Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Roland, Ritter Ungestüm 1
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 06.06.2010
Autor:François Craenhals (Autor und Zeichner)
Übersetzer:Kai Wilksen, Uli Pröfrock
Typ:History / Abenteuer
Setting:Mittelalter
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-71-7
Inhalt:168 Seiten, Hardcover
Preis:29,80 EUR
Sprache:Deutsch

Der erste Band enthält die Geschichten „Der Schwarze Prinz", „Die Wölfe von Rotteck" und „Das Gesetz der Steppe".

 

Inhalt:

„Der Schwarze Prinz"

Der verletzte Ritter Baudin erreicht mit seinem Knappen Bradoc spät in der Nacht den Stammsitz derer von Walburg. Während sich ein Mönch um die Verletzung von Baudin kümmert, belauscht der junge Roland von Wallburg die beiden Männer. Beide haben einen Tag Vorsprung vor ihren Verfolgern – dem Schwarzen Prinzen und seinem Gefolge. Doch sein Versteck bleibt Bradoc nicht verborgen und so zieht er Roland aus seinem Versteck und schimpft ihn einen Spion. Eine solche Ehrverletzung lässt der ungestüme Roland allerdings nicht auf sich sitzen und fordert den Knappen für den kommenden Tag zum Duell!

 

Wie nicht anders zu erwarten, verliert Roland am nächsten Tag das Duell gegen den kampferprobten Bradoc und zieht sich niedergedrückt in den Wald zurück. Doch ihm bleibt nicht viel Zeit sich über das verlorene Duell aufzuregen, da der Schwarze Prinz mit seinem Tross im Anmarsch ist, um die Burg zu belagern und der Wald sich mit Flüchtlingen füllt. Wieder zurück in der Burg, erfährt Roland, das sich Baudin und Bradoc weiter auf den König zu König Artus machen wollen, damit die Burg verschont bleibt. Roland bietet sich an die Männer durch den Wald zu führen den er gut kennt, um so den Häschern des Schwarzen Prinzen zu entkommen.

 

Gemeinsam mit einer Eskorte wagen sie den Ausbruch aus der belagerten Burg und können nach einem ersten Scharmützel mit den Belagerern fliehen. Diese bleiben ihnen allerdings auf den Fersen und erst an einer Schlucht gelingt es der Eskorte die Verfolger aufzuhalten, während Roland sich mit Baudin und Bradoc weitermacht. Das Glück hält aber nicht lange vor, da durch die Strapazen des Kampfes die Wunde von Baudin wieder aufgerissen wurde. Das Schicksal meint es jedoch gut mit ihnen, da sie auf die Heilerin Mandraga treffen, die sich um den verletzten Baudin kümmert. Dieser erholt sich wieder leidlich gut, doch ist er zu schwach um weiter zu reisen. So soll nun Bradoc das Testament von Ubald dem Recken zu König Artus bringen. Roland, der von diesem Plan erfährt, ist durch nichts davon abzubringen, Bradoc weiter zu begleiten.

 

Die Männer des Schwarzen Prinzen haben allerdings die Spur der Flüchtigen wieder aufgenommen und so gelingt es Roland nur mit knapper Not mit dem wichtigen Pergament einer Patrouille zu entkommen, während man Bradoc überwältigt und gefangen nimmt. Der Weg ins Schloss ist allerdings noch weit und die Reise voller Gefahren, da man nunmehr auch nach Roland sucht. Verkleidet als Viehhüter schafft es Roland den weiteren Nachforschungen seiner Verfolger zu entgehen und das Schloss zu erreichen. Allerdings ist es nicht einfach an den Torwachen vorbei zu kommen und so ist ihm erneut Fortuna hold, da er sich als Handlanger eines Bauern verdingt, der Ware für die Küche anzuliefern hat. Die Zugbrücke mag er nun überwunden haben, doch wie soll er nun dem König das Pergament überreichen?

 

Bei seinem Weg durch das Schloss lernt er auch Gwendolin, die Tochter von König Artus kennen, jedoch bleibt sein Aufenthalt nicht unentdeckt und der Schwarze Prinz versucht Roland gefangen zu nehmen, bevor dieser dem König das unsägliche Testament von Ubald übergeben kann. Sollte der König dieses in seine Hände bekommen, so wären die Ansprüche des Schwarze Prinzen auf dessen Ländereien verloren. So wird Roland wieder verfolgt und die Chancen des tapferen und ungestümen jungen Mannes dem König die Botschaft persönlich zu überbringen sehen nicht sehr gut aus...

