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Monster Manual 2
Bewertung:
(4.5)
Von: Stefan Koller
Alias: Windjammer
Am: 02.07.2009
Autor:Rob Heinsoo, Stephen Schubert
Typ:Monsterbuch
System:D&D 4E
Setting:Generisch
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0786951017
Inhalt:224 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Einleitung : die Autoren

Das Monster Manual2 (im folgenden kurz „MM 2“) wurde von einem großen Designteam mitinsgesamt 18 Personen unter der Leitung von Rob Heinsoo und Stephen Schubert geschrieben. Beide Autoren sind primär durch ihre hervorragende Arbeit für das (mittlerweile eingestellte) D&D Miniaturenspiel (DDM) bekannt und haben in der Vergangenheit nicht nur das Grundregelwerk (v.2.0) dieses Spiels entworfen, sondern auch eine Vielzahl von Monstern dafür – ein Einfluss, der sich im MM 2 bemerkbar machen wird. Rob Heinsoo ist zudem als ehemaliger „Lead Designer“ der 4. Edition bekannt und war bei der Gestaltung des ersten Spielerhandbuches wie auch des Player’s Guide to Faerun maßgeblich beteiligt. Stephen Schubert wiederum bekleidet seit März 2009 die Position des „Lead Developers“ der 4. Edition und war bereits beim ersten (und vorzüglichen) Monster Manual der 4. Edition eine treibende Kraft. Auch der Rest des Autorenteams kann sich sehen lassen, denn immerhin sind mit Mike Mearls und Matt Sernett zwei Leute an Bord, die im Alleingang absolute Meilensteine im Monsterdesign der bisherigen d20-Ära hervorgebracht haben: das Iron Heroes Bestiary (verlegt bei Malhavoc Press) und das Advanced Bestiary (verlegt bei Green Ronin). Kurzum, wir haben es mit einem hochkarätigen Autorenteam zu tun, den besten d20-Monsterdesignern schlechthin. Die spannende Frage ist freilich, ob diese hoch gesteckten Erwartungen vom vorliegenden Produkt erfüllt werden. Und damit zum Produkt selbst.

Produktaufmachung und visuelle Gestaltung

Das Buch präsentiert sich in der Form eines stabilen Hardcovers un umfasst 224 Seiten. Nach einer alphabetischen Auflistung der Monster mit Angabe der Seitenzahl folgt eine dreiseitige Einleitung, die die einzelnen Rubriken eines Monster-Statblocks erklärt. Hier finden sich punktuelle Ergänzungen zum MM 1 aber nichts weltbewegendes. Es fällt nur auf, dass zum Thema „Monster Roles“ lediglich auf das Spielleiterhandbuch verwiesen wird, wo ebenso dringend eine ergänzende Erklärung zu den neuen Monsterrollen nötig gewesen wäre. So führt das MM 2 neue Spielarten von „Minions“ ein, erklärt aber nirgends, wie man diese gewinnbringend einsetzt. Dies, wie die Frage nach einem guten Begegnungs-„Template“, wurde wohl auf das DMG 2 verschoben (vgl. die Rubrik im DMG 1 für das MM 1), was ärgerlich ist. Denn zusammengehörende Information sollte man auch im gleichen Produkt bringen. Ich habe bereits sämtliche Encounter Templates aus dem DMG in mein MM 1 mit Bleistift übertragen und werde selbiges auch fürs MM 2 tun.

Nach der einleitenden Erklärung zu den Monster-Statblocks findet sich auch schon der Löwenteil des Buches, die Monster (mehr dazu in der nächsten Rubrik). Abschließend (ab S.216) finden wir ein dreiseitiges Glossar, das Schlüsselwörter aus den Statblocks erklärt, also Schadensarten und Sonderfähigkeiten. Auf S. 220 finden wir kurz drei Monster als Charakterrassen angerissen, gefolgt von einer dreiseitigen Aufdröselung von Monstern nach Stufe - eine hilfreiche Tradition aus der 1E, die bereits in der 3E respektiert wurde. Eine einseitige Werbung für den digitalen D&D Insider beschließt das Buch.

