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Robo Rally
Bewertung:
(4.5)
Von: Nico Kevin Bracht
Alias: Cut
Am: 04.12.2009
Autor:Richard Garfield
Typ:Brettspiel
Setting:Fabrikhallen
VerlagWizards of the Coast / Avalon Hill
ISBN/ASIN:
Inhalt:Siehe Rezension
Sprache:Englisch

Vorbemerkung:

Habt Ihr Euch nicht auch schon immer gefragt, was die Roboter einer modernen Fabrikhalle des Nachts machen, wenn ihnen niemand über die mechanische Schulter schaut? Wenn Ihr eine Antwort wollt, spielt einfach einmal eine Partie Robo Rally.

Aber Vorsicht: Nach dem Spiel wird man weder Fabrikhallen noch Roboter jemals wieder mit den gleichen Augen sehen. Dafür wird man aber mit ziemlicher Sicherheit eine gewisse Sucht für das Spiel entwickeln.

 

Das Spiel:

Für eine Partie Robo Rally übernimmt jeder Spieler die Kontrolle über einen (leicht abgedrehten) Roboter. Zusammen mit den von den anderen Mitspielern gesteuerten Robotern, verbringen die nervösen Maschinen die Nächte in der Fabrikhalle regelmäßig damit, gegeneinander halsbrecherische Wettrennen zu fahren, die mehr an Rally Parcours erinnern, denn an Formel 1 Rennstrecken.

Im Spielverlauf müssen die Spieler sich um die Programmierung ihres Roboters kümmern. Dabei sollten sie nicht nur auf den vermeintlich besten Weg für den eigenen Roboter denken, sondern auch ein Auge auf die voraussichtlichen Bewegungen der anderen am Rennen teilnehmenden Roboter haben. Nicht zuletzt müssen auch den Tücken und Gefahren einer Fabrikanlage Rechnung gezollt werden...

 

Robo Rally spielt man mindestens zu zweit. Maximal können sogar bis zu acht Spielern gleichzeitig einen Roboter auf die Strecke schicken. In meiner Erfahrung macht eine Partie am meisten Spaß, wenn sich zwischen vier oder fünf Roboter auf dem Parcours befinden. Dann ist das Brett stets voll genug, so dass sich die Roboter hin und wieder in die Quere kommen, aber man erlebt auch das (Glücks-)Gefühl, dass ein komplettes eigenes Programm tatsächlich einmal erfolgreich umgesetzt werden kann.

 

Das Spiel wird in Zügen gespielt, die jeweils in verschiedene Segmente unterteilt werden.

Zu Beginn eines jeden Zuges „programmiert“ jeder Spieler fünf Bewegungen („Registers“) in den Computer seines Roboters. Dies geschieht im Voraus und kann den Rest des Zuges nicht mehr verändert werden. Da den Spieler nicht immer alle Zugmöglichkeiten offen stehen, jeder Spieler verdeckt seinen eigenen Roboter programmiert und der Zug quasi gleichzeitig erfolgt, ist das Chaos vorprogrammiert...

 

Das Spielmaterial und das Spielprinzip:

In der großen Robo Rally Schachtel finden sich neben einer ausführlichen Spielanleitung, ein Satz Optionskarten, acht verschiedene Roboter-Charakter-Karten, zwei Bodenerläuterungspläne, vier doppelseitig bedruckte rechteckige Spielpläne (und ein Startfeld), ein Stapel Register-Programm-Karten und eine Sanduhr.

Ein Sortiment an Pappmarkern und sechs Streckenmarkierungen aus neonfarbenem Plastik runden die Ausstattung ab. Die acht Roboter liegen dem Spiel nicht als Spielmarker, sondern als Plastik-Miniaturen bei. Die Roboter tragen unter anderem so nette Namen wie „Twonky“ und „Twitch“. Auf den, zu dem jeweiligen Roboter gehörenden, Charakter-Blatt, finden sich einige Worte bzgl. des Charakters der jeweiligen Maschine. Schnell wird klar, dass bei vielen Robotern der Name Programm ist...

