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Perry Rhodan - Das Rollenspiel - Grundregelwerk
Bewertung:
(3.9)
Von: Nico Bracht
Alias: Cut
Am: 16.11.2008
Autor:Alexander A. Huiskes, Jürgen E. Franke (unter Mitarbeit von Rainer Castor)
Typ:Rollenspiel-Grundregelwerk
System:Eigenes System (basierend auf MIDGARD -M4-)
Setting:Das „Perryversum“
VerlagVFSF / Dorifer
ISBN/ASIN:3-924714-25-8
Inhalt:344 Seiten, Hardcover
Preis:34,80 €
Sprache:Deutsch

Das Perry Rhodan Rollenspiel...

Vorbemerkung:

Ich selber bin kein richtiger Perry Rhodan Fan.

Allerdings habe ich im Laufe der Jahre eine große Neugierde entwickelt, wenn es darum ging, neue, mir bis dahin unbekannten Science Fiction Universen kennen zulernen. Da ist es natürlich schwer, eine der größten und langlebigsten Serien auszusparen. Mich schreckte Perry Rhodan (PR) zunächst aber eher ab. Ein Einstieg in die Heftreihe kam für mich schlicht und ergreifend wegen der riesigen Masse an bereits erschienenem Material (bisher mehr als 2200 Romanhefte!) nicht in Frage. Ich kam dann aber durch einen Zufall in den Besitz von drei Bänden der PR-Hörbuch Reihe, der sog. „Silver Edition“. Teil 1, „Die Dritte Macht“, schilderte den Anfang der Serie. Dieses Hörbuch (und zwei weitere frühe Titel) war für mich der Startschuss. Mit diesem zugegeben mageren Rüstzeug, aber einer großen Portion Neugierde ausgestattet, wollte ich mir nun das PR-Rollenspiel ansehen und klären, ob das Rollenspiel Grundregelwerk auch Quereinsteigern wie mir einen leichten, zumindest oberflächlichen Zugriff auf die komplexe PR-Materie gestatten würde.

Gleichzeitig wollte ich wissen, ob das PR-Rollenspiel geeignet wäre, um es für Gruppen mit einer gewissen Vorkenntnis des MIDGARD Rollenspieles als Basis-Regelsatz zu nutzen, um eigene Science-Fiction Kampagnen in eigenen Welten zu spielen oder sogar aus TV-Serien oder Büchern bekannte Universen rollenspielerisch zu simulieren.

Ich dachte hier speziell an Serien wie Babylon 5 oder Stargate SG-1.

 

Ein weiterer Grund, mich mit dem PR-Rollenspiel zu beschäftigen, war die oben bereits kurz angedeutete (enge) Verwandtschaft des Produktes zum klassischen Fantasy-Rollenspiel MIDGARD, die sich nicht nur auf den Autoren-Stamm, sondern auch auf (große Teile) das Regelsystems erstrecken soll. Da ich MIDGARD selber schätze und eine Anzahl an „lernfaulen“ Mitspielern in meinem Freundeskreis habe, sind ähnliche Systeme immer besonders interessant für mich, weil sie meinen potentiellen Mitspielern wesentlich leichter zu vermitteln und schmackhaft zu machen sind.

 

Aus diesen Gründen war ich also doppelt neugierig auf das PR-Produkt.

 

Aufmachung und Ausstattung:

Die Grundregeln des PR-Rollenspiels sind von der „Edition Dorifer“ erstellt worden und unter der Regie des Verlags für F&SF-Spiele (unter Lizenzgabe des Pabel Moewig Verlages) erstmals 2004 erschienen.

 

Das vorliegende Grundregelwerk Perry Rhodan – Das Rollenspiel (PR-Rollenspiel) kommt als dickes Hardcover-Buch daher, mit ansprechender Titelbild-Gestaltung, grundsolider Bindung, angenehmem Druckbild (klar und gut lesbar von der Schriftart/-größe) auf ordentlichem, wenngleich nicht modern beschichteten Standardpapier.