Nun zur visuellen Gestaltung des Buches. Zuerst einmal fällt das grandiose Titelbild ins Auge. Der Farbkontrast (grün-orange) ist hervorragend gewählt und wird – wie bei 4E-Coverbildern üblich – mit einem Glanz versehen. Wie schon beim MM 1 stört es mich ein bisschen, dass im Inneren dieselbe Grafik in derselben Größe, aber eben ohne Glanzeffekt, nochmal abgedruckt wird. Mehr noch: waren im MM 1 noch mehrere großformatige Illustrationen zu finden, wie zu den Fomorianern oder Betrachtern, gibt es (vom Wiederabdruck des Titelbildes abgesehen) im MM 2 keine einzige. Auch das einzige doppelseitige Bild zu Beginn der Monstereinträge kann nicht darüber hinwegtrösten: es stellt einen Remorhaz dar, da hätte man deutlich interessantere und ikonischere Monster wählen können (etwa Frostriesen). Außerdem finde ich das Bild grafisch enttäuschend, sowohl in der Kolorierung als auch in der Detaillierung (zu grob gezeichnet). Dem Vergleich mit dem doppelseitigen Einleitungsbild im Forgotten Realms Campaign Guide (zu Loudwater), das ein echter Hingucker war, hält das nicht stand. Dass ausgerechnet dasselbe Bild (des Remorhaz) zusätzlich den Buchrücken ziert, macht das Ganze nicht besser.

Auch ansonsten sind die Bilder wieder mal ziemlich durchwachsen. Während man sich das erste Mal seit längerem in einem 4E-Hardcover wieder über regelmäßige Bilder aus der Hand von William Connor freuen kann – dem Illustrator der 4. Edition – und jedes einzelne Bild von Lars Grant-West mir Freude schenkt, da seine stilistische Verwandtschaft zu Michael Komarcks grandioser Arbeit (im MM 2 leider nicht vertreten) unübersehbar ist, gibt es mitunter wieder verwendetes Bildmaterial aus früheren Editionen. Diese wurden, soweit ich sehe, nicht glücklich ausgewählt. Denn diese Bilder passen oft stilistisch nicht in ein 4E-Buch und stören insofern das Leseerlebnis, oder die Bilder sind für sich genommen einfach potthässlich (Marauder S. 69, Remorhaz S. 176; beide aus dem 3.5 MM 1). Gut gewählt hingegen war das Bild des Darkmantle, das man (ebenfalls) aus dem 3.5 MM 1 genommen hat.

Selbst bei dieser Kritik ist das MM 2 nicht unansehnlich. Einzelne Bilder sind wunderbar, Franz Vohwinkel und Eva Widerman leisten solide Beiträge, und die Illustrationen zu den Drachen sind gewohnt inspirierend. Es macht einfach nur mehr Spaß, im MM 1 zu blättern.

Abschließend erwähnen möchte ich die Schriftgröße im MM 2. 4E-Bücher benutzen eine von drei Schriftgrößen: eine kleine (wie das MM 1), eine normale (wie die Kaufabenteuer), oder lächerlich GROSSE BUCHSTABEN, um Raum auszufüllen – willkommen im MM 2. Das ist umso ärgerlicher, weil man die wichtigsten Informationen, die man wirklich schön leserlich am Spieltisch parat haben möchte – die Statblocks – in der winzigen Schriftgröße aus dem MM 1 belassen hat, obwohl die Statblocks aus den Kaufabenteuern wesentlich komfortabler sind, dafür aber wichtige Begleittexte (mehr zu diesen später) durch die übertriebene Schriftgröße beschnitten hat. Man füge hinzu, dass die Seitenzahl im Vergleich zum MM 1 erheblich verringert wurde (220 Seiten statt vormals 304) und schon darf man sich fragen, ob der Preisunterschied zum MM 1 (fünf Dollar) das ausgleicht.

