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Player's Handbook
Bewertung:
(0.0)
Von: Nico Bracht
Alias: Cut
Am: 20.06.2008
Autor:Rob Heinsoo, Andy Collins, James Wyatt
Typ:Grundregelwerk (Corebook)
System:D&D 4.0
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-4867-3
Inhalt:320 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Player's Handbook

Vorwort:

Vor dem Erscheinen der neuen, nunmehr vierten, Edition des Dungeons & Dragons Rollenspiels ist viel geschrieben, noch mehr vermutet und unter den Fans (teils kräftig) gestritten worden.

Ich bin stets neugierig auf ein neues Rollenspielsystem. Daher wollte ich mir eine gewisse Neutralität gegenüber der neuen Edition erhalten und habe mich größtenteils aus den (teilweise äußerst engagiert geführten) Diskussionen herausgehalten.

 

Diese Rezension hat nicht den Anspruch und auch nicht das Ziel, eine Gegenüberstellung der Regeln und Mechaniken der 4. Edition des Dungeons & Dragons Rollenspiels zu seinen vorangegangenen Editionen zu sein. Vielmehr bespreche ich das System so, wie es mir beim Lesen der Regeln und bei den ersten Probespielen entgegengetreten ist. Dennoch lassen sich einige Vergleiche oder Rückbezüge (insbesondere auf die dritte D&D-Edition) nicht gänzlich vermeiden.

 

Den ersten Blick auf das Spiel und seine Mechaniken habe ich in Form des Materials erhalten, welches zum D&D-Game-Day 2008 ausgegeben wurde. Mit diesem habe ich mich eingehend beschäftigt und das Abenteuer „In die Schattenflucht“ alleine mit den bereitgestellten Materialien vorbereitet: Der Plan war es weiter, dieses Abenteuer dann unter Zuhilfenahme des neuen D&D-Player’s Handbooks (im Nachfolgenden kurz PHB genannt) zu leiten.

Das Dungeons & Dragons PHB der 4. Edition trägt den Untertitel: „Arcane, Divine und Martial Heroes“. Ein Umstand, auf den später nochmals eingegangen wird.

Doch zunächst zu den ersten Eindrücken, die das Buch macht.

 

Die Qualität:

Als ich das PHB zum ersten Mal in die Hand genommen habe, war ich direkt sehr angetan.

Das Buch fasst sich gut an und macht von den verwendeten Materialien sowie der Bindung her, einen äußerst stabilen und gelungenen Eindruck. Das Papier entspricht dem, welches zur Herstellung der Bücher des Star-Wars-Saga-Edition Rollenspiels benutzt wurde. Das Papier wirkt hochwertig, wenngleich es für mein Dafürhalten etwas dünner zu sein scheint, als bei früheren Publikationen.

Es fällt auf, dass die Seiten das Sonnen- oder Lampenlicht nicht mehr so intensiv spiegeln. Das gefällt mir sehr gut. Diese Papierqualität zeichnete bereits die Saga-Edition des Star-Wars-Rollenspiels aus.

Was mir allerdings nicht gefällt, ist, dass sich bei meinem Exemplar die Seiten oben und unten an den Seitenrändern „wellen“. Ich tippe darauf, dass das Papier sensibel auf die Feuchtigkeit reagiert hat, der es möglicherweise auf dem Transportweg im Paket zu mir ausgesetzt war. Dieses Problem habe ich auch mit den Büchern des Star-Wars-Rollenspiels, bei denen sich die Wellung zwar nach einiger Zeit im Hause gebessert hat, aber nie ganz zurückgegangen ist. Eine derartige Wellung war bei älteren Büchern der Wizards in meinem Besitz nie aufgetreten und ich muss zugeben, dass der Lesekomfort dadurch gemindert wird.

 

Die Optik:

Der erste Bruch mit der vorangegangenen Edition des Spiels wird bereits in der Neufassung des D&D-Logos deutlich. Dieses Logo war aber schon auf dem vorab erschienenen ersten Abenteuer der 4. Edition „Keep on the Shadowfell“ (die Rezension hierzu ist ebenfalls im Gate zu finden) zu sehen und daher auch auf den Grundregelwerken zu erwarten.

Eine weitere Änderung springt sofort ins Auge: Während bei der dritten Edition sämtliche Grundregelwerke und viele der Quellenbücher von der Umschlaggestaltung den Eindruck erwecken sollten, dass es sich um schwere, altertümliche Bücher handele, bricht die 4. Edition mit dieser Tradition, gibt den Büchern gezeichnete Motive auf die Titelseite und verzichtet auf die Buchoptik.

 

Das Titelbild des PHBs zeigt im Vordergrund zwei Charaktere in einem unterirdischen Gang.

Im Hintergrund sind zwei weitere Figuren der Abenteurer-Gruppe zu erkennen.

Coverbilder sind immer Geschmackssache. Für mich ist das Bild für den ersten und wohl wichtigsten Band der drei Grundregelbände, dem Player’s Handbook, nicht so gut gewählt.

An der Qualität der Zeichnung an sich ist nichts auszusetzen, doch finde ich nicht, dass es dem Titelbild gelingt, eine passende Stimmung im Betrachter entstehen zu lassen. Handwerklich bemerkenswert ist, dass sowohl der neue Dungeons & Dragons Schriftzug am oberen Rand des Titelbildes, als auch die beiden im Vordergrund stehenden Figuren schimmern, wenn man das Buch hin und her bewegt. Sowohl die Zeichnung, als auch der Schriftzug sind mit einem Glanz akzentuiert worden. Ob es das nun braucht oder nicht, lasse ich mal dahingestellt. Es wirkt zumindest edel.

