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Perelandra Trilogie
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 20.12.2008
Autor:C.S. Lewis (Clive Staples Lewis)
Übersetzer:Nicola Volland
Typ:Roman - Science Fiction
VerlagBrendow Verlag
ISBN/ASIN:3-86506-156-7
Inhalt:Paperback, 3 Bände im Schuber, Gesamtumfang: 1018 Seiten
Preis:19,90 €
Sprache:Deutsch

Clive Staples Lewis wurde am 29. November 1898 im nordirischen Belfast als zweiter Sohn des Anwalts Albert Lewis und seiner Ehefrau Flora Hamilton Lewis geboren. Mit seinem älteren Bruder Warren verlebte er eine geborgene Kindheit in Little Lea, dem großen, verwinkelten Haus, das später in den „Narnia“-Büchern als Landhaus des alten Digory Kirke wieder auftaucht.

 

Ab 1916 studierte Lewis am University College zu Oxford University Antike und Englische Literatur, Philosophie sowie Alte Geschichte. Unterbrochen durch seinen Militärdienst im I. Weltkrieg, schloss Lewis 1925 seine Studien mit Auszeichnung ab und wurde Dozent für Englisch am Magdalen College in Oxford. Dort blieb er 29 Jahre um dann bei Erhalt einer Professur für Mittelalter- und Renaissance-Literatur in die Universitätsstadt Cambridge zu wechseln. In diesen Jahren entstanden zahlreiche literaturwissenschaftliche Bücher und Artikel.

 

Während seiner Jahre am Magdalen College wurde Lewis als Schriftsteller aktiv. Ein erstes großes Werk „The Pilgrim’s Regress“ („Flucht aus Puritanien“) erschien 1933 und thematisierte seinen langen, schwierigen Weg vom Atheismus zum Christentum. Die intensive Beschäftigung von Lewis mit Glaubensfragen floss immer auch in sein belletristisches Werk ein. Gleichzeitig blieb er stets ein strenger Wissenschaftler, der ein durchaus szientistisches Weltbild besaß.

 

Das Hauptwerk von Lewis dürfte heute sicherlich unbestritten die siebenbändige „Narnia“-Reihe sein, die zwischen 1950 und 1956 entstanden ist. Das Projekt eines „anspruchsvollen“ Kinderbuchs traf seiner Zeit auf viel Kritik und man riet Lewis, sich seines schriftstellerischen Ranges zu besinnen und „richtige“ Literatur zu verfassen. Betrachtet man heute die Auflagenhöhe, welche die „Chroniken von Narnia“ nunmehr rund 60 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen zwischenzeitlich erreicht haben, so hat man allen Grund über die damaligen Einwendungen der Kritiker zu schmunzeln.

 

Doch bereits einige Jahre vor der „Narnia“-Reihe schuf Lewis einen heute leider fast schon vergessenen Klassiker der phantastischen Literatur, die „Perelandra-Trilogie“ („Out of the Silent Planet“, 1938, dt. „Jenseits des schweigenden Sterns“; „Perelandra“/„Voyage to Venus“, 1943, dt. „Perelandra“; „That Hideous Strength“, 1945, dt. „Die böse Macht“), eine Mischung aus Science-Fiction, theologisch-philosophischer Denkschrift und mystischer Fantasy, deren Hauptfigur C.S. Lewis nach seinem Freund J. R. R. Tolkien, dem Schöpfer des „Herrn der Ringe“, formte, mit dem er gemeinsam dem Literaturkreis „Inklings“ angehörte und die zugleich auch die Brutstätte für das Entstehen dieser Trilogie wurde. Beide Literaten übten zeitlebens gegenseitig maßgeblichen Einfluss auf sich und ihre Werke aus und so sind einige Anleihen, wie das große Thema Numenor, dass umfassender von J.R.R. Tolkien behandelt wurde, bei C.S. Lewis zu finden.

 

1957 heiratete C.S. Lewis die Schriftstellerin Joy Davidham, die allerdings schon bald nach der Hochzeit an Krebs erkrankte. Die Pflege ließ Lewis wenig Zeit zum Schreiben und belastete ihn zudem psychisch sehr stark. Nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1960 begann Lewis selbst zu kränkeln und er gab sein Lehramt auf um sich ins Privatleben zurückzuziehen. Am 22. November 1963 starb Clive Staples Lewis.

