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Runnerkompendium
Bewertung:
(4.3)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 12.01.2010
Autor:Diverse
Übersetzer:Manfred Sanders
Typ:Regelerweiterung
System:Shadowrun 4.01D
Setting:Shadowrun
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-939794-87-5
Inhalt:192 Seiten, Hardcover
Sprache:Deutsch

Erster Eindruck

Das Runnerkompendium ist in gewohnter Pegasusqualität hergestellt. Es greift sich gut und die Seiten sind weder zu dick, noch zu dünn. Ein Leseband und viele außerordentlich gute Illustrationen runden den positiven Eindruck ebenso ab, wie das liebevoll gezeichnete Cover. Auch vom Format und der inhaltlichen Strukturierung her entspricht es den üblichen Shadowrunstandards.

Doch wie so oft, stört auch hier das Fehlen von Farbe.

 

Inhalt

Das Runnerkompendium ist, wie fast jedes Buch, in Kapitel unterteilt – genau genommen sind es acht Kapitel. Und die Autoren steigen direkt, ohne große Vorreden ein.

Das erste Kapitel heißt passenderweise „Der Anfang“ und beschäftigt sich, wie der Name schon andeutet, mit den Anfängen jedes Charakters, der Charaktererschaffung. Dabei wird sich jedoch nicht darauf beschränkt die Charaktererschaffung nur von den Werten her zu sehen (auch wenn der Schwerpunkt hier liegt). Es wird zum einen dargelegt, wie die meisten Runner überhaupt zu einem solchen werden und außerdem sorgt ein Charakterfragebogen dafür, dass die wichtigsten Hintergrundfragen zum Charakter beantwortet werden. Zum anderen werden die einzelnen Teamfunktionen dargelegt, die in jedem Team von einem Charakter ausgefüllt werden können und sollten, um auch erfolgreich zu sein. Hierzu gehört auch ein Abschnitt über die Fähigkeiten und Ausrüstung, die jeder Runner unabhängig von seiner individuellen Berufung haben sollte, um seine Lebenserwartung dauerhaft zu erhöhen. Als Zugabe gibt es dann noch ein paar Vorschläge für Gaben, Fertigkeiten und Attribute welche die gewünschte Teamfunktion erfüllen helfen.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Überleben. Wie falle ich aus dem Raster? Wie reise ich hin und her, ohne erwischt zu werden? Und was noch wichtiger ist, wie schmuggele ich die benötigte Ausrüstung mit? „Überlebenstipps“ bietet außer dieser Verhaltensanleitung auch noch zusätzliche Gegenstände und eine Drohne, die geeignet sind Scanner zu täuschen und so unbemerkt überall hin- und hineinzukommen.

Das dritte Kapitel schließlich bietet zwei neue Systeme zur Charaktererschaffung: das Prioritätensystem und das Karmasystem. Das erstere soll die Charaktererschaffung vereinfachen indem jedem Gebiet Prioritäten zugewiesen werden und dann in einer Tabelle abgelesen wird, wie viele Punkte man darauf verteilt. Die Gebiete sind Rasse, Talent, Attribute, Fertigkeiten und Ressourcen. Diese Vorgehensweise macht die Erschaffung von Charakteren in der Tat wesentlich einfacher, aber, worauf die Autoren auch hinweisen, auch deutlich weniger vielseitig, da man in der Verteilung der Punkte automatisch eingeschränkt wird.

Ich halte dieses System durchaus für sinnvoll und auch gut geeignet ein Charakterkonzept in einen Charakter umzusetzen.

Das Karmasystem funktioniert ähnlich dem GP-System zur Charaktererschaffung. Man benutzt eben nur Karma statt Generierungspunkten. Dadurch, dass die Kosten bei Karma jedoch mit jeder weiteren Erhöhung steigen, ergeben sich meist etwas weniger spezialisierte Charaktere.

Ich verstehe zwar nicht genau, warum jemand das Karmasystem benutzen sollte, da es die Erschaffung, meiner Meinung nach, verkompliziert, aber dies ist ja bekanntlich Geschmackssache.

Die neuen Erschaffungssysteme sind jedoch beide Schritt für Schritt und verständlich erklärt, und ähnlich wie im Grundregelwerk mit ausführlichen Beispielen erläutert.