Die Rückseite weist einen knappen Klappentext und eine (in meinen Augen sehr gelungene) Zeichnung eines Turmes auf einer schwebenden Klippe auf.

Auch im Inneren des Buches wird der optische Bruch mit der vorangegangenen Edition beibehalten.

Die ehemals komplett mit Hintergrund versehenen Seiten sind nun schlicht weiß.

Es finden sich viele (auch großformatige) Zeichnungen, die von der Qualität von gut bis sehr gut reichen. Die Zeichnungen überzeugen und das Buch besticht in weiten Teilen bei der Darstellung durch eine ungewohnte Klarheit. Die künstlerischen Darstellungen zeigen fast ausnahmslos Action-Szenen und sorgen somit bei der Lektüre des Buches direkt für eine bestimmte (Ein-)Stimmung beim Leser. Allerdings sind für mich unter den vielen gelungenen Bildern einige Ausreißer, bei denen - in meinen Augen - die Darstellung etwas übertrieben wurde (so etwa auf Seite 297 des PHB).

 

Nach dem ersten Durchblättern des Buches bin ich vom gelungenen Layout, der angenehmen Schriftgröße, den zum großen Teil sehr guten und stimmungsvollen künstlerischen Beiträgen und der Übersichtlichkeit des Werkes positiv überrascht. Das Buch wirkt schlicht gestaltet, aber durchaus edel.

 

Der Inhalt:

 

Die dreihundertzwanzig Seiten des Buches verteilen sich auf 10 Kapitel.

 

Kapitel 1: How To Play

Kapitel 2: Making Characters

Kapitel 3: Character Races

Kapitel 4: Character Classes

Kapitel 5: Skills

Kapitel 6: Feats

Kapitel 7: Equipment

Kapitel 8: Adventuring

Kapitel 9: Combat

Kapitel 10: Rituals

 

Jedes Kapitel beginnt mit einer Doppelseite. Die linke Seite ziert ein Textblock, welcher den Inhalt des jeweiligen Kapitels knapp skizziert. Der Rest der Doppelseite wird jeweils von einem großen, recht bunten Bild eingenommen. Der Aufbau ist immer gleich, selbstverständlich ändern sich jeweils die Beschreibungen und die Bilder nehmen (zumeist erkennbar) Bezug auf das Thema des nachfolgenden Kapitels im Buch.

 

Die Kapitel im Einzelnen:

 

Chapter 1: How To Play

Auf den ersten Seiten des PHB werden die Grundlagen angesprochen: Was ist eigentlich ein Fantasy-Rollenspiel und was hat es mit Dungeons & Dragons auf sich? Was braucht man, um D&D zu spielen? Und wie funktioniert die grundlegende Regelmechanik des Spiels?

 

Chapter 2: Making Characters

Schon an der Benennung der Kapitel lässt sich ein neuer sprachlicher Trend in den Regeln ausmachen. Es wird knapp und sehr einfach formuliert. Vieles klingt zwar irgendwie vertraut, aber doch neu gefasst. Beispiele dafür sind etwa die Formulierungen „Take 10“ oder „Opportunity Attacks“.

 

Im zweiten Kapitel steht, wenig überraschend, die Entwicklung von Spielercharakteren (im Folgenden kurz SC genannt) im Mittelpunkt. Bereits hier werden, allerdings nur sehr knapp, die acht im PHB enthaltenen Charakterklassen, sowie die acht spielbaren Völker vorgestellt. Dabei fällt auf, dass bei der Beschreibung der Charakterklassen die Betonung immer auf deren Verwendbarkeit und Funktion im Kampf liegt. Schon zu diesem frühen Punkt der Lektüre des Buches wird klar, dass sich das Spiel an eine neugefasste Zielgruppe richtet. Es soll versucht werden, Spieler zu gewinnen, die sonst eher PC- oder Konsolenspiele favorisieren, und diese (zurück) an einen Tisch zu holen.

Das Wort „Avatar“ wird benutzt und bei der Diskussion um die Verteilung der von den SC in einer Abenteurer Gruppe einzunehmenden Rollen treten Ähnlichkeiten mit dieser vermeintlich „moderneren“ Art von Spielen zutage.

Es werden vier unterschiedliche Funktionen benannt, die ein Charakter in einer Gruppe von Abenteurern ausfüllen kann. Dies sind „Striker“, „Defender“, „Leader“ und „Controller“. Diesen Funktionstypen werden dann die verschiedenen im PHB enthaltenen Charakterklassen zugeordnet.

Dies wirkt künstlich herbeigeführt und schränkt ein wenig die Kreativität in Bezug auf die Entwicklung eines ausgefalleneren Charakters ein.

Für jede der Charakterklassen werden im PHB zwei vorgefertigte Entwürfe („Builds“) vorgestellt.

Bei den Völkerbeschreibungen gibt es kurze Abschnitte, die jeweils drei beispielhafte Vertreter des Volkes knapp vorstellen. Diese Vorstellungen gehen allerdings nicht auf Spielwerte ein, sondern dienen nur der besseren Einschätzung der Verwendbarkeit des jeweiligen Volkes.

Weiter beinhaltet das Kapitel die Vorstellung der sechs Attribute, die eine jede Figur im Spiel ausmachen. Dies sind alte Bekannte: Geschicklichkeit („Dexterity“), Stärke („Strength“), Weisheit („Wisdom“), Charisma („Charisma“), Intelligenz („Intelligence“) und Konstitution („Constitution“).

