Links zur Rezension Inhalt(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)Howl of the Carrion King ist das erste Abenteuer in Paizos viertem Adventure Path aus der Pathfinder-Reihe. Die Kampagne spielt diesmal in Katapesh, einem Wüstenkönigreich von Händlern und Genies, das an die Märchen aus Tausend und einer Nacht erinnert. Wer als Spieler gerne dem Geheimnis erst am Spieltisch auf die Schliche kommt und nicht schon vorher darüber lesen möchte, der sollte an dieser Stelle nicht weiter lesen, da diese Rezension einige massive Spoiler enthält. Das Fazit kann man sich aber in jedem Fall bedenkenlos zu Gemüte führen.
Die Geschichte der Kampagne ist jedenfalls enorm episch und basiert auf einem Entwurf, der Paizo schon vor dem Start der Pathfinder Adventure Paths in der Schublade lag: Vor Jahrhunderten tobte im Wüstenkönigreich Katapesh ein verheerender Krieg der Genies, an dessen Ende der Ifrit Jhavul von seiner Gegnerin, der Djinn-Dame Nefeshti auf eine Halbebene verbannt wurde, damit er sich nicht in die Reinkarnation von Xotani, dem Feuerbluter (dem liebsten Haustier von Rovagug, des Gottes der Zerstörung) verwandeln kann, wie er es plante. Dort sitzt Jhavul nun jedenfalls seit Jahrhunderten fest und wartet ungeduldig darauf, dass er befreit wird, um seinen Plan endlich vollenden zu können – dazu benötigt man jedenfalls die mächtige „Schriftrolle von Kakishon“, und eben diese spielt im Legacy of Fire Adventure Path eine nicht ganz unbedeutende Rolle.
Den Kampagnenhintergrund kann man sich auf der Paizo-Webseite kostenlos im Rahmen der so genannten Campaign Outline herunterladen; dieses PDF-Dokument enthält eine wesentlich ausführlichere Darstellung des Genie-Krieges als unser kurzer Abriss (siehe Link auf der rechten Seite).
Das erste Abenteuer jedenfalls führt die Spielercharaktere von der ersten bis zur fünften Erfahrungsstufe und spielt in und um das zwei Jahrzehnte vor Kampagnenbeginn entvölkerte Dorf Kelmarane im Nordwesten des Landes Katapesh. Die Abenteurer arbeiten für die Händlerprinzessin Almah, die von den mysteriösen Paktmeistern den Auftrag erhalten hat, Kelmarane aus der Hand der Gnolle vom Kulldisstamm zu befreien, die sich dort niedergelassen haben. Dieser Auftrag stellt sich als umfangreiches Unterfangen heraus, welches in fünf Abschnitten gemeistert werden muss.
1. Abschnitt: Die Klaue des Sultans
Das Abenteuer beginnt, als die Charaktere das Lager von Prinzessin Almah erreichen, welches sich an einem einsamen Baum in der Wüste befindet, der auf Grund seiner Form die „Klaue des Sultans“ genannt wird. Langwierige Vorstellungsrunden finden hier allerdings nicht statt, denn der Wagen von Almahs persönlichem Wahrsager steht lichterloh in Flammen. Es muss also zunächst das Feuer gelöscht werden, wobei das Schicksal des armen Sehers in jedem Fall besiegelt ist. Anschließend erhalten die Charaktere den Auftrag, die Ursache des Feuers zu ermitteln, was sie schließlich auf die Fährte der Pugwampis bringt – boshafter Gremlins, die man oft in der Nähe von Gnollen antrifft.