 

Das Regelheft umfasst nicht nur den obligatorischen Regelteil, sondern auch noch einige vorbereitete Rennstrecken, die mit Schwierigkeitsgradangaben versehen sind. Dieses Heft wird also am Spieltisch immer in Gebrauch sein. Ein Glück gibt es das Ding als kostenlose PDF auf der Avalon Hill Homepage.

 

Die enthaltenen Spielpläne zeigen jeweils den Aufriss von verschiedenen Fabrikhallen und sind mit einem Gittermuster bedruckt. Dieses Gitter teilt die Fabrikhalle, also den Ort, an dem die Wettrennen stattfinden, in gleichgroße quadratische Felder ein.

 

Mit den enthaltenen Streckenmarkierungen wird zu Beginn des Spiels der Parcours abgesteckt, den die Roboter abfahren müssen. Dabei müssen die Streckenmarker in der richtigen Reihenfolge nicht nur an- oder überfahren werden, sondern am Ende eines kompletten Zuges, also nach der fünften Register-Phase durch den eigenen Roboter belegt sein. Um auf die Streckenmarkierungen zu kommen, müssen die Spieler ihre Roboter bewegen. Jede Roboterspielfigur zeigt eine Ausrichtung an. Es ist wichtig darauf zu achten, dass man stets weiß, in welche Richtung der Roboter ausgerichtet ist. Bewegt werden die Roboter mittels der Register-Karten.

 

Ist ein Roboter noch voll intakt, bekommt der Spieler vor jedem neuen Zug einen Satz von neun zufälligen Register-Karten auf die Hand, aus denen er fünf auswählt, um seinen Roboter für den kommenden Zug zu programmieren. Dabei gibt es folgende verschiedene Register-Karten:

drei Bewegungskarten („Move 1“, „Move 2“ und „Move 3“), die es dem Roboter gestatten, sich ein, zwei oder drei Felder in gerader Linie nach vorne zu bewegen.

Dann gibt es eine Karte, die eine Rückwärtsbewegung um ein Feld ermöglicht („Back Up“).

Schließlich gibt es noch drei Drehungskarten, die den Roboter entweder um 90 Grad nach links („Turn Left“), nach rechts („Turn Right“) oder sogar um 180 Grad („U-Turn“) um sich selber drehen.

Je ausgefallener eine Bewegungs-Karte ist, desto seltener ist sie im Spiel vertreten und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit sie im entscheidenden Moment zur Verfügung zu haben. Aber irgendwann führen bekanntlich alle Wege zur Streckenmarkierung. Es muss ja nicht immer die geradlinigste Route sein...

 

Der Rundenablauf funktioniert wie folgt:

Die fünf Register-Phasen müssen für jede Runde im Voraus programmiert werden und zwar mit dem Kartenmaterial das man zufällig zugeteilt bekommen hat. Natürlich hat man nicht immer das ideale Kartenmaterial auf der Hand, um einen perfekten Zug zu programmieren. Man muss das Beste aus den vorhanden Karten machen und im Vorfeld verdeckt fünf Programm-Karten auf das Roboter-Charakter-Blatt legen. Jeder Spieler muss immer 5 Register-Phasen programmieren, auch wenn ihm die programmierte Bewegung einen Strich durch seine Pläne macht. Alle Spieler programmieren ihre Roboter gleichzeitig.

Sind alle Spieler, bis auf einen, mit der Programmierung fertig, bekommt dieser noch eine Sanduhr lang Zeit sein Programm zu legen, dann beginnt der eigentliche Zug. Liegen erst einmal alle Karten aller Spieler, können die Programme der Roboter nicht mehr verändert werden und die Runde beginnt.

Dies geschieht, indem alle Spieler ihre erste Register-Karte umdrehen.

 

Um zu bestimmen in welcher Reihenfolge die Roboter nun gezogen werden, werden die Prioritäts-Nummern der gerade aufgedeckten Programm-Karten miteinander verglichen.

Der Roboter, dessen Karte die höchste Nummer aufweist, zieht zuerst.