 

Um die Attributswerte seines SCs zu bestimmen, werden einem Spieler drei Varianten angeboten: Eine zufällige Bestimmung; die Verteilung von festgesetzten Standardwerten und eine etwas anspruchsvollere Art, bei der man Basiswerte zugeteilt bekommt und diese Werte dann mit einem Pool an Punkten individuell steigern kann. Auch eine Diskussion der im Spiel zu findenden Gesinnungen („Alignments“) und einige Tipps zur Erarbeitung von Charakterzügen finden sich an dieser Stelle.

Weiter werden an diesem Punkt noch die verschiedenen Testarten, also Wurfarten, erläutert, die es im Spiel gibt, bevor es um den Stufenaufstieg und um die Charakterentwicklung geht.

 

Die Karriere eines Charakters ist in der neuen D&D-Edition auf insgesamt 30 Stufen ausgelegt.

Diese gliedern sich in drei Abschnitte („Tiers“).

 

Der erste, sog. heroische Abschnitt („Heroic Tier“) umfasst die Stufen 1-10.

In dieser Zeit findet der Charakter (hoffentlich) zu sich und sucht seinen Platz in der Welt.

 

Mit dem Erreichen der Stufe 11, wählt jeder Spieler für seinen Charakter einen weiteren musterhaften Entwicklungsweg („Paragon Path“) aus.

Diese Wahl ist einer Weiterentwicklung des Prestigeklassen-Konzepts ähnlich. Prestigeklassen als solche gibt es nicht mehr. Dafür verfügt jede Charakterklasse nun über eine Anzahl dieser „Paragon Paths“. Von den verfügbaren wählt der Spieler einen aus, den der SC dann während der nächsten Stufen beschreitet. Jeder dieser Pfade eröffnet dem Spieler eine Auswahl, z.B. an Feats, aus denen der SC dann auswählen kann, welche der Charakter erlernt. In der Zeit, in der ein SC seinen „Paragon Path“ beschreitet, hat der Charakter seinen Platz in der Spielwelt gefunden, er ist ein Vorbild, seine Handlungen sind bekannt und wird zum Gegenstand der ersten Legenden.

 

Mit dem Erreichen der 21. Stufe beginnt der dritte Abschnitt im Leben eines D&D-Helden, der epische Abschnitt („Epic Destiny“).

Der SC ist nun eine lebende Legende in seiner Welt, seine Handlungen und Abenteuer haben zumeist gigantische Auswirkungen und man bereitet sich langsam auf sein würdiges Ende vor. Auch im epischen Teil einer Karriere werden noch einmal neue Möglichkeiten angeboten, wie man seinen SC, immer noch basierend auf der zu Beginn des Spiels gewählten Grundklasse, weiter entwickeln kann. Diese Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen Klassen und Abschnitte finden sich übersichtlich zusammengefasst weiter hinten im Buch, im dafür passenden Kapitel 4: Charakterklassen („Chapter 4: Character Classes).

 

Die Idee mit den „Tiers“ ist an sich gelungen, wenngleich auch nicht ganz neu. In Ansätzen ist mir die Idee aus dem CODA-System der beiden seinerzeit von Decipher veröffentlichten Star Trek und Der Herr der Ringe Rollenspiele bekannt. Die Entwickler von D&D ziehen die Idee aber größer und breiter auf. Es bleibt abzuwarten, bis die ersten SCs den kompletten Entwicklungsbogen durchlaufen haben, doch auf dem Papier erweckt das System einen guten Eindruck.

 

Das Kapitel beschließt eine umfassende Darstellung und Erläuterung eines neuen D&D-Charakterbogens.

 

Chapter 3: Character Races

Auf Seite 32 beginnt das 3. Kapitel. Es beschreibt die acht im ersten PHB enthaltenen Völker, denen die SCs angehören können.

Anmerkung: Ich spreche hier vom ersten PHB, weil an diversen Stellen im Buch weitere Bände aus der „PHB-Reihe“ angekündigt werden!

 

Bei den Völkern sind einige Überraschungen dabei.

Neben den typischen D&D-Völkern Elf, Halb-Elf, Halbling, Zwerg und Mensch, treten im PHB 4.0 drei neue Völker in Erscheinung: Es handelt sich dabei um die Dragonborn, die Eladrin und die Tieflinge. Während ich die Einführung der Dragonborn für einen guten und längst überfälligen Schritt halte, und ich nach dem Studium des knappen Fluff-Eintrages meine Zweifel gegenüber den Tieflingen in den Griff bekommen habe, habe ich die Einführung der Eladrin ins PHB nicht verstanden.

Auch wenn sich der Fluff-Eintrag gut liest und die Eladrin als spielbares Volk an sich durchaus eine Daseinsberechtigung genießen, hätte es gereicht, sie in ein späteres Werk zu packen. Die Ähnlichkeit des Eladrin-Hintergrundes weißt zu große Ähnlichkeit mit dem der Elfen auf. Da wäre für meinen Geschmack ein anderes Volk mit deutlich anderem Hintergrund (wie etwa die weggefallenen Gnome) sinnvoller gewesen.

Die Tieflinge mit ihrem leicht düsteren Touch sind sicherlich für einige Spieler, die in einer Kampagne einen Charakter mit einer Möglichkeit zu anspruchsvollem Charakterspiel führen möchten, interessant.

Die Dragonborn letztlich schließen eine Lücke, die ich schon seit Jahren sehe: Trotz des Namens des Spiels und der unglaublichen Anziehungskraft, die Drachen ausüben, konnte man als Spieler ohne großen Aufwand oder Sonderwünsche keinen SC spielen, der von diesen faszinierenden Fantasy-Kreaturen abstammte. Dies ist nun endlich möglich. Die Dragonborn haben einen anspruchsvollen Hintergrund, der einen Spieler zwingt, der Figur einen Charakter zu verleihen. Das gefällt, obgleich ich die Gefahr sehe, dass dieses Volk bei vielen Spielleitern und Gruppen aufgrund der großen Macht, die die Figuren mitbringen, zu Unstimmigkeiten führen könnte. Hier sei nur die Odemwaffe genannt, die jeder Dragonborn besitzt.

