Links zur Rezension Inhalt(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)Nachdem die Helden im zweiten Teil des Abenteuerpfades die sagenumwobene Schriftrolle von Kakishon aus dem Haus der Bestie geborgen haben, geht es im dritten Teil der Kampagne darum, herauszufinden, was es mit dieser Rolle eigentlich auf sich hat. Aus diesem Grund müssen die Abenteurer in die Hauptstadt Katapesh reisen, wo sie einen Gelehrten und Freund ihrer Auftraggeberin Almah aufsuchen sollen. Natürlich ist dies aber leichter gesagt als getan, denn selbstverständlich gibt es eine ganze Reihe habgieriger Widersacher, die die kostbare Schriftrolle selbst in die Finger bekommen wollen.
Das Abenteuer selbst ist in drei Teile gegliedert. Im ersten müssen die Abenteurer quer durch die Wüste von Kelmarane nach Katapesh reisen. Hier bekommen sie es mit einer Horde von Gnollen zu tun, die schlechte Laune haben, weil die Helden ihr großes Idol, nämlich den Aaskönig vom Bleichen Berg, im letzten Abenteuer einen Kopf kürzer gemacht haben. Die Gnolle sind der Meinung, dass die Schriftrolle ins Haus der Bestie gehört, und scheuen deswegen weder Mühe noch Gefahr bei dem Versuch, des Artefaktes habhaft zu werden. Nacheinander werden deswegen einige Begegnungen abgehakt, bei denen sich die Streitkräfte der Gnolle schrittweise erschöpfen, bis sie schließlich pünktlich zum Eintreffen der Helden in Katapesh ausgelöscht sind – ein äußerst gelegener Zufall will man meinen, denn was tun mit einem Rudel tobsüchtiger Hyänenmenschen in einer blühenden Handelsmetropole?
Dieser erste Abschnitt ist so geradlinig, wie es nur geht. Erste Begegnung, zweite Begegnung, dritte Begegnung, Gnolle tot, Ziel erreicht, der Nächste bitte. Die Begegnungen sind dabei nicht schlecht gestaltet und sehen zumindest auf dem Papier spannend aus. Mir persönlich hätte nur nach dem kampflastigen Haus der Bestie eine andere Eröffnung mehr zugesagt – aber sei’s drum. Und ein bisschen soziale Interaktion und Rollenspiel findet auch hier schon statt, denn der Hauptantagonist des Abenteuers hat den SC einen seiner Lakaien auf den Hals gehetzt, den verschlagenen Radi Hamdi, der als einer von vielen Ausschau nach der Schriftrolle von Kakishon halten sollte.
An dieser Stelle ein kleiner Einwurf bezüglich des Abenteuerplots: In der Stadt Katapesh lebt ein Tunichtgut von einem Sklavenhändler und Allgemeingauner namens „Vater Schakal“, der sich auf einen gefährlichen Handel mit dem monströsen Kapitän eines mysteriösen Schiffes eingelassen hat, das alle sieben Jahre den Hafen von Katapesh anläuft. Dieser Handel sieht vor, dass Vater Schakal besagtem Kapitän zwei unglaublich schwer aufzutreibende Artefakte beschaffen soll. Gelingt ihm dies nicht, so wird der Sklavenhändler selbst als profitable Ware unter Deck des mysteriösen Schiffs enden. Etwas seltsam erscheint es da, dass Vater Schakal sieben Jahre lang nichts anderes bezüglich der Schriftrolle unternommen hat, als ein paar semikompetente Agenten in entlegenen Städten zu postieren, die Augen und Ohren offen halten sollen, falls zufällig die Schriftrolle auftauchen sollte – welche seit 800 Jahren verschollen ist und selbst vom Namen her nur echten Spezialisten ein Begriff ist.
Umso absurder erscheint dies, da mit dem schlauen Rayhan ein einschlägiger Experte direkt vor Vater Schakals Nase die seinige in diverse Bücher steckt. Sei’s drum, vielleicht hatte der Schakal bisher einfach nichts von diesem Gelehrten gehört, was dann wohl unter „Ironie des Schicksals“ firmiert.