Almah gibt der Gruppe anschließend den Auftrag, einen der kleinen Quälgeister zu jagen, um die Pugwampi-Theorie mit Beweisen zu untermauern. Glückt diese Jagd, so beschließt die Prinzessin, dass das Lager an der Klaue des Sultans zu unsicher ist – eine bessere Operationsbasis für die Befreiung Kelmaranes muss gesichert werden…
Die erste Szene des Abenteuers ist kurzum ein grandioses Beispiel für eine hervorragende Begegnung, die (fast) ohne Kämpfe auskommt. Es gibt ein Rätsel zu lösen, eine ganze Reihe interessanter NSC, mit denen die Helden interagieren können, Aufgaben, Gefahren und auch eine sehr dichte Atmosphäre. Genau so sollte die Eröffnung eines Abenteuers aussehen – spannend, actionreich und noch dazu sehr originell.
2. Abschnitt: Das Alte Kloster
Die neue Operationsbasis soll die Ruine eines alten Klosters der Sonnengöttin Saraenre auf einer Anhöhe außerhalb von Kelmarane werden. Unglücklicherweise wird das Gemäuer von einer Pugwampi-Bande bewohnt, so dass die Abenteurer in einem kleinen aber feinen Dungeon Crawl zunächst die Gremlins erschlagen oder vertreiben müssen, bevor Almahs Expedition sich zwischen den alten Klostermauern niederlassen kann.
Hier findet dann auch der erste Kontakt zum größeren Kampagnenplot statt, da die Spielercharaktere auf die Manifestation der Seele eines der „Templer der Fünf Winde“ stoßen – unsterbliche Jann-Krieger, die im Genie-Krieg vor vielen Jahrhunderten als Nefeshtis mächtigste Krieger agierten. In dieser Begegnung kann potenziell einer der SC mit dem Bewusstsein des Templers „infiziert“ werden, was ihm einerseits den Weg zu einer im Kloster verborgenen magischen Waffe weist. Außerdem wird dieses Bewusstsein sich im weiteren Verlauf an Schlüsselstellen immer wieder zu Wort melden und den Abenteurern den einen oder anderen Einblick in die Geschichte des Genie-Krieges geben.
Während mir diese Idee grundsätzlich sehr gefällt, finde ich ihre Umsetzung eher schwach und unglücklich: Das Bewusstsein des Templers Vardishal manifestiert sich nämlich ausgerechnet in Form von grünlichem schimmeligem Schleim, was ich persönlich als irgendwie unwürdig und albern empfinde. Noch dazu wird der Charakter, der mit Vardishals Bewusstsein „infiziert“ wird, als „Moldspeaker“ bezeichnet, was vielleicht auf den ersten Blick noch halbwegs „cool“ klingt, zu deutsch aber wörtlich übersetzt „Schimmelsprecher“ bedeutet, und das ist für mein Empfinden nicht unbedingt im Einklang mit dem epischen Thema der Kampagne.
Insgesamt ist das alte Kloster ein solider Mini-Dungeon mit ein paar guten Ideen und Begegnungen, die vor allem dank der Pugwampis spannend und ungewöhnlich sein dürften – möglicherweise aber auch nervig und frustrierend, das die Gremlins über eine Aura verfügen, die bewirkt, dass die SC erfolgreiche W20-Würfe einmal wiederholen müssen. Die Quälgeist-Natur der Pugwampis ist dadurch sehr gut umgesetzt, aber ich kann mir vorstellen, dass es nach einer Weile einfach nur nervt.
Schön ist hingegen, dass es im Kloster einige Hinweise auf die Geschichte von Katapesh, die Templer der Fünf Winde (das Kloster ist Vardishal als einem Heiligen geweiht) und auf die Kirche von Saraenre gibt. So ist die Episode nicht nur eine stupide Metzelei sondern durch auch dazu geeignet, die Atmosphäre des Abenteuers zu verdichten und die größeren Ereignisse anzudeuten, die da noch kommen sollen.