Auffällig ist, dass keines der acht Völker einen negativen Wert bei der völkerbedingten Anpassung der Attribute aufweist. In den Stat-Blöcken fällt weiterhin auf, dass die Bewegungsweite nicht mehr in Metern, sondern in Feldern angegeben wird, wobei 6 Felder die Regel sind und sich Elfen mit sogar 7 Felder extrem weit bewegen können.

Manche Völker verfügen neben Völkerbesonderheiten („Racial Traits“) noch über völkerspezifische Kräfte („Racial Powers“).

 

Im Großen und Ganzen ist eine gute Mischung an Völkern im dritten Kapitel beschrieben.

Die ausgelassenen, typischen SC-Völker (wie Gnome und Halb-Orks) werden sicherlich in naher Zukunft in Folgebänden nachgereicht werden.

 

Chapter 4: Character Classes

Das vierte Kapitel widmet sich den acht SC-Klassen des neuen PHB: „Fighter“, „Paladin“, „Cleric“, „Rogue“, „Ranger“, „Warlord“, „Warlock“ und „Wizard“, sowie ihren Kräften („Powers“) und der Entwicklungsmöglichkeiten der SCs, die jetzt im Rahmen eines „Paragon Paths“ und letztlich der „Epic Destinies“ behandelt werden.

 

Bereits mehrfach ist an diesem Punkt der Rezension der Begriff der „Powers“ gefallen. Ähnlich, wie auch im PHB, habe ich den Begriff mehrfach verwendet, bevor ich ihn erklärt habe. Dies ist allgemein ein Kritikpunkt am neuen Buch: Oftmals werden Begriffe und Regeln im Text benutzt, ohne erklärt worden zu sein. Diese Erklärung findet sich zwar jeweils in der unmittelbaren Nähe, zumeist auf der gleichen Seite des Buches, doch ist bei der ersten Lektüre der Regeln das Verständnis äußerst gering.

 

Dabei sind grade diese neuen Kräfte („Powers“), die den einzelnen Klassen nun zur Verfügung stehen, eine zentrale Neuerung des Regelsystems der 4. Edition. Leider sind einige Anfängerprobleme im Hinblick auf die Verwendungen von Kräften und Angriffen nebeneinander zu Beginn vorprogrammiert.

 

Jede Klasse verfügt, egal ob sie Magie begabt ist oder nicht, über einige spezielle Kräfte, die ihre Mitglieder nutzen können. Hier kommt der Untertitel des Buches ins Spiel: „Arcane, Divine and Martial Heroes“. Bei den „Powers“, die arkanen Helden zur Verfügung stehen, spricht man von Sprüchen („Spells“), in Bezug auf göttliche Kräfte („Divine Powers“) spricht man von Gebeten („Prayers“) und bei den normalerweise nicht im herkömmlichen Sinne mit magischen Fähigkeiten ausgestatteten martialischen Helden, spricht man von Manövern („Exploits“).

„Powers“ sind per se keine magischen Fertigkeiten. Solche fallen aber durchaus ebenfalls unter den Begriff. Es ist zu erwarten, dass weitere Bände in einer Reihe der Player’s Handbooks erscheinen werden, die dann Helden behandeln, welche andere Kraft-Quellen nutzen.

 

Grundsätzlich ist eine Aufspaltung der „Powers“ in zwei Gruppen zu erkennen: Es gibt natürlich Angriffs-Kräfte („Attack-Powers“) und daneben noch die sog. Nützlichkeits-Kräfte („Utility Powers“).

Diese Kräfte unterscheiden sich weiter dahingehend, wie oft sie einem SC zur Verfügung stehen.

 

Es gibt drei Stufen: Frei verfügbare Kräfte („At-Will-Powers“).

Diese stehen einem SC jederzeit und beliebig oft zur Verfügung.

Begegnungskräfte („Encounter-Powers“).

Diese können nur einmal pro Begegnung von einem SC gewirkt werden, d.h. sie stehen einem Charakter mehrfach am Tag zur Verfügung. Allerdings muss eine Pause zwischen den Einsätzen liegen, die mindestens 5 Minuten umfasst.

 

Zum Schluss gibt es noch die täglichen Kräfte („Daily-Powers“).

Diese Kräfte stehen, egal wie lange die Pausen die an einem Tag gemacht werden können, einem SC nur einmal pro Tag zur Verfügung.

 

Je seltener eine Kraft eingesetzt werden kann, desto mächtiger ist sie im Regelfall auch.

Jede Klasse verfügt auf Stufe 1 über zwei frei verfügbare Kräfte, eine Begegnungskraft und eine tägliche Kraft.

 

Die Einführung der „Powers“ in das Spiel ist eine an sich gelungene Idee. Nach der Beschreibung zu jeder Charakterklasse folgen auf den kommenden Seiten die Auflistungen der „Powers“, gruppiert nach Stufen. Das ist recht übersichtlich gemacht, so sind die Kräfte z.B. farbkodiert, je nachdem, zu welcher Gruppe sie gehören.

 

Für jede der acht Klassen gibt es (wie schon erwähnt) zwei vorgefertigte „Builds“, also Entwürfe, wie ein Charakter aufgebaut werden kann. Zumeist sind diese „Builds“ auf unterschiedliche Funktionen im Kampf hin ausgerichtet. Dabei werden dann die „Feat“- und „Power“-Auswahlen nicht zwingend vorgegeben, aber Vorschläge unterbreitet.