Just diesen Rayhan suchen die Abenteurer nämlich mit der Schriftrolle von Kakishon im Gepäck in dessen Villa auf, damit der alte Mann ihnen erklärt, was es mit dem Ding auf sich hat – und dann wird es richtig bizarr. Die Abenteurer erhalten nämlich Besuch von mehreren Händlern, die ihnen ziemlich ansehnliche Summen für die Schriftrolle bieten – so ansehnlich, dass mehr als ein Spieler schreien wird: „Scheiß auf den Plot, schnappt euch die Mäuse und dann raus hier!“
Das ist aber natürlich vom Abenteuer nicht vorgesehen, denn erneut kann der nächste Teil des Abenteuerpfades nur stattfinden, wenn die Schriftrolle im Besitz der Gruppe bleibt. Die Spieler sollen also wissen, dass ihre Charaktere plötzlich sehr reich wären, wenn sie die Schriftrolle verkaufen. Gleichzeitig dürfen sie das aber natürlich nicht tun.
Nachdem Rayhan jedenfalls die Echtheit der Rolle bestätigt hat, muss nun eine Dinnerparty in seiner Villa veranstaltet werden, zu der die Händler eingeladen werden, die Interesse an dem Objekt bekundet haben. Aus irgendeinem abstrusen Grund wollen das die Paktmeister nämlich so, damit die Karten auf den Tisch kommen und nicht irgendwelche wilden Gerüchte über den bevorstehenden Verkauf eines mächtigen Artefakts die Gier in den örtlichen Händlern überhandnehmen lässt – oder so ähnlich. Interessanterweise muss man so eine Dinnerparty auch veranstalten, wenn man das fragliche Artefakt nicht verkaufen will. Wie jetzt also? Die Händler zu lange auf die Folter spannen ist nicht erlaubt, aber so tun als ob geht in Ordnung? Die Dinnerparty selbst ist zwar eine nette Gelegenheit zum Rollenspiel, bei der die Helden auch einige soziale Kontakte knüpfen können, aber irgendwie wirkt die ganze Situation von vorne bis hinten konstruiert, aber sei’s drum.
Wer nun glaubt, dass damit das Bedürfnis des Autors nach grotesken Elementen befriedigt ist, der irrt gewaltig – denn es geht genauso lustig weiter. Nachdem die Dinnergäste nämlich zufrieden und geblendet wieder nach Hause gegangen sind, schlägt Vater Schakal zu – in einer zugegebenermaßen wirklich gelungenen Begegnung, bei der seine Schergen in Rayhans Villa eindringen, um die Schriftrolle zu stehlen und/oder den Gelehrten zu entführen, damit man die Schriftrolle von den SC erpressen kann.
Die Begegnung selbst ist wie gesagt ein Juwel – ihre Auflösung dagegen nicht so sehr. Da kommt nämlich eine Priesterin des Händlergottes anmarschiert, die schon bei der Dinnerparty zugegen war, und bietet den Abenteurern nicht etwa Hilfe an. Vielmehr beschwert sie sich lauthals darüber, was die Helden mit ihrem Artefakt für ein Chaos in der Stadt angerichtet haben. Sie weist die Gruppe daraufhin an, die Schriftrolle so schnell wie möglich zu verhökern und dann aus Katapesh zu verschwinden.
Weder die Entführung eines Bürgers noch der mögliche Diebstahl eines Artefaktes von unschätzbarem Wert ist für die Herren von Katapesh ein Grund, einzuschreiten, denn das Gesetz der Stadt lautet, dass jeder tun und lassen kann, was er will, vorausgesetzt er schadet dem Handel nicht. Nun ist es natürlich dem Ruf der Stadt nicht unbedingt zuträglich, wenn Händler fürchten müssen, dass ihnen ihre Ware einfach gestohlen wird, aber statt besagten Händler zu hofieren und ihm dabei zu helfen, seine Ware wiederzubekommen, setzt man ihm ein Ultimatum, schleunigst selbst nach dem Dieb zu fahnden oder aus der Stadt zu verschwinden. Das alles wirkt enorm gewollt und irgendwie nicht so richtig schlüssig, aber – ihr habt es euch sicher schon gedacht – sei’s drum.
So langsam habe ich mich damit abgefunden, dass „The Jackal’s Price“ dem Genre der Groteske zuzurechnen ist, also wundert es mich auch nicht, dass Vater Schakal zwar einen Lakaien mit der Entführung Rayhans beauftragt, der laut Abenteuertext im Zweifelsfall nicht direkt mit dem Sklavenhändler in Verbindung gebracht werden kann, gleichzeitig aber den Entführerbrief mit seinem eigenen Namen unterschreibt.
