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Reiche des Chaos
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 06.09.2007
Autor:Robert J. Schwalb und andere
Übersetzer:Alexander von Peschke-Pigulla und Oliver Hofmann
Typ:Quellenband
System:Warhammer Fantasy-Rollenspiel
Setting:Warhammer
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3-86762-003-1
Inhalt:320 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

„Die Welt stirbt. Eine schwere Krankheit hat sie befallen, verbreitet sich mit dem Wind und im Wasser und verschmutzt das ganze Land. Was sie berührt, wird verdorben, mutiert, missgebildet und bleibt verändert und von Bosheit wahnsinnig geworden zurück. Die Krankheit heißt Chaos – der Schatten, der über der Alten Welt und den Ländern jenseits ihrer Grenzen hängt. Es ist die schreckliche Bedrohung aus dem Norden, die im Geiste der Menschen, Zwerge und Elfe allgegenwärtig ist“.

 

Der Klappentext lässt einem gestandenen WFR-Spieler erstmal das Herz ein wenig schneller schlagen, scheint es doch nach zwei Jahrzehnten endlich gelungen zu sein, einen kompletten Quellenband über die Mächte des Bösen in der Alten Welt zu konzipieren.

 

Mit diesem umfangreichen Band von 320 Seiten des Autors Robert J. Schwalb veröffentlich der Mannheimer Verlag „Feder und Schwert“ den ultimativen Quellenband für die Mächte der Finsternis und der Verdammnis. Robert J. Schwalb arbeitet als Designer und Entwickler seit vielen Jahren für “Green Ronin Publishing“, zum Teil aber auch freiberuflich als „Freelance Designer“ für zahlreiche andere Rollenspielhersteller. Er behauptet von sich, sein Stil sei dunkel, anstößig und mutig, und konzentriere sich auf das Groteske und Entsetzliche. Man darf also bei diesen Äußerungen sicherlich einiges von dem vorliegenden Quellenband erwarten. Zumindest scheint Schwalb, nicht zuletzt ein Veteran im Bereich der Warhammer-Welt, den richtigen Ton zu treffen, der die dunkle und zum Teil auch überaus brutale Welt von Warhammer ausmacht. Die deutsche Übersetzung ist leider manchmal etwas holprig ausgefallen und nimmt viel von dem Sprachwitz und der Stimmung des englischen Originals. Unter Umständen könnte dies an der schieren Masse von Text liegen, deren Übersetzung sich diesmal Alexander von Peschke-Pigulla und Oliver Hofmann geteilt haben.

 

Sämtliche Geheimnisse des Chaos sollen nunmehr enthüllt und in üppigem Detailreichtum geschildert werden, wobei auch der Preis von 39,95 EUR als durchwachsen bezeichnet werden kann. Man muss hier allerdings auch den Umfang der deutschen Übersetzung mit der englischen Original-Ausgabe vergleichen, die mit 256 Seiten und einem überaus erschreckend kleinen Schriftbild aufwartet - nicht sonderlich geeignet um bei Kerzenlicht schnell mal einige Zaubersprüche, Kreaturen oder anderes Unheil nachzuschlagen. Insofern werden sich hier vielleicht die Druckkosten ausgewirkt haben?

 

Die Aufmachung und die Illustrationen des Quellenbandes sind in gewohnt guter Qualität und durchgehend farbig, doch erscheinen sie mir unter Bezug auf ihren Inhalt im Vergleich zu den bisherigen Publikationen leidlich zu bunt und viele der zum Teil sehr gut gestalteten Illustrationen sind mir einfach zu nett. Ich hatte bei manchen Bildern eher das Gefühl, mich in einem billigen Bonbonladen zu befinden, der gerade explodiert, als das mich das dunkle Gefühl des unsagbar Bösen beim Betrachten einiger Abbildungen beschlichen hätte. Aber das ist letztlich Geschmackssache – immerhin bleibt Feder&Schwert der bisherigen Produktlinie im Layout und der Qualität treu.