 

Problematisch finde ich allerdings, dass einige „Attack-Powers“ auch bei einem Fehlschlag („Miss“) noch ein gewisses Maß an Schaden beim Ziel anrichten. Das ist für meinen Geschmack überzogen.

 

Auch ist nicht immer klar, wie es vonstatten gehen soll, wenn das Auslösen einer Kraft eine Standardaktion kosten und sich dann auf einen gleichzeitig stattfindenden Angriff beziehen soll, der aber auch eine Standardaktion kosten würde. Wie man aber in Kapitel 9 erfährt, steht jedem Spieler zuerst einmal nur eine solche Standardaktion pro Runde zur Verfügung. Dies wird zumeist dadurch aufgelöst, dass es sich bei der benutzten Waffe um eine Anwendungshilfe der Kraft („Implement“) handelt und quasi der Angriff selbst Teil der ausgelösten Kraft ist.

 

Anmerkung:

In gewisser Weise haben mich die „Powers“ an Fertigkeitskarten von Fantasy-Spielen, wie Descent, erinnert. Dort zieht man vor Beginn eines Abenteuers Karten, die einem Helden besondere Kräfte zur Verfügung stellen. Bei D&D liegen diese Kräfte eben nicht in Kartenform vor und werden auch nicht zufällig von einem Stapel gezogen, sondern stammen aus dem PHB und werden vom Spieler frei aus den zur Verfügung stehenden Kräften gewählt.

 

Chapter 5: Skills

Das Kapitel widmet sich einzig den verschiedenen Fertigkeiten („Skills“), welche die Charaktere erlernen können. Die Anzahl der unterschiedlichen Skills insgesamt wurde deutlich reduziert und das ganze System der Ränge geändert. Ein SC ist nun entweder in der Anwendung einer Fertigkeit trainiert („trained“) und bekommt dann einen Bonus auf seinen Fertigkeits-Wurf (von +5) oder aber der SC ist untrainiert („untrained“) und bekommt dann eben keinen Bonus. Bei Skill-Würfen addiert man auf seinen W20-Wurf die halbe Charakterstufe und den zum „Skill“ gehörenden Attributsmodifikator. Somit spielt die Stufe eines SC jetzt in jedem Skill-Check eine bedeutende Rolle. Wenn aber ein Skill nicht untrainiert angewendet werden darf, helfen dann auch keine hohen Charakterstufen oder gute Attributsmodifikatoren.

 

Mit Talenten („Feats“) kann man zudem Einfluss auf die Skills nehmen. So gibt es etwa ein Feat, das einen +3 Bonus auf „untrained“ Skills gewährt. Auch das Erlernen neuer Skills erfolgt nun über ein Feat. Das Fertigkeiten-System ist extrem einfach und erlaubt ein intuitives, schnelles Spiel, geht aber auf Kosten von komplexen Charakter-Entwicklungen. Die Situationen, die von einem Skill erfasst werden, sind in der 4. Edition weiter gefasst und bei den Beschreibungen der einzelnen Skills finden sich auch Beispiele, welche Fertigkeiten unter den Anwendungsbereich des jeweiligen Skills fallen.

 

Die Bedeutung einzelner Talente (z.B. wegen des Zusammenhangs mit den Skills) und die Tatsache, dass „Multiclassing“ jetzt allein über spezielle Feats funktioniert, lässt schnell klar werden, dass die Bedeutung und die Anzahl der im Buch vertretenen Feats drastisch gestiegen sind.

 

Chapter 6: Feats

Im sechsten Kapitel werden diese Feats umfassend vorgestellt.

Diese gliedern sich in verschiedene Unterarten auf: Klassische Feats, Multiclass-, Paragon Path- und Epic Destiny Feats, usw. Insgesamt sind über 150 Feats im Buch vertreten.

 

Besonders wichtig unter diesen sind die Feats, die das Multiclassen regeln, denn diese Talente gestatten Mitgliedern anderer Klassen, Zugriff auf ausgewählte Klassentalente fremder Klassen zu nehmen.

Daneben gibt es auch noch völkerspezifische Talente usw.

 

Es gibt diverse Übersichtsseiten im Buch über die enthaltenen Feats und ihre Auswirkungen. Im nachfolgenden Fließtext werden dann aber nochmals alle Talente ausführlich vorgestellt und beschrieben.

 

Chapter 7: Equipment

Das siebte Kapitel beschäftigt sich mit der Ausrüstung, die den SCs zur Verfügung steht.

Das Kapitel umfasst dabei Waffen, Rüstungen und solche für den Abenteurer alltägliche Gebrauchsgegenstände, sowie deren Preise und Anwendungsfelder im Spiel. Ein längerer Abschnitt über magische Gegenstände rundet das Kapitel ab. Hier finden sich nochmals, neben klassischen magischen Gegenständen und den Regeln für deren Verwendung, die Werte einiger magischer Rüstungen und Waffen. Auch die Besprechung diverser Tränke fällt in dieses Kapitel.

 

Chapter 8: Adventuring

Das achte Kapitel befasst sich mit dem Hintergrund und der Zeit, die die Gruppe verbringt, wenn sie nicht grade durch dunkle Gewölbe turnt, dabei Monster bekämpft und nach Schätzen sucht. So werden Regeln über die Regeneration, die Belohnungen (in XP) für bestandene Begegnungen, Aktions-Punkte und Begegnungsmöglichkeiten, die abseits von Kampfhandlungen stattfinden („Non-combat Encounters“), besprochen.

Auch Regeln über das Lagern, Ausruhen, Reisen und verschiedene Lichtverhältnisse sind hier zu finden.

 

Chapter 9: Combat

Die Regeln, die den Kampf bestimmen, sind nachzulesen in Kapitel 9.

