Links zur Rezension Ratten! bei Prometheus Games (Mit Galerie)
VorwortRatten! Ist ein Rollenspiel, welches vom Projekt-Kopfkino entwickelt wurde und noch immer auf der Seite des Projektes heruntergeladen werden kann. Im April 2008 legte Prometeus-Games dann das Grundregelwerk sowie das erste Abenteuer, „Der Kasten des Lebens“, in Printform auf. Diese Printausgabe liegt dem Rezensenten vor.
FormellesDas von Prometeus aufgelegte Buch „Ratten!“ enthält sowohl das Grundregelwerk als auch das erste Abenteuer. Beides ist in einem Buch gebunden, während die beiden Werke beim Projekt Kopfkino als separate PDFs verfügbar sind. Die beiden Teile sind aber gut voneinander getrennt, so dass ein Spieler das Abenteuers kaum versehentlich lesen wird. Als das Rollenspiel Ratten! erstmals veröffentlicht wurde, enthielt es eine Reihe von orthographischen Fehlern, welche hauptsächlich dank aufmerksamer Fans des Produkts nach und nach ausgebessert wurden. In die Printversion sind - soweit ich erkennen konnte - alle Korrekturen eingeflossen, um genau zu sein, konnte ich beim Lesen keine Fehler mehr finden. Top! Das sieht man selten.
ÄußerlichkeitenDas Buch ist stabiler als es wirkt. Als ich das Werk aus seiner Verpackung befreit hatte, dachte ich eine außerordentlich schlechte Buchbindung vor mir zu haben, doch der Schein trügt. Auch bei intensiverer Nutzung löst sich diese Bindung nicht und der Spielspaß bleibt ungetrübt. Die Illustrationen, die schon in der elektronischen Ausgabe vertreten sind, sind allesamt sehr düster gehalten und von hoher Qualität. Insgesamt sind sie in einem einheitlichen Stil gehalten und durchaus zahlreich. Das Cover zeigt zwei alte Puppen, welche schon recht verrottet sind, zwischen denen eine Ratte sitzt. Die Szene spielt auf einem Verkaufsregal.
Inhalt (ohne Spoiler)Die Idee des Spiels beruht darauf, dass die Spieler in Rolle von Ratten schlüpfen, welche in einer von Menschen erbauten aber verlassenen Umgebung zurecht kommen müssen. Dabei betrachten die Ratten die Menschen als Götter und nennen sie „die Erbauer“. Je nach Rotte verachten, bewundern oder ignorieren die Ratten die Erbauer der „Rattenburg“ - so der Name des Settings. Rotten sind dabei eine Mischung aus Unterart und Gang, sie haben sich im Laufe der Zeit durchaus auch körperlich von einander weg entwickelt sind aber allesamt noch Ratten. Die Rotten repräsentieren Klassen, Rassen, ethnische Gruppen, religiöse Gruppen und Völker zugleich. Dabei sind die meisten Rotten mehr oder weniger verfeindet, wobei dies nicht immer auf Gegenseitigkeit beruht, manche Rotten sind einfach außerordentlich misstrauisch anderen gegenüber. Im Folgenden werden die einzelnen Rotten vorgestellt: Die Brandratten stellen die religiösen Fanatiker des Spiels da. Sie sammeln analysieren und huldigen allem, was sie von den Erbauern finden. Sie sind überzeugt, dass die Erbauer nicht umsonst die Burg errichteten, sondern um die Ratten zu prüfen. Ihren Namen tragen die Brandratten, da sie ein ewig brennendes Feuer in ihrem Revier brennt, welches stets am Brennen gehalten wird. Die Müllschlinger sind die Punks der Rattenwelt. Die fressen fast nie etwas, das nicht verdorben ist, sie halten die Welt um sich herum für grundschlecht. Müllschlinger kämpfen jeden Tag einen Überlebenskampf und wenn es gerade nichts zu überleben gibt, so legen sie sich selbst Bürden auf, gegen die sie bestehen müssen, um später den wahren Gefahren besser trotzen zu können. Die Sammler erinnern stark an die Ferengi aus Star Trek, sie sammeln alles, was irgendwie nützlich ist. Und wenn es nicht nützlich ist, dann ist es vielleicht jemand anderem nützlich und mit dem kann man handeln. Sammler neigen dazu, dass sie immer jemanden kennen, der ihnen gerade einen Gefallen schuldet. Die Rotaugen sind (und damit steckt hier doch ein Spoiler) in Wirklichkeit Mäuse. Aber das wissen sie nicht und auch die anderen Rotten wissen dies nicht. Sie sind vielleicht die Hobbits der Ratten, neugierig, flink, klein, diebisch. Und sie haben stets gerade die Information ausspioniert, die jemand anderen interessieren. Die Scharfzähne, Klingonen und Orks der Burg, Barbaren der Ratten... und das beschreibt sie dann auch schon sehr genau. Scharfzähne sind die Kämpfer bei Ratten! Sie sind groß und kräftig und darauf bedacht, alles mit Ehre zu erledigen. Die Laborratten sind sicherlich die intelligenteste Rotte der Rattenburg. Sicher nicht so klug wie die Erbauer, aber sie streben es an. Und so sammeln die Laborratten alle