Inhalt

Eine komplette Auflistung der Monstereinträge wurde im Forum bereits gegeben, weshalb ich sie hier nicht wiederhole. Vielmehr gruppiere ich die Einträge in thematische Rubriken, um Euch so einen Eindruck zu vermitteln.

Erste Rubrik: klassische D&D-Monster.

Das MM 2 schließt Lücken, die im MM 1 aus Marketinggründen bewusst offen gelassen wurden. Frostriesen, metallene Drachen, und Eisengolems? Hier wird man fündig. Des weiteren winken an klassischem D&D-Gut im MM 2: Ankheg, Barghest, Behir, Bullywugs, Cockatrice, Couatl, Darkmantle, Devas, Duergar, Steinriesen, Knochengolems, Kettengolems, Tongolems und Eisengolems, Marut, Green Slime, Remorhaz, und Rostmonster. Gewisse Gemüter mögen noch Riesenameisen und den Winterwolf hinzuzählen. Ebenso in die erste Rubrik gehören Monster älterer Editionen in neuem Kleid. So klärt ein PodCast darüber auf, dass sich unterhalb der neuen Oberfläche die eine oder andere Widmung an Monster aus der BECMI-Ära von D&D verbirgt. Der Oni Devourer (S. 170) ist ein Bhut, d.h. ein Monster aus dem Abenteuer X4 - Master of the Desert Nomads, und der Witherling Death Shreaker (S.212) vereint Spezialangriffe, die den Monstern Topi und Agarat aus dem Abenteuer X8 - Drums on Fire Mountain entnommen wurden.

Aus diesen Monstern greife ich exemplarisch das Rostmonster heraus, das die neuen Gestaltungsprinzipien beim (Re-)Design klassischer D&D Monster am ehesten verdeutlicht. Bereits 2006 hat WotC im Online-Bereich dem Rostmonster eine gravierende Änderung zugedacht: Spieler verlieren ihre Ausrüstung an Rostmonster nicht mehr permanent sondern nur vorübergehend. Es gibt natürlich zig Spielarten, das zu erreichen, und das MM 2 entscheidet sich für folgende: das Rostmonster verwandelt ein magisches Schwert nicht länger zu nutzlosem Staub sondern in magisches Rohmaterial („Residuum“), aus dem die Spielercharaktere unter Rückgriff auf ein Ritual das alte Schwert (oder einen beliebigen Gegenstand gleichen Wertes) problemlos „regenerieren“ können. Der Hinweis im Buch, dass die Spieler bei ungeliebten magischen Gegenständen nur ein Fünftel des Residuums bekommen (S. 179), ist unbedingt zu beachten, und wird bereits jetzt von einer Vielzahl an 4E-Spielleitern auch bei „geliebten“ magischen Gegenständen benutzt. Über diesen Umweg wäre ein Rostmonster nämlich immer gefährlich für die Spieler und würde auch dem ursprünglichen Design des Monsters (bekannt aus früheren Editionen) weit besser gerecht werden. Die Tatsache, dass WotC eine Verharmlosung des Rostmonsters vonnöten hielt, anstatt ein ähnliches aber nicht unbedingt namensgleiches Monsters zu entwerfen - um so unmittelbar im Regelwerk Spielleitern beide Optionen zu bieten - gibt seit 2006 Anlass zu kontroversen Diskussionen, die man mit zwei Sätzen kaum zusammenfassen kann. Interessierte sollten aber über Google schnell fündig werden.