Der Druck ist in schlichtem Schwarz-Weiß gehalten. Das wird für heutige Rollenspielbücher vielerorts nicht mehr als zeitgemäß betrachtet, aber ich finde, dass ein ordentliches, bezahlbares s/w Buch genauso überzeugend daher kommen kann, wie ein grellbuntes Produkt auf Hochglanz-Papier.

Dort täuscht in meiner Erfahrung häufig die Optik über Schwächen im eigentlichen System hinweg, während ein s/w-Produkt durch seine inhaltliche Stärke Farbe bekennen muss, weil ihm schlichtweg keine andere Möglichkeit bleibt. Eine Anzahl von stimmigen, größtenteils sehr gelungenen Zeichnungen und Illustrationen runden das zugegeben schlichte, aber doch sehr gelungene Erscheinungsbild des Buches ab. Das mir vorliegende Buch (aus der 1. Auflage) verfügt des Weiteren über eine geringe Zahl von ganzseitigen Farb-Illustrationen und es lag ein farbiges, großformatiges Poster bei.

Inklusive Index, Abkürzungsverzeichnis und Datenblätter-Kopiervorlagen bringt es das PR-Rollenspiel auf ordentliche 344 Seiten.

 

Alles in allem bin ich mit der Aufmachung, der Qualität der Materialien und der Verarbeitung sehr zufrieden. Man bekommt etwas liebevoll Gestaltetes und robustes für sein Geld

Es ist aber nicht abzustreiten, dass es Bücher gibt, die in der optischen Ausgestaltung deutlicher punkten.

 

Anmerkungen:

Auch bei den 1. Auflagen der MIDGARD Grundregelwerke - „Das Fantasy Rollenspiel“ und „Das Arkanum“ - der aktuellen 4. Edition (M4), waren jeweils eine geringe Anzahl von Farb-Illustrationen enthalten, die bei späteren Auflagen nicht mehr abgedruckt wurden. Es ist daher möglich, dass eine mögliche zweite Auflage des PR-Rollenspiels ein ähnliches Schicksal erwartet.

Sammler sollten also bewusst versuchen, einen Band der ersten Auflage zu bekommen.

 

Das MIDGARD-Grundregelwerk „Das Fantasy Rollenspiel“, welches ich im Rahmen dieser Rezension noch das eine oder andere Mal ansprechen werde, nenne ich nachfolgend, dem MIDGARD-Jargon entsprechend, nur noch kurz „DFR“ (für „Das Fantasy-Rollenspiel“).

 

Inhalt:

Die 344 Seiten des PR-Rollenspiel Buches sind in 9 Kapitel untergliedert. Die einzelnen Kapitel tragen dabei jeweils den Titel „Sektion“. Den neun Sektionen ist jeweils ein knappes Vorwort voran- bzw. ein kurzer Anhang nachgestellt.

 

Vorwort:

Auf den ersten richtigen Seiten des Buches, also noch vor Beginn von „Sektion 1“, wird erklärt, was es mit der Materie des Rollenspiels auf sich hat und was man sich als Außenstehender darunter vorstellen kann. Für alte Hasen ist dies nichts Neues. Für Neueinsteiger ins Rollenspiel ist es aber sicherlich hilfreich, diese beiden Seiten als Hinführung in diese neue Art des Spielens zu haben.

 

Sektion 1: Die Welt von Perry Rhodan

Auf 31 Seiten gibt es hier einen sehr kurzen Abriss über die Geschichte und den Hintergrund der Serie, der auch für Neueinsteiger einen guten Überblick gibt. Niemand kann ernsthaft erwarten, auf nur 30 Seiten den kompletten Inhalt einer Serie, die aktuell aus weit mehr als 2200 Heften besteht, vermittelt zu bekommen.

Dennoch gelingt es den Autoren, dem Leser ein Grundgerüst an Informationen zu vermitteln und diese in Form einer chronologischen Abfolge übersichtlich und gut lesbar an den Mann zu bringen.