 

Eine Anmerkung zur Übersetzung von Nicola Volland:

Die ursprüngliche Übersetzung der Perelandra-Trilogie stammt von Walter Brumm, der sich unter anderem als langjähriger Übersetzer im Wilhelm-Heyne-Verlag München im Bereich der Science-Fiction betätigte und hier als Übersetzer für die ersten Warhammer Fantasy und Warhammer 40.000 Romane verantwortlich war. Die katastrophale „Qualität“ seiner Übersetzungen, insbesondere bei den WH40K Romanen, wurde allerdings von vielen Lesern in der Vergangenheit als Grund angeführt, warum sie die Titel lieber im englischen Original lesen. Insoweit hat es mich nicht erstaunt, dass der Brendow-Verlag Nicola Volland mit der Überarbeitung der Übersetzung betraut hat. Ihr ist es auch in wunderbarer Weise gelungen, den Staub zwischen den Einbanddeckeln heraus zu pusten und einen in neuem Glanz erscheinenden und flüssig lesbaren Text zu präsentieren.

 

Band 1 - Jenseits des schweigenden Sterns

Der Philologe Dr. Elwin Ransom wird von zwei skrupellosen Wissenschaftlern, Dick Divine, ein alter Schulkamerad von Dr. Ransom, dem es nur ums Geld geht, und dem genialen Physiker Professor Weston, der „den Fortbestand der menschlichen Rasse sichern möchte“ gekidnappt, nachdem er ihrer geheimen Mars-Mission auf die Schliche gekommen ist, um als Menschenopfer den Bewohnern des fremdartigen und doch wunderschönen Planeten Malakandra (Mars) überlassen zu werden.

 

Angekommen auf Malakandra gelingt es Ransom, sich zu befreien. Seine Flucht entwickelt sich zu einer überaus aufschlussreichen Reise, auf der er auf zum Teil sehr ungewöhnliche Bewohner des Planeten trifft, z.B. die Sorne, dürre Riesen und die „Gelehrten" von Malakandra, die Pfifltrigg, kleine, behaarte „Handwerker", die Hrossa, auf die er zuerst trifft und von denen er auch die Sprache lernt, und schließlich die Eldila, zu denen auch der Oyarsa gehört. Im Kontakt mit den unterschiedlichen Gattungen der Marsbewohner erwartet ihn eine Überraschung: Malakandra, wie die Eingeborenen ihren Planeten nennen, ist keineswegs von blutgierigen Monstern bewohnt, sondern in geradezu paradiesischen Zustand und wird von einem Oyarsa, einem Engelfürsten, beherrscht.

Dr. Ransom muss erfahren, dass auch die Erde, genannt Thulkandra, ihren Oyarsa hat, der jedoch böse wurde und nach seinem Sturz an seine eigene Welt gebunden ist. Jetzt versucht dieser „gefallene“ Oyarsa durch die Menschen von Thulkandra das Böse nach Malakandra zu bringen und den Planeten letztlich zu infizieren. Trotzdem kehrt Ransom - von den Erlebnissen nicht unverändert und unter Lebensgefahr- zur Erde zurück.

 

Dieser Roman besticht vor allem durch die großartigen Schilderungen bizarrer Landschaften und die Beschreibung der skurrilen und doch so sympathischen Lebensformen, mit denen die Phantasie des Autors unseren Nachbarplaneten bevölkert. Die technischen Details werden von C.S. Lewis fast bewusst außer Acht gelassen, interessierte ihn die Idee der Raumfahrt doch mehr als Aufhänger für einen modernen christlichen Mythos.

 

Im Anhang von „Jenseits des schweigenden Sterns“ befindet sich noch ein sehr gut lesbarer und höchst interessanter Artikel von Hans Steinacker mit dem Titel „Ganoven, Gott und Grüne Männchen“. Wer unter Umständen nicht mit der Trilogie zurecht kommt wird hier in weitere Hintergründe der Geschichte eingeweiht und erfährt auch einiges lesenswertes über den Autor.

 

Band 2 - Perelandra

Nachdem er unter Lebensgefahr glücklich auf die Erde zurückgekehrt ist, wird Dr. Ransom dazu ausersehen, eine spektakuläre Mission auf die Venus durchzuführen, den von den Eldila, den geheimnisvollen Statthaltern Gottes, Perelandra genannten Morgenstern. Dr. Ransom reist diesmal allerdings nicht in einem Raumschiff auf die Venus, sondern in einer Art himmlischer Sarg.

