Oriental AdventuresMit der 3. Edition des D&D Spiels steht auch eine Neuauflage eines alten Bekannten auf der Liste. Oriental Adventures, das Buch, das sich traditionsgemäß mit den Kulturen ostasiatischer Herkunft auseinandersetzt, ist Gegenstand dieser Rezension.
Mit der Neuauflage ändert sich neben den Regeln vor allem eines, nämlich die Hintergrundwelt. Nicht ein bekannter D&D Hintergrund wie Kara-Tur auf Toril, sondern Rokugan, die Hintergrundwelt von Legend of the Five Rings, ist das gewählte Beispiel einer orientalischen Kultur. Woran man nach ein paar Seiten wiederum eins erkennt: Erneut geht es in diesem Buch, wie seit Erscheinen der 3E immer wieder von den Machern erwähnt, um Wahlmöglichkeiten. Rokugan ist zwar Beispielwelt, aber alle Optionen sind einfach für jede andere Kampagne, die Vergessenen Reiche oder Greyhawk eingeschlossen, adaptierbar. So bleibt das Buch, das sich nicht als Kampagnensetting sondern als Regelergänzung, versteht, auch für nicht Rokugan-Kundige interessant.
So lebt das Buch trotz -oder gerade aufgrund- des den D&D Regeln neuen Settings, von seiner schier gewaltigen Vielfalt an Möglichkeiten, die den Leser eingangs nahezu erschlagen, was angesichts von einer Stärke von 256 Seiten im Hardcovereinband nicht verwunderlich ist. Das Buch ist durchgehend vollfarbig illustriert, und die Aufmachung ist sehr ansprechend, obwohl dies jeder Leser in diesem Punkt natürlich an seinen persönlichen Ansprüchen messen muss. Lediglich der Font der Überschriften hätte ein wenig klarer gestaltet sein können. Zwar ist er lesbar, und fängt den Flair des Settings sehr gut ein, jedoch dauert es, bis das Auge sich daran gewöhnt hat, und er ist nicht immer klar. Ein angesichts des Inhaltes sehr gut verschmerzbarer Schönheitsfehler:
Das erste Kapitel des Buches startet mit der Beschreibung der Völker. Zu den alten Bekannten aus dem Player's Handbook, gesellen sich einige Neue: Hengeyokai, eine Rasser gestaltwandlender Tiere, und Korobokuru, ein Volk von Zwergmenschen, teilen sich die ersten Seiten mit Nezumi, Rattenwesen aus dem Rokugan Hintergrund, sowie dem Spirit Folk, Menschen mit Vorfahren in der Welt der Naturgeister und den Vanara, einem neugierigen Folk von affenähnlichen Wesen. Neben diesen Völkern finden die Völker des Spielerhandbuchs noch kurz Erläuterung bezüglich ihrer Einbindung in eine Kampagne in Rokugan oder einer "östlichen" Kampagne, und Menschen bekommen je nach Klanszugehörigkeit (in Rokugan, aber auch sonst nutzbar), eine bevorzugte Klasse und eine weitere Klassenfertigkeit zugewiesen. Alles in allem ist die Sektion genau so gelungen wie im Spielerhandbuch, und lässt keine Wünsche offen, auch die neuen Völker scheinen sich gut in das Kraftverhältnis der bestehenden Wahlmöglichkeiten einzugliedern.
