Links zur Rezension Inhalt:Den Anfang macht eine Ouvertüre, welche die Flucht einer Frau und eines Mannes durch eine verschneite nordisch anmutende Landschaft zeigt. Verfolgt werden die beiden von Walküren und Odin selbst, welche das Paar stellen und beide letztlich töten.
Nach diesem überaus dramatisch inszenierten Anfang hüllt sich die weitere Geschichte zunächst in Dunkelheit und es braucht eine Weile, bis sich diese lüftet und der Leser durch einen Dialog am weiteren Geschehen teilnimmt. Als die Finsternis sich lüftet sieht man eine Walküre, die gemeinsam mit der alten Völva, einer Art Seherin, an einem kleinen Teich inmitten des Waldes sitzt und die Walküre Völva darum bittet, ihr über das bisherige Schicksal von Siegfried zu berichten.
So erfährt man aus der Erzählung von Völva zunächst von einem verfluchten Goldschatz, den Odin versteckt und unter die Obhut einer seiner Töchter gestellt hat. Doch Fafnir – eine Nibelunge – macht sich auf die Suche nach diesem legendären Schatz und sieht seine Gelegenheit gekommen, als sich Odins Tochter in einen Menschen verliebt und ihre Pflichten vernachlässigt. Fafnir stiehlt den Schatz und wird zugleich Opfer seines vermeintlichen Reichtums – er wird unendlich mächtig und verwandelt sich langsam in einen Drachen. Doch diese Macht bedeutet auch den Untergang seines Reiches und das Volk der Nibelungen wird in alle Winde zerstreut. Der Sterbliche hingegen flüchtet mit Odins Tochter um der unbarmherzigen Rache ihres Vaters zu entgehen und der Leser erhält hier endlich die Auflösung der Ouvertüre. Doch niemand kann seinem Schicksal entgehen und so findet Odin und sein Gefolge die Flüchtenden. Während er im Kampf den Mann erschlägt, nimmt er seiner Tochter die göttliche Macht und lässt sie im eisigen Schnee inmitten der Wildnis liegen. Mit letzter Kraft bringt sie allerdings noch ihren Sohn zur Welt, dessen sich ein Unbekannter Wanderer annimmt. Bei diesem Wanderer handelt es sich um den Schmied Mime, der zum Stamm der Nibelungen gehört und Fafnir einst geholfen hat, das Gold aus Odins Schatz zu bearbeiten. Mime kann der sterbenden Frau ihren letzten Wunsch nicht abschlagen und gibt ihr das Versprechen sich um den Neugeborenen zu kümmern.
Der Junge erhält den Namen Siegfried und wächst fernab von Menschen in den Wäldern bei dem mürrischen Mime auf, dem er später täglich bei Arbeit helfen muss. Mime selbst ist unglücklich über sein Exil und vermisst seine alte Heimat. Hier springt die Geschichte dann auch einige Jahre und man erlebt den kindlichen Siegfried, zu dessen Freunden lediglich die Wölfe, mit denen er sich manchmal in den Wäldern herumtreibt, zählen. Siegfried ist allerdings auch störrisch und freiheitsliebend, der mehr über seine Herkunft wissen möchte und Zweifel an der Aussage hat, er sei ein Findelkind. Antworten bleibt ihm der Schmied Mime schuldig – ahnt er doch selbst nicht, wenn er in seinem Hütte aufzieht.
In der Nacht, als Mime Siegfried von der sterbenden Frau an sich nahm, barg er auch einen Teil des zerbrochenen Schwertes von Siegrieds Vater an sich. Siegfried findet durch einen Zufall dieses vor Jahren von Mime in seinem Lager versteckten Bruchstückes und nimmt es fort an mit sich, auch wenn er noch nicht so recht weiß, was er mit diesem Bruchstück anfangen soll. Aus dem ungestümen Jungen entwickelt sich in den folgenden Jahren ein junger Mann, der sich allerdings mit Mime entzweit und ein einsames Leben in den Wäldern der Gesellschaft des Schmieds vorzieht. Doch auch hier sucht er verzweifelt seinen Platz in der Welt und als sein Gefährte, ein junger Wolf, von einem anderen Wolf des Rudels getötet wird, nimmt Siegfried hierfür blutige Rache.