 

Perelandra ist fast gänzlich von einem Ozean bedeckt und in seiner Naturschönheit und Unschuld ein ganz und gar paradiesischer Planet. Den süßwasserhaltigen Ozean bewohnen ungewöhnliche Meerestiere und bunte Vegetationsinseln schwimmen auf der Wasseroberfläche. Auf den Inseln gedeihen viele Pflanzenarten und zahlreiche unterschiedlich leben auf ihnen. Der Himmel scheint golden und hell, doch sind weder Sonne noch Sterne auszumachen.

 

Angekommen trifft Dr. Ransom die gerade geschaffene Venus-Menschheit: eine grüne, aber menschliche Frau. Sie und ihr Mann - König und Königin - stellen die einzigen Bewohner Perelandras dar und fungieren quasi als Adam und Eva vor dem Sündenfall. Von ihr erfährt er, dass Perelandra nur von ihr und dem König, der allerdings erst am Schluss des Romans erscheint, bevölkert ist.

Doch auch Ransoms Widerpart Dr. Weston, der schon an der Entführung nach Malakandra beteiligt war, reist nach Perelandra. Von der Macht des Bösen erfasst, will der Wissenschaftler Perelandra dem Gehorsam gegenüber seinem Schöpfergott entreißen. Er versucht, die Königin des Planeten dazu zu überreden, die einzige Regel, die ihr gegeben ist, zu überschreiten. Ransom sieht sich nun als sein Gegenspieler mit der Aufgabe, Weston zu stoppen und warnt die Königin immer wieder vor ihm. In seinem Einsatz für die Treue scheint er auf aussichtslosen Posten zu stehen, doch ist er nicht alleine in seinem Kampf. Zum Schluss gelingt es Dr. Ransom in einem alles entscheidenden Kampf Weston zu besiegen und so den Sündenfall auf Perelandra zu verhindern. Dr. Ransom hat seine Mission erfüllt und kehrt wieder auf die Erde zurück. Die Verletzungen aus dem Kampf heilen - doch bleibt eine Wunde an seinem Fuß die für den Rest seines Lebens bluten soll.

 

Ransom wird im zweiten Teil der Trilogie Zeuge einer neuen Menschenschöpfung auf Perelandra, wobei ihm die Aufgabe zufällt, das erste Menschenpaar auf diesem Planeten im Kampf mit einem satanischen Unwesen vor einem weiteren Sündenfall zu bewahren und darum das Paradies als die dem Menschen gemäße Welt zu erhalten. C.S. Lewis betreibt hier im Deckmantel der Science-Fiction eine überaus moderne Bearbeitung der Geschichte des Sündenfalls, dies allerdings nicht als moralsaure Neuauflage mit erhobenem Zeigefinger, sondern gerade bedingt durch das Genre, als zeitlose Geschichte mit vielen neuen Aspekten und intensiven Dialogen.

 

Band 3 - Die Böse Macht

Der Handlung des letzten Romans der "Perelandra-Trilogie" Buch fällt etwas aus dem Rahmen, da diese im Gegensatz zu den vorgehenden Romanen auf der Erde, dem „schweigenden Stern“, spielt, der ein apokalyptischer Kampf von Gut gegen Böse bevorsteht. Ein junges Akademiker-Paar gerät zwischen die Fronten und steht letztlich vor der Entscheidung, seine Integrität der Karriere und damit einem Forschungsprojekt zur Vervollkommnung des Menschen zu opfern. Beide werden mit Mächten konfrontiert, von deren Existenz sie nichts ahnten. Während sich der junge Mann Mark seinen Vorgesetzten anschließt, kommt seine Frau Jane in Kontakt mit den Kämpfern der „guten Sache“ und damit auch Dr. Ransom.

 

Was ihr zuerst ganz harmlos erscheint, ist das so genannte N.I.C.E. (National Institute of Coordinated Experiments). Als das Institut den Bracton Wald bei Edgestow, einer kleinen, fiktiven Universitätsstadt in der Nachkriegszeit in England, aufkauft, sind die Kenner der Geschichte dieser Gegend äußerst alarmiert - und nicht nur sie. Die Eingeweihten vermuten, dass die geplante Errichtung eines modernen Forschungsinstitutes nur ein Vorwand ist, sich gewisser Mittel zu bemächtigen, die als Erbe aus keltischer Zeit unter dem Wald begraben liegen. Hier soll einst Merlin, der mächtigste Zauberer aller Zeiten aus König Artus Tafelrunde gewirkt haben. Die Hölle droht aufzubrechen, wenn die skrupellosen Magier und Manager des N.I.C.E. in den Besitz der Macht des Zauberers aus grauer Vorzeit gelangen - der Wettlauf um die Suche nach dem Zauberer beginnt.