An vorderster Stelle aller klassichen D&D-Monster im MM 2 steht natürlich der das Titelbild zierende Oberdämon Demogorgon. In der 4E wird er als ein Stufe 34 Solo-Controller konzipiert. Ich sehe jetzt nicht den großen mechanischen Durchbruch im Vergleich zu bisherigen Umsetzungen („Dual Action“ bleibt nun mal „Dual Action“). Die nette Spielart, die schwächsten Angriffsmöglichkeiten einzelner SC gegen ihre Teammitglieder zu lenken (Demogorgon kann eine At-Will-Power eines SC gegen einen anderen SC benutzen), scheint mir hingegen eine müde Nummer im Vergleich zu den Blickattacken aus der 3.5 (Insanity, Hypnotism), mit denen Demogorgon weit verheerendes Chaos unter den Spielercharakteren anrichten konnte. Positiv fällt hingegen auf, dass man die „Level Drain“ Fähigkeiten von Demogorgon rausgenommen hat, die zwar den Kampf in der 3E spannender (weil gefährlicher) gestaltet haben, aber ein mathematischer Alptraum am Spieltisch waren (es gibt nichts spannungstötenderes als eine Auszeit zu nehmen, wenn man sämtliche Effekte von „minus 4 Stufen“ auf einen Kleriker/PrC1/PrC2 der Stufe 23 zu berechnen hat). Ebenso macht sich beim Design von Demogorgon eine wichtige mechanische Verbesserung innerhalb der 4E bemerkbar: die revidierte Gestaltung von Solo-Monstern. Diese hatten, wenn wir mal die Hydra im MM 1 nehmen, einfach zu viele Trefferpunkte, was den Kampf unnötig in die Länge gezogen hat, zumal viele Solos ohnehin nie genug Schaden gemacht haben. So war die MM 1-Hydra insofern nie eine ernst zu nehmende Gefahr, sondern nur Grund für Langeweile. Diese Probleme werden nun bei den neuen Solos, wie eben Demogorgon oder der neuen Hydra, ausgemerzt. Vorbild war übrigens der MM 1-Betrachter, der gerade im letzten – also spannendsten – Teil des Kampfes gefährlicher wurde, mehr Schaden und Handlungsoptionen aufzeigte. Eine tolle Neuerung!

 

Zweite Rubrik: Klassische MM 2-Monster:

Einige Monster wurden im Hinblick auf das namensgleiche Werk in der 1. Edition im neuen MM 2 aufgenommen, etwa Firbolgs, Myconide (Pilzmenschen) und mehrere Tiere. Nehmen wir den Falken und den Tiger, die bei der 1E jeweils im MM 2 und MM 1 vertreten waren, und vergleichen kurz Damals und Jetzt. Was mir in den 1E Versionen gefällt, ist, dass auf Spezialangriffe (wie den Sturzflug des Adlers oder Falken) eingegangen wird, die eine Begegnung sehr dramatisch eröffnen können; oder es wird darauf eingegangen, wie die Tiere ihr Heimatterrain am besten für sich nützen können (ein 1E-Tiger ist sehr behände beim Klettern auf Felsen). Bei den 4E Versionen vermisse ich diese Information; die Spezialangriffe sind zwar mechanisch solide, aber nicht wirklich originell und lassen auch keine dramatischen Momente aufkommen. Dass die Klauen eines Tigers deshalb laufenden Schaden anrichten, weil sie so tiefe Schnittwunden verursachen, muss der Spielleiter erraten – hier macht sich bemerkbar, dass ein 4E Statblock zwar interessante Sonderfähigkeiten mit „coolen“ Namen enthält, aber selten darüber aufklärt, worin die Fähigkeiten denn aus narrativer Sicht bestehen. So kommt der 4E Tiger mithilfe eines „feral surge“ an eine zusätzliche Bewegungshandlung, aber was genau diese „surge“ ist und wie sich diese äußerlich (also für die SC sichtbar) darstellt, fällt unter den Tisch.