Das vierte und größte Kapitel beschäftigt sich mit neuen Charakterrassen, wobei Rassen hier ein eher dehnbarer Begriff ist.Zum einen werden die neuen Metatypvarianten vorgestellt, die mit den Unterrassen in D&D vergleichbar sind. So gibt es zum Beispiel nicht mehr nur Orks, sondern auch Hobgoblins, Oger, Oni und Satyrn. Außer den Beschreibungen werden natürlich noch die GP-Kosten und die Attributsänderungen geboten. Ich persönlich finde solche Unterrassen, oder Metatypvarianten, eher nervig und unnötig, aber auch das ist ja Geschmackssache. Überrascht wurde ich nur von einer menschlichen Metatypvariante, den Nartaki. Es ist das erste Mal, das ich so etwas gesehen habe.

Mit den Metatypvarianten ist das Kapitel jedoch nicht beendet, es folgen noch „neue“ Metatypen. Zum einen werden die Wechselbälger dargestellt, Metamenschen, die durch SURGE eine mehr oder weniger starke Wandlung durchgemacht haben und jetzt mit unauffälligen (wie eine andere Haarfarbe) oder bis hin zu extrem auffälligen Körpermerkmalen (wie einen Elefantenkopf) zu kämpfen haben. Weiterhin werden als mögliche SC-Rassen dargestellt:

 Drakes, Menschen die sich in Drachen verwandeln können

 MMVV-Infizierte, dazu zählen Vampire, Ghule und andere „Untote“

 Intelligente Critter, wie Sasquatche, Pixies oder Nagas

 Gestaltwandler, Tiere die Metamenschengestalt annehmen können

 KI's

 Freie Geister

 

Alle diese Rassen werden intensiv erläutert. Sowohl vom regeltechnischen her, als auch vom rollenspielerischen Aspekt. Was mir positiv auffiel war, dass auch die Wirkungen von MMVV sehr genau erklärt wurden und die verschiedenen Typen aufgeschlüsselt erklärt wird. Etwas, was ich im Grundregelwerk vermisste. Negativ fiel mir jedoch auf, wie unglaublich kompliziert es ist KI's oder freie Geister zu spielen, da es soviel zu beachten gibt. Außerdem gibt es in diesem Kapitel öfters statt einer Erklärung einen enttäuschenden Verweis auf andere Bücher.

Schließlich folgt ein komplettes Kapitel voll mit Gaben und Handicaps. Diese Gaben sind sehr originell und lassen teilweise sehr interessante Aktionen zu, ohne dabei unrealistisch zu wirken. Die Kosten für die Gaben sind positiverweise gegenüber dem Nutzen sehr gut abgestimmt.

Die Handicaps sind ebenfalls sehr originell und viele davon fördern aktiv das Rollenspiel, was mich sehr begeisterte. Persönliches Highlight dieses Kapitels war für mich das Handicap Geborgte Zeit. Mit diesem Handicap würfelt der Spielleiter zu Beginn des Spiels aus, wie viele Monate der Charakter noch zu leben hat. Dadurch hat der Charakter einen gewissen Druck und kann eben nicht mal bis nächste Woche warten, weil er dann schon tot sein könnte.

Darauffolgend gibt es noch eine Auflistung und Erklärung metagenetischer Gaben und Handicaps. Diese kann man nur wählen, wenn man bestimmte Metatypvarianten oder bestimmte Rassen spielt. Dafür erhält man aber schon bei der Wahl dieser Rassen ein paar Extrapunkte, die man nur für diese metagenetischen Gaben und Handicaps benutzen kann.

Als Abschluss dieses Kapitels bietet das Runnerkompendium eine Liste mit allen Gaben und Handicaps aus dem Grundregelwerk, dem Runnerkompendium, Vernetzt, Bodytech und Straßenmagie. Die dazugehörigen Kosten und Boni, sowie die Seitenzahlen sind natürlich ebenfalls aufgelistet. Dabei ist die Liste nach Büchern sortiert, was die Orientierung erleichtert, wenn man nicht alle anderen Bücher besitzt.

Insgesamt also ein sehr gelungenes Kapitel, das mir gut gefiel.