 

Merlin taucht allerdings gänzlich unerwartet bei Dr. Ransom auf und es gelingt diesem, Merlin für sein Vorhaben zu gewinnen. In der Nähe der angeblichen Ruhestätte stoßen die Mitarbeiter von N.I.C.E. auf einen Landstreicher, den sie für Merlin halten - eine Feststellung, die noch fatale Folgen für sie haben soll. Der echte Merlin hingegen schleust sich als angeblicher Sprachkundiger und Übersetzer im N.I.C.E.-Institut ein. Hier sorgt er für großes Chaos, indem er die Tiere, die zu Versuchszwecken gehalten wurden, aus ihren Käfigen freilässt und die Sprachen der N.I.C.E.-Mitarbeiter verwirrt. Als alle unschuldigen Leute, aus verschiedenen Gründen, den Stadtteil in dem sich das Institut befindet, verlassen haben, sucht ein schweres Erdbeben und Gewitter den Landstrich heim und das Institut versinkt durch einen Erdrutsch.

 

Mark wird von Merlin gerettet und trifft nach langer Zeit seine Frau Jane wieder. Gemeinsam feiert man den Sieg der guten Sache über N.I.C.E.. Dr. Ransom, der seine Mission auf der Erde erfüllt hat, verabschiedet sich und reist nach Perelandra, wo seine Wunde geheilt werden soll.

 

Im letzten Teil der Trilogie betritt Dr. Ransom, der durch seine Tat auf der Venus geläutert wurde, die Erde praktisch als Inkarnation des „Gralskönigs", um gegen ein wissenschaftliches Großprojekt, das den Untergang der Menschheit herbeiführen soll, zu bekämpfen. C.S. Lewis kannte ebenso wie Tolkien die Sagen um Artus und Merlin sehr gut und so verwundert dieses Motiv keineswegs. Aber nicht nur dieses, sondern auch biblische Motive, wie die babylonische Sprachverwirrung tauchen auf. Es gelingt C.S. Lewis in diesem Buch die reale und die übernatürliche Welt aufs engste miteinander zu verknüpfen, was vermutlich dem Einfluss Charles Williams, einem engen Freund von C.S. Lewis zu verdanken ist.

Insgesamt passt dieser Abschluss der Trilogie nicht ganz zu seinen beiden Vorgängern, aber dennoch besitzt es zum Teil wesentlich mehr Spannung und Atmosphäre in seinem Aufbau als die anderen beiden Romane.

 

Fazit

Insgesamt gesehen zeigt Lewis in der Perelandra-Trilogie sowohl seine schriftstellerischen als auch seine theologischen Fähigkeiten, wobei er allerdings hier noch nicht die Meisterschaft seiner Narnia-Bände erreicht. In schnörkelloser Sprache erzählt C.S. Lewis eine fesselnde Geschichte unvorstellbaren Ausmaßes voller unglaublicher Erlebnisse und tiefgreifender Erkenntnisse. Die Trilogie mag dabei einige Längen aufweisen und man merkt ihr das Alter der Entstehung an, aber sie ist inhaltlich zeitlos und auf jeden Fall noch heute sehr lesenswert. Mit seiner Weltraum-Trilogie dürfte C.S. Lewis unbestritten das Genre einer theologischen Science-Fantasy begründet haben, die auch heute noch bewusst oder unbewusst bei vielen Autoren ihren Nachhall hat.

 

Die Perelandra-Trilogie kommt dem Ideal der utopisch-phantastischen Literatur hinsichtlich Darstellung und Ausarbeitung sehr nahe und unterscheidet sich dadurch von vielen seichten Hintergrundszenarien anderer phantastischer Romane mehr als deutlich. Da es sich bei der Perelandra-Trilogie um einen grundlegenden Zukunfts- und Weltentwurf handelt, sollte die neue Ausgabe in keiner Sammlung eines ernsthaften Science-Fiction-Lesers fehlen. Für mich persönlich ist die Perelandra-Trilogie auch noch heute - selbst für Leser mit einer eher atheistischen Grundhaltung - ein Meilenstein seiner Gattung und ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten.