Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Cthuloide Welten 14
Bewertung:
(3.7)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 31.10.2008
Autor:Frank Heller (Hrsg.)
Typ:Magazin
System:Cthulhu
Setting:Cthulhu
VerlagPegasus Spiele
ISBN/ASIN:1610-5362
Inhalt:148 Seiten, Softcover
Sprache:Deutsch

Fing die CW 1 vor einigen Jahren noch mit rund 80 Seiten an, so erreicht das offizielle Cthulhu-Magazin von Pegasus-Press in seiner Ausgabe Nummer 14 in seinem 7. Jahrgang (!) nunmehr einen Umfang von 148 Seiten und hat damit fast 50% mehr Inhalt als bisher. Passend zu dem Artikel über H.P. Lovecraft in der Ausgabe ziert ein von Martin Schlierkamp stimmungsvoll gestaltetes Titelbild mit dem Großmeister des Horrors das Cover.

 

Folgende Themen erwarten den Leser in der CW 14:

Nach dem Vorwort von Frank Heller, in dem insbesondere auf den erheblich gestiegenen Umfang des Magazins eingegangen wird, schließen sich die „Cthulhuiden Nachrichten“ an, die ihren Schwerpunkt in den bereits veröffentlichten oder anstehenden Publikationen des Pegasus-Verlages im Bereich Cthulhu haben, wobei natürlich aber auch die Neuheiten von Chaosium, Pagan Publishing und anderen Verlagen nicht vergessen werden.

 

H.P. Lovecraft - Der Gentleman des Horrors

In dieser Ausgabe widmet sich Daniel Neugebauer dem Meister des Horrors, zeichnet seinen Werdegang und sein Schaffen nach und präsentiert Möglichkeiten, Lovecraft auch im Rollenspiel einzusetzen, mitsamt einigen Abenteuerideen. Ob es allerdings sinnvoll ist, Lovcraft in seiner eigenen Schöpfung auftreten zu lassen ist letztlich Geschmackssache - und die liefert der Autor auch in drei verschiedenen Versionen: Lovecraft historisch, pseudohistorisch und fantastisch. Der Artikel selbst ist sehr lesenswert, die Ideen zur rollenspielerischen Umsetzung von Lovecraft als NSC meiner Meinung nach aber vollkommen fehl am Platz.

 

Starry Wisdom - Der Mythos-Kult von Providence

Hinter dem Namen Starry Wisdom verbergen sich die Hüter des Leuchtenden Trapezoeders, einer der gefährlichsten Kulte des Cthulhu-Mythos, in Providence, deren Aktivitäten bis heute nachwirken. Daniel Harms beleuchtet den Kult in all seinen Facetten und stellt dessen Protagonisten, Bücher und natürlich deren Magie dar. Wer auf der Suche nach einem Kult ist oder Anregungen sucht, dürfte hier auf seine Kosten kommen. Von seiner Grundstruktur sicherlich nicht sonderlich spektakulär, aber solide und ohne größere Probleme einsetzbar.

 

Der Orden der Illuminaten

Kaum ein Geheimbund ist so berüchtigt wie die Illuminaten, welche angeblich im Verborgenen die Geschicke der Welt lenken sollen. Doch in dem Wirrwarr von Berichten, Büchern und Behauptungen über diesen Orden scheinen Wahrheit und Fiktion zu einem nebulösen Zerrbild zu verschmelzen. Stephan Behrens widmet sich der Frage, was sich hinter den Illuminaten verbirgt, mit welchen Verschwörungstheorien sie in Verbindung gebracht werden und wie man sie im Rollenspiel einsetzen kann. Überaus kurzweilig zu lesen und mit seiner Fülle von Informationen eine wahrhaftige Fundgrube, sowohl für die Epochen der 1890er, 1920er und für Now.

 

Das Handwerkszeug des Okkultisten

Der Artikel von Ralf Sandfuchs beschäftigt sich mit den Lehren der Okkultisten auf dem Gebiet der Zukunftsdeutung im ausgehenden 19. und vor allem im beginnenden 20 Jahrhundert, die mit Würfeln, Pendeln, Ruten, Runensteinen, Kristallkugeln und anderen Mitteln einher geht und gibt etliche brauchbare Hinweise für deren Einsatz im Spiel. Auch werden die Kontaktaufnahme zu Verstorbenen, die Geisterfotografie und Ektoplasma eingehend dargestellt und durch einige Tipps fürs Spiel ergänzt. In diesem Zusammenhang darf natürlich auch die Schummelei und Scharlatanerie in diesem Bereich nebst ihrer Aufdeckung nicht fehlen.

