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Legacy of Fire 4 - The End of Eternity
Bewertung:
(4.9)
Von: Stephan Schobloch
Alias: Talwyn
Am: 04.03.2010
Autor:Jason Nelson
Übersetzer:n/a
Typ:Abenteuer
System:d20 v3.5
Setting:Golarion
VerlagPaizo Publishing
ISBN/ASIN:978-1601251732
Inhalt:96 Seiten, Softcover
Sprache:Englisch

Inhalt

(evtl. Vorsicht Spoiler!!!)

Im vierten Teil des Legacy of Fire Adventure Paths reisen die Abenteurer in die magische Welt von Kakishon, die der Erzmagier Nex vor Tausenden von Jahren nach seinen eigenen Vorstellungen erschaffen hat. Kakishon ist das Meisterstück des großen Zauberers und war lange Zeit verschollen – bis die Abenteurer im zweiten Teil des Abenteuerpfades die Schriftrolle von Kakishon aus dem Haus der Bestie bargen und zusammen mit Rayhan dem Gelehrten in „The Jackal’s Price“ ihre Geheimnisse entschlüsselten.

 

Am Anfang von „The End of Eternity“ (TEoE), dem vierten Teil des „Legacy of Fire“ Adventure Path aus dem Hause Paizo, aktivieren die Abenteurer nun die Magie der mächtigen Schriftrolle und erzeugen damit einen magischen Vortex, der sie gewaltsam in das mystische Traumland des Erzmagiers Nex saugt. Gleichzeitig kann der mächtige Ifrit Jhavul, für den Kakishon in den letzten acht Jahrhunderten als Gefängnis fungiert hatte, durch den Vortex in die materielle Welt entkommen. In TEoE müssen nun die Spielercharaktere einen Weg finden, aus Kakishon zu fliehen und Jhavul aufzuhalten.

 

Bei der Lektüre des Vorworts stellte sich bei mir zunächst Augenrollen und Zähneknirschen ein, denn James Jacobs fällt mit der Tür ins Haus und verteidigt in einem flammenden Plädoyer die Notwendigkeit des Railroadings für das Format des Abenteuerpfades. In TEoE sei dieses Railroading potenziell besonders problematisch, weil die SC einen Zug besteigen müssen, der sie in ein Gefängnis bringt. Wenn ein Abenteuer schon im Vorwort anfängt, sich für mögliche Fehler zu rechtfertigen, wie soll es dann nur weitergehen?

 

Tatsächlich halte ich das Vorwort für die größte Schwachstelle von TEoE. Jacobs‘ Abwehrreflex fällt ein wenig zu stark aus, denn anders als man nach dieser Begrüßung erwarten könnte, ist das Railroading hier keineswegs so schlimm, wie es sich anhört. Erstens findet das Railroading nämlich nur am Übergang zwischen zwei Episoden des Abenteuerpfades statt: Das Abenteuer muss damit beginnen, dass die Abenteurer die Schriftrolle von Kakishon aktivieren. Danach bietet TEoE einen sehr weiten Rahmen, der den Spielercharakteren innerhalb der Welt von Kakishon ein Maß an Handlungsfreiheit einräumt, wie es bisher noch in keinem der anderen Abenteuer der „Legacy of Fire“ der Fall war.

 

Für mich persönlich ist ein gewisses Maß an Railroading in Ordnung, denn anders lassen sich keine Abenteuerpfade realisieren. Wichtig ist dabei, dass diese Kunstgriffe behutsam und wirklich nur an den Übergängen zwischen den einzelnen Abenteuern erfolgen. Bei „House of the Beast“ habe ich unnötiges und plumpes Railroading bemängelt, bei TEoE hingegen ist dies kein echtes Problem, denn mal ehrlich: Welche Gruppe von Abenteurern würde die mächtige Schriftrolle nicht aktivieren wollen? Das Artefakt gleicht dem berühmten großen roten Knopf am Altar eines finsteren Gottes, der mit allerlei Warnhinweisen, Totenköpfen und Drohungen versehen ist: Stell einen Spielercharakter davor und er wird den Knopf drücken.

 

Nach dem Höllenritt durch den magischen Vortex finden sich die Helden jedenfalls an einem paradiesischen Sandstrand wieder. Der Ozean ist kristallklar und ruhig, die Luft ist mild und jenseits des Strandes erstreckt sich ein saftig grüner Urwald – willkommen in Kakishon, dem wohl exklusivsten Ferienressort aller Zeiten! Nun ist es an den Spielercharakteren, diese aus zahlreichen Inseln unterschiedlichster Prägung bestehende Westentaschenwelt zu erkunden und ihre Bewohner kennenzulernen.