Von den Erschaffern der 4. Edition wurde versucht, die Kampfrundengestaltung zu vereinfachen und das Spiel leichter und schneller spielbar zu bekommen. Der erste Ansatz geht dahin, dass einem SC im Prinzip vier unterschiedliche Typen von Aktion zur Verfügung stehen.

 

Es gibt nunmehr „Standardaktionen“ („Standard Actions“), „Bewegungsaktionen“ („Move Actions“) und „Geringfügige Aktionen“ („Minor Actions“), sowie „Freie Aktionen“ („Free Actions“).

 

Pro Runde im Kampf (die immer noch sechs Sekunden dauert) darf ein Charakter jeweils eine Standard-, eine Bewegungs-, sowie eine Geringfügige Aktion durchführen. Dazu kommen beliebig viele Freie Aktionen, deren Verwendung vom Spielleiter nur Einhalt geboten werden sollte, wenn die Anzahl zu groß und die Anwendungszeit von 6 Sekunden pro Runde überschritten wird.

 

Die Aktionen im Einzelnen:

 

1.) Die Standardaktion:

Mit einer Standardaktion kann man beispielsweise einen Angriff starten.

Ein Grundangriff („Basic-Attack“) wird regeltechnisch als eine „At-Will-Power“ angesehen, die jedem Charakter zur Verfügung steht. Ein Charakter kann aber statt eines solchen Angriffs (wenn vorhanden) eine „Attack-Power“ einzusetzen. Da nur eine Standardaktion pro Runde zur Verfügung steht, müssen hier manchmal schwierige Entscheidungen getroffen werden. Allerdings gehen manchmal der Angriff mit einer Waffe und die Anwendung einer „Attack-Power“ Hand in Hand. Hier muss man sich etwas an das Spiel und die Regeln gewöhnen, hat die Sache dann aber recht schnell im Griff.

 

2.) Die Bewegungsaktion:

Eine Bewegungsaktion erlaubt es einem Charakter, so weit zu laufen, wie es dem Wert der Bewegungsweite entspricht. Die Regelungen zu den Bewegungskosten, wurden auch vereinfacht: Sich ein Feld weit zu bewegen kostet, wenn es sich bei dem zu betretenden Feld um ein normales handelt, einen Bewegungspunkt, unabhängig davon, ob man sich normal oder über Eck bewegt.

 

3.) Die Geringfügige Aktion:

Eine Geringfügige Aktion stellt eine Zwischenstufe zwischen einer Standardaktion, die sehr zeitaufwendig und kraftraubend ist (wie ein Angriff) und einer unbedeutenden, freien Aktion (wie etwa einen Satz zu rufen oder etwas fallen zu lassen) und die keine Bewegungsaktion ist, dar.

Manche Kräfte können beispielsweise durch den Einsatz einer „Minor Action“ ausgelöst werden.

 

Um etwas Flexibilität im Rundenablauf zu erhalten, kann ein SC seine Standard-Aktion gegen eine andere Aktion eintauschen und somit eine weitere Bewegungs- oder Geringfügige Aktion erwerben.

 

Umgekehrt funktioniert dieses System aber nicht. Zwei Standardaktionen können nicht ertauscht werden. Das hat zur Folge, dass mehrere Angriffe in einer Runde zunächst nicht mehr möglich sein sollten.

 

Außerdem haben es die sog. Aktions-Punkte („Action points“), bekannt zum Beispiel aus dem Eberron Kampagnen Setting , den Sprung ins D&D-PHB 4.0 geschafft. Jeder eingesetzte Aktions-Punkt gibt einem SC eine weitere Aktion seiner Wahl in dieser Runde. Auch eine weitere Standardaktion kann so erworben werden. Da ihre Einsatzmöglichkeiten sehr vielfältig und ihre Auswirkungen immens sein können, ist die Zahl der AP sehr beschränkt.

 

Verteidigung:

Neben den neuen Aktionsarten gibt es nun auch Neuerungen bei den Verteidigungswerten einer Figur. Neben der herkömmlichen Verteidigung, der Rüstungsklasse („Armor Class“) gibt es jetzt noch drei weitere Verteidigungen: So führt die vierte D&D-Edition die Reflexverteidigung („Reflex“), Zähigkeitsverteidigung („Fortitude“) und Willensverteidigung („Willpower“) ein.

 

Angriffe werden jetzt als Attributswürfe (zumeist auf Stärke oder Geschicklichkeit) ausgeführt.

Das bedeutet im Einzelnen, einen W20 zu werfen und dazu neben dem Attributsmodifikator noch die halbe Charakterstufe des Angreifers zu addieren.

Erreicht oder übertrifft das Gesamtergebnis den Verteidigungswert, entsteht im Regelfall Schaden. Auffällig ist die Änderung, dass nun auch magische Attacken erfolgreich gewürfelt werden müssen. Vorbei sind die Zeiten, in denen ein „Magisches Geschoss“ („Magic Missle“) automatisch getroffen hat. Jetzt muss für jeden einzelnen angegriffenen Gegner ein eigener Trefferwurf gelingen.

 

Je nach Art des Angriffs, muss ein bestimmter dieser vier genannten Verteidigungswerte erreicht oder geschlagen werden. Welcher Wert angesprochen ist, geht aus der Beschreibung einer jeden „Attack-Power“ oder der betreffenden Angriffsbeschreibung hervor.

 

Diese Art Angriffe abzuwickeln macht den Kampf interessanter, ohne ihn zu sehr zu verkomplizieren. Eine gute Idee und interessante Neuerung, die auch schon bei der Saga-Edition des Star-Wars-Rollenspiels Verwendung gefunden hat.

