Links zur Rezension Litotas TränenSchon bei dem Versuch einer Ausformulierung des ersten Satzes bereue ich mein Vorhaben, Martin Korths ersten Roman, „Litotas Tränen“, zu rezensieren, denn was ist näher liegend als das Werk zunächst einem Genre zuzuordnen? Doch hier drohe ich bereits zu scheitern. Vom vph-Verlag lapidar als [i]Fantasy[/i] eingeordnet, weckt diese Bezeichnung doch, schaut man in das entsprechende Regal beim Buchhändler seines Vertrauens, falsche Vorstellungen. Eher träfe wohl die Bezeichnung [i]Märchen[/i] zu, allerdings keines, welches den Einzug in die Standardkinderliteratur finden wird.
Bevor ich mich also weiter an der Einordnung des Werkes versuche, wende ich mich lieber dem Inhalt zu. Litota ist Prinzessin im Reich der Turmbewohner, einem Fischervolk, welches auf einigen Inseln in seinen hohen Türmen dem Ozean trotzt. In diese isolierte Welt bricht eine Katastrophe herein, die die Türme zerfallen lässt und die meisten der Turmbewohner tötet.
Einzig Litota und ihr Verlobter scheinen überlebt zu haben. Beide werden an unterschiedliche Abschnitte der Küste gespült und treffen, zunächst ohne vom Schicksal des anderen zu wissen, auf neue Freunde und Verbündete, mit denen sie sich auf den Weg durch den Alten Wald begeben, stets auf der Suche nach einem Weg, das Unglück rückgängig machen zu können. Hilfreich verspricht z.B. ein alter Magier zu sein, doch der Weg dorthin ist angefüllt mit vielerlei Abenteuern und Begegnungen mit den skurrilsten Wesen: ein Grottenolmek, Finsterbolde, die trügerische Schmackhaftigkeit der Nin-Pepperoni und das Weidenkätzchen Mukkisch seien als Beispiele angeführt.
So bekannt und oft verwendet ein solcher Plot auch ist, desto überraschender die Art, derer sich Korth bei dessen Umsetzung bedient: formal ist es eine Erzählung, wie man sie aus dem klassischen Märchen kennt. Ein allwissender Erzähler schildert den Verlauf der Dinge. Die Personen und ihre Motive werden – was manch einer vielleicht bedauern mag - eher oberflächlich behandelt. Es sind vor allem der Humor und die große Fantasie, mit welcher der Autor die einzelnen Episoden darstellt, die bei diesem Buch das Lesevergnügen ausmachen. Allein die Fülle an urig klingenden Namen für praktisch alles Erdenkliche wird jede Auto-Rechtschreibkorrektur in die Verzweiflung getrieben haben. Dazu kommen gepfefferte Flüche und reichlich Ausdrücke, die man in einem [i]Kinderbuch[/i] nie zu finden hofft. Außerdem gewinnt das Reich, in dem sich Litotas Abenteuer ereignen, durch Randbemerkungen und Nebenerzählungen eine ganz eigene Tiefe, die davon zeugt, dass die Geschichte eben mehr als eine Erzählung ist. Hierzu gesellen sich überraschende Handlungen, das bewusste Enttäuschen von Erwartungen und zwischendurch wird gar der Erzähler aufgrund von Unfähigkeit ausgewechselt.
Beim Lesen drängt sich daher auch immer mehr ein Gedanke auf: hier wird die Geschichte des Zaubers von Oz durch die Augen von Walter Moers erzählt. Korths Detailverliebtheit ist aber auch eine kleine Schwäche. Das große Augenmerk auf den einzelnen Episoden führt manchmal zu etwas abrupten Sprüngen im Verlauf der Story. Dramatisch wichtige Szenen werden im Schnelldurchlauf abgehandelt. Da beides aber eine untergeordnete Rolle spielt, kann man gut darüber hinweg sehen.
Zum Abschluss noch ein paar Worte zur Publikationsform und zum Layout. Litotas Tränen ist ausschließlich als e-Book erhältlich. Wer aber vor dem Lesen langer Text am Monitor zurückschreckt, kann Dank des recht günstigen Preises von 3,50 EUR sicher auch noch den Ausdruck finanzieren. Dies hilft dann auch, das nicht gerade perfekte Layout auszugleichen. Die teils recht großen Absätze sind insbesondere für das Lesen am Bildschirm etwas anstrengend.
Fazit: Wer gerne einmal abseits der ausgetretenen Wege gängiger Fantasieliteratur wandelt, sollte sich mit der erfrischend andersartigen Fantasy-Märchen-Erzählung „Litotas Tränen“ belohnen. Martin Korth zeigt in seinem Erstlingswerk überbordenden Einfallsreichtum, kokettiert humorvoll mit dem Erzählstil, überrascht gern mit vollkommen unerwarteten Handlungen seiner Helden oder köstlich derber Sprache. Da verzeiht man gern, dass man sich für die Charaktere ein wenig mehr Tiefe gewünscht hätte, sowie einige Schwächen in der Storyline und das nur mäßige Layout des Textes. Letztlich ist es dann auch das günstige Preis-Leistungs-Verhältnis - dank der Publikation als e-Book - welches zur Endnote von 3.5 führt.
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