 

Spuk im Gemäuer - Von Geisterschlössern und anderen unheimlichen Gebäuden

Kaum etwas lässt das Herz eines Spielleiters höher schlagen als neue attraktive Spielorte zu denen mit Sicherheit auch alte, knarrende Spukhäuser und zugige Geisterschlösser zählen. Tim Scharnweber stellt vom schottischen Glamis Castle bis hin zum Whaley House mehrere real existierende und angeblich verfluchte Gebäude zu verschiedenen Cthulhu-Epochen vor und garniert die Präsentation mit entsprechenden Ideen für Abenteuer zu jedem Schauplatz. Wer nach dem Lesen neugierig geworden ist und noch mehr Infos haben möchte, kann sich durch die angegebenen Internet-Adressen wühlen und noch einiges über die vorgestellten Örtlichkeiten entdecken. Scheinbar ist an eine Fortsetzung dieser Reihe mit dem Schwerpunkt auf deutschen Spukhäusern gedacht. Schöne Idee mit viel Potential für einige Abenteuer – gerne mehr davon.

 

Albert Einstein - Genie, Pazifist und Weltbürger

In der Reihe „Personen der 1920er“ stellt Daniel Hockmann den Nobelpreisträger vor und präsentiert Möglichkeiten und Abenteuerideen, ihn und seine Entdeckungen ins Spiel zu involvieren.

Albert Einstein mag mit Sicherheit eine überaus interessante Person der Zeitgeschichte sein und der Artikel über seine Person liest sich auch absolut klasse, doch sind die dargestellten Bezüge zum Cthulhu-Mythos etwas dünn und einer möglichen Verwendung von Einstein als NSC würde ich – ähnlich wie bei Lovecraft - nur kopfschüttelnd gegenüberstehen. Doch hier entscheiden letztlich der Leser und dessen Vorstellungen und Vorlieben.

 

World Jump Day - Eine Szenarioidee für Cthulhu Now

Was passiert, wenn alle Menschen gleichzeitig hochspringen, und warum sollten sie es tun? Daniel Neugebauer geht in seinem Artikel der Frage nach, ob dies nur ein naiver Spaß ist, oder doch mit den Plänen der Großen Alten und Cthulhus Erwachen zu tun hat und präsentiert den „World Jump Day“ zugleich als Einstieg für eine Kampagne für Cthulhu Now.

Ich persönlich halte die ganze Idee eigentlich insgesamt für einen schlechten Spaß und finde, Cthulhu Now hätte bessere Ideen verdient. Falls sich dieser schleichende Trend fortsetzen sollte, Cthulhu Now dauernd für vermeintlich lustige oder gänzlich abgedrehte Szenarien auszuschlachten, wird der gute Ruf von Cthulhu Now in absehbarer Zeit „verspielt“.

 

Peer Kröger - Der Cthulhu-Autor im Interview

Es ist wohl mehr ein Gespräch denn ein Interview, welches sich hinter dieser Ankündigung verbirgt, das aber nichts desto trotz sehr lesenswert ist. Peer Kröger zeigt sich überaus offen und berichtet freimütig über seine erste Begegnung mit Wolfgang Schiemichen, seinen Werdegang als freischaffender Autor und das Kreieren von Abenteuern. Ein sehr gelungenes Gespräch mit einem von mir im Bereich Cthulhu hoch geschätzten Autor.

 

Attribute unter der Lupe

Bereits in der CW 13 hat sich Thomas Michalski mit dem Sinn und Unsinn von Regeln im Allgemeinen, aber auch im Speziellen beim Cthulhu-Rollenspiel befasst. Mit der Fortführung dieses Artikels widmet sich Michalski nunmehr den acht grundlegenden Attributen des Cthulhu-Rollenspiels und möglichen Verbesserungen des Regelwerkes. Ganz bewusst erfolgt der Hinweis der Redaktion, diese Artikelreihe stelle kein offizielles Material dar, sondern sei als optionaler bzw. alternativer Vorschlag gedacht. Hmm - ob sich hier vielleicht eine kleine Revolution zusammenbraut? Zumindest gibt Michalski in seinem Artikel einige sehr interessante Denkanstöße, die eine Überlegung wert sind.