Weiter geht es mit der Beschreibung der Klassen. Neu sind Samurai, ein Kämpfer, der aber mit zunehmender Macht seinem Daisho (dem Schwerterpaar Katana und Wakizashi), Kraft seiner Vorfahren magische Kräfte verleihen kann, und der Schamane, eine Art Kleriker der auf die Naturgeister zurückgreift, dem Shugenja, einem Rokugan-eigenen Zauberwirkerverschnitt, der göttliche Zauber basierend auf Charisma wirkt. Zu diesen gesellen sich der Sohei, ein bewaffneter, religiöser Soldat, der eine Art Kampfrausch eintreten kann, und sich als Mischung aus Kämpfer und Mönch offenbart, und schließlich der Wu Jen, ein orientalischer Magier, der ein paar ungewöhnliche Talente entwickelt. Alle scheinen ausgewogen und mit den Grundregeln vereinbar. Für die alten Klassen gibt es jeweils einen erklärenden Paragraphen, sofern sie in einer orientalischen Kampagne vertreten sind. Nur Barden, Kleriker, Druiden, Paladine und Magier gibt es per Definition nicht in Rokugan (und anderen orientalischen Kampagnen, wobei aber letztlich der Spielleiter das Sagen hat). Besonders zu erwähnen wären einige Veränderungen des Mönchs, der nun eine geringfügig erweiterte Waffenliste hat (die aber kräftemäßig mit den bereits erlaubten auf einer Stufe sind). Außerdem gibt es mehr Waffen, mit denen er seinen "Unarmed Base Attack Bonus" verwenden kann, und er kann einige Talente die er im Spielerhandbuch bekommt, gegen andere eintauschen.
Das nächste Kapitel widmet sich Prestige Klassen. Hier bekommt auch der Mönch endlich, was ihm gebührt, nämlich drei Klassen, die seine Fähigkeiten aufnehmen und fortführen. Aber auch so ungewöhnliche Klassen wie der "Void Disciple", oder "Bear Warrior" sind hier anzutreffen. Und ein alter Bekannter aus Sword&Fist: Der Weapon Master hat unter dem Namen Kensei seinen Weg in den Orient gefunden. Alles in allem ist auch dieses Kapitel sehr gelungen, ausführlich und mit den bestehenden Regeln im Einklang. Vor allem machen die Klassen keinen zu mächtigen Eindruck, wie bisher schon des öfteren geschehen.
Das folgende Kapitel widmet sich den Fertigkeiten und Talenten. Neben neuen Gebrauchsweisen für alte Fertigkeiten, und neuen Sprachen, findet sich eine gänzlich neue Fertigkeit: Iaijutsu Focus. Diese dient dem Samurai im Schwertkampf, und lässt ihn, durch das Resultat der Würfelprobe bedingt, Extraschaden verursachen, wenn er einen Gegner auf dem Falschen Fuß erwischt, und in der selben Runde sein Katana gezogen hat. Sie ist allerdings lange nicht so mächtig, wie sie auf den ersten Blick erscheint, und dient mehr dem Flair als einem tatsächlichen Vorteil, da sie auch in Samuraiduellen ein Rolle spielt. Im weiteren folgt die Beschreibung der neuen Talente, und es sind VIELE. Einige alte Bekannte aus dem Sword&Fist und aus dem Vergessene Reiche Kampagnensetting feiern ein Wiedersehen, aber es ist keine Handvoll an der Zahl und somit hat man auch nicht das Gefühl, sein Geld wirklich noch einmal für das selbe Material auszugeben (was man wirklich nicht tut, denn die Überschneidungen mit bereits erschienenem Material sind durchweg minimal). Vor allem Mönche dürften von den neuen Möglichkeiten profitieren, da sie in einer OA Kampagne wie bereits erwähnt einige ihrer Klassenfertigkeiten gegen Talente tauschen können. Trotzdem hat man nie den Eindruck, dass etwas unbalanciert sein könnte.
Das nächste Kapitel befasst sich mit Charakterbeschreibung und Ausrüstung und ist ebenso gelungen wie das vorhergehende. Es ist dem Gegenstück im Spielerhandbuch sehr ähnlich, gibt aber Statistiken für ungewöhnliche Waffen und Rüstungen, die Freunde orientalischer Kampagnen bislang vermisst haben mögen.
Kurz abgehandelt wird in einem separaten, 4 Seiten umfassenden Kapitel, im Anschluss das Thema Kampf, wobei die Ergänzungen zum Spielerhandbuch allerdings tatsächlich nur aus 2 Dingen bestehen: Martial Arts und Iaijutsu Duels, Duellen zwischen zwei Samurai. Kurz, aber ausreichend informativ. Mönche können nun einen bestimmten Kampfstil als Talent erlernen, nachdem sie ein lange Kette anderer Talente als Vorraussetzung erlernt haben. Ein jeder Kampfstil bringt dann einen anderen Vorteil, bspw. Erhöhter Schaden beim unbewaffneten Kampf, oder eine Ausweichbonus auf die Rüstungsklasse.