 

„Die Wölfe von Rotteck"

In der zweiten Geschichte sehen wir Roland, der fernab des Hofes von König Artus alleine in einer verschneiten Landschaft abseits jeglicher Zivilisation an einem Lagerfeuer sitzt. Doch wie kam es dazu?

Nach seinem ersten großen Abenteuer wurde Roland am Hofe von König Artus in den ritterlichen Künsten ausgebildet. Doch der ungestüme Roland geriet rasch in Streit mit Golo, dem strengen aber großen Fechtmeister. Harte Bestrafungen durch Golo folgten für den widerspenstigen Roland, die ihn letztlich sogar ins Verlies führten. Um seine überschüssige Energie sinnvoll einzusetzen schickt König Artus Roland zu seinem Lehen Rotteck im Ardenner Land. Dort soll er der Verwahrlosung und dem eingerissenen Schlendrian ein Ende bereiten.

 

Mit einem Tross aus 40 Männern macht sich Roland auf den Weg, doch der Winter bricht früh ein und zudem müssen die Reisenden auf ihrem Weg durch das Gebiet von Golo, wo es auch zum Eklat kommt. Golo taucht auf und fordert Roland zum Zweikampf – sollte er ihn bezwingen, so darf er ungestraft sein Land passieren. Roland lässt sich – wie sollte es auch anders sein – auf den Kampf ein und verliert schmählich. Noch in der gleichen Nacht schickt er sich an mit seinen Männern die Reise fortzusetzen um Golo zu entgehen, doch desertieren viele aus seinem Gefolge. Am nächsten Tag sehen sich die Flüchtigen erneut Golo und seinen Männern gegenüber und wieder kommt es zum Kampf zwischen Roland und Golo, den in seiner Wut und Raserei allerdings Roland für sich entscheidet. Er erhält nunmehr von Golo den Freibrief sein Land zu durchqueren und auch bei den desertierten Männern spricht sich das Ergebnis des Kampfes herum, so das sich einige wieder Roland anschließen.

 

So kam es, das Roland alleine in der verschneiten Landschaft saß und sich nunmehr anschickt den ersten Vasall im Ardenner Land zu besuchen: Das Kastell von Dankwart von Urms. Dieser ist verblüfft über das Erscheinen von Roland und erzählt ihm, das Ardenner Land werde mehr oder weniger von den „Wölfen von Rotteck“ regiert, drei wilde Brüder, denen er und die anderen Vasallen Abgaben zahlen würden. Nach anfänglichem Zögern erklärt er seine Treue gegenüber Roland, doch noch in der Nacht schickt er einen Boten aus, um die „Wölfe von Rotteck“ zu informieren. Roland nimmt dies zum Anlass um das Kastell mit seinen Männern im Handstreich zu erobern.

 

Am nächsten Tag macht er sich auf den Weg zum Schloss der „Wölfe von Rotteck“ und trifft auf die Brüder Odon, Abdon und Gordon. Er teilt ihnen mit, er sei gekommen um die Länderein von Rotteck in Besitz zu nehmen und fordert vollständige Ergebenheit der Brüder. Diese sind empört über die Forderung von Roland, doch bevor es zu einem blutigen Kampf zwischen den Männern kommt, lässt man Roland aus dem Schloss ziehen, da sein Mut die Wölfe beeindruckt hat. Bevor er allerdings das Schloss verlässt, erzählt Roland ihnen von Dankwart, der ihm die Treue geschworen hat und dessen Kastell er nun sein eigen nennt.

 

Während sich die Wölfe mit einer Streitmacht zum Kastell von Dankwart von Urms aufmachen, um Roland und den verräterischen Dankwart zu bestrafen, macht sich Roland auf den Weg zur Festung Beda und überzeugt Enguerrand sich ihnen anzuschließen. Gemeinsam mit den Männern von Urms und Enguerrand nutzen sie die Gunst der Stunde und überrumpeln die verbliebene Wachmannschaft auf dem Schloss der Wölfe, die unverrichteter Dinge vom Kastell wieder nach Hause zurückkehren.