Das Kapitel „Connections“ schließlich bietet Erweiterungsregeln zu (wer errät es?) Connections, etwa Regeln für Gruppenconnections, so dass man zum Beispiel kein bestimmtes Mafiamitglied kennt, aber weiß, wie man mit der Mafia Kontakt aufnehmen kann und deshalb die ganze Mafia als Connection besitzt. Desweiteren bietet das Kapitel eine Hilfe für den Spielleiter, mit Informationen, wie man das Wissen der Connections besser handhaben kann und es auch zufallsabhängiger machen kann.

Außerdem wird in diesem Kapitel eine andere Art von Connection eingeführt: Feinde. Auch dies ist wieder ein sehr interessanter Rollenspielaspekt, wie ich finde und kann dadurch, dass Regeln für das zufällige Auftreten vorhanden sind, Überraschung und Hilfe für Spielleiter in einem Inspirationsloch bieten.

Das Kapitel wird von einer Sammlung von Beispielconnections abgeschlossen, die zwar ganz nett, aber nicht besonders einfallsreich wirken. Vor dem nächsten Kapitel werden jedoch noch einmal die Seitenzahlen aller Connections aus dem Grundregelwerk, dem Runnerkompendium und dem Begleitheft des Spielleiterschirms aufgelistet.

Das vorletzte Kapitel beschäftigt sich mit dem Lebensstil, einem in den Grundregeln eher nebensächlichen Thema. Hier werden die Regeln erweitert, so dass der Lebensstil stärker ins Blickfeld rückt und der Spieler sein Heim einrichten kann.

Dies geschieht in dem man nach Kategorien wie Komfort, Umgebung, Wohlstand, usw. einteilt und dort verschiedene Stufen einsetzt. Für jede Stufe bekommt man Punkte und die Gesamtzahl der Punkte bestimmt schlussendlich die Lebensstilkosten, die man monatlich aufbringen muss. Das Rollenspiel kann hierbei auch allein schon durch die Kategorie Umgebung inspiriert werden, da eine Straßengang in der Wohngegend schon einigen Ärger verursachen kann.

Dazu gibt es weitere Überlegungen, wie zum Beispiel den Hotellebensstil oder einen Lebensstil dauerhaft zu kaufen.

Schließlich werden auch noch Gaben und Handicaps für Lebensstile geboten, wie zum Beispiel „Freundliche Nachbarn“ oder „Schießwütiger Vermieter“, die die Lebensstilkosten weiter modifizieren. Abgeschlossen wird das Kapitel von einigen Beispielen der Anwendung dieser neuen Regeln.

Eine kurze Geschichte aus dem Shadowrun-Universum bildet das achte und letzte Kapitel.

Die letzten drei Seiten dieses Buches bestehen dann noch aus einer großen Tabelle für alle Generierungspunktekosten in der Charaktererschaffung. Dabei sind alle Regeln aus dem Grundregelwerk und den Büchern Runnerkompendium, Vernetzt, Bodytech und Straßenmagie in die Aufzählungen mit eingeschlossen. Wie ich finde, eine sehr praktische Tabelle und ein guter Abschluss dieses Buches.

 

Fazit:

Das Runnerkompendium bietet eine ganze Fülle neuer Regeln und Ideen für Spieler und Spielleiter. Die meisten Neuerungen sind durchdacht und haben einen großen Reiz sofort ausprobiert zu werden. Etwas störend wirken die vielen Verweise auf andere Bücher und außerdem vermisst man auch hier einen Index. Auch wenn das Buch nicht sonderlich seitenstark und gut gegliedert ist, so wäre ein solcher Index doch sehr hilfreich gewesen.

Zwiespältig sind hier auch die Metatypvarianten. Persönlich mag ich solche „Unterrassen“ nicht, und ich kenne viele, denen es genauso geht. Ich kenne aber mindestens genauso viele, die die gegenteilige Einstellung haben.

Das Preisleistungsverhältnis ist aber in jedem Fall mehr als günstig. Und ich bin der Meinung jeder ernsthafte Shadowrunspieler und -spielleiter sollte früher oder später dieses Buch seiner Sammlung hinzufügen.

Daher gibt es von mir 4,3 Punkte. Wer Metatypvarianten mag, möge sich selbst noch ein paar Punkte addieren.