Diese Problematik zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch das ganze Buch, denn Ausnahmen gibt es nur selten. So freut es, wenn die Einträge zu den Metalldrachen anmerken, warum und wie zwei Spezialangriffe in puncto Anschaulichkeit verknüpft sind – der Drache schlägt mit seinen Klauen zu, holt Luft, und wartet kurz, bevor er seine Odemwaffe loslässt. Die Beschreibung solcher Momente sorgt für Spannung bei den Spielern am Tisch („er holt Luft – jetzt müssen wir in Deckung gehen!“), und hilft enorm, die zugrunde liegenden Mechaniken der Angriffe rollenspielgerechter zu „verpacken“. Bei einem Großteil der Monster bin ich zugegebenermaßen nicht so ratlos wie bei der (vorhin genannten) „feral surge“ des Tigers. Grandios ist etwa die Fähigkeit des Piratenkapitäns, sein Opfer soweit zu beleidigen, bis es von aufgewiegelten Umstehenden niedergeknüppelt wird – ein „Area Effect“ der etwas anderen Art, das jeden „Monkey Island“-Schwertkämpfer aufjauchzen lässt (Zitat: „Jeder Idiot kann ein Stück Metall schwingen – aber ein Profi macht sein Gegenüber mit einer vernichtenden Beleidigung fertig!“). War ich bei der Namensgebung dieses Spezialangriffes zuerst etwas ratlos („Vicious Mockery“), hat sich mir die Idee dahinter – und damit konkret die Anweisung, wie ich diese als Spielleiter am Tisch umsetzen kann – erst durch die Lektüre des „Lore“-Bereiches zum Piratenkapitän erschlossen (gar nicht schnell ersichtlich inmitten des großen „Human Lore“-Eintrages). Und hier finden wir einen für mich zentralen Knackpunkt des MM 2, nämlich dass in einem wichtigen Bereich des Buches – den „Lore“-Einträgen – bewusst eine viel zu große Schriftgröße gewählt wurde, und so wertvolle Beiträge, um aus den Monsterattacken das beste herauszuholen, ausgespart wurden.

Dritte Rubrik: neue Versionen von MM 1-Monstern.

Damit sind nicht nur neue Spielarten genereller Monsterspezies aus dem MM 1 gemeint (wie: Oozes, Dämonen, oder Teufel), sondern Spielarten einzelner Monstern. Davon gibt es im MM 2 eine Menge: Engel, fleischfressende Ranke („Vine“), Betrachter, Troll, Hydra, Zyklop, Eladrin, Fomorian, Gnolle, Gnome, Goblins, Hobgoblins, Menschen, Oni, Shadar-Kai, Troglodyten, und Kriegsgeschmiedete. Des weiteren werden hier Monster aus WotC-Kaufabenteuern wieder abgedruckt bzw. erweitert: Duergar (aus Modul H2), Nothics (aus P1), Will-O-Wisp (ebenfalls P1), und Yochlol (aus P2) sowie der Arbalester Homunculus (S.143), der mitsamt dem „Sidebar“ darunter aus dem FreeRPGDay 2008 Abenteuer Treasure of Talon Pass kopiert wurde. Während das für Leute, die das Material schon besitzen, ärgerlich ist, sehe ich es persönlich als Bonus, da Käufer dieser Module – gemessen am 4E-Kundenkreis insgesamt – doch eher in der Minderheit stehen, und andere Spielleiter so auch in den Genuss dieses Materials kommen. Inwieweit jetzt auch alte Monster aus den DDI-Magazinen abgedruckt wurden, kann ich nicht einschätzen, da ich mit diesem Material nur sporadisch vertraut bin. Auf Anhieb konnte ich nur Berührungspunkte des „Goblin acolyte of Maglubiyet“ mit einem Artikel im Dragon, Ausgabe 364 (Seite 60-65), erkennen, aber selbst hier wurde nicht abgeschrieben sondern ergänzt.

Was versprechen die neuen Spielarten von MM 1-Monstern nun? Nun, es werden wirklich neue Mechaniken erprobt und, was ebenso wichtig ist, es wird ein anderer Stufenbereich abgedeckt. Der neue Eintrag zu „Vine, Predatory“ veranschaulicht beide Tendenzen sehr gut: zum einen sind die Verschling-Mechanismen der neuen Ränke kein Abklatsch von Altbekanntem (z.B. MM 1-Ränke erdrücken, MM 2-Ränke durchstechen mit Dornen usw.), zum anderen sind diese Ränke auf Stufen 2 und 7 bzw. 15 und 16 und bedienen damit etwas anderes als Stufe 5 und 7 wie im MM 1 (Seite 260). (Wo wir aber gerade bei den Stufenbereichen sind: das MM 2 bedient zur Hälfte jeweils den Heroic und Paragon Tier – der Epic Tier wird sehr stark vernachlässigt.)