 

Es kommt zu einer großen Schlacht vor den Toren des Schlosses der Wölfe, die ihren Besitz wieder zurück haben möchten, doch diesmal ist ihnen das Schicksal nicht hold. Ihr Kampf geht verloren und so bleibt ihnen mit einigen wenigen Männern nur noch die Flucht in die Wälder übrig. Eigentlich ein Grund zur Freude für Roland, doch so schnell geben sich die Brüder nicht geschlagen und auch die Vasallen sind noch lange nicht von ihrem neuen Herrscher überzeugt...

 

„Das Gesetz der Steppe"

Nach den Ereignissen mit den „Wölfen von Rotteck“ kehrt Ruhe im Ardenner Land ein und Roland kann sich – tatkräftig unterstützt von seinem Freund Bradoc – der Verwaltung seines Lehens widmen.

 

Während sich Bradoc und Roland außerhalb der Burg über den Bau einer neuen Schmiede unterhalten und vertieft in die Pläne sind, kommt plötzlich eine Reiterin auf die Lichtung galoppiert. Roland ist vom Antlitz der jungen Frau fasziniert, doch scheint sie von einem Tross Reiter verfolgt zu werden und setzt ihren Ritt unversehens in den Wald fort. Roland zögert nicht lange und reitet ihr hinterher, um ihr zur Hilfe zu kommen.

 

Tatsächlich hat man wohl die junge Frau entführt, da Roland nur noch ihr Pferd im Wald entdecken kann. Hier stößt er auch mit Moische Shylock zusammen, dem Sohn eines wohlhabendes Handelsherrn aus der Lombardei, der auch mit Ungarn und Balten Handel treibt. Nach einer kurzen Auseinandersetzung zwischen den beiden, klären sich einige Dinge rasch auf: Moische wurde von Ban Janos Dosza beauftragt seine Tochter Andrea vor den Nachstellungen des Tartaren Niklos Kubacs in Sicherheit zu bringen. Also nahm er sie mit und verliebte sich auf der Heimreise unsterblich in diese Frau. Zwar ist er nicht der einzige Verehrer, doch Kubacs hat seine Häscher hinter ihnen her geschickt, damit sie Andrea entführen. Moische ist wild entschlossen, Andrea aus den Händen ihrer Entführer zu befreien und sie zu ihrem Vater zurück zu bringen. Der zutiefst von Andreas Anblick beeindruckte Roland schließt sich kurz entschlossen Moische an und gemeinsam machen sie sich auf die Spur der Entführer.

 

Über viele Wochen hinweg führt sie ihre Reise durch das Heilige Römische Reich bis nach Ungarn, ohne das sie die Schergen von Kubacs einholen können. Doch das Schicksal ist ihnen hold, als sie an einer armseligen Hütte an einem Waldrand das Lager der Entführer ausmachen können. Ihre Befreiungsaktion scheint zunächst zu gelingen, auch wenn sie nur zu zweit sind, allerdings wird auf der Flucht das Pferd von Roland von einem Pfeil getroffen. In einem verzweifelten Kampf wehrt sich Roland gegen seine Verfolger, doch wird er gefangen genommen und zur Burg des Tartarenhäuptlings gebracht, während Moische und Andrea die Flucht gelingt.

 

Kubacs will Rache an Roland für die Entführung von Andrea nehmen und verurteilt ihn zum „Gesetz der Steppe“. Als man Roland wieder aus seinem Verlies herausholt, sieht er sich Moische Shylock gegenüber, der zwischenzeitlich versucht hat die Burg von Kubacs zu stürmen. Als Unterstützung konnte er hierfür Holubar, Bodna und Vardai, die drei ritterlichen Verehrer von Andrea gewinnen, doch ihr Plan scheiterte kläglich und so sind sie nun ebenfalls Gefangene.

 

Während man Roland seiner Bestrafung durch das „Gesetz der Steppe“ zukommen lassen möchte, will Kubacs – falls nötig – Shylock foltern lassen, um das Versteck von Andrea zu erfahren. Und so sieht sich Roland schon bald ohne Pferd und gänzlich unbewaffnet auf der weiten Ebene der Puszta wieder, wo er als „Jagdwild“ für Kubacs und seine Leute dienen soll. Nur ein geringer Vorsprung wird Roland eingeräumt, bis man anfängt ihn zu jagen.

