Links zur Rezension InhaltAls die junge Psychologiestudentin Amy Marsden ihr Praktikum fernab ihrer Heimat in Portland, Maine, antritt, ahnt sie noch nicht, in welche Geschehnisse sie in den nächsten Tagen verwickelt werden wird. Schon beim ersten Zusammentreffen erweist sich der Psychologe Michael Beaumont, in dessen Praxis sie sich beworben hatte, zwar als freundlicher aber schwer zu durchschauender Mensch mit mehr als unorthodoxen Therapiemethoden.
Zehn Jahre zuvor sieht sich die vierzehnjährige Nina Walters von ihren Eltern die Ferien über in ein Sommercamp abgeschoben. Nicht nur, dass sie gegen ihren Willen dort ist, die übrigen Jugendlichen entpuppen sich in Ihren Augen nach und nach als typische Außenseiter und Freaks. Da ist der Fettwanst, der immer von allen gehänselt wird, die kettenrauchende Gothic-Schlampe Jewel, die spindeldürre Jessica oder Julie, die unter einem fürchterlichen Überbiss leidet.
Zurück in 2009 nimmt Amys neuer Mentor, der nebenbei als Berater für die örtliche Polizei tätig ist, sie an einen Tatort in einem Waldstück mit, wo mitten im Hochsommer die Leiche einer offensichtlich erfrorenen Frau gefunden wurde. Dies ist erst der Beginn einer Reihe von Ereignissen, in deren Verlauf Amys Weltbild gehörig auf den Kopf stellen gestellt wird.
Und auch Nina lernt im Jahr 1999 nach und nach, dass dies ganz sicher kein gewöhnliches Sommercamp ist. Nicht nur, dass der Kontakt mit den Eltern strengstens unterbunden wird, das Camp gleicht eher einer Festung und die Aktivitäten, für die die Jugendlichen eingeteilt werden, ergeben für Nina überhaupt keinen Sinn. Glücklicherweise hat sie inzwischen einen Jungen kennen gelernt, der ihr gefällt, nur ist die erste Liebe alles andere als einfach.
Während sich die Handlungsstränge fortan immer wieder abwechseln, kommen die beiden jungen Frauen jede für sich einer gewaltigen Verschwörung auf die Spur. Und das gewaltigste daran ist, dass sie selbst Teil davon sind und feststellen, dass Menschen mit außergewöhnlichen Kräften, die sie bisher für die Phantasie einiger Comic-Autoren gehalten haben, tatsächlich Wirklichkeit sind.
Über den Autor Thomas Plischke wurde 1975 in Ludwigshafen geboren und absolvierte in Mannheim eine Ausbildung zum Verlagskaufmann. Danach studierte er Amerikanistik, Anglistik und Medienkultur an der Universität Hamburg, wo er derzeit als Dozent tätig ist. Er arbeitet außerdem als Übersetzer, Lektor und hat bereits mehrere Rollenspiel-Romane veröffentlicht. Sein Debütwerk, „Die Zwerge von Amboss“, erschien 2008 und interpretierte das Fantasy-Genre durch die Einführung von Steam-Elementen neu. Plischke lebt derzeit in Hamburg. Fazit:„Kalte Krieger“ ist der dritte Roman von Thomas Plischke, und man merkt ganz deutlich, dass der Autor immer mehr eine gewisse Routine im Entwurf seiner Geschichten gewinnt. Der Roman ist ein Thriller der alten Schule, ohne dabei in irgendeiner Form langatmig zu sein. Plischke baut die Spannung ganz klassisch über die ersten 2/3 des Romans immer weiter auf. Trotz gewisser Schwächen im Handlungsaufbau, gelingt die Spannungskurve, was nicht zuletzt daran liegt, dass Plischke Details ganz bewusst im Unklaren lässt. Die Hauptfiguren der Amy Marsden und Nina Walters sind liebevoll aufgebaut und besitzen den richtigen Tiefgang, um nicht aufgesetzt zu wirken. Die Vorgeschichten beider Figuren werden nach und nach enthüllt, wobei Plischke es sogar schafft, trotz einer recht stereotypen Auswahl