Aufmachung und Layout
Mirrorstone, die Jugendbuch-Abteilung von WotC, hat ein neues Abenteuer-Spielbuch herausgebracht. Auf dem Softcover grüßt ein grüner Drache, dessen Schwanz sich im Hintergrund um einen tiefgefrorenen Pegasus windet. Das Backcover zeigt ein kleines Beispiel aus dem Buch. Das Büchlein kommt mit 188 Seiten recht dünn daher, die Papierqualität ist eher im unteren Rahmen anzusiedeln. Die Schrift im Büchlein selbst ist sehr groß, hinzu kommt ein äußerst großzügiger Zeilenabstand, abgerundet durch breite Seitenränder. Das heißt, trotz der 188 Seiten wird nur ein Bruchteil dessen an Text geboten. In einem typischen WotC Roman könnte man damit etwa 40-60 Seiten füllen – mehr nicht.
Inhalt(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)
In einem Abenteuerspielbuch verkörpert man als Leser den Helden und man wird am Ende eines gelesenen Abschnittes gefragt, welche Handlungsalternativen man für den Protagonisten wählt, was dann wiederum zu weiteren Verzweigungen der Handlung oder zum vorzeitigen Ableben des Helden führen kann.
Aber es ist doch ganz gut, dass es nur so wenig Text ist, denn so konnte ich in weniger als zwei Stunden - dank des großzügigen Einsatzes von Büroklammern und Textmarkern - sämtliche Handlungsvarianten durchspielen. Sprachlich ist der Band zielgruppengerecht eher einfach gehalten und stellt keine größeren Anforderungen an die Englischkenntnisse des Lesers dar.
Und jetzt zum schön bunten, kitschig-klischeeüberladenen Inhalt: Man übernimmt die Rolle des Halblings Tammery „Tam“ Blackfoot, der im supersüßen Märchenwald wohnt, dessen Einwohner immer von der Blauen Hexe tyrannisiert werden. Dein allerallerbestester, superniedlicher Knuddelkumpel ist Clarion, der Pegasus, aber selbst der weiß nicht, dass Du, der tagsüber so faul und träge daherkommende, eher häusliche Halbling, eine geheime Identität hast: Du bist der „Night Shadow“(hier bitte sich den Tusch aus der 60er Jahre Batman TV Serie unbedingt hinzudenken!)! Und als solcher hast Du der bösen, bösen Hexe schon so manchen Meisterdieb-Streich gespielt und deren fiese Monster immer wieder verjagt. Und Du hast den „Ruby of Seeing“ (hier bitte ein mystisch klimperndes Windspiel hinzudenken, danke), mit dem Du im Dunkeln sehen kannst und zwar ganz weit, und du kannst Unsichtbares und Magie entdecken und, und, und…wer braucht da als Halbling schon ´nen doofen Ring?
Es klopft an deiner Tür und eine Pixie ruft dich zur Waldlichtung, wo bitterböses, gar gräulich-gruseliges Unheil droht, denn Clarion, dein supi-dupi Flügelpferdkumpel, ist entführt worden und die durchtrieben eklige, blaue Hexe steckt dahinter und will Forderungen an die lieben, lieben Waldbewohnerlein stellen…und sie fordert 1000 Pfund Gold oder Clarion wird am nächsten Morgen hingerichtet. Oh nein, wer traut sich bloß in die endlosen, düsteren Höhlen der Hexe einzudringen und Clarion zu befreien? Sir Robert, ein weiterer Freund von Dir, ruft die Waldbewohner auf, sich zu ihm zu gesellen und einen Befreiungstrupp zu bilden. Der muhuutige Sir Robert, muss man dazu sagen, ist ein Gnom! Du stehst ihm natürlich bei und… Michael, der große Zauberer, wobei, äh, „groß“ nicht wirklich wörtlich zu verstehen ist, denn Michael ist ein rothaariger Leprechaun. Also brecht ihr drei auf und je nachdem, wie der Leser sich entscheidet, trefft ihr auf Satyre, Dryaden, Zentauren, Elfen und stellt Euch Worgs, Goblins, einem Basilisk, einem Troll, einem grünen Drachen, Zauberern, Hexen, Fledermäusen, Mites und einem Galeb-Dur entgegen. Und all das im gar ach so fürchterlich gruseligen Märchenwald und den fiesen, grauenhaften, monsterverseuchten, fallenübersäten „Everdark Caverns“. Wenn das mal kein Abenteuer ist…
Fazit:Nun, was soll ich sagen? Ich hatte tatsächlich ein klein wenig Spaß bei der spielerischen Lektüre, vor allem aber, weil ich über die maßlos übertriebenen Fantasy-Klischees bisweilen herzhaft lachen musste. Die gebotenen Handlungsoptionen selbst sind leider zu ähnlich und die Story verzweigt auch nicht allzu sehr, so dass man immer den Überblick behält.
Für Jugendliche, die ihr Englisch auf ein spielerische Art und Weise aufpolieren oder vertiefen wollen, scheint das Buch jedoch ganz akzeptabel zu sein. Auch der eine oder andere volljährige Fantasy-Fan mag hier einen kurzweiligen, aber doch arg stereotypen Spaß an der Lektüre finden. Ansonsten kann dieses Büchlein nicht wirklich empfohlen werden, auch wenn es viele Elemente einer typischen D&D-Welt enthält und diese kindgerecht darstellt. Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass der Autor absichtlich möglichst übertrieben und klischeebehaftet geschrieben hat und bei der Beschreibung der Szenerie das eine oder andere Mal selbst laut auflachen musste. Schade, aus diesen Büchern kann man eigentlich mehr machen.
Zusatz zum Settingeintrag der Rezensionsdaten: Superschöner Märchenwald mit arg gräulich bös-fieser Hexe und deren dunkelsten Finsterhöhlen (buhuuu!) |
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