 

Und so stellt sich dem bangen Leser die Frage, ob Roland sich retten kann und was mit Shylock und den anderen Gefangenen passiert...

 

Schreibstil & Artwork:

Der belgische Comiczeichner François Craenhals wurde am 15.11.1926 in Ixelles, einem kleinen Vorort südlich von Brüssel, geboren. Der leidenschaftliche Zeichner gab nach dem Besuch verschiedener Kurse an der Akademie der schönen Künste (l'Académie des Beaux-arts) in Brüssel seinen Beruf als technischer Zeichner auf und konnte schon recht bald einige Karikaturen an das Magazin „Vrai“ und eine Agentur verkaufen. Sein erster Comic erschien 1948 im Wochenmagazin „Le Soir Illustré“. Wenig später lernte er Fernand Cheneval kennen, der als Herausgeber für das belgische Comic-Magazin „Héroïc-Albums“ verantwortlich war, welches recht erfolgreich zwischen 1945 bis 1956 erschien. Cheneval war es, der Craenhals, welcher ein großer Fan der amerikanischen Comics von Alex Raymond und Hal Foster war, ermunterte seinen ersten größeren Comic „Karan“ im Stile von Tarzan zu entwickeln. Bis in die frühen 50er Jahre sollten insgesamt neun Geschichten dieser Serie erscheinen.

 

Bereits zu dieser Zeit schuf er für die „Le Soir Illustré“ einen Comic mit einem Ritter als Protagonisten, diesen stellte er allerdings dem Magazin „Tintin“ vor, welches ihn daraufhin umgehend einstellte. Nach einigen kurzen Comics für das Magazin folgte in 1953 rasch der Comic „Pom et Teddy“, eine Serie über einen Jungen, ein Mädchen und ihren Esel, deren erste Geschichten sich um einen Zirkus drehte und dessen Reihe es auf insgesamt 11 Bände brachte. 1955 schuf er den Beginn einer weiteren eigenen Reihe, den Comic „Rémy et Ghislaine“, der allerdings nicht so viel Erfolg beschieden war.

 

Für einige Zeit arbeitete Craenhals auch für die Abtei von Averbode, wo Daniël Omer de Kesel, besser bekannt unter seinem Pseudonym „Nonkel Fons“ Chefredakteur für eine Reihe von Pädagogischen Magazinen des Verlages „De Goede Pers“ war, zu denen beispielsweise „Zonneland“ „Zonnestraal“ oder „Zonnekind“ zählten. Hier erschien unter anderem 1958 die Geschichte „Sensations à Lourdes“.

 

Craenhals entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem der wichtigsten Produzenten von Comics für Magazine und Zeitungen und eröffnete ein eigenes Studio, dem sich mehrere Mitarbeiter anschlossen. Für die Tageszeitung „La Libre Belgique“ entstand 1955 die Serie „Primus et Musette“, die über viele Jahre hinweg Erfolg haben sollte.

 

Craenhals war einer der ersten Comiczeichner, die sich Hergé später beim Verlag Casterman angeschlossen hat, wo auch seine beiden wichtigsten Serien veröffentlicht werden sollten: Ab 1964 die Kinderserie „Les 4 As ...“ (auf deutsch als „Die Vier und ...“) die auf den Kinderbüchern von Georges Chaulet über vier Jugendliche und deren Hund basiert und in deren Abenteuergeschichten Spione, Sekten, Seeungeheuer und Gespenster ihr Unwesen treiben, Schätze geborgen, unbekannte Tierarten entdeckt und neue bahnbrechende Technologien vor Missbrauch geschützt werden. In der deutschen Übersetzung heißen die Protagonisten: Valentin, Inge, Erwin und Rolf und ergeben somit als Akronym das Wort „Vier“. Bislang sind 43 Bände dieser Serie erschienen, von denen es in Deutschland aber bislang nur 14 Bände in den Handel schafften.