 

Das Buch gliedert sich in insgesamt vier Teile mit insgesamt 19 Kapiteln, in denen von den zahllosen Abarten von Mutanten und Chaosgezücht über die Tiermenschen, die die unerforschten Tiefen des Schatten- und des Drakenwaldes unsicher machen, bis hin zu den schrecklichen Dämonen, die unsere Träume gebären, alle Aspekte behandelt werden, die das Chaos in der Alten Welt für mutige Charaktere bereithält. Die Zusammenstellung der Kapitel ist etwas verwirrend, doch wenn man sieht, wie viele unterschiedliche Aspekte und Formen des Chaos in nur einem Quellenband erklärt werden sollen, dürfte dies durchaus verständlich sein. Folgend möchte ich mich auf einige überaus lesenswerte und meines Erachtens nach interessante Abschnitte des Quellenbandes eingehen, da die Fülle von Material, die angeboten wird, den Rahmen dieser Rezension sprengen würde.

 

Zu Beginn erfährt der Leser zunächst einiges über den Verfasser und den Inhalt der umfangreichen Schriften, die Aufschluss über die „Reiche des Chaos“ geben sollen. Der Mörder des Verfassers – vermutlich ein Dämon oder eine ähnlich mächtige Kreatur - macht sich die Mühe, sich während dessen Todeskampf in hämischer Weise über die Richtigkeit der Aussagen des Materials zu beklagen und bringt dies zu Papier. Die Bemühungen, ein umfassendes Werk über das Chaos in der Alten Welt zu verfassen, werden hierbei nur müde belächelt und der Autor in seinem Todeskampf weiter gequält. Insgesamt ein recht interessanter und lesenswerter Einstieg, wobei sich die Idee, die eigentlich als Handlungsfaden hätte weitergeführt werden können, bedauerlicherweise im weiteren Verlauf des Quellenbandes ziemlich verliert.

 

Der erste Teil befasst sich zunächst eingehend mit dem ersten Erscheinen des Chaos in der Alten Welt, den beständigen Kämpfen, den Friedensjahren bis hin zum Auftauchen Archaons und seiner Truppen in der Gegenwart. Man bekommt einen guten Überblick über die Geschichte der Alten Welt in Bezug auf den ewig währenden Kampf gegen das allgegenwärtige Chaos nebst seinen Ausmaßen der Verschmutzung in der Alten Welt bis in die Chaoswüste im hohen Norden und aktuelle Entwicklung im Imperium.

 

Die Verlorenen und Verdammten des Chaos – die Mutanten – nehmen einen besonderen Platz ein. Sind sie doch letztlich überall in der Alten Welt anzutreffen, ob nun brennend auf dem Scheiterhaufen oder versteckt im Untergrund, damit beschäftigt einfach nur zu überleben. Ergänzt wird diese Schilderung durch den Katalog des Wandels, der dem Leser mit annähernd 200 verschiedenen Arten von Mutationen eine große Bandbreite von Möglichkeiten bietet, die Auswirkungen des Chaos mit „Leben“ zu füllen. Betroffene Charaktere finden nunmehr auch Hilfe, da die Amputation von betroffenen Körperteilen ausführlich behandelt wird. Einige Ergänzungen zu den vorhandenen Regeln wie zum Beispiel Seuchen, Besessenheit oder die Auswirkungen der „Fäulnis des Nurgle“ kommen nicht zu kurz.

 

Natürlich kommt auch ein Blick auch Chaoskulte nicht zu kurz, die überall im Verborgenen anzutreffen sind. Man erfährt einiges über Aufbau, Handeln und die Vorgehensweise der Anhänger dunkler Götter. Einige Kulte des Imperiums werden besonders ausführlich behandelt, wie z.B. der Kult des Karmesinroten Schädels, der Kriegerbruderschaften infiltriert um diese zu ahnungslosen Anhängern des Chaosgottes Khorne zu machen. Besonders schön, wenn auch recht klein - der Floorplan eines Kulttempels nebst Erläuterungen. So etwas kann man immer gebrauchen!

 

Die Objekte des Chaos schließen den ersten Teil ab. Neben Ikonen, Reliquien und Zauberbüchern erfährt der Leser einiges über den Wahnsinn und die Gefährdung, die von solchen Artefakten ausgehen können. Aber auch illegale Substanzen und eine ganze Reihe von Beispielen kommen nicht zu kurz. Dieses Kapitel ist nicht unbedingt glanzvoll in seinen Ausführungen, aber vielleicht eine nette Idee für manchen Spielleiter, der seinen Charakteren mal mit etwas „anderem“ das Leben schwer machen möchte.