an Erfahrungen, nicht in Klischees zu verfallen. Plischke beherrscht die Kunst, beide Handlungsstränge gleichberechtigt nebeneinander zu bedienen. Dabei spannt er den Leser gekonnt auf die Folter, wenn er natürlich ausgerechnet in dem Moment den Handlungsstrang wechselt, als es gerade spannend wird. Trotzdem ist der Leser nicht frustriert und läuft nicht Gefahr, das Buch in die Ecke zu werfen. Viel zu spannend geht es schließlich augenblicklich in der alternativen Handlung weiter, und so liest man das Buch in langen Zügen relativ schnell durch. Plischkes Sprache ist flüssig, das benutzte Vokabular ist passend zur Atmosphäre gewählt. Diese ist übrigens ganz klar erkennbar an die Fernsehserie „Heroes“ angelehnt. In den Formulierungen erkennt man auch die Übung, die der Autor in seinen letzten beiden Werken gesammelt hat. Und auch ein gewisses Talent und eine außerordentliche Liebe zum Schreiben sind mit Sicherheit vorhanden, denn man hat schon Autoren gelesen die auch nach weitaus mehr Veröffentlichungen ganz offensichtlich immer noch mit den richtigen Worten gerungen haben. Bei allem Lob hat „Kalte Krieger“ allerdings auch ein paar Schwächen. Die Schwäche im Handlungsaufbau wurde oben bereits angedeutet. Was hier etwas enttäuscht, ist die Tatsache, dass die Geschichte den Leser zu keinem Zeitpunkt zu überraschen vermag. Vielmehr hat der Leser einen für meinen Geschmack zu großen Informationsvorsprung vor den handelnden Figuren. Die Spannung rekrutiert sich aus den Details, nicht aus überraschenden Wendungen der Handlung. Natürlich ist es schwierig, wenn bereits im Klappentext von Menschen mit Superkräften die Rede ist, die Enthüllung selbiger überraschend und spannender zu gestalten. Dennoch denke ich, hier wurde einiges Potential nicht genutzt. So liebevoll und detailreich die beiden Hauptfiguren ausgearbeitet wurden, so blass kommen die meisten Nebenfiguren daher. Plischke reißt hier und dort Besonderheiten der Nebencharaktere an, führte diese dann aber nicht fort, so dass er stellenweise den Anschein erweckt, er hätte gerne noch mehr geschrieben, konnte dies aber aus irgendeinem Grund nicht tun. Ich hatte zwischenzeitlich sogar den Eindruck, dass möglicherweise ein Fortsetzungsroman geplant ist, in dem die eine oder andere Nebenfigur noch eine größere Rolle spielen wird und der Autor deswegen bewusst einige Andeutungen nicht wieder aufnimmt. Was auch immer der Grund ist, für den Leser erweist es sich als unbefriedigend, am Ende mit zu vielen Fragen stehen gelassen zu werden. Auch hier wurde leider viel Potential verschenkt. Im Gegensatz zu seinem Erstlingswerk verzichtet Plischke in „Kalte Krieger“ auf zu viel Action. Lediglich der Schluss kommt einigermaßen actionreich daher. Das ist nicht unbedingt schlecht, könnte aber falsche Erwartungen bedienen. Superkräfte kommen selten zum Einsatz. Wer den Roman in erster Linie liest, um Zeuge spektakulären Einsatzes übernatürlicher Kräfte zu werden, der wird enttäuscht.
Insgesamt betrachtet kann ich jedoch nur zu dem Schluss kommen, dass die Stärken des Buches die Schwächen auf alle Fälle überwiegen. „Kalte Krieger“ ist sicherlich keine große Literatur und hat wahrscheinlich auch nicht das Zeug zum Genreklassiker, ist aber auf jeden Fall beste Kost für alle, die einem kurzweiligen, spannenden Thriller lesen wollen, in dem nicht schon wieder Jagd auf den Serienmörder der Woche gemacht wird. |
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