Dieses Kapitel ist daher nicht nur für Rollenspieler interessant und sollte eine Pflichtlektüre, sowohl für Spieler als auch für Spielleiter sein.

Der Stichtag für diese Zusammenfassung ist das Jahr 1332 NGZ, also 4919 nach Christus.

Das bedeutet, dass das PR-Rollenspielbuch auf den Zeitpunkt abstellt, an dem der PR-Heftroman Band #2200 („Sternenozean-Zyklus“) spielt.

 

Sektion 2: Die Völker des Perryversums

In diesem Kapitel werden die neun spielbaren Völker des Perryversums vorgestellt, die im Buch enthalten sind. Hierfür nahmen sich die Autoren knapp 30 Seiten Platz.

Neben den Terranern und den Arkoniden sind noch die Aras, die Akonen, die Baalols, die Jülziish, die Kartanin, die Mehandor und natürlich die Topsider als spielbare Völker aufbereitet worden.

 

Die allgemeinen Hintergrundinformationen über die Völker werden stets nach dem gleichen Schema vermittelt: Volk / Spezies / Zentralwelt / Kolonien / Geschichte / Politik / Raumschiffe / Technologische Besonderheiten / Kulturelle Besonderheiten.

Dann gibt es speziellere Angaben, die für Spieler interessant sind. Anders als bei vielen Rollenspielen werden hier die Völker thematisch und charakterlich vorgestellt. Hier geht es mehr darum, ein Gefühl für die verschiedenen Spezies zu entwickeln, als um die regeltechnischen Unterschiede. Dieser Ansatz ist gefährlich, aber er gefällt mir.

Die weiteren Informationen sind aufgeteilt nach: Aussehen / Lebenserwartung / Charakter / Namensgebung.

Diesen beiden Aufbau-Schemata folgen im Großen und Ganzen alle acht Einträge.

 

Sektion 3: Die Grundregeln

Auf nur neun Seiten (!) gibt es einen schnellen Überblick über das Regelsystem und seine wichtigsten und grundlegenden Mechaniken.

Das wären der Prüfwurf sowie Erfolgs- und Widerstandswürfe.

Diese Instrumente sind hinlänglich aus dem MIDGARD Rollenspiel bekannt. (Beispiel: Bei einem Erfolgswurf ist es das Ziel, einen Wert von größer oder gleich 20 zu erzielen. Dabei wird mit einem W20 gewürfelt. Auf diesen Wurf werden dann entweder noch Fertigkeitswerte addiert oder aber Modifikatoren für andere Einflüsse und Besonderheiten einbezogen.)

Auch die Funktion von Spielleiter, Spielerfiguren, Abenteuern und Kampagnen werden kurz angesprochen.

Die benötigten Würfelarten für das PR-Rollenspiel sind W6, zwei W10 (für Prozentwürfe) und W20.

Die Idee, diese Erläuterung sehr knapp zu halten, und den Regeln zur Charakterschaffung voranzustellen, halte ich gerade im Hinblick auf Rollenspielneulinge für sehr clever und gelungen. Jetzt weiß man bei der Erstellung seiner ersten Spieler-Figur schon ein wenig besser, worauf man zu achten hat und worauf es besonderes Augenmerk zu legen gilt.

Die Regeln zur Charaktererschaffung schließen sich mit Sektion 4 direkt an.

 

Sektion 4: Erschaffung von Spielerfiguren

Auf 53 Seiten werden nun die Regeln vorgestellt, mit deren Hilfe man sich eigene Spielerfiguren im Perryversum erstellen kann. Hier sind Ähnlichkeiten zum Charaktererschaffungsprozess des MIDGARD Rollenspiels nicht von der Hand zu weisen, aber alte MIDGARD-Hasen sollten sich nicht blind auf ihren vermeintlichen Wissensvorsprung verlassen. Es hat einige Änderungen und (kleinere) Anpassungen gegeben, die dem moderneren Zeitrahmen und futuristischen Umfeld geschuldet sind.

