Links zur Rezension Zwölf Jahre alt und doch schon der Hüter eines Geheimnisses, das dieses junge Leben ins Verderben stürzen könnte – Maimun ist dem Tode geweiht.
VorabWenn der Vater mit dem Sohne ... einen Roman schreibt. R. A. Salvatore konnte augenscheinlich Wizards of the Coast davon überzeugen, dass sein Sohn Geno ebenfalls eine schriftstellerische Begabung besitzt. Als „kleine“ Starthilfe werden nicht nur der gewichtige Name des Vaters, sondern auch der bekannteste Held (nicht zuletzt auf dem Cover) bemüht, was die Absatzzahlen sicher in angestrebten Bahnen halten wird. Ob der Roman diese Aufmerksamkeit verdient oder ob Salvatore – als „Zugesel“ in Sachen FR-Romane – einen allzu großen Einfluss auf die Romanabteilung des Verlages hatte, werden wir sehen. Stowaway („Blinder Passagier“) ist der Beginn einer Serie um Maimun, einen Waisen, der ein schweres Erbe mit sich herumträgt. In diesem Monat noch folgt mit The Shadowmask der 2. Band der Trilogie. Geno Salvatore war zuvor Co-Autor bei einigen von R. A. Salvatores Projekten (Kurzgeschichten).
AufmachungDie Coverart entspricht den letzten „A5“-Romanen der Drizztserie, Todd Lockwood zeichnet dafür verantwortlich. Im Innern findet sich eine Karte der Schwertküste. Die Seitenzahl von 287 lässt zunächst den normalen Schnitt vermuten, doch der Schein trügt. Bei nur 50 Zeichen pro Zeile und 23 Zeilen pro Seite erinnert das ein wenig an die ebenso spärlich bedruckte Hallowmere-Reihe (ebenfalls im gleichen A5-Format). Zum Vergleich, ein normales WotC-Softcover (Empyrean Odyssey, WotSQ, Haunted Lands) hat 65 Zeichen je Zeile und von letzteren 37 pro Seite. Würde man Stowaway auf dieses Normalformat runterrechnen, käme man auf etwa 140 Seiten. Dafür 10 Dollar (bzw. 7 Euro) zu verlangen, wenn besagte WotC-Softcover im Schnitt 320 und mehr Seiten haben und zwischen 5 und 7 Dollar kosten, ist schon recht ... forsch. Das noch mit des Vaters Namen als Zugpferd auf den Markt zu werfen, um somit die Drizzt-Kundschaft anzulocken, setzt dem eigentlich noch die Krone auf.
Allgemeiner InhaltDa Stowaway zwar eine Serie ist, aber eine in sich geschlossene Reihe ohne (so hoffen wir doch) Auswirkungen auf die Reiche an sich, wird hier nicht so ausführlich wie sonst auf FR-relevante Inhalte eingegangen, die auch für Nichtleser von Interesse wären. Der Roman handelt von Maimun, einem Waisen, der seit seiner Geburt von Problemen verfolgt wird. Von diesen werden wir in einer Art Rahmenhandlung aufgeklärt: Der 18-jährige Maimun sitzt als Gefangener eines Piraten in einer Höhle und erzählt diesem mehr oder weniger ausführlich die Geschichte seines Lebens. Zumindestens soweit er sich erinnern kann. Dabei gibt es einige Zeitsprünge, die aber allesamt nachvollziehbar sind. Seine Heimstatt wurde zerstört, Mutter, Vater und Anverwandte allesamt umgebracht. Er allein überlebte das Drama und wurde in den Ruinen des Hauses von einem Barden gefunden, der den Jungen 12 Jahre später unter seine Fittiche nahm. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte Maimun, der seinen richtigen Namen nie kennengelernt hat (alle, die ihn kannten, starben in besagtem Überfall), bei einer elfischen Druidin namens Elbeth. Sie war es, die ihm den Namen Maimun gab, was in etwa „Glückliches Kind“ bedeutet. Eines Nachts kam eine mysteriöse Gestalt zu ihrer Höhle und forderte Elbeth zum Duell, woraufhin diese den Barden zu sich rief, um Maimun unter seine Fittiche zu nehmen. Perrault lehrte den Jungen lesen und schreiben, reiste mit ihm die Schwertküste hoch und runter, bis er mit dem Jungen eines Tages einem Ruf folgend nach Baldurs Tor* kam. Dort triff Perrault seine Liebe wieder, eine mächtige Priesterin der Tymora*. Letztere übergibt das Erbstück (ob dies der der Romanreihe namensgebende „Stein der Tymora“ ist, wird in Stowaway noch nicht verraten), welches von nun an von Maimun getragen wird. Kaum geschieht dies, taucht die mysteriöse Gestalt auf, welche vermutlich Maimuns Dorf wie auch Elbeths Hain ins Verderben gestürzt hat. Nur mit Mühe und Glück können Perrault und Maimun entkommen, doch nur für kurze Zeit. Dann muss Maimun sich vom Barden trennen und sucht Zuflucht auf einem Schiff, welches zufällig aus dem Norden kommend in Baldurs Tor Proviant aufnimmt. Die Sea Sprite von Kapitän Deudermont bringt gerade die vier Heroen des Eiswindtals*, Drizzt do’Urden, Catti-brie, Wulfgar und Bruenor, nach Calimhafen, wo der Assassine Artemis ihren Freund Regis (vgl. The Halfling’s Gem*) gefangen hält. Der blinde Passagier beweist sein Können in Kampf gegen Seemonster und wird daraufhin nicht vom Kapitän über Bord geworfen, sondern vorerst in dessen Dienste aufgenommen. So kann er dem mysteriösen Fremden – einem Dämon namens Asbeel* – vorerst entkommen. Bis schließlich die „Schattenmaske“ auftaucht, eine nicht weniger mysteriöse Magierin ...
