe macht und Artemis zum ersten König von D’Aerthe ausruft. Dies ruft natürlich König Gareth und seine Freunde auf den Plan, die Armee wird zusammengetrommelt und gen Norden gezogen. Zwischenzeitlich hat Jarlaxle, der insgeheim auf eine friedliche Koexistenz hofft, durch Portale Bregan D’aerthe herbeigeordert und eine „Armee“ aus Kobold- und Goblinsklaven aufgestellt. Er merkt schnell, dass er gegen Gareth nicht ankommen wird, schickt die Sklaven voraus und nutzt die entstehende Verwirrung, um angetrieben von Artemis, dem das Spiel allmählich zu bunt wird, zu fliehen. Artemis hingegen resigniert und fühlt sich als Spielball Jarlaxles und möchte den Drow nur loswerden, auch wenn dies eventuell Gefangenschaft bedeutet. Gareths Freunde dringen in die Burg ein und ein Waldläufer, der Artemis (zu Unrecht) für den Tod seines Ziehsohns verantwortlich macht, verwickelt diesen in einen knappen Kampf auf Leben und Tod. Als Artemis diesen Kampf fast siegreich beendet hat, findet ihn Kane und macht ihn durch eine Quivering-Palm-Attacke kampfunfähig. In Gefangenschaft hält Artemis jedoch Gareth den sprichwörtlichen Spiegel vors Gesicht und Jarlaxle entpuppt sich als Retter in der Not, indem er Gareth ein Angebot macht, was dieser nicht ablehnen kann. Gareth verbannt Jarlaxle, Entreri und den ebenfalls durch den Drow befreiten Athrogate des Landes. Kurz vor dem Verlassen Damaras erfährt Artemis Entreri jedoch einen Verrat, der ihm das kalte Herz zerreißt und sein altes, zynisches Selbst wieder aufleben lässt.
An dieser Stelle hätte ein guter Roman enden müssen, leider hat Bob Salvatore in Teil 3 nichts Besseres zu tun, als Entreri, Jarlaxle und Athrogate nach Memnon zu schicken, wo Entreri auf den Spuren seiner Kindheit wandeln soll. Hier haben die verkommenen und korrupten Selúne-Priester das Sagen und Artemis stürzt sich in eine Reise in die eigene Vergangenheit, die ernsthafte Konsequenzen haben kann, und die drei seltsamen Gefährten befinden sich am Scheideweg.
Fazit: Dieses Buch lege ich etwas zwiegespalten zur Seite. Ich hatte wirklich viel Spaß in den ersten beiden Teilen des Romans, als Jarlaxle mit seinen Intrigen und wahnwitzigen Plänen die Bloodstone Lands fast ins komplette Chaos stürzte. Der dritte Teil jedoch wirkt überhastet geschrieben und passt gar nicht so zum Rest des Romans, es sei denn, man wolle ihn als Selbstfindungsroman Artemis Entreris begreifen, aber dafür hätte er meines Erachtens zuviel Rahmenhandlung zu bieten. Dennoch machen die ersten beiden Teile, die mit 276 Seiten nahezu ¾ des Romans ausmachen, unglaublich Spaß.
Zugutehalten muss man Salvatore, dass er sich mit Kampfbeschreibungen (die eigentlich ja gerade zu seinen Stärken zählen) ziemlich zurücknimmt und die Charaktere in den Vordergrund treten lässt. Bis auf wenige Ausnahmen, die einfach nur nerven (Der permanent reimende, dauerbetrunkene und cerebral geforderte Zwerg Athrogate z. B.), sind nahezu alle Charaktere plastisch geschildert und machen teilweise auch eine gut nachvollziehbare und vielschichtige Entwicklung durch. Auch glaubhafte Charaktere böser Gesinnung als Protagonisten zu haben, ist eine willkommene Abwechslung, zumal Salvatore zu erklären versucht, warum jemand „böse“ wird und wie er sich weiterentwickeln kann.
Ebenfalls positiv ist es, mal auf Bob Salvatores Spieltisch schielen zu dürfen. Hat doch Bob Salvatore selbst das Regionalsourcebook zu den Bloodstone Lands geschrieben. Außerdem kann man die direkten Nachwirkungen der H-Serie an Modulen für AD&D (Bloodstone Quartet) spüren und erahnt daher, dass Gareth und Konsorten sich wohl im High-Level-Bereich befinden dürften.
Negativ fallen hingegen die einleitenden „Briefe“ von „Jedermanns Lieblings-Drow“ vor jedem der drei Teile des Romans auf. Diese moralisierenden Aufsätze nerven mich ungemein, aber offensichtlich lassen sich Bücher mit einem noch so kleinen Drizzt-Anteil eben besser vermarkten …
Weiterhin negativ empfinde ich auch Jarlaxles unerschöpflichen Magic-Item-Vorrat. Mit diesem Charakter hat R. A. Salvatore jederzeit eine Deus-ex-Machina-Lösung parat. Ich meine, die magische Augenklappe, der Hut und die Stiefel sind ja noch irgendwie stilvoll und unterstützen Jarlaxles „Mantel und Degen“-Attitüde. Dass er jetzt aber immer den passenden Zauberstab, entsprechende Tränke und einen unendlichen Geldvorrat hat, finde ich etwas übertrieben, zumal er mit einem Gegenstand (ein tragbares Loch) am Ende des ersten Teils einen echten „Cartoon-Moment“ hat, der eher zu Tom und Jerry oder auch Roadrunner und Coyote Carl gepasst hätte als in die Realms …
Dennoch ist das Buch trotz der deutlichen Abstriche wegen Layout, Teil 3 und den weiteren o. g. Kritikpunkten ein vergnüglicher Zeitvertreib mit interessanten Charakteren und einer Prise Tricks und Intrige. Ohne Teil 3 des Romans wäre die Wertung sicherlich nahe an der 4.0 gewesen, so sehe ich mich aber gezwungen, gute 3.6 Punkte zu geben!
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