Artefakte der Erbauer und versuchen, diese zu verstehen. Sie bewältigen Herausforderungen mit List und Köpfchen. Die Taucher stellen eine Besonderheit dar, die untersten Stockwerke der Rattenburg sind (teilweise) überflutet, dies ist das Revier der Taucher. Sie haben gelernt, ausgezeichnet zu schwimmen. Sie stehen nicht wirklich im Konflikt mit anderen Rotten, sondern leben eher zurückgezogen. Kaum jemand wagt sich in die gefährliche und unangenehme Umgebung, in der die Taucher leben. Und damit sind diese sehr zufrieden, denn sie haben dieses Leben gewählt, um in Ruhe gelassen zu werden. Die Regeln von Ratten! sind recht simpel gehalten, es gibt vier Grundeigenschaften sowie einige Werte, die aus diesen Errechnet werden (Zähigkeit, das Pendant zu Trefferpunkten werden z.B. aus dem Stärkewert x3 errechnet). Alle Proben gehen auf jeweils zwei dieser vier Eigenschaften zurück. Dabei nutzt Ratten! ein Pool-System, die Summe der zur Probe herangezogenen Werte entspricht der Anzahl der Würfel, mit denen man einen Schwierigkeitsgrad erreichen muss. Dabei werden die beiden höchsten Werte addiert. Da alle Proben eine Schwierigkeit von 4-10 haben, kann jede Probe bestanden werden und auch jede Probe misslingen. Erfahrungspunkte und Stufen werden in Ratten! durch „Lieder“ und „Namen“ ersetzt. Je mehr Lieder über eine Ratte gesungen werden, desto berühmter ist sie, was ihr vor allem Vorteile in Rededuellen gewährt. Namen sind Beinamen, also zum Beispiel „Krähenkiller“ oder auch „Wächter der Erbauerdosen“. Namen gewähren einen Stufenaufstieg. Sowohl Namen als auch Lieder sind in drei Kategorien eingeteilt. In diesen Kategorien werden Punkte gesammelt, dabei kann eine Tat durchaus die eine Kategorie steigern und eine andere senken. Die verschiedenen Rotten haben unterschiedliche Präferenzen bezüglich dieser Kategorien, das System belohnt also charaktergerechtes Verhalten, wer immer die Konfliktlösung über den Kampf sucht, wird ebenso belohnt, wie jemand, der stets darauf aus ist, sein Wissen zu vergrößern. Wer einen Mittelweg sucht, wird vermutlich langsamer aufsteigen als seine Mitstreiter (muss er/sie aber nicht). Wer das Spiel spielen, aber nicht leiten möchte sollte nun mit dem Fazit fortfahren.
Zusatzinformationen mit SpoilerLeider ist das Ratten!-Regelwerk nicht darauf bedacht, Metawissen von den Spielern fern zu halten. Obwohl der Reiz des Spiels zum Teil darauf beruht, dass die Ratten und die Spieler nicht wissen, was sie da gerade wirklich vor sich haben, werden viele dieser Dinge im Regelwerk vorgestellt und Spieler- und Spielleiterwissen nicht getrennt. So wird relativ klar kommuniziert, dass die Rattenburg ein verlassenes Kaufhaus ist, dass eine „Lichtsäule“ eine Taschenlampe und ein „Schleicher“ eine Katze darstellt. Schade, denn eine genaue Trennung, eine Ausgliederung oder auch nur eine Markierung „Spielleiterinformationen“ wären hier hilfreich gewesen, um dem Spieler, der das Regelwerk liest, die Möglichkeit zu geben, diese Informationen auszusparen.
Fazit:Ratten! Ist ein Spiel für zwischendurch oder für längere Kampagnen oder aber auch für eine ganze Reihe einzelner Abenteuer mit neuen oder alten Charakteren. Dabei scheint sich das Spiel an erfahrene Rollenspieler zu wenden, denn wenngleich es mir nicht gelang, eine Proberunde auf die Beine zu stellen, erscheint mir das Hineinversetzen in eine Ratte (mit ihren motorischen Fähigkeiten) doch eine Herausforderung, für die es etwas Übung bedarf. Alles in allem ein ausgezeichnetes Produkt mit überraschend stabiler Verarbeitung, wenig (oder keinen) Fehlern und einem spannenden Setting, das sich sogar mit relativ wenig Aufwand austauschen ließe. So sind die Space-Rats bereits in Arbeit (Ratten auf einer Raumstation) und auch sonst ist es ein Leichtes, weil der Spielleiter sich hier einfach an der Realität orientieren kann. Ein Kinderspielplatz wäre ein äußerst geeignetes Setting, welches das Spielgefühl aber radikal ändern dürfte. Der Wermutstropfen ist die mangelnde Trennung von Informationen. Wer sich den Spaß also nicht verderben möchte, sollte nur die Seiten lesen, von denen der Spielleiter glaubt, dass es nicht schadet. Oder aber Spieler lassen sich das Spiel erklären und lesen z.B. nur die Listen der Talente und Tricks. Der Preis des Produkts lässt aber auch diese Unzulänglichkeit vergessen, denn für null Euro im Download oder elf Euro in der Printversion ist dieses Indy-Rollenspiel schnell gestemmt. |
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