Links zur Rezension Storm DragonMit „Storm Dragon“ beginnt der Eberron-Designer James Wyatt seine Roman-Trilogie „Draconic Prophecies“. Der Held, Gaven, beginnt seine körperliche wie geistige Reise vom eingesperrten Wahnsinnigen zum Instrument der drakonischen Prophezeiung.
Aufmachung: „Storm Dragon“ liegt als Hardcover vor, eine Premiere für Eberron-Romane. Das Buch ist robust gebunden, wenn auch der Pappdeckel etwas dünn zu sein scheint. Die einzelnen Seiten sind nicht wie bei „The Orc King“ künstlich ausgefranst, so dass das Umblättern keine Probleme macht. Der Umschlag bietet eines der besten Beispiele für D&D-Artwork. Er hat nur mit der Handlung des Buches nicht viel zu tun.
Story (Vorsicht Spoiler!): “When the Eternal Day draws near, when its moon shines full in the night, and the day is at its brightest, the Time of the Dragon Above begins.“ „Showers of Light fall upon the City of the Dead, and the Storm Dragon emerges after twice thirteen years.“
26 Jahre lang saß der Halb-Elf Gaven, ehemals von Haus Lyrandar, in einer Zelle in Dreadhold, dem Hochsicherheitsgefängnis von Haus Kundarak. Er wurde von seiner Verlobten Rienne an die Marshals von Haus Deneith verraten, weil er Zeichen von Besessenheit zeigte. Deshalb wurde er ob seiner Verbrechen nicht hingerichtet, sondern „nur“ eingesperrt. Die Zeit im Knast verbrachte Gaven damit, nachts von Fetzen der drakonischen Prophezeiung zu träumen und diese am Tag an die Wände seiner Zelle zu schreiben, zuerst mit Blut, dann mit einem Stift. Eines Nachts erschüttert etwas den Turm, in dem er sitzt. Die Decke bricht auf, zerstört von den Klauen eines bronzenen Drachen. Drei Gestalten – eine Elfe, ein Kriegsgeschmiedeter und ein menschlicher Magieschmied befreien Gaven und seinen Zellennachbarn Hadren ir'Brassek, einen ehemaligen General in Diensten Aundairs, welcher wegen Kriegsverbrechen sitzt. Hadren organisierte die Flucht, nachdem er in Gavens Weissagungen einen Weg fand, sich zu rächen und das zu erlangen, was ihm seiner Meinung nach zusteht: Den Thron von Galifar. Damit beginnt eine lange Flucht. Gaven erlangt schnell sein logisches Denkvermögen zurück und kann den Fängen Hadrens entkommen. Denn er hat gemerkt, dass seine Prophezeiungen tatsächlich wahr werden könnten. Er versucht nun, seinen Part in der Geschichte so gut wie möglich zu erfüllen, während ihm Verfolger vier verschiedener Drachenmalhäuser auf den Fersen sind. Gleichzeitig versucht Hadren weiter, seine Pläne auszuführen.