 

Spielend leiten - Spieler leiten

In dieser Rubrik dreht sich diesmal alles um die Psychologie und den gezielten Einsatz von Konflikten im Cthulhu-Rollenspiel – unter der Prämisse, „es müssen nicht immer Kämpfe sein“. Marcus Johanus lässt sich in diesem Artikel zu den Kniffen und Feinheiten aus, wie man die Charaktere sicherer und gezielter in zwischenmenschliche Konflikte steuern kann, um seinem Spiel mehr Farbe und Tiefgang zu geben. Insgesamt sehr lesenswert, kenne ich Cthulhu doch auch eher als atmosphärisch dichtes Rollenspiel, in dem weniger wildes Ballern und Action im Vordergrund stehen als der kosmische Schrecken und der damit verbundene drastische Verlust von geistiger Stabilität.

Ein Artikel, der sich zum Teil an einige rege und kontroverse Diskussionen um das Thema „Stimmungsspiel“ im deutschen Rollenspielbereich anschließt und auf einige neue und interessante Diskussion hoffen lässt.

 

Das verlorene Bataillon - Ein Abenteuer im 1. Weltkrieg

Den Abschluss macht das große Abenteuer „Das verlorene Bataillon“ von Sam Johnson das bereits 1998 unter dem Namen „No man´s land“ bei Chaosium erschienen ist. Das Abenteuer wurde von Kai Zimmermann übersetzt, insgesamt mit neuen Bildern und ansehnlicheren Karten versehen sowie mit überarbeiteten Handouts ausgestattet. Im Gegensatz zur optisch nicht sonderlich überzeugenden Originalausgabe entstand hier jetzt ein echter Hingucker.

 

In dem Abenteuer übernehmen die Spieler die Rollen von amerikanischen Soldaten im 308. Regiment der 77. Infanteriedivision während des ersten Weltkriegs, die während schwerer Kämpfe im Argonner Wald vom Rest der Division abgeschnitten wurden. Die Charaktere finden sich nunmehr als Teil einer Einheit wieder, die sich im Niemandsland vom Feind eingekesselt sieht und verzweifelt versucht, sich zu den eigenen Linien durchzuschlagen. Während des mühsamen Marsches stoßen sie allerdings auf ein uraltes Grauen, das unaussprechliche neue Schrecken mit sich bringt und den grausamen Alltag des Krieges noch weit in den Schatten stellt.

 

Neben dem alltäglichen Schrecken des Krieges erwartet die Spieler ein durchweg gutes Abenteuer, das sich hervorragend als One-Shot eignet. Nebenbei gibt es noch einige mehr oder weniger brauchbare Hinweise für den Spielleiter über die Erzeugung der passenden Atmosphäre und den Einsatz von allerlei technischen Hilfsmitteln.

 

Unspeakable Vault of Doom

Natürlich darf auch diesmal nicht der Abschlusscartoon fehlen - immer wieder gut…

 

Fazit

Das Magazin „Cthuloide-Welten“ ist und bleibt eine hervorragende Ergänzung zu den Regelwerken und Quellenbüchern und ist nicht nur Spielleiter und Spieler des Genres interessant. Die Qualität im Layout ist wie immer perfekt und auch der gestiegene Seitenumfang macht Freude, hat man doch jetzt zu einem recht günstigen Preis noch mehr Lesestoff.

Für mich gilt aber auch weiterhin, das sich nicht alle interessanten und lesenswerten Artikel unbedingt uneingeschränkt für das Spiel nutzen lassen. Insbesondere bei den oben genannten Personen wie Lovecraft oder Einstein bestehen bei mir erhebliche Bedenken, diesen als NSC „Leben einzuhauchen“ und in einem Abenteuer zu verwenden.

Ein ganz besonderes Highlight in dieser Ausgabe ist für mich das Abenteuer „Das verlorene Bataillon“ mit annähernd 60 Seiten, das bei Chaosium sogar ursprünglich als eigenständiges Buch erschienen ist. Wer „Niemandsland - Grabenkrieg und Heimatfront“ kennt und Lust auf weitere Abenteuer in diesem Bereich hat, dürfte alleine schon mit diesem Abenteuer auf seine Kosten kommen.

Wenn es auch vielleicht von meiner Seite einige kritische Töne zur Ausgabe gibt - für Cthulhu-Fans ist dieses Magazin ein absolutes MUSS. Wo bekommt man sonst noch zum immer noch günstigen Selbstkostenpreis diese Fülle von durchweg qualitativ hochwertigen Beiträgen als Magazin geboten?