 

Rettungswürfe haben jetzt einen festen Wert, der erreicht oder überboten werden muss.

 

Was besonders auffällt, sind Neuerungen im Hinblick auf die Rückgewinnung von Trefferpunkten. Der Kleriker einer Gruppe ist nun nicht mehr der einzige Charakter, der heilen kann. Vielmehr verfügt jeder Charakter über eine Anzahl von Heilschüben („Healing Surges“) die es ihm erlauben, einen Teil seiner verlorenen Trefferpunkte zu regenerieren. Dabei ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden Schübe und deren Wirksamkeit, von Klasse zu Klasse unterschiedlich.

Desweiteren gibt es mit der neuen Funktion „Kräfte Sammeln“ („Second Wind“) noch die Möglichkeit, einmal eine größere Schadensmenge selbst zu heilen.

 

Weitere Anmerkung:

Typische D&D-Manöver, wie etwa die Gelegenheitsangriffe, wurden zwar leicht umbenannt, bleiben aber im Kern erhalten. Ansonsten ist das Ausspielen von Kampfmanövern sehr auf die Nutzung von Karten oder Bodenplatten und die Verwendung von Miniaturen ausgelegt. Diese Art des Spiels harmoniert gut mit den neu eingeführten Kräften.

 

Chapter 10: Rituals

Eine weitere Neuerung des Spielsystems wird im letzten Kapitel des PHBs vorgestellt: Rituale („Rituals“) sind eine Weiterentwicklung von Zaubersprüchen. Es handelt sich dabei um größere magische Rituale. Um sie zu wirken, braucht man das entsprechende Feat und das notwendige Ritual in seinem Zauberspruch-Buch („Spellbook“), sowie einiges an Material.

Einige Effekte, die früher als Zaubersprüche von einem Zauberer gewirkt werden konnten, sind nunmehr nur noch als Ritual verfügbar. Diese Aufspaltung zwischen Zaubern und Ritualen kann möglicherweise neuen Spielern gefallen, wird aber Spielern von Magiern der dritten D&D-Edition höchstwahrscheinlich missfallen.

 

Dies ist im Groben ein Überblick über den Inhalt des D&D-Player’s Handbook 4.0 .

 

Am Ende des Buches finden sich noch einige Seiten Werbung, ein Index, eine Auflistung der Spieltester und ein Blanko-Charakterbogen zum Kopieren.

 

Die Übersichtlichkeit:

Bis auf die bereits angesprochene Problematik, dass einige Regelbegriffe vor ihrer Erläuterung in Beschreibungen und Statistik-Blöcken Verwendung finden, ist das Buch im Großen und Ganzen sehr übersichtlich geworden. Nur vereinzelt sucht man Dinge, die man dann aber zumeist unter Zuhilfenahme des Index schnell auffindet. Die einzelnen „Powers“ etwa sind farbkodiert, so dass man auf einen Blick sehen kann, wie oft man die jeweilige Kraft einsetzen kann. Das sind nur kleine Beispiele für die gelungene Umsetzung.

Für diese angenehme Übersichtlichkeit verdient sich das neue PHB einen Bonuspunkt.

 

Die Sprache:

Die drei Autoren des Buches machen mit der Wortwahl und der an den Tag gelegten Sprache deutlich, dass sich die 4. Edition des D&D-Rollenspiels nicht nur an die Spieler früherer Editionen richtet, sondern sich ganz klar auf ein neues (vermeintlich jüngeres) Publikum bezieht.

So finden Worte und Beschreibungen, die im Rahmen von (Online-)Fantasy Rollenspielen eine Bedeutung haben, wie etwa „Avatar“, vermehrt den Weg ins Buch. Ansonsten sind die Sätze meist knapp und einfach strukturiert. Regelmäßige Wortwiederholungen in einzelnen oder aufeinander folgenden Sätzen fallen auf. Der Sprachstil hat im Vergleich zur Vorgänger-Edition sicherlich an Qualität eingebüsst.

 

Dennoch (oder vielleicht vielmehr deswegen) sind die Regeln sehr leicht lesbar, auch wenn dieser Effekt auf Kosten einer sprachlich anspruchsvolleren Darstellung erzielt wird.

 

Sehr auffällig ist, dass es zu einer Häufung von Kampfanalogien bei Beschreibungen und der Abstellung auf den „Fun“-Aspekt kommt. Ich hatte bei der Lektüre das Gefühl, die Autoren bemühten sich darum, besonders „actionlastig“ und irgendwie „cool“ zu klingen. So weißt zum Beispiel fast jede Beschreibung martialische Elemente auf. Ein frühes Beispiel hierfür findet sich in der Völker-Beschreibung der Elfen. Dort heißt es, dass man es manchmal nicht merkt, dass man in einer Elfen-Siedlung steht, „bis es zu spät sei“ („...until it’s too late...“). Dies ist – in meinen Augen zumindest - weder stimmig, noch besonders effektvoll. Vielmehr erzielt der Autor an dieser Stelle einen gegenteiligen Effekt bei mir, weil dieser Eintrag nicht mit meiner Einschätzung und der von ihm selber verfassten Darstellung des Elfen-Volkes, die sich anschließen wird, in Einklang steht.

 

In Punkto Stil und Sprache überzeugt mich das Buch daher nicht wirklich.