Fazit:Selbst für R.-A.-Salavatore-Fans dürfte Stowaway nicht über das Mittelmaß hinauskommen. Die Geschichte an sich ist gut, doch baut sie auf einer Menge Klischees und Stereotypen auf, insbesondere der modernen Jugendliteratur: Held ist ein 12-jähriger (Wesley Crusher, Harry Potter, Hallowmere, 900 Mangas), dem die ganze Familie ermordet wurde (Harry Potter, 897 Mangas) und der eine schwere Bürde zu tragen hat ( ... die ihm (vermutlich) von einer höheren Macht auferlegt wurde; 700 Mangas, Hallowmere, Harry Potter etc. pp.). Die Piraten ließen augenblicklich die sehr populäre Fluch-der-Karibik-Reihe (oder auch Peter Pan) vor dem geistigen Auge entstehen. Und der junge Held wird natürlich von einem übermächtigen Bösen verfolgt (na ja, ich spar mir die Aufzählung hier). Dass im Gegensatz zu etwa 99 % aller bisherigen FR-Romane** alles aus der Ich-Perspektive erzählt wird, kann da nichts retten, eher im Gegenteil. Hätte man die Orts- und Götternamen weggelassen und wären Drizzt und Co. nicht aufgetaucht, würde dieser Roman in der Masse der mittelmäßigen Fantasybücher verschwinden. Enttäuschend dürfte für die Mehrzahl der Leser sein, dass Stowaway nicht in den neuen Reichen spielt (siehe Anmerkungen), wenngleich die Ansage der Wizards doch war, nichts mehr für die „alten Reiche“ vor der Spellplague* zu produzieren. So bleibt letztlich doch der fade Beigeschmack, dass nach dem Weggang einiger Autorengrößen des Zugpferds Sohn mit an Bord geholt wurde, um unter den Fittichen des Vaters und unter Zuhilfenahme des guten Rufes der Drizztbücher Kunden anzulocken. Sicher ist die Geschichte lesenswert und der Cliffhanger sorgt dafür, Spannung auf das zweite Buch aufzubauen, doch das Preis-Leistungs-Verhältnis kann in mehrerlei Hinsicht bestenfalls mit „schlecht“ bewertet werden.
**Dieses 1 % sind nahezu ausschließlich quasi-philosophische Monologe des Haupthelden der Bücher aus Genos Vaters Feder, Drizzt do’Urden.
Anmerkungen
- Azbeel – Flammenschwert, normal groß, dann wieder kleiner, mal mit, mal ohne Flügel, wir hoffen doch, dass es kein Balor wie bei Drizzt sein soll ... - Baldurs Tor – Baldur’s Gate, eine große Hafenstadt an der Schwertküste, nicht zuletzt bekannt bekannt aus den PC-Spielen. - Eiswindtal – Icewind Dale, ein eisiges Tal am Nordende der Schwertküste, Wahlheimat von Drizzt und seinen Freunden, ebenfalls bekannt aus den PC-Spielen. - Spellplague – eine Art Magieexplosion, die den neuen Forgotten Realms der 4. Edition von D&D den Weg bahnte. - The Halfling’s Gem – (Der Magische Stein) ist Teil 3 der The-Icewind-Dale-Trilogie. Durch ihn erfahren wir, dass Stowaway unter anderem im Jahr 1356 T. Z. spielt, während der Erzähler sich im Jahr 1362 mit dem Piraten unterhält. - Tymora – die Göttin des (guten) Glücks
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