Dann folgen die anderen Roboter, entsprechend ihrer eigenen Prioritäts-Zahl.

Dabei kann es passieren, dass Roboter sich auf Felder bewegen welche von einem anderen Roboter belegt sind. In diesem Falle verschiebt der gerade aktive Roboter den passiven Roboter, der also entweder schon gezogen ist oder noch ziehen würde. Der passive Roboter wird beim Verschieben in der Bewegungsrichtung des aktiven Roboters aus dem Feld verdrängt und auf das angrenzende Nachbarfeld platziert. Dabei ändert sich die Ausrichtung des verschobenen Roboters nicht! Ebensowenig ändern sich die für die nachfolgenden Register-Phasen ausgelegten Programmkarten, so dass der passive Robotern nunmehr ein Programm ausführen dürfte, das sein Spieler so für seinen Schützling nicht im Hinterkopf hatte!

 

Am Ende einer jeden Register-Phase treten dann noch bestimmte Brettelemente, also Besonderheiten der Fabrikhallen, wie etwa Förderbänder, Laser-Schweiß-Geräte oder mechanische Drehvorrichtungen usw. in Aktion.

 

Nachdem diese Elemente möglicherweise auch noch den einen oder anderen Roboter beeinflusst haben, schießt jeder Roboter, unnachgiebig und automatisch, mit seinem Montagelaser in gerader Linie über das Brett.

Sollte dabei ein anderer Roboter in der direkten Schusslinie stehen, erhält dieser durch den Treffer mit dem Laser einen Schadenspunkt. Für jeden Schadenspunkt, den ein Roboter im Verlauf des Spiels erhält, bekommt der Spieler zu Beginn eines neuen Zuges eine Karte weniger zugeteilt, aus denen das neue Programm zusammengestellt werden muss. (Auch Bordelemente können Schadenspunkte zufügen oder im Falle eines Loches sogar das Ende eines Roboters bedeuten!).

D.h. bei einem Schadenspunkt werden nur noch 8 Karten zugeteilt, bei zwei Schadenspunkten nur noch 7 usw.

Nimmt der Roboter großen Schaden werden sogar aktive Karten aus der letzten Runde im Speicher eingefroren, so dass der Roboter dann immer die gleichen Aktionen durchführt, bis er den Schaden heilt, abgeschaltet oder zerstört wird. Dies ist ab dem fünften und jedem nachfolgendem Schadenspunkt der Fall.

 

Erhält ein Roboter seinen neunten Schadenspunkt (oder verlässt er das Brett indem er in ein Loch oder über eine Begrenzung des Brettes fährt), gilt er als zerstört und wird vom Brett entfernt.

Doch das Rennen ist noch nicht gelaufen. Denn jeder Roboter verfügt pro Rennen über drei Reaktivierungen, nachdem er zerstört wurde! Er wird dann einfach auf das nächste freie Feld beim Archiv-Marker platziert und darf ab der nächsten Runde wieder am Rennen teilnehmen! Und das mit vollen neun Karten.

Bereits erfolgreich markierte Streckenmarkierungen verfallen angenehmerweise auch nicht.

 

Nachdem auch die Schadensphase stattgefunden hat, beginnt die nächste Register-Phase indem wieder zeitgleich alle Spieler ihre nächste Programm-Karte umdrehen und zeigen.

Der Ablauf ist wie oben beschrieben. Es beginnt der Spieler, mit der höchsten Prioritäts-Zahl, seinen Roboter zu bewegen und so weiter.

 

Der Ablauf geht einem schnell in Fleisch und Blut über, dennoch sind zwei Übersichtstafeln enthalten, die nochmals alle Bordelemente erläutern und jede Roboter-Charakter-Karte hat in der Ecke eine Kurzübersicht über den Rundenablauf.