 

Im zweiten Teil erfährt der Leser einiges über die Orte des Chaos, sei es das Leben in der Wildnis, in Festungen und Burgen, aber auch über zerfallene Siedlungen und verlorene Dörfer als vom Chaos verseuchte Ortschaften. Die Tiermenschen werden im Kapitel „Chaosbestien“ nunmehr dem geneigten Leser einer ausführlichen Beschreibung zugeführt. Tauchten sie bislang in Abenteuern einfach nur als „Gegner“ ohne sonderlichen Hintergrund geschweige Beweggrund auf, so verbirgt sich doch einiges mehr hinter der vermeintlich chaotischen Fassade dieser Bestien. So erfährt man einiges über die Ursprünge, die eng mit den ältesten Ahnen der Menschheit zusammenhängen. Die bisherigen Ausführungen im „Bestiarium der Alten Welt“ werden durch die Darstellung der verschiedenen Typen von Tiermenschen ergänzt. Seien es nun Gors, Bovigors, Caprigors oder aber mindere Tiermenschen wie Ungors oder Unhors. Einige Tabellen mit entsprechenden Werten und weitere Übersichten runden diesen Teil inhaltlich ab.

 

In der Menagerie des Bösen werden die bisherigen, im „Bestiarium der Alten Welt“ aufgeführten, Wesen ergänzt und einige neue Talente wie z.B. „Eiserner Wille“, „Unaufhaltsame Schläge“ oder „Schuppen“ eingeführt. Neben Basilisk, Chimäre, Chaosdrache und Drachenoger werden etliche neue Kreaturen vorgestellt, deren Ursprung mit der Wirkung des Chaos in Zusammenhang steht. Neben den Profilen der Kreaturen und deren gelungener Darstellung, erhält der Spielleiter wahrlich einen kleinen Streichelzoo, mit dem man seine Spieler getrost bei Laune halten kann!

 

Die „Verteidiger des Imperiums“ kommen im gleichnamigen Kapitel ebenfalls zu Wort. Neben weit verbreiteten Ansichten erfährt der Leser einige interessante Hintergrundinformationen über Hexenjäger sowie andere Feinde des Chaos. Diese werden in der „Bruderschaft des Mantels“ oder aber auch in der Abhandlung über die Ritter des „Pantherordens“ eingehend beschrieben. Weiterhin gibt es noch einige Ergänzungen des Regelwerks mit den nunmehr spielbaren Karrieren für diesen Bereich.

 

Der dritte Teil startet mit einer Beschreibung der Chaoswüste und der dort anzutreffenden unwirtlichen und von Bösem zersetzten Landschaft. Das Terrain der Chaoswüste ist manchmal widersprüchlich und absonderlich. Auch wenn sie im hohen Norden liegt, wo Schnee und eisige Winde herrschen, verändert der Fluch des Chaos manchmal das Land und bringt Orte zum Vorschein, die es unter normalen Umständen nicht geben dürfte. Aber auch die Ausprägungen von so genannten „Wandelstürmen“ mit ihren bizarren und zum Teil verheerenden Auswirkungen auf die Charaktere werden eingehend beschrieben.

 

Einen bislang viel zur kurz gekommenen Aspekt in der Alten Welt bildet die Beschreibung von Norsca mit seiner Landschaft und Bewohnern. Viele Bewohner der Alten Welt halten Norsca nach wie vor für das Dach der Welt, die Geburtstätte alles Bösen und das Herz des Chaos. Für andere ist es das Grenzgebiet zwischen den zivilisierten Landen, der Chaoswüste und dem Wahnsinn, der jenseits der Wüste lauert. In dem Kapitel über Norsca erhält man einen tiefen Einblick in die Welt der Nordmänner, verschiedene neue Norse-Karrieren mit zahlreichen Anregungen für Charaktere sowie einige mögliche Kampagnen in den nördlichen Gefilden. Für mich persönlich eine der besten Passagen in diesem Quellenband, auch wenn mir die Nordmänner niemals wie potentielle Anhänger von leicht abgewandelten Chaosgottheiten vorkamen, die ebenfalls eingehend erläutert werden.

 

Doch nicht nur die Nordmänner, sondern auch andere Horden des Chaos werden beleuchtet. Seien es die wilden Horden der Kurgan oder die kriegerischen und vom Chaos verseuchten Hung. Die Chaoszwerge und Dunkelelfen kommen leider zu kurz und nur sehr wenig ist über diese beiden Gruppierungen zu erfahren. Schade - da hätte man sich doch etwas mehr Inhalt gewünscht.