 

Fazit:

Die 4. Edition des 2008 erschienenen Dungeons & Dragons Rollenspiels ist sicherlich ein gelungenes Fantasy-Rollenspiel. Allerdings bleibt die Frage offen, ob es den Autoren der Neufassung tatsächlich gelungen ist, ein Spiel zu erschaffen, welches für langjährige D&D-Spieler ebenso reizvoll ist, wie für einen jungen Neueinsteiger in die Welt des Pen & Paper- oder Tabletop-Rollenspiels. Die Gefahr ist groß, dass viel von dem, was alte Spieler unter dem Markennamen D&D erwarten, nicht mehr in der nötigen Form enthalten ist. Letztendlich muss diese Entscheidung aber jeder Spieler und Spielleiter für sich selbst treffen: Ich empfehle dringend einen Besuch in einen Laden des Vertrauens. Dort sollte man dann einen prüfenden Blick in die Grundregelwerke, zumindest aber in das PHB, werfen.

 

In meinen Augen ist die 4. D&D-Edition weniger in der Rubrik der Pen & Paper-Rollenspiele zu Hause, deren größeres Augenmerk auf der Darstellung von verschiedenen fantastischen Persönlichkeiten in einer (mittelalterlichen), zumeist fiktiven Welt liegt. Vielmehr gehört das Spiel in die Gruppe von Tabletop-Rollenspielen, die für mein Verständnis einen anderen Ansatz verfolgen: Dort gibt es sowohl Elemente des eigentlichen charakterbezogenen Rollenspiels, grade wenn es um die Erforschung von unbekannten Regionen oder die Interaktion mit anderen Nichtspielerfiguren geht, als auch Elemente eines rundenbasierenden Strategiespiels, das zur Abwicklung von Kampf- oder Bedrohungsszenarien auf die Hilfe von Miniaturen und Kartenmaterial zurückgreift.

Der Schwerpunkt liegt dabei zumeist auf dem letztgenannten Punkt.

D&D musste sich seit jeher den Vorwurf gefallen lassen, das charakterliche Rollenspiel (zumindest von der zur Verfügung gestellten Regelmenge) hinter dem kämpferischen Aspekt einer spannenden, taktischen Kampfumsetzung (mit einer Vielzahl von Regeln und zahlreichen Regelerweiterungen) zurücktreten zu lassen. Dieses Vorurteil wird sicherlich von der 4. Edition des Spiels nicht aus der Welt geschafft werden können. Zu groß angelegt (und auch zu offensichtlich erkennbar) ist die Vernetzung von Rollenspiel- und Miniaturenspiel-Produktlinien. Auf der Rückseite des PHB werden die anderen Produkte aufgeführt, mit denen das PHB zu nutzen sei: Die „D&D Miniaturen“ und die „Dungeon Tiles“ stehen dort gleichberechtigt neben den drei Rollenspiel-Grundregelwerken Player’s Handbook, Dungeon Master’s Guide und Monster Manual .

 

Dennoch überzeugt das neue D&D-Rollenspiel in diesem eigenen Bereich, den es für sich geschaffen hat.

 

Die neuen „Powers“ machen jede Charakterklasse für Spieler interessant, da es nun keine Klasse mehr gibt, die man erst mühsam hochspielen muss, ehe sie vergleichbar mächtig wie die anderen Klassen wird. Das teilweise recht sperrige d20-Regelsystem wird an vielen Punkten (etwa bei den Fertigkeiten („Skills“)) drastisch entkernt und intuitiver spielbar gemacht. Leider werden diese Schritte nur im Hinblick auf die taktischen Möglichkeiten der Figuren unternommen. Eine entsprechende Weiterentwicklung der Rollenspielaspekte wird zwar, Stichwort Fertigkeits-Herausforderungen („Skill Challenges“), angedeutet, aber nicht konsequent zu Ende gebracht. Ein Verweis auf den zweiten Band der drei Grundregelwerke, dem Dungeon Master’s Guide , gibt, in Bezug auf die „Skill Challenges“, aber Anlass zur Hoffnung, dass hier noch mehr kommt.

Die Folge ist, dass der Unterschied zwischen einem Fantasy-Brettspiel mit Tiefgang und dem neuen Dungeons & Dragons Rollenspiel auf ein Minimum zusammenschrumpft. Ein Vergleich zwischen dem D&D-Rollenspiel und einem modernen Fantasy-Brettspiel wie etwa Descent (spätestens dann wenn es mit der dritten Erweiterung „The Road to Legend“ gespielt wird), lassen die Grenzen zwischen dem Pen & Paper-Rollenspiel und den neueren Tabletop-Rollenspielen immer weiter verschwimmen. Die vierte D&D-Edition bewegt sich weiter weg von seinen Rollenspielwurzeln, hin zu einer Mischform zwischen Rollenspiel und komplexem Brettspiel mit einer gesellschaftlichen Metaebene, bei dem sich auch Elemente von (Online-) PC-Rollenspielen wieder finden. Auf diesem Gebiet ist D&D dank seiner breiten Produktpalette und seiner großen Fangemeinde sicherlich nicht zu schlagen, auch wenn Spiele wie Descent gelernt haben, Nischen in diesem Markt zu erkennen und für sich nutzbar zu machen.

 

Wenn man sich all dieser Tatsachen bewusst ist und genau weiß, worauf man sich mit der 4. Edition von D&D einlässt, bekommt man ein solides, leicht spielbares System an die Hand, mit dem sich sowohl in gewisser Hinsicht charakterbezogenes Rollenspiel, als auch taktisch orientiertes „Monster bekämpfen“ nachstellen lässt.

 

Wie vielfach auf den Seiten des PHBs geschrieben, macht es unter diesen Vorzeichen tatsächlich richtig Spaß, D&D 4.0 zu spielen!

 

Anmerkung der Redaktion:

Wir haben uns im Vorfeld dazu entschlossen bei den Core Rulebooks der 4E - analog zu den 3E Corebooks - keine Noten zu vergeben, da sie eben die Grundregelwerke darstellen und damit essentiell für das Spielen des Systems sind.