3. Abschnitt: Kelmarane und Umgebung
Im dritten Abschnitt müssen die Spielercharaktere die Ruinen von Kelmarane erkunden und von Monstern säubern. Zwar gibt es an einer Stelle die Möglichkeit, sich mit einem der monströsen Bewohner zu verbünden und so einen kleinen Vorteil zu erlangen, trotzdem ist dieser Teil des Abenteuers aber der bei weitem einfallsloseste. Einzig die Tatsache, dass es ein paar Ereignisse gibt, die im Lauf der ersten Woche nach der Eroberung des Klosters eintreffen, handelt es sich tatsächlich um nicht mehr als eine Erkundung der nummerierten Gebäude auf der Karte des Dorfes und den Kampf gegen ihre übellaunigen Bewohner.
4. Abschnitt: Der Schlachtenmarkt
Sobald die Straßen von Kelmarane von Monstern befreit sind, können sich die Abenteurer in den so genannten Schlachtenmarkt („Battle Market“) begeben, ein massives Gebäude, das ursprünglich dazu diente, einen sicheren Handelsplatz in der entlegenen und gefährlichen Grenzregion zu schaffen, wo Kaufleute ihre Geschäfte abwickeln können, ohne sich um die Gefahren der Wüste sorgen zu müssen. Inzwischen ist der Schlachtenmarkt die neue Heimat der Gnolle des Kulldisstamms, deren Anführer allerdings kein Gnoll ist, sondern ein Janni namens Kardswann, der ebenfalls ehemals ein Mitglied der Templer der Fünf Winde war, nun aber von einem Dämon namens Xulthos korrumpiert wurde, der vor zwanzig Jahren für den Untergang Kelmaranes verantwortlich war und anschließend von den Paktmeistern in der Gruft unter der Dorfkirche eingeschlossen wurde.
Der Schlachtenmarkt ist eine recht interessante Örtlichkeit, die mich persönlich stark an den Palast von Jabba oder die Cantina von Mos Eisley aus Star Wars Episode IV erinnert – ein Loch voller Schurken und Halsabschneidern, die hier an der Bar die Hitze mit kühlen Drinks bekämpfen, Schmuggelware anbieten oder in den blutigen Arenakämpfen zu Ruhm und Reichtum kommen wollen.
Spielerisch interessant ist der Schlachtenmarkt, weil die Gruppe hier zwischen zwei grundsätzlich unterschiedlichen Strategien wählen kann: Verhalten sie sich nicht aggressiv, so können sie sich frei bewegen und werden vorerst wohl keinen Ärger bekommen – obwohl viele der anwesenden NSC sicher leicht zu provozieren sind. Die andere Variante besteht darin, mit gezogener Waffe in das Gebäude zu stürmen und sich den Weg bis in Kardswanns persönliche Gemächer frei zu schneiden – was verständlicher Weise ein veritables Blutbad verursacht. Am Ende muss auch Kardswann selbst gar nicht zwingend getötet werden, denn der „Moldspeaker“ (falls einer der SC zu diesem geworden ist), kann möglicherweise erkennen, dass der Janni unter dem Einfluss einer finsteren Macht steht.
Insgesamt ist der Schlachtenmarkt eine spannende Episode an der mir besonders gut die Star-Wars-Atmosphäre und die unterschiedlichen Lösungsansätze gefallen haben.
5. Abschnitt: Der Dämonenbau
Sobald Kardswann besiegt und der Schlachtenmarkt erobert ist, erhalten die SC von Almah einen magischen Schlüssel, mit dem sie Zugang zur Gruft unter der Kirche von Saraenre erhalten. Dort sollen sie den Dämon Xulthos vernichten, den die Paktmeister hier zwanzig Jahre zuvor eingekerkert haben. Die Gruft ist ein ziemlich kleiner Dungeon, der sich als reichlich geradlinig entpuppt. Es gibt zwar ein kleines Rätsel und einen potenziell sehr knackigen Endkampf gegen Xulthos, insgesamt aber keine Überraschungen.
Gerettet wird der letzte Abenteuerabschnitt dadurch, dass er kurz und knackig ist und somit als letzte zu bewältigende Aufgabe durchaus geeignet erscheint. Am Ende erfolgt dann die große Auflösung, da die SC erst jetzt von Almah erfahren, dass Xulthos ursprünglich für den Untergang von Kelmarane verantwortlich war – und somit fügen sich die Puzzleteile schließlich zu einem Gesamtbild, was ich als Spieler immer als äußerst befriedigend empfinde.