 

Ein gänzlich eigenes Kapitel wird den „Sklaven der Finsternis“ gewidmet. In diesem erfährt man alles über die Champions des Chaos, Chaoszauber sowie die dunklen Gaben der Götter für ihre Anhänger. Das Kapitel bietet einen vollständigen Überblick über die neue Karriere des Chaoskriegers mit seinen Hintergründen und Aufstiegsmöglichkeiten in den Horden des Chaos. Aber auch die Karrieren Chaoszauberer, wie z.B. Frevler, Seelenschinder oder Fluchweber, dürften nicht minder interessant sein. Dieses Kapitel sollte aber wohl nur bei der Schaffung von NSC zum Einsatz kommen, handelt es sich doch nicht zuletzt um vollkommen „unspielbare“ Charaktere, die mit ihren dunklen Gaben wohl eher am Rande des Wahnsinns stehen und zum Teil jegliche Menschlichkeit im Kampf für ihren Gott verloren haben. Also - Vorsicht!

 

Waren die Objekte des Chaos bereits gefährlich, so kommen in der Rüstkammer des Chaos noch weitaus schlimmere und blasphemischere Gegenstände zum Vorschein. Neben Rüstungen und Waffen findet der Spielleiter alles für die entsprechende Ausstattung von Kultisten, Chaoskriegern und anderem üblen Gezücht. Zahlreiche Tabellen und Übersichten erleichtern den möglichen späteren Einsatz im Spiel und verschaffen einen schnellen Überblick.

 

Im vierten Teil und damit seltsamerweise ziemlich am Schluss, werden die „Mächte der Verderbnis“, sprich die Götter des Chaos, eingehend dargestellt. Einiges dürfte aus den bisherigen Warhammer-Publikationen über Khorne, Nurgle, Tzeentch und Slaanesh schon bekannt sein, doch gelingt es Schwalb auch einige neue Blickwinkel auf das Handeln und Verhalten der Götter zu lenken. Neben den Symbolen und den Geboten der Gottheiten erfährt man einiges über den Gemütszustand der Anhänger und Diener dieser Götter. Unter Umständen eine wohlige Inspiration für die oftmals leidliche gestörte Geisteswelt von Kultisten und anderen Anhängern des Chaos, die den Charakteren unterkommen.

 

Mit „Jenseits der Chaoswüste“ werden die Aspekte von Zeit und Raum und deren überraschendes Zusammenwirken mit dem Chaos beschrieben. Ebenso folgen an dieser Stelle noch die Beschreibung einige wichtige Orte in der Chaoswüste wie der Marschenfeste, die Slaanesh geweiht ist und sich als schwarzer, in den Himmel und die Wolken ragender Turm, dessen Mörtel aus den zermahlenen Knochen der toten Lakaien besteht, oder die Bastionstreppe Khornes, die als Eingang in seine Domäne dient.

 

Ein Kapitel über Chaoszauberei mit zahlreichen Arten geringfügiger Magie, weitere Zauber der minderen Magie und einige neue Lehren, die die Dunkle Lehre des Chaos aus dem WFRSP ergänzen oder zum Teil ersetzen, werden ebenfalls umfangreich vorgestellt. Gut gestaltete Übersichten der einzelnen Zauber der Gottheit runden auch dieses Kapitel wieder einmal ab.

 

Die „Wahrheit über Dämonen“ erfährt der Leser im Kapitel der „Legionen des Chaos“. Die Dämonen der jeweiligen Gottheit werden inklusive Profil und Beschreibung vorgestellt und können somit problemlos bei Bedarf ins Spiel integriert werden. Wem das immer noch nicht reichen sollte, der findet eine komplette Übersicht zur Erschaffung eigener Dämonen, nebst einer Darstellung der „Meister des Chaos“. Der Einsatz dieser Meister dürfte aber wohl für die meisten heroischen Runden entfallen, würden diese doch dann ein schnelles Ende finden. Dennoch könnte sich ein Blick des Spielleiters in dieses Kapitel lohnen. Möchte man vielleicht die abendlichen Erzählungen des einäugigen Bettlers über den Sturm des Chaos in einer Schenke ein wenig mehr Stil und Tiefgang verleihen.

 

Ein Anhang, der sich mit dem Wesen des Chaos beschäftigt, sowie den weiteren Auswirkungen von Tzeentchs Fluch in WFRSP-Kampagnen, in denen Magie und Zauberei eine große Rolle spielen und bei denen einiges schief gehen kann, schließen den großen Rundgang durch das Panoptikum der Reiche des Chaos.