 

Hierbei treffen die Abenteurer früher oder später auf zwei verfeindete Fraktionen. Auf der einen Seite stehen die Gefolgsleute des Shaitans Obherak, einem ehemaligen Hauptmann in Jhavuls Armee, der kürzlich eine Rebellion gegen seinen Herren angeführt hat. Auf der anderen Seite sind die Proteaner, eine uralte Rasse, die im chaotischen Mahlstrom zu Hause ist und von Nex vor Jahrtausenden versklavt und zur Erschaffung von Kakishon gezwungen wurde.

 

Während Obherak zum Herrscher über Kakishon werden will, wünschen sich die Proteaner nichts sehnlicher als die Zerstörung dieser Traumwelt, da schon die bloße Existenz dieser künstlichen Schöpfung der zutiefst chaotischen Natur dieser Kreaturen diametral gegenübersteht und für sie wie reine Blasphemie erscheint. Eine dritte Fraktion besteht ebenfalls aus Shaitan-Genies, die allerdings nicht direkt zu Obheraks Armee gehören und sich als wertvolle Verbündete für die SC erweisen können. Die Anführerin dieser Gruppe ist Dilix Mahad, eine Shaitan-Schurkin, die mit ihren Verbündeten Nex' Vergnügungspalast auf der größten Insel der Welt als ihre neues Domizil erkoren hat, nachdem Jhavul sie bei seiner Flucht durch den Vortex zurück gelassen hat. Dilix Mahad ist hierbei in erster Linie ein Plot Device und dient dazu, den Spielercharakteren Informationen über das Vermächtnis des Feuers zuzuspielen und sie mit der Hintergrundgeschichte des Abenteuerpfades vertraut zu machen. So kann der Spielleiter in TEoE damit beginnen, Jhavul als die große Nemesis der Spielercharaktere aufzubauen.

 

Im Lauf des Abenteuers müssen die Spielercharaktere nun wie gesagt eine Fluchtmöglichkeit aus Kakishon finden und haben dabei erfreulicher Weise die Qual der Wahl – denn tatsächlich gibt es zwei Fluchtwege, von denen einer mit der Zerstörung Kakishons einhergeht, während der andere das Paradies des Erzmagiers Nex bewahrt.

 

Tatsächlich ist Kakishon ein Sandkasten mit einer Menge interessanter NSC, Fraktionen und Orte, die es zu erkunden und kennen zu lernen gilt. Das Abenteuer bietet dabei jede Menge Potenzial sowohl für beinharte Kämpfe als auch für spannende Rollenspielbegegnungen, Rätsel oder gar ganz absonderliche Einfälle wie zum Beispiel die Jagd auf den seltsamen Goldenen Widder und dessen magisches Horn.

 

Ein paar Begegnungen gibt das Abenteuer dem SL an die Hand, um die Spielercharaktere sanft auf den richtigen Weg zu bringen. Diese Begegnungen sind dabei allesamt sehr originell und sprühen nur so vor guten Ideen. Die Umsetzung ist stets stimmungsvoll und erzeugt eine dichte Atmosphäre einer tatsächlich magischen, rätselhaften und mystischen Welt.

 

Neben der erwähnten Jagd auf den Goldenen Widder stehen zum Beispiel ein Fest in Nex' Vergnügungspalast mit Dilix Mahad und ihren Shaitan-Freunden, eine Traumqueste auf der Fährte einer geheimnisvollen Katze, eine erhellende Unterhaltung mit einem untoten fliegenden Drachenschädel oder eine Audienz bei einem zurückgezogen lebenden Azer-Meisterschmied auf dem Programm.

 

An anderer Stelle klaut das Abenteuer frech beim „Fluch der Karibik“ und schickt die Helden mit einer magischen Galeere über einen kolossalen Wasserfall am Rande der Welt von Kakishon in das ätherische Reich Andakami, wo die Helden den Proteanern in deren Palast aus solidem Nebel begegnen.

 

Gut gelungen sind auch das Set Piece, welches die Helden unter die Wellen von Kakishon entführt, das Bestiary, das diesmal unter anderem die Proteaner vorstellt, und die übrigen Dreingaben (die ich aber grundsätzlich nicht in die Wertung der AP-Installationen einfließen lasse, da ich das Hauptabenteuer für ausschlaggebend halte).

 

 

Fazit:

Während ich den dritten Teil der „Legacy of Fire“ recht enttäuschend fand, bin ich mit „The End of Eternity“ mehr als versöhnt. In diesem Band findet der geneigte Spielleiter ein geradezu furioses Feuerwerk grandioser Ideen, deren Umsetzung durchweg überzeugend ist. Kakishon ist ein mystischer Sandkasten, in dem sich die Helden frei bewegen können, während sie Allianzen schmieden, Fehden ausfechten und Einblicke in die Hintergrundgeschichte der Kampagne erhalten. Insgesamt ein fast makelloses Abenteuer und für mich bisher der unangefochtene Höhepunkt der Serie.