 

Am Kern des Rollenspiel-System mit Basiseigenschaften, die im Regelfall einen Wert zwischen 01 und 100 haben, und den von diesen Basiseigenschaften abgeleiteten weiteren Basiseigenschaften, hat sich aber nichts Grundlegendes geändert. Die Basiseigenschaften sind: Stärke, Geschicklichkeit, Gewandtheit, Konstitution, Intelligenz und Psipotential. Wie bei MIDGARD auch, haben manche Völker bestimmte Höchst- und Mindestwerte, die bei der Figurenerstellung berücksichtigt werden sollten. Alle diese Besonderheiten sind in einer Tabelle übersichtlich auf Seite 72 zusammengefasst und im Begleit-Text erläutert.

 

Auch bei der Generierung einer Spielerfigur im Perryversum wird fleißig gewürfelt (z.B. für Aussehen, Körpergröße, Gewicht, Bevorzugte Hand usw.). Dies ist sicherlich nicht jedermanns Sache.

Der eigentliche Erschaffungsprozess ist vom Ablauf her etwas anders geregelt. Man durchläuft verschiedene Schritte. Da wären Pakete für Kindheit und Jugend, aus denen man wählen kann, zu nennen. Es werden Volksfertigkeiten erwürfelt, schließlich wird der Abenteuertyp gewählt. Es gibt die folgenden Abenteuertypen im PR-Rollenspiel: Agent, Diplomat, Entdecker, Ermittler, Forscher, Gelehrter, Gesetzloser, Glücksritter, Händler, Künstler, Mediker, Mystiker, Raumfahrer, Söldner, und Techniker. Weiter gibt es eine Reihe von Berufen. Jedem Abenteuertyp werden einige Berufe typischerweise zugerechnet. Außerdem gibt es Übersichten, welche Abenteuertypen und welche Berufe besonders gut zu welchen Völkern passen oder eben gar nicht wählbar sind.

Über diese Auswahl erhält eine Spielerfigur eine Anzahl an Herkunfts- und Berufsfertigkeiten, mit der sie ins Spiel startet.

Um eine Spielerfigur weiter individuell zu gestalten, kann man sie nun noch mit Vorzügen und/oder Mängeln versehen, und sie damit facettenreicher machen. Auch hier gibt es eine Übersicht über typische Vorzüge/Mängel der einzelnen Völker.

Es ist zu beachten, dass die Erschaffung eines Fantasy-Helden nach den Regeln des DFR und einer PR-Spielerfigur definitiv zwei paar Schuhe sind. Erhalten bleiben die Trennung nach Ausdauer und Lebenspunkten sowie die Resistenzen, die ja charakteristisch für das MIDGARD Spiel-System sind.

 

Abschließend werden auf ein paar Seiten am Schluss dieser „Sektion“ die Themen Psikräfte, die später noch ein eigenes Kapitel erhalten werden, und moderne Ausrüstungsgegenstände, die settingtypisch sind, behandelt. Psikräfte sind extrem selten, aber von zentraler Bedeutung, wenn man die Serie betrachtet. Psi tritt an die Stelle der Magie des MIDGARD Systems. Diesen Kräften wird noch eine eigene Sektion gewidmet.

 

Sektion 5: Fähigkeiten der Spielerfiguren

Im PR-Rollenspiel gibt es neben den Fertigkeiten der Spielerfiguren, auch noch die Möglichkeit, diese mittels einer Spielmechanik, die sich „Vorzüge und Mängel“ nennt, zu charakterisieren.

Die Fertigkeiten, die im Spiel vorhanden sind, werden in Sektion 5 nun „von A-Z“ vorgestellt, genauso wie ihre Verwendung erläutert wird sowie wann welche Art zum Einsatz kommt. Es wird zum Beispiel nach Sozialem Umgang, Körperlichem Einsatz, Technikfertigkeiten oder Faktenwissen unterschieden. Auch die Sinne der Spielerfiguren werden in dieser Sektion behandelt.

Neben den Fertigkeiten werden auch noch die möglichen Mängel und Vorzüge, die zur Auswahl stehen, sowie Unterfertigkeiten und Schwerpunkte erläutert.