 

Fazit:

Sowohl Spielleiter als auch Spieler erhalten mit dem vorliegenden Quellenband eine enorme Fülle an Informationen und Hintergrundmaterial, die für etliche Kampagnen reichen dürfte. Nicht zuletzt bleiben einige Fragen zu den Reichen des Chaos und seinen Vertretern offen, die nur der gewiefte Spielleiter beantworten kann. Einige der geschilderten Aspekte, wie zum Beispiel das Entwicklungsschema des Chaos-Kriegers, sollten allerdings nicht zu ernst genommen werden. Wer beabsichtigt schon mit einem vollkommen dem Chaos zugeneigten Charakter in einer Gruppe mit noch wüsteren Vertretern, noch ein spielbares Szenario hinzubekommen. Dennoch - vieles ist sehr lesenswert und inspiriert zu eigenen Ideen. Die allerdings bei den einzelnen Kapiteln im Quellenband immer wieder auftauchenden „Abenteuerideen“ sollte man zum großen Teil getrost außer Acht lassen, da man beim Lesen von alleine sicher auf bessere Einfälle kommt.

 

Mich persönlich hat ein wenig der chaotische Aufbau des Quellenbandes gestört, in dem sachlich zusammenhängende Aspekte scheinbar willkürlich an unterschiedlichen Stellen versteckt zu sein scheinen. Vielleicht ist der Name des Quellenbandes aber auch Programm gewesen... Selbst wenn man diesen vor dem Hintergrund des vorliegenden Bandes als eine Sammlung unterschiedlicher Berichte und Überlieferungen eines schreibwütigen Scholaren ansieht, so hat man als Spielleiter nicht unbedingt seine Freude beim vielen Blättern. Als hilfreich hat sich hier der Index erwiesen, der zumindest ein wenig bei der Suche unterstützt.

 

Immer wieder gelungen sind die Aussagen der unterschiedlichsten Personen, die einleitend bei den einzelnen Kapiteln zu Wort kommen. So sind es bei der "Allgemeinen Sichtweise" nicht nur die einfachen Gemüter und normalen Personen der Alten Welt, die zu Worte kommen und ihre eigene Meinung oder Vorstellung zu bestimmten Themen äußern, sondern auch Tiermenschen, Chaoskrieger, Kultisten und Hexenjäger. Diese Aussagen können somit problemlos vom Spielleiter als Informationen an die Spieler weitergegeben werden. Natürlich sind diese Aussagen vom Spieler mit Vorsicht zu genießen, da dieser nie weiß, ob sein Gegenüber wirklich Ahnung von der Sache hat oder einfach nur dreist ist und dumm daher redet. Etwas sinnvoller für die Charaktere gestalten sich da schon die Kommentare "Aus der Sicht des Gelehrten", die zwar auch nicht immer stimmen müssen, aber aus deutlich berufenerem Munde kommen und wesentlich fachmännischer klingen.

 

Das im Quellenband enthaltene Hintergrundmaterial sollte, wenn überhaupt, nur sehr behutsam in einem Abenteuer oder einer Kampagne eingesetzt werden, da die Mächtigkeit des Chaos in manchen Formen die Charaktere einfach überfordern und ein vernünftiges Spiel unmöglich machen dürfte. Die immer wieder auftauchende Idee, eine Runde mit einer Gruppe zu spielen, die ausschließlich aus Chaos-Kreaturen oder ähnlichen Protagonisten besteht, halte ich - wie schon des Öfteren erwähnt - für schlichtweg unmöglich. Welcher Spielleiter sollte schon Interesse daran haben, Charaktere auf der Suche nach ihren nächsten Opfern für blasphemische Rituale oder schlimmeres suchen zu lassen oder sich in die psychischen Abgründe eines Kultisten hinein zu versetzen, der ja eigentlich nur „böses“ im Sinn haben kann?

 

Wenn auch etwas teuer, ist für mich „Reiche des Chaos“ eine wahre Fundgrube an Ideen und Anregungen, da es Robert J. Schwalb gelingt der Grundidee von Warhammer zu folgen und die lange Tradition der ersten Edition mit einem Augenzwinkern fortzuschreiben: Eine düstere, dreckige Welt voller gefährlicher Abenteuer - zwar nicht immer so dunkel, anstößig und mutig wie der Autor es angedroht hat, aber dennoch insgesamt: Kaufempfehlung!