Weitere Inhalte
Neben dem eigentlichen Abenteuer enthält das Buch ein Bestiarium mit einigen neuen Monstern, darunter hauptsächlich die Pugwampis und Gremlins in anderen Variationen sowie ein paar weitere Monster, die einen soliden Eindruck machen.
Außerdem ist noch ein so genanntes „Set Piece“ enthalten, ein optional verwendbares Miniabenteuer, in dem die SC die Bekanntschaft eines hungrigen Werleoparden machen. Diese kleine Queste empfinde ich als nette Dreingabe, die durchaus nützlich sein kann, um einerseits den SC ein paar zusätzliche Erfahrungspunkte zu verschaffen, bevor sie sich mit den härteren Herausforderungen in den späteren Abenteuerabschnitten messen, andererseits kann man es auch dazu nutzen, einen weiteren NSC in die Kampagne einzuführen, um ihn später möglicherweise als Auftraggeber, Widersacher oder Verbündeten der Helden auftreten zu lassen.
Schließlich erhält der Leser noch einen Artikel über die Gnollstämme der Ehernen Gipfel („Brazen Peaks“), was ich persönlich sehr gut finde, da die Gnolle in dem Abenteuer längst nicht nur als Schwertfutter auftreten, sondern eben auch als NSC, mit denen die SC verhandeln können. Durch diesen Artikel erhält man einige gute Informationen, um aus den Gnollen glaubwürdige NSC mit einem eigenen Hintergrund zu machen. Ich würde zumindest nach diesem ersten Abenteuer Gnolle als Spielervolk in der Kampagne durchaus zulassen.
Präsentation
Die Präsentation der Inhalte erfolgt in Pathfinder-üblicher Qualität – das Abenteuer ist ein 96-seitiges Softcover in Vollfarbe und die Illustrationen sind zum überwiegenden Teil von hervorragender Qualität. Die gesamte Gestaltung orientiert sich stilistisch an der Ikonographie der arabischen Welt und wirkt stimmig und dem Inhalt angemessen. Die Karten sind allesamt sehr ansehnlich und nebenbei auch funktional.
Fazit:„Howl of the Carrion King“ ist ein überdurchschnittliches Abenteuer, dennoch ist es nicht ohne Schwächen. So kann man beispielsweise nicht leugnen, dass es sehr linear aufgebaut ist und trotz einiger offensichtlicher Geistesblitze, wenn auch nicht altbacken, so doch zumindest auch nicht umwerfend innovativ ist. Die fünf Abschnitte werden sequentiell nacheinander abgehakt, wobei die Marschrichtung von der Auftraggeberin der Helden ziemlich strikt vorgegeben wird.
Positiv fällt jedoch die sehr gute Umsetzung der Ideen auf. Die Örtlichkeiten verfügen allesamt über eine dichte Atmosphäre; es gibt haufenweise Bezüge zur Geschichte, Kultur und Religion des Landes Katapesh, auch gute Möglichkeiten, neue SC in die Gruppe einzuführen usw. usf.
Vor allem aber gibt es jede Menge Möglichkeiten zur Interaktion, abgesehen einmal von der letzten Episode, so dass „Howl of the Carrion King“ in aller Regel nicht zur blutigen Schlachtplatte werden sollte – obwohl man das Abenteuer durchaus auch als solche konsumieren kann.
Zusammen mit dem guten Zusatzmaterial – Bestiarium, Set Piece und Gnoll-Artikel – konnte mich dieser erste Teil des Legacy of Fire Adventure Paths durchaus überzeugen. Howl of the Carrion King ist ein sehr gutes, wenn auch recht lineares Abenteuer mit einer dichten Atmosphäre, das Spielspaß für viele Abende und einen spannenden Einstieg in den epischen Plot der Kampagne verspricht.
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