 

Sektion 6: Die Psikräfte

Insgesamt acht unterschiedliche Arten der Psikräfte haben es ins Grundregelwerk des Spiels geschafft. Diese werden auf 20 Seiten vorgestellt.

Dabei handelt es sich um folgende: Antipsi, Extrasensorik, Hyperraum und Pararealitäten, Parakinese, Paratransport, Psychokognition und Transformation.

Jede dieser Psiformen wird nun kurz erläutert und ein paar Beispiel-Kräfte werden angeführt. Diese auszulösen, kostet eine Anzahl an Ausdauer-Punkten (AP).

Das ganze System erinnert sehr an das Magiesystem von MIDGARD.

Dieses Kapitel ist naturgemäß extrem settingbezogen, bietet aber gute Hinweise für die Spielleiter, die das Regelgerüst des PR-Rollenspiels für ein eigenes Universum oder aber zur Nachahmung eines bekannten Settings nutzen wollen. Insbesondere im Hinblick darauf, wie man schnell auf Magieregeln basierende, eigene Regelungen entwickeln kann.

 

Sektion 7: Kampf und Bewegung

Wie in den meisten Rollenspiel-Regelwerken ist auch beim PR-Rollenspiel der Kampf zwischen Figuren (und Raumfahrzeugen) ein zentraler Aspekt des Regelsystems und beansprucht damit einen relativ großen Platz in den Regeln.

Ca. 50 Seiten verwenden die Autoren, um ein deutlich vom MIDGARD System beeinflusstes Personen-Kampfsystem vorzustellen, was natürlich aufgrund der vielen zur Verfügung stehenden offensiven und defensiven Technologien modifiziert, erweitert und angepasst werden musste. Zu nennen wäre hier beispielsweise der Einbau einer ersten und zweiten Schussphase, die vor einer Nahkampfphase angesiedelt sind. Ferner finden sich Regelungen für Sprengkörper oder aber Schutzschirme in dieser Sektion, aber auch das gute alte Handgemenge hat sich in die modernen PR-Kampfregeln retten können.

Das Schadenssystem wurde neben leichten und schweren Treffern noch um die Paralyse erweitert.

Obwohl das System etwas komplexer wurde, machte das Kampfsystem auf mich einen gut spielbaren Eindruck.

 

Nagelneu sind die Raumkampfregeln, für die es in DFR natürlich keine Daseinberechtigung gab. Diese werden etwas knapper gefasst als die Regeln des Personenkampfes. In den Regeln selbst wird der Spielleiter gewarnt, dass er Raumkämpfe nur sehr spärlich und gezielt einsetzen sollte, weil es dabei sehr schnell zu tödlichen Treffern kommen kann. Im Perryversum werden Waffen eingesetzt, die es teilweise mit nur einem Treffer zur Vernichtung eines ganzen Schiffes kommen lassen können, und damit den Tod einer kompletten Spielergruppe zur Folge haben können. Nach der Lektüre der Regelungen teile ich die Ansicht der Autoren und warne ebenfalls!

Ob man sich die Mühe machen möchte, und eine abgeschwächte Form des Raumkampfsystems entwickelt, muss letztlich jeder Spielleiter für sich entscheiden.

 

Sektion 8: Technologie und Ausrüstung

Erneut ein sehr settingspezifisches Kapitel. Auf wiederum rund 50 Seiten werden hier die (modernsten) Technologien des Perryversums vorgestellt. Das bezieht sich aber nicht nur auf Waffensysteme. Auch Rechengehirne, Roboter, Implantate, Translatoren sowie Raumschiffe und deren Bordsysteme werden besprochen. Und auch diese Aufzählung ist bei weitem nicht abschließend. Einige wenige Raumschiffe werden an dieser Stelle auch noch mit Spielwerten aufgeführt, bevor die Waffen- und Kampffertigkeiten vorgestellt werden und sich eine Beschreibung der geläufigsten Personen-Waffen (mit Spielwerten) anschließt. An diese Aufzählung schließen sich wiederum Erläuterungen über Schiffswaffen an.