 

Inspiriert von der Figur des „Prince Valiant“ („Prinz Eisenherz“) aus der Feder des Amerikaners Hal Forster schuf Craenhals 1966 seinen „Chevalier Ardent“ der später in Deutschland unter dem Namen „Roland - Ritter Ungestüm“ bekannt werden sollte und die Abenteuer des zu Beginn der Serie noch jungen und ungestümen Knappen Roland zur Zeit von König Artus in einem fiktiven 13. Jahrhundert schildert.

 

Beide Serien verkauften sich gut, wobei „Roland – Ritter Ungestüm“ immer wieder auch auf ein positives Echo in den Kritiken stieß. Neben einigen anderen Serien adaptierte Craenhals 1982 auch die Abenteuer der maskierten „Fantômette“ des Autors Georges Chaulet. Nach den ersten drei Bänden dieser Reihe und wurde er dann von Zeichner Endry abgelöst. In den 1990er Jahren zog es Craenhals nach Rivières-de-Theyrargues in Südfrankreich, wo er bis zu seinem Tod am 02.08.2004 in Montpellier arbeitete, es allerdings bedauerlicherweise nicht mehr schaffte seine Saga um Roland zu einem Ende zu bringen.

 

Die erste Geschichte um den ungestümen Ritter Roland erschien im Jahre 1966 im franco-belgischen Comic-Magazins „Tintin“ und es sollte noch einige weitere Jahre dauern, bis die deutsche Erstveröffentlichung folgte. Unter diesem fast schon „historischen“ Blickwinkel sollte man sich auch die damalige inhaltliche Gestaltung der Geschichten ansehen: Das Comic-Magazin „Tintin“ war auf die Zielgruppe von Jugendlichen im Alter zwischen 9 – 16 Jahren ausgerichtet und dem entsprechend war das Angebot an Geschichten für diese Leserschaft inhaltlich (aber auch in seiner Darstellung) recht eingeschränkt und so erlebte neben den Western- auch Rittergeschichten in den 50er und 60er einen großen Boom.

 

Auch in Deutschland nahm man sich dieses Genres an, wie beispielsweise in der Comic-Reihe „Sigurd, der ritterliche Held“, einer von Hansrudi Wäscher ab 1953 für den Walter Lehning Verlag geschaffenen Figur des Ritters Sigurd von Eckbertstein, der nicht nur den damaligen Leser durch seine immer flott frisierte, blonde Haartolle beeindruckte und dessen Reihe es bis 1960 auf atemberaubende 324 Piccolos brachte, sondern auch mit der Figur des „Ivanhoe“, der als Comic-Reihe in den Jahren 1962 – 1965 ebenfalls beim deutschen Lehning Verlag erschien und sich ebenfalls gut verkaufte. Es dürfte deshalb nicht verwunderlich sein, das dieses Genre im laufe der Zeit dann noch weitere mittelalterlich anmutende Helden gebar, wie beispielsweise die Figur des „Falk, Ritter ohne Furcht und Tadel“, die ebenfalls aus der Feder von Hansrudi Wäscher stammt und 1960 zum ersten Mal auf dem deutschen Markt erschien..

 

Die Figur des Ritter Roland passte hervorragend in das damalige Verlagskonzept von „Tintin“, da ein zentrales Thema des Comics sich um die Entwicklung der „Ritterlichkeit“ von Roland dreht, der sich als immerwährender Heißsporn das für einen Ritter geziemende Verhalten zum Teil mühsam aneignen muss. Dabei agiert er allerdings nicht als langweiliger Charakter, der mit tugendhaftem Verhalten und einem Übermaß an Ethos den jugendlichen Leser abschreckt, sondern als junger Mann, der sich seiner Fehler durchaus bewusst ist, aber dennoch bereit ist an sich zu arbeiten und mit seinem ausgeprägten Sinn für „Gerechtigkeit“ durch seine Welt zieht.

Und so dürfte für die Konzeption diese Reihe noch am ehesten der Ausdruck „Entwicklungscomic“ zutreffend sein, da die geistig-seelische Entwicklung der Hauptfigur in ihrer Auseinandersetzung mit sich selbst und mit der Umwelt dargestellt wird. Dabei schildert diese Reihe den Reifeprozess seines Protagonisten Roland von Wallburg, der seine zahlreichen Erlebnisse und Erfahrungen reflektierend verarbeitet und seiner Persönlichkeit einverleibt. Und gerade dieser Punkt dürfte ihn bei seiner jugendlichen Leserschaft zu einem großen Sympathieträger gemacht haben, da er mit seinem aufbrausenden und eigensinnigen Art oftmals Fehler oder unüberlegte Handlungen macht, wie man sie menschlich nachvollziehen kann.