Auch scheinen gewisse MM 1-Spielarten hier durchdachter und eigenständiger. Der Warforged Soldier aus dem MM 1, ein Stufe 4 Soldier, hatte eigentlich überhaupt nichts eigenständiges – ein Langschwert in der Hand, einen Hobgoblin-artigen Bonus auf AC, wenn neben ihm ein „ally“ steht, und ein kleiner TP-Nachladeschub. Gähn. Die neuen Warforged decken jetzt zwar den gleichen Stufenbereich wie die Warforged des MM 1 ab (4-7), haben aber weit dynamischere und originellere Manöver: ausgeklügelte Fernkampfmanöver oder ein barbarenartiges „Wild Charge“-Manöver, mit der sich ein kriegsgeschmiedeter „Wildling“ in den Kampf wirft usw. Wie man an diesem Beispiel sieht, profitieren ein paar der neuen MM 1-Versionen punktuell von den im PHB 2 erkundeten Klassen („Warforged Savage“ vom Barbaren). Ganz ähnlich wirft der MM 2-Eintrag zu den Fomorianern ein neues Licht auf diese verrückte Rasse - jenseits von MM 1 und P1. Wo letzteres den „Dark Initiate“ brachte, also einen auf die dunkle Magie spezialisierten Fomorianer, bringt das MM 2 den Fomorianer-Schamanen. Nicht nur, dass der Schamane viel besser auf einen Arkanisten des Feenwilds passt, sondern die neue Spielart ist wieder mechanisch viel ausgereifter und vielseitiger. Und wo ein Fomorianer-Krieger aus dem MM 1 gerade mal einen relativ blassen Nahkampf-Angriff starten kann (also immer dasselbe Manöver, optional mit einem Schadensbonus), kann der neue Vodoo-Priester jede Runde aus drei verschiedenen Verwirrungstaktiken auswählen (Glorious Head, Wasting Head, Bewildering Head). Das ist für den Spielleiter ungleich abwechslungsreicher. WotC hat anscheinend eingesehen, dass Kämpfe, die mehr als 8 Kampfrunden andauern, für den Spielleiter schnell langweilig werden, wenn er (pro Monster) immer nur auf eine oder zwei Angriffsoptionen zurückgreifen kann. Auch diese Änderung ist äußerst lobenswert.

Nicht nur die neuen Klassen aus dem PHB 2 sind in das MM 2 (zumindest indirekt) eingeflossen. Auch finden wir jetzt Einträge zu den PHB 2 Spielerrassen: Devas, Goliath, und Halb-Orks. Weiter einen Eintrag zu den Genasi aus dem Forgotten Realms Player’s Guide und ergänzende Einträge zu PHB1-Spielerrassen, wie Halbelfen, Eladrin und Menschen. Letztere stechen hier besonders hervor; Spielleiter, deren Kampagnen großes Augenmerk auf menschliche Kontrahenten legen, werden hier ihre wahre Freude haben. Ob jetzt Teufelsanbeter, Piratenkäpitan (siehe oben), oder Blaublütiger Irrer: die 4E zeigt, dass diese Charaktere interessantere Umsetzungen verdient haben, als eine von drei NSC-Klassen mit Rassen-Boni zu versehen.

Vierte Rubrik: Absolute Neuheiten

…sind hier Mangelware. Der Buchrücken nennt Star Spawn, Witherling, und Chaos Shard. Ich würde noch den Pod Demon (S.58) hinzunehmen, der gewissen Aussagen zufolge eine Hommage an ein Monster aus World of Warcraft ist. Die geringe Monsteranzahl in dieser Rubrik zeigt, dass das MM 2 eher altbekanntes nachliefern möchte, als echte Innovationen. Ich würde soweit gehen und sagen: wer sich ein Monsterbuch mit echten, noch nie vorher gesehenen Monstern zulegen möchte, sollte um das MM 2 einen weiten Bogen machen. Damit kommen wir zu meiner letzten Rubrik.