Die Aufteilung dieser Sektion wirkt leider etwas unglücklich, weil chaotisch. Dennoch ist dieser Abschnitt des Buches sehr stimmungsvoll und dürfte jeden echten Fan der PR-Serie schnell in seinen Bann ziehen.

 

Anmerkung:

An diesem Punkt ist es nötig anzumerken, dass im ganzen Buch allgemein sehr viel vom PR-Setting vermittelt und großen Wert auf eine stimmige Atmosphäre gelegt wird. Das Buch ist eindeutig von Kenner und Freunden der Serie geschrieben worden, die sich sehr große Mühe gegeben haben, anderen Fans ein Produkt zu liefern, das gefällt und überzeugt. Eine Idee, deren Umsetzung in meinen Augen durchaus gelungen ist!

 

Sektion 9: Erfahrung und Lernen

Kein wirklich ernstzunehmendes Rollenspielbuch kommt um den Aspekt der Charakter-Entwicklung herum. Oftmals steht und fällt ein System nicht nur damit, wie spielbar sein Kampf- und Fertigkeitssystem ist, sondern auch wie gleichmäßig und ausgeglichen sich die Figuren weiterentwickeln (lassen).

Geht diese Entwicklung zu schnell oder zu langsam?

Erlaubt sie oder fördert sie sogar das sog. „powergamen“?

Oder legen die Regeln Wert auf eine gleichmäßige, ausgewogene Entwicklung der Figuren?

Auf die beiden letzten Punkte kann der Spielleiter selber hinwirken, aber dennoch hilf ihm ein gutes Lernsystem dabei sehr.

Auch im Hinblick auf die Charakterentwicklung bedient sich das PR-Rollenspiel bei seinem Vorbild, dem DFR. So haben alle Figuren einen bestimmten Grad und steigen mit wachsender Erfahrung in höhere Grade auf. Das System basiert auf der Vergabe und anschließenden Nutzung von Erfahrung- und Praxispunkten und mutet (nicht nur auf den ersten Blick) - wie sein Vorbild auch - arg kompliziert an. Es dauert sicherlich eine Weile, bis man es verinnerlicht hat und auch den Erwerb von den Erfahrungspunkten während des Spiels schnell abwickeln kann.

Hier hätte ich mir mehr Eigenständigkeit und eine Abgrenzung vom Regel-Vorbild gewünscht. Das System ist sicherlich funktional, mir persönlich aber zu komplex und in der Ausführung einerseits und in der Wirkung auf die Spielerfiguren andererseits zu zeitaufwändig.

 

Anhang:

Im sog. Anhang finden sich Kopiervorlagen für die Datenblätter für Spielerfiguren, Werte von einigen Tieren, Informationen zum Wirtschaftssystem in der Milchstraße, einige Preisinformationen für verschiedene Gegenstände und Dienstleistungen und dergleichen mehr.

Hier wurde also das aufgefangen, was in keines der vorangegangenen Kapitel nahtlos passte, aber dennoch irgendwie in das Grundregelwerk gehörte. Aber für genau so etwas sind Anhänge ja auch gedacht. Der Umfang des Anhangs bleibt unter 10 Seiten.

Die letzten vier Seiten des Buches gehören einem Index, sowie einer Auflistung der im Buch benutzten Abkürzungen.

 

Fazit:

Mir hat das PR-Rollenspiel-Buch im Großen und Ganzen gut gefallen.

Ich hätte mir ein anderes Lern- und Entwicklungssystem gewünscht, aber das ist sicherlich Geschmackssache. Der Raumkampf ist extrem gefährlich und auch sonst wird das gefährliche Leben einer Figur im Perryversum regeltechnisch gut und zugleich spielbar dargestellt.

Allgemein macht das Spiel regeltechnisch auf mich einen gut durchdachten und soliden Eindruck.