Doch die Götter lieben das Spiel und sind nicht untätig und so erscheint Odin unverhofft persönlich in der Hütte von Mime, wenn auch verkleidet als Wanderer, um mit diesem eine Wette abzuschließen, bei der sich eigentlich alles nur um drei Fragen dreht, welche ihm die Gastfreundschaft des Schmiedes sichern sollen. Der Hintergedanke von Odin ist eigentlich ein ganz anderer – er möchte Mime dazu bringen, Siegfried in den Kampf gegen Fafnir zu schicken, damit er seinen Schatz wieder in Sicherheit weiß. Ein Anreiz für Siegfried dürfte es auf jeden Fall geben – Fafnir ist durch die Macht des Goldes allwissend und könnte das Geheimnis um Siegfrieds Herkunft klären...
Als Siegfried den fehlenden Schwertgriff durch Zufall in einem See in den Wäldern entdeckt, hat er schließlich die beiden passenden Bruchstücke eines Schwertes in seinen Händen. Höchstpersönlich schmiedet er aus den beiden geborstenen Stücken ein neues Schwert und ist bereit für die großen Taten in der Welt, welche auf ihn warten und von den Göttern vielleicht schon zum Teil insgeheim in die Wege geleitet wurden.
Schreibstil & Artwork:Der Zeichner und Autor Alex Alice wurde 1976 in Frankreich geboren. Seine Ausbildung an der Elitewirtschaftsschule „École Supérieure de Commerce“ in Paris ließ zunächst nicht an eine Karriere als Comiczeichner denken, obwohl er bereits in dieser Zeit Illustrationen für das Rollenspielmagazin „Casus Belli“ fertigte. Im gleichen Jahr seines Abschlusses landete er 1997 allerdings mit dem ersten Band der Serie „Das Dritte Testament“ nach dem Szenario von Xavier Dorison für den Verlag Glénat ein überaus erfolgreiches und von den Kritiken gefeiertes Debüt, dem bis 2003 noch weitere Bände folgten. 1998 folgte ein Comic zu dem Film „Tomb Raider“ mit den Abenteuern von Lara Croft nach einem Szenario von Patrick Fréon (Pion). Doch auch sonst zeigt sich Alex Alice ziemlich umtriebig, da er auch im Bereich Illustrationen, Konzeptkunst und Animation tätig ist.
Alex Alice zeigt sich sowohl graphisch versiert als auch dazu in der Lage gute Szenarios zu schreiben – insofern verwundert der Autorencomic „Siegfried“ sicherlich nicht. Angespornt durch seinen Erfolg mit der Reihe „Das Dritte Testament“ und der damit gewonnenen finanziellen Unabhängigkeit erfüllt er sich nun einen lange gehegten Traum: Die Neuerzählung der Nibelungen-Sage.
Doch zunächst einmal zum Inhalt: Der Verlagstext präsentiert die „Siegfried“-Reihe als „geboren aus den Wikingersagen und der Musik von Richard Wagner“ und bringt damit eigentlich inhaltlich schon fast alles auf den Punkt. Ziemlich hemmungslos plündert Alice so ziemlich alles an nordischen Sagen, Mythen und Gestalten aus dem Bereich des Nibelungenliedes und anderen Quellen, vor allem aber bei dem von Richard Wagner erschaffenen Ring-Mythos, um sie in seine postmoderne Interpretation als Comic zu bringen. Doch wer jetzt ein heilloses Durcheinander im dramatischen Ablauf erwartet, den muss ich an dieser Stelle erfreulicherweise enttäuschen. Aus dem vorgenannten Sammelsurium gelingt es Alice einen ganz eigenen und zum Teil auch neuen Blick auf die Gestalt von Siegfried zu gewinnen, die zwar manchmal in den Kindertagen von Siegfried ein wenig zu stark an eine kitschige Zeichentrickverfilmung erinnert, aber inhaltlich insgesamt dennoch mit einer recht starken und überzeugenden Storyline aufwarten kann, die auch mal recht brachial sein kann. Wobei der Comic – trotz seiner eigentlich anzunehmenden Textlastigkeit – seine eigentliche Energie aus den Bildern nimmt, die sehr zu begeistern wissen.