Fünfte Rurik: Persönliche Highlights

Das MM 2 enthält Einträge, die ich rein persönlich für erwähnenswert halte. Zum ersten, der Djinn – ein „Muss“ für jeden Al-Qadim Fan und ein Lichtblick für jeden, der Paizos momentane Kampagne („Vermächtnis des Feuers“) in die 4E konvertieren möchte. Unter fünf Djinnen möchte ich kurz den Djinn-Donnerer erläutern. Während mir seine Waffenwahl (Mace) nicht unbedingt zusagt, ist er eines jener Monster, die die Spieler übelst überraschen werden: erleidet er einen kritischen Treffer, versetzt er sich in Rage, lässt einen Sturm los, dessen Donner die SC nach hinten purzeln lässt, bekommt einen Action Point, mit dem er (wahlweise) sich ans andere End des Schlachtfeldes teleportieren lässt, oder zum sofortigen Gegenschlag ausholt. Das sind genau die dynamischen Effekte, die im MM 1 schon punktuell vorhanden waren, denen die Designer aber erst jetzt quer durch die Bank Tür und Tor öffnen. Man bemerkt hier die gleiche Tendenz, die schon beim PHB 2 offenbar wurde: das Buch richtet sich an fortgeschrittene Spieler (bzw. Spielleiter) der 4. Edition, an Leute, die sich nach einer gewissen Zeit mit der 4E interessantere und anspruchsvollere Spieloptionen wünschen.

 

Weiteres persönliches Highlight im MM 2 ist die Option, Duergar, Kenkus und Bullywugs fortan als spielbare Rasse in der 4E zu haben. Während mir die Idee zumindest bei den letzten beiden zusagt (ich finde, beide Rassen eignen sich wunderbar als exotische Spielerrasse), ist die Umsetzung etwas Mau – bis man auf den Hinweis im Anhang aufmerksam wird, dass selbst diese Rasseneinträge eher für die Generierung von NSC als SC gedacht sind. Und dann machen die Rassen-Sonderfähigkeiten auch mehr Sinn. Dass eine Horde Kenkus, die über eine Heldengruppe herfällt und diese umzingelt, bei gegenseitigen „Aid Another“-Aktionen +3 statt der üblichen +2 erhält, ist da schon aufregender, als wenn ich das als Einzel-SC mache – selbst wenn gewisse Leader-Klassen, etwa der neue Barde, davon profitieren könnten und „Aid Another“ gerade in Skill Challenges ein wichtiges Werkzeug für den Erfolg der Spieler sind. Selbiges gilt für Bullywugs, und natürlich auch für Duergar, deren giftige Stacheln eine nette Spielerei sind, aber mit keinem vollwertigen Spielerrasse-Eintrag mithalten können, wie wir ihn aus den beiden PHBs oder exzellenten Artikeln im DDI (zu den Shadar-Kai oder den Minotauren) kennen.

Bewertung:

Während schon ein Großteil meiner Werturteile in die individuellen Rubriken eingeflossen ist, hier noch ein paar generelle Bemerkungen. Dank des vollständigen Glossars sowie der Erklärung zu den Statblocks am Buchanfang, ist das MM 2 ein eigenständig spielbares Monsterhandbuch. Man braucht das MM 1 theoretisch nicht, und das macht sich allein schon dadurch bezahlt, dass man nicht gezwungen wird, zwei Bücher an den Spieltisch zu schleppen – was ich positiv werte, im Gegensatz zur Abhängigkeit des PHB 2 vom PHB 1. Dennoch wird das klassische D&D-Monsterarsenal im MM 2 nur ergänzt; primär wird dies durch das MM 1 bedient (Goblins, Skelette, Zombies, chromatische Drachen, Hügelriesen, und und und). Somit bleibt das MM 1 weiterhin die erste Wahl für 4E-Einsteiger. Fortgeschrittenen oder einfach systembegeisterten 4E-Spielleitern spreche ich hingegen eine bedingungslose Kaufempfehlung aus. Das Buch mag zwar nicht so inspirierend sein, wie ein thematisch konzentriertes Monsterbuch (Draconomicon, Open Grave), des Weiteren vermisse ich ergänzende Rubriken zu „Monster Taktiken“ gerade bei den neuen Minions (die kommen wohl im DMG 2) und Tipps, um vorhandene Monster nach Gutdünken „umzubauen“, aber insgesamt ist das MM 2 eine tolle Ressource, die sich für unmittelbaren Gebrauch am Spieltisch wunderbar eignet.