Beurteilung (weitere Spoiler): Prophecy is a bitch.“ - Archmaester Marwyn of the Citadel. (George R. R. Martin: A Feast for Crows)
Mit der Herausgabe als Hardcover impliziert Wizards of the Coast, dass der Roman einen besonderen Stellenwert hat. Da kann der geneigte Leser auch hohe Qualität erwarten. Die Tatsache, dass das Unternehmen bisher sowohl Bücher von Ed Greenwood als auch von Bob Salvatore in diesem Format verlegt hat, erscheint in diesem Zusammenhang aber zweifelhaft. Unglücklicherweise erfüllt James Wyatt die Befürchtungen, denn „Storm Dragon“ ist ein ausgesprochen schlechtes Buch. Wie der oben (falsch) zitierte Ausspruch impliziert, sind Prophezeiungen nicht immer wörtlich zu nehmen. Leider hat der Autor sich das nicht zu Herzen genommen. Seine Prophezeiungen sind glasklar und treffen genauso ein, wie sie im Buch stehen. Deshalb braucht der Leser auch nicht lange, um zu erkennen, wer der Namengebende „Storm Dragon“ ist und wohin die Geschichte geht. Das nimmt eine Menge Spannung heraus. Der Roman gleicht einer überdimensionalen Schnitzeljagd. Man weiß, wie sie endet, und es gibt keine Möglichkeit, das zu ändern. Wyatts Charaktere sind ebenso langweilig. Gaven ist gutaussehend, ein ausgesprochen fähiger Krieger von – Zitat! - „legendärer Stärke“ und magisch begabt. In Dreadhold hat er ein Siberys-Mal entwickelt. Er ist Fokus einer Prophezeiung, ein missverstandener Ausgestoßener und hatte in der Vergangenheit Probleme mit seinem Vater. Über all das brütet er im Verlauf der Geschichte immer wieder lange und zu den unpassendsten Zeiten. Kurz gesagt: Gaven erfüllt jegliches schlechte Klischee eines heldenhaften Fantasy-Charakters, der jedes Hindernis aufgrund seine außergewöhnlichen Fähigkeiten meistert. Die Nebenfiguren sind das, was im angelsächsischen Sprachraum als „plot device“ bezeichnet wird. Sie sind lediglich dazu da, Gaven weiter zu helfen. Ihre Persönlichkeiten sind bestenfalls unterentwickelt. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen: Brodan, einen Ermittler in Diensten von Haus Tharashk und den Magieschmied Darraun. Brodan ist auf der Suche nach den Flüchtlingen und legt dabei Geschick und einen gesunden Pragmatismus an den Tag, wodurch er sehr glaubhaft wirkt. Darraun hilft Hadren und Gaven beim Ausbruch, hat aber seine eigenen Motive, die im Dunklen gelassen werden. Warum Hadren und seine Kompagnons ihn trotz seines ihnen bekannten Hintergrundes angeheuert haben, weiß aber nur der Autor. Überhaupt handeln Wyatts Charaktere überdurchschnittlich oft dumm bzw. völlig unmotiviert. Sie tauchen an Stellen auf, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben, nur damit Gaven einen Gesprächspartner hat. Einmal wird eine wichtige Nebenfigur ohne Grund umgebracht. Ein anderes Mal tötet ein Charakter einen anderen nicht, obwohl er Grund dazu hat und es seiner Persönlichkeit entsprechen würde. Um den negativen Eindruck abzurunden, legt der Autor teilweise einen sehr komplizierten Schreibstil an den Tag. Bandwurmsätze kommen zu oft vor, ebenso wie schwer nachzuvollziehende Gedankensprünge. An ein paar Stellen hat James Wyatt etwas richtig gemacht. Der Anfang ist gut geschrieben und spannend. Gaven als von prophetischen Träumen geplagtes, wirr vor sich hin murmelndes geistiges Wrack ist ziemlich überzeugend. Man wundert sich daher, wie er sich so schnell aus diesem Zustand befreiten kann. Wyatt kann diese Stimmung an einigen wenigen Stellen des Buches reproduzieren. Das reicht aber leider nicht aus, um die Qualität der Geschichte anzuheben.
Fazit: „Storm Dragon“ hat die Aufwertung durch eine Hardcover-Ausgabe nicht verdient. Die simple und durchsichtige Story mit ihren ungenügend entwickelten Charakteren macht einfach keinen Spaß - trotz des viel versprechenden Anfangs. Der Protagonist ist zudem allmächtig, was mit seiner Verbindung zur Prophezeiung zusätzlich Spannung nimmt. Unlogische Handlungen der Figuren und kaum nachvollziehbare Sprünge in der Geschichte mindern das Lesevergnügen weiter. Ich kann nur empfehlen, für dieses Buch kein Geld auszugeben. Wen „Storm Dragon“ dennoch interessiert, der sollte sich die Paperback-Version zulegen, wenn sie erscheint. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist dann nicht ganz so schlecht.
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