 

Ziel einer jeden Runde ist es, am Ende der fünften Registerphase, also am Ende eines Gesamtzuges, auf einer Wegmarkierung zum Stillstand zu kommen oder sich zumindest in eine günstige Ausgangsposition für die nächste Runde zu bringen. Gelingt es einem Roboter trotz des Gedränges durch die Konkurrenz, den richtigen Marker anzufahren und am Ende eines Gesamt-Zuges zu belegen, gilt für ihn dieser Streckenabschnitt als erledigt und der Spieler darf den Archiv-Marker seines Roboters auf dem Wegpunkt ablegen.

Der Roboter kann dann ab der nächsten Runde den zweiten oder dritten Kurs-Marker ansteuern.

 

Genau am Ende eines Zuges auf einem Wegstrecken-Marker zum Stehen zu kommen ist eine kniffelige Angelegenheit, da im Regelfalle auch andere Roboter das gleiche Ziel ansteuern und es so zu einem Geschiebe und Verfahren kommt, was dazu führt, dass das Spiel schnell chaotische Züge annimmt.

 

Der Roboter, der es trotz aller Hindernisse als Erster schafft, in der richtigen Reihenfolge alle Marker am Ende einer Runde belegt zu haben, gewinnt das Rennen, und damit das Spiel.

 

Um das Rennen noch interessanter zu gestalten, gibt es noch einige Sonderregeln. So können sich beschädigte Roboter für eine Runde abschalten, um sich zu reparieren. Dann verweilen die Roboter deaktiviert auf dem Brett und sind dennoch ungeschützt allen äußeren Einflüssen, durch andere Roboter oder Bordelemente, ausgesetzt. Aber die Abschaltung („Power Down“) ist nicht die einzige Möglichkeit für Roboter Schäden zu beseitigen. Steht ein Roboter am Ende einer einzelnen Register-Phase auf einem mit einem Werkzeug-Marker gekennzeichneten Feld, dürfen sie sich entweder einen Schadenspunkt reparieren oder eine Optionskarte vom Stapel ziehen, Diese Optionskarte verleiht dem Roboter ab sofort besondere Fertigkeiten die ihn den Rest des Spiels von seinen Konkurrenten abhebt und Vorteile im Rennverlauf gewährt.

 

Das Fazit:

Robo Rally gehört zu den wenigen Brettspielen, die ich zwar beim erstenmal Spielen haushoch verloren habe, die mir dennoch dabei so gut gefallen und so viel Spaß bereitet haben, dass ich das Spiel unbedingt anschaffen musste. Das Spiel gehört in jede gut sortierte Spielesammlung. Wem es möglich ist, noch eine alte Amigo-Version des Spieles und seiner beiden Erweiterungssets zu bekommen, sollte dort zuschlagen. Denn in der alten Version waren manche Regelfeinheiten noch besser geregelt (so war z.B. die Initiative-Regelung noch eine andere).

Die US-Neuauflage von Avalon Hill umfasst jedoch nahezu alles was die im Laden nicht mehr erhältliche deutsche Basisspielversion und die beiden Erweiterungspakete an Material enthielten. Dazu kommen noch die schicken Roboter-Miniaturen. Und obwohl einige der Regeln leicht verändert wurden, spielt sich Robo Rally aber weiterhin im bekannten Prinzip.

Robo Rally gehört zu den chaotischsten Strategiespielen die ich kenne. Abhängig von der Anzahl der Spieler (bis zu acht Roboter können gleichzeitig das Rennen bestreiten) nimmt das Chaos zu oder ab.

In meiner Erfahrung sind vier bis fünf Spieler die optimale Anzahl um ein gutes Verhältnis von erwünschtem Chaos und gelegentlichem Programmerfolg zu haben.

Das Spiel ist zurecht ein Klassiker und es ist mir ein Rätsel, warum es bis heute keinen neuen deutschen Lizenznehmer gibt. Bis es zu einer Neuauflage kommt, sollte man aber getrost auf die englischsprachige Ausgabe zurückgreifen, da die Spielmaterialien (bis auf die Optionskarten) komplett sprachunabhängig funktionieren.

Robo Rally von Avalon Hill bekommt von mir die fantastische Bewertung von 4,5 Punkten!

 

Quelle: Avalon Hill Website