Die visuelle Umsetzung zeigt Alex Alice insgesamt auf sehr hohem künstlerischem als auch technischem Niveau – in ganz- und zum Teil doppelseitigen Bilder erreicht den Leser eine gewaltige Bilderflut, die einem den nordischen Ursprung der Geschichte (zumindest so wie Alice sie erzählt) mit seinen dunklen Wäldern, Wölfen, Schnee und Feuer vor Augen führt. Die Ausführung der Zeichnungen – sowohl die der Figuren als auch die Hintergründe – sind trotz der vorwiegende dunklen und kräftigen Kolorierung abwechslungsreich und stecken voller Details.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungDer Splitter Verlag macht sich die Mühe, den ersten Band von „Siegfried“ in drei verschiedenen Versionen auf den Markt zu bringen. Da ist zunächst das Standardalbum „Siegfried“, dass in der neuen höherwertigen Splitter-Collectors-Edition als Hardcoverausgabe erscheint und durch die Überlänge mit insgesamt 72 Seiten aufwarten kann. Fast schon unnötig an dieser Stelle zu erwähnen, das dieser Band mit dem modernen FM-Raster gedruckt wurde. Die Übersetzung von Tanja Krämling ist angenehm zu überlesen und kann überzeugen.
Weiterhin gibt es noch ein auf 400 Bände limitiertes „Siegfried – Special“, in dem auf rund 80 Seiten zusätzlich zum Comic noch die aufwändigen Arbeiten zum Filmprojekt präsentiert werden und eine DVD mit dem Trailer des Films und zusätzlichem Material beigefügt ist. Doch selbst diese Ausgabe ist noch steigerungsfähig, da es diese als auf 100 Exemplare limitierte Auflage mit einem von Alex Alice signierten Kunstdruck gibt – wobei diese Auflage bereits restlos vergriffen ist.
Fast kaum noch der Rede wert, da mittlerweile beim Splitter Verlag schon fast Standard – der eigens vom Verlag konzipierte Schuber für die „Siegfried“-Reihe, für den Alex Alice eigens ein Motiv konzipiert hat.
Fazit:Eigentlich wollte sich Alex Alice mit „Siegfried“ einen absoluten Traum erfüllen und einen Animationsfilm aus seinem Szenario machen. Die Chancen standen gut, als sich der französische Dargaud Verlag, die Produktionsfirma Franche Connection Animations und Pendragon Imageforce die Rechte sicherten und so entstand im bereits Jahr 2004 ein Trailer, der einen kleinen Vorgeschmack auf den Film geben sollte. Doch leider blieb es dann auch hierbei, da es mit der Produktionsfirma zu Problemen kam, die letztlich das komplette Projekt bis auf weiteres verschob. Doch Alex Alice war nicht untätig und sah zumindest für sich die Möglichkeit, sein bisheriges Schaffen als Comic zu veröffentlichen. Daher merkt man dem Comic seinen ursprünglichen „filmischen“ Einfluss deutlich an, da der Handlungsverlauf recht geradlinig ist und sich hier und da in eher untypischen Nebensächlichkeiten ergeht. Doch gerade hierdurch schafft es Alex Alice aber dem Leser den oftmals schwer verdaulichen Stoff rund um Siegfried und die Nibelungensaga recht gut nahe zu bringen. Wie bereits gesagt, so hat Alice vorwiegend in den Figuren von Richard Wagner seine Anleihen genommen, doch dies in einer sehr charmanten und überzeugenden Art und Weise, die man ihm nicht krumm nehmen kann. Der erste Band der dreiteiligen Reihe schildert lediglich die Kinder- und Jugendtage von Siegfried, doch dürfte man angesichts der Bilder von Alice zweifelsohne noch einiges zu erwarten haben, da die detailreichen Zeichnungen mit einer wunderbar gelungenen Kolorierung aufwarten können und die Blickwinkel in den Panels – nicht zuletzt durch die filmische Nähe – ein herrliches visuelles Erlebnis sind. Hoffen wir, das sich in absehbarer Zeit die produktionstechnischen Schwierigkeiten beheben lassen, denn der Comic - in Verbindung mit dem Trailer - macht auf jeden Fall Lust auf mehr!
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