Was dem Buch jedoch fehlt, sind die klassischen „Ecology“-Rubriken der alten MMs (v.a. aus der 2E-Ära), die den Spielleiter mitunter zu Abenteuern inspirieren konnten. Die MMs der 4E sind genau das, was der Titel verspricht: eine Bedienungsanleitung („Manual“) zum unmittelbaren Spielen, eine Anleitung, welche alle Spielelemente vor und nach dem Kampf restlos ausklammert. Für das „davor und danach“ ist in der 4E der DDI da, und während das meiner Meinung nach eine sinnvolle Aufteilung des Materials ist (ich will kein unnötiges Material an den Spieltisch schleppen müssen), habe ich meine Zweifel, dass 4E Monsterhandbücher Rollenspielneulingen, v.a. jüngeren ohne DDI-Abonnement, einen guten Einstieg in das Hobby bieten. Hier macht sich einfach bemerkbar, dass das Buch primär aus der Hand von zwei DDM-Designern stammt, also Leuten, die essenzielle Unterschiede zwischen einem Rollenspiel und einem Skirmish Game missachten. Deshalb fehlen quer durch die Bank beschreibende Texte, die v.a. das Verhalten, die Laute, die Reaktionen der Monster – selbst im Kampf – eindringlicher vermitteln. Warum die 4E Designer es nur bei den Attackemanövern der SC als zielführend sehen, das Spiel mit „Flavour“-Texten zu unterstützen, verstehe ich bis heute nicht. So braucht es ein gewaltiges Maß an Eigenfantasie, hier narrative Lücken zu füllen.

Fazit:

„Glattes Eis - ein Paradeis für den, der gut zu tanzen weiß.“ Das Monster Manual 2 ist ein Buch mit zahlreichen Stärken und Schwächen. Je nach Eigenvermögen und Eigeninteressen machen sich letztere mehr oder weniger am Spieltisch bemerkbar. Umso unmöglicher ist es, dem Buch ein Generalurteil zu verpassen.

Deshalb in aller Kürze: wer Begegnungen in der 4E bereits aus dem Monster Manual 1 gerne und erfolgreich leitet – also nicht unter Rückgriff auf andere Ressourcen wie selber ausgedrucktes aus dem DDI-Compendium, Kaufabenteuer, etc. – wird mit dem MM 2 seine wahre Freude haben. Zwar kann das Buch nicht mit der Bildqualität des Erstlings mithalten, aber spielmechanisch schlägt es dieses um Längen. Vom Solomonster bis zum unscheinbareren Minion erhalten die Monster im MM 2 eine gewaltige Aufwertung an Optionen während des Kampfes – was das Spielleiterdasein erheblich versüßen dürfte. Wer hingegen an der 4E als solcher nicht primär interessiert ist, und generell einfach Inspirationsmaterial für andere Regelwerke sucht, sollte einen weiten Bogen um das Buch machen. Regelübergreifendes inspirierendes Material zu Monstern findet man mittlerweile nur mehr im DDI. Da ich Kampfbegegnungen gerne unmittelbar aus Monsterhandbüchern leite und für beschreibende Texte auf andere Ressourcen zurückgreifen kann, erfüllt das Monster Manual 2 meine Erwartungen perfekt. Ich verleihe dem Buch die hohe Note von 4,5.