 

Trotz dieser überaus positiven Vorzeichen sollte es allerdings noch bis 1975 dauern, bis der Carlsen Verlag sich der deutschen Veröffentlichung annahm und den „Chevalier Ardent“ – so der französische Original-Titel – in Deutschland populär machte.

 

Inhaltlich zeigt sich François Craenhals als hervorragender Erzähler, der es versteht spannende Geschichten zu entwickeln und mit immer neuen Wendungen und Geschehnissen den Spannungsbogen bis zur letzten Seite sehr hoch zu halten. Dabei schließt er aber auch und zwischenmenschliche Geschehnisse nicht aus, die teilweise einen recht interessanten Einblick in die Empfindungen der Charaktere geben. Im Gegensatz zu manch modernem Comic erscheinen die Geschichten von Craenhals manchmal sogar vielleicht rückblickend dialoglastig, da Rede und Gegenrede in einzelnen Panels dargestellt werden und er sich auch die Zeit für deren Darstellung nimmt. Einen weiteren Vorteil hat sich Craenhals durch den Bezug auf König Artus erschaffen. Zwar ist sein Mittelalter irgendwo im 13. Jahrhundert angesiedelt und für damalige Verhältnisse überaus authentisch in Darstellung, doch um phantastische Momente einfließen zu lassen war der Kunstgriff auf den fiktiven König Artus für ihn ein passendes Mittel, um auch historisch etwas ungenauer zu werden zu dürfen.

 

Vielleicht ist es seinen Wurzeln als technischer Zeichner zuzurechnen, das François Craenhals einer außerordentlich klare Linienführung bei seinen Figuren und Landschaften aufzeigt. Durch die Ausarbeitung der Vorzeichnungen mit dem Pinsel und den Einsatz von Schatten weicht Craenhals seine Illustrationen allerdings ein Stück weit auf und erreicht damit ein realistische und zugleich dynamische Darstellung seiner Akteure. Angesiedelt in

 

Der Bildaufbau selbst ist noch dem Normaufbau verhaftet und so findet man fast nur Bilderzeilen, die aus mehreren gleichen, höchstens unterschiedlich breiten Panels bestehen und selten durch andere Formate aufgelockert werden. Dennoch wirkt dieser Aufbau bei Craenhals nicht steif, da er gekonnt einige Abweichungen einbaut, wo sie auch aus erzählerischer Sicht Sinn machen und so den Leser auch zu unterhalten weiß. Dabei bevorzugt Craenhals eher den Wechsel der Einstellung, als den der Perspektive, wobei man ihm allerdings auch die Lesegewohnheiten seines Publikums zugute halten muss, die noch weit entfernt von den heutigen experimentierfreudigen Seiten- und Panelaufbau waren.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

CrossCult hat es sich zum Ziel gesetzt eine absolut komplette und umfassende Gesamtausgabe des „Roland, Ritter Ungestüm“ vorzulegen. Insofern ist die Messlatte für den ersten Band recht hoch, doch die Erwartungen werden voll und ganz erfüllt:

Ein solider Hardcoverband, den als Titel das überarbeitete Cover von „Die Wölfe von Rotteck“ ziert, eine gediegene Papierqualität, die vom Gefühl her an die Comics der 60er Jahre erinnert und durch seinen stumpfen Ton die Bilder ein Stück weit wie Aquarelle aussehen lässt. Das Lettering von Rowan Wüster ist ebenso wie die Übersetzung von Kai Wilksen und Uli Pröfrock komplett neu und lässt sich sehr angenehm lesen. In Sachen Ausstattung kann man sich auch nicht beklagen, gibt es doch ein sehr gutes, wenn auch kurzes, Nachwort von Volker Hamann, in dem man einige interessante Fakten sowohl über den Autor als auch die Reihe selbst erfahren kann und die durch einige Illustrationen und Fotos aufgelockert wird. So sollte meines Erachtens unterm Strich eine gute