Diese Signatur macht es den SC wenigstens nicht zu schwer, das Versteck des Sklavenhändlers zu finden, wo sie dann ihren Freund Rayhan befreien müssen. Was folgt, ist die Erkundung einer Lagerhalle mit einem daruntergelegenen geheimen Höhlenkomplex und ein paar ganz netten Ideen und Begegnungen. Hier begegnen die Spielercharaktere dann auch endlich dem seltsamen Kapitän des Dämmerungsschiffes, der per se als Figur großes Potenzial hat. Freunde der Erzählungen H. P. Lovecrafts werden hier sofort einen Charakter aus der „Traumsuche nach dem unbekannten Kadath“ wiedererkennen: Alle sieben Jahre läuft das Dämmerungsschiff die Docks von Katapesh an, niemand weiß, woher es kommt, und seine Mannschaft besteht aus unheimlichen Gesellen, die merkwürdige Turbane tragen und ihre Gesichter verhüllen. Viele Gerüchte ranken sich um dieses fremdartige Schiff und obwohl der Kapitän mit makellosen Rubinen zu zahlen pflegt, wagen es nur sehr wenige, sich auf Geschäfte mit den fremdartigen Seefahren einzulassen.
Leider wird das Potenzial dieser Figur im Abenteuer eigentlich völlig verschenkt, denn wenn man den Plot durchzieht wie im Buch vorgesehen, dann taucht der Kapitän des Dämmerungsschiffs völlig ohne Vorwarnung in einem Raum des Verlieses auf. Die Spieler wissen nichts über seine Vorgeschichte und den Handel, den er mit Vater Schakal abgeschlossen hat, und so bleibt er ein Freak mit einem Turban und einer merkwürdig tiefen Stimme, der wirres Zeug faselt.
Wie dem auch sei, nach der Begegnung mit dem Kapitän müssen die Helden nur noch Vater Schakal zur Strecke bringen, um dann mit Rayhan und der Schriftrolle von Kakishon in die Villa des Gelehrten zurückkehren, wo dieser dann schließlich und endlich ausknobeln kann, wie man die Schriftrolle aktiviert und so ein Portal nach Kakishon öffnet, wo sich dann mit „The End of Eternity“ der vierte Teil des Abenteuerpfades abspielen wird.
Als Dreingabe gibt es einen guten Artikel über Genies von Wolfgang Baur, ein geradliniges und atmosphärisch dichtes Miniabenteuer von Clinton Boomer, einen Artikel über die berühmten Märkte von Katapesh, auf denen sprichwörtlich alles gehandelt wird, wofür sich ein Käufer finden lässt, sowie das obligatorische Bestiarium mit einigen neuen Monstern. Fazit:Der ironische Tonfall dieser Rezension hat es wahrscheinlich schon verraten – ich bin von „The Jackal’s Price“ alles andere als begeistert, und das obwohl ich Stadtabenteuer eigentlich sehr schätze. Was die Grundidee des Abenteuers angeht, habe ich nichts auszusetzen und auch die Atmosphäre ist gut umgesetzt. Nervig und noch dazu offensichtlich sind jedoch die zahlreichen Löcher im Plot, die durch teilweise geradezu aberwitzige Konstruktionen geflickt wurden, die so gewollt aussehen, dass ich das Abenteuer in dieser Form nicht leiten wollen würde. Schade ist dies besonders, weil wirklich ein paar gute Ideen in dem Abenteuer stecken, die aber entweder nicht richtig implementiert wurden (Stichwort: Kapitän des Dämmerungsschiffs) oder aber einfach im Wald der Fragezeichen untergehen – und ein paar (wirklich) gute Begegnungen machen eben noch kein überzeugendes Abenteuer.
Wem als SL also die Konsistenz seiner Spielwelt wichtig ist, der wird bei „The Jackal’s Price“ möglicherweise in nicht eben geringem Umfang selbst Hand anlegen müssen. Als Tipp sei hier auf den Band „Dark Markets – A Guide To Katapesh“ aus der Pathfinder-Chronicles-Reihe verwiesen, der die Stadt ausführlich beschreibt und eine Menge guter Ideen für kleine und größere Abenteuer in dieser spannenden Metropole bietet. So könnte man die Zeit überbrücken, die Rayhan zum Entschlüsseln der Schriftrolle braucht. Die SC bekommen gleichzeitig die Möglichkeit, Katapesh kennenzulernen und – aus meiner Sicht besonders wichtig – das Dämmerungsschiff und seine unheimliche Besatzung kennenzulernen.
Ein paar kleine Bonuspunkte bekommt der Band dann doch für den Genie-Artikel, das Set Piece und das Bestiarium, insgesamt bleibt es aber bisher die schwächste Episode in der „Legacy of Fire“. |
||||||||||||||||||||