Das nun anstehende Kapitel ist erneut sehr umfangreich: Es dreht sich um Magie. Die Zauberlisten der einzelnen Klassen (einschließlich einiger -auch neuer- Domänen für Schamanen), sowie ein Arsenal neuer Zauber erwarten den Leser. Die meisten davon sind auch ohne Weiteres in einer normalen D&D Kampagne verwendbar, einige jedoch sehr speziell auf den Hintergrund eine OA Kampagne zugeschnitten. Für alle Klassen werden Zauberlisten gegeben, und alle Zauber scheinen mit denen aus anderen offiziellen Quellen gleichwertig zu sein, wobei allerdings erst die Zeit zeigen wird, ob dem wirklich so ist. Die Magie Rokugans unterscheidet sich von der Torils oder Oerths stark, und dadurch entsteht ein gänzlich anderes Flair, dass jedoch seinen ganz eigenen Charme hat. In einer von Rokugan verschiedenen orientalischen Kampagne kann man aber auch (fast) gewohnte Pfade beschreiten.
Direkt darauf folgend beschäftigt sich ein Kapitel mit magischen Gegenständen, ohne jedoch großartig Neues hervorzubringen. Die Auswahl ist nett, passend, und erweitert ein mittlerweile sehr großes Sortiment der 3rd Edition um ein weiteres Stück. Einige Verzauberungen sind sehr spezifisch, und auf den Orient bezogen, während andere durchaus generell verwendbar sind.
Das nächste Kapitel widmet sich Monstern. Einige alte Bekannte wie Tako oder Tasloi werden vorgestellt, aber auch sehr Rokugan-spezifische, die Oni, haben ihren Auftritt. Besonders sind in diesem Kapitel erneut die Illustrationen hervorzuheben, die durchweg erneut sehr hochwertig sind.
Anschließend beschäftigt sich ein kleiner Teil des Buchs mit der Erstellung einer eigenen orientalischen Kampagnenwelt. Dieser ist leider recht kurz gehalten (nur 6 Seiten), beinhaltet aber einige sehr nützliche Übersetzungen von Klassennamen (z.B. Mönch gleich Japanisch Budoka gleich chinesisch Seng gleich Indisch Muni...), und gibt auch Übersetzungen für Waffenbezeichnungen. Wer also das No-Dachi bislang vermisst hat, sollte wissen, dass es eigentlich nur ein japanischer Zweihänder ist.
Die letzten 2 Kapitel beschäftigen sich auf 50 Seiten mit der Hintergrundwelt Rokugan. Alle zum Spielen notwendige Informationen sind gegeben, und eigentlich kann man sofort anfangen. Die Welt von Legend of the Five Rings offenbart sich in diesem Zusammenhang als sehr spielerfreundlich, da der Kosmos doch weit simpler gestrickt ist, als bspw. Der Torils, und die Geschichte der Welt doch einen eindeutigen roten Faden aufweist. Insgesamt ist es ein sehr faszinierendes Setting, da sich trotz der Einfachheit immense Möglichkeiten auftun, und dem Leser enorm viele Ideen liefern.
Weiterer Vorteil: Dank der Einfachheit, lässt sich das Setting auch ohne weiteres in eine bestehende Welt aufnehmen, so dass man kaum etwas verändern muss, will man die Kultur Rokugans bspw. auf einem der unerforschten Kontinente Torils aufleben lassen.
Insgesamt kann man James Wyatt für ein rundherum gelungenes Buch nur ein großes Lob aussprechen. Sein Werk beinhaltet eine immense Anzahl von Wahlmöglichkeiten, und selbst jemand, der sich normalerweise nicht für orientalische Elemente begeistert, wird hier viel, viel Verwendbares Material finden. |
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