Für Fans der PR-Reihe, die auch Rollenspieler sind, ist das Buch sicherlich ein Pflichtkauf, weil die Autoren deutlich erkennbar Freunde der Reihe sind und viel Herzblut in die Entwicklung und Umsetzung des Perry-Rhodan-Mythos in ein Rollenspiel gesteckt haben. Aber auch für MIDGARD-Spieler, die ihren Horizont erweitern wollen oder aber Spielleitern, die nach einem ansprechenden deutschsprachigen System suchen, um eigene Welten zu bespielen oder eine bekannte Serie nachzustellen, können hier zumindest einige Bausteine finden, die sie übernehmen können.

Dennoch will ich nicht den Eindruck vermitteln, hier handele es sich um ein generisches Science Fiction Rollenspiel. Im Gegenteil: Auf fast jeder Seite sprudelt dem Leser viel PR-Atmosphäre entgegen und es fällt die liebevolle Umsetzung des Hintergrundmaterials als Rollenspiel ins Auge. Dies ist ein Rollenspiel gemacht von PR-Fans für PR-Fans. So soll es sein!

Ich kann Fans der PR-Reihe eigentlich nur zu einem Kauf raten, auch wenn sie bisher noch keinen Kontakt mit Rollenspielen hatten. Das Grundregelwerk enthält alles, was man braucht (bis auf die Würfel!) um schnell loszulegen. Aber ich würde auch „weltoffenen“ MIDGARD-Spielern zumindest einen neugierigen Blick ins Regelbuch nahe legen.

 

Klar ist aber auch, dass Rollenspieler, die mit MIDGARD nichts anfangen konnten, weil ihnen das System nicht zusagte, auch mit dem PR-Rollenspiel nicht zufrieden sein werden, da trotz einiger Änderungen und Abwandlungen eine durchaus enge und nicht zu übersehende Verwandtschaft der beiden Systeme besteht. Hier muss ich dann schlicht und ergreifend raten: „Finger weg!“

 

Allen Anderen sei das kostenlose PR-Rollenspiel Einsteiger-Heft ans Herz gelegt: Denn genauso wie es für „MIDGARD – Das Fantasy Rollenspiel“ ein kurzes Einsteiger-Heft gibt (nein, ich meine nicht die RUNENKLINGEN Reihe, das ist noch mal was anderes...), gibt es vom Verlag für F&FS-Spiele ein gelungenes Einsteiger-Heftchen, welches neue Spieler auf wenigen Seiten und mit einem einfachen Einführungsabenteuer an das Spielsystem heranführt. Diese beiden Heftchen liegen als Werbematerial kostenlos zum Mitnehmen im gut sortierten Fachhandel aus oder lassen sich gegen einen Versandkostenbeteiligung von 1,- € pro Heft im verlagseigenen Online-Shop www.BranwensBasar.de gegen Vorkasse bestellen. Das PR-Einsteiger-Heft kann aber auch kostenlos auf den Seiten der „Edition Dorifer“ heruntergeladen werden.

Dieses Heftchen ist in jedem Fall empfehlenswert, um sich einen ersten Eindruck über das System, die Sprache der Autoren, die Art der Illustrationen und den Layout-Stil zu verschaffen.

Wie oben angedeutet, wirkt das Layout vielleicht nicht mehr zeitgemäß, hat aber trotzdem einen eigenen Charme. Von der Verarbeitung ist das Buch absolut vorbildlich.

 

All das gesagte berücksichtigend, bewerte ich das Buch „Perry Rhodan – Das Rollenspiel“ mit der guten Wertung von 3,9 Punkten.

 

Abschließende Anmerkung:

Wer mit einer Anschaffung liebäugelt, obwohl er gar nicht so sehr auf das Perryversum abstellen möchte, findet in einer Unterrubrik des offiziellen MIDGARD-Internet-Forums (zu finden unter www.Midgard-Forum.de) eine Fangemeinde, die neben allgemeinen Diskussionen zu den Regeln und anderen Bänden für das PR-Rollenspiel, bereits angefangen hat, die eine oder andere bekanntere Science Fiction Serie mit Hilfe der PR-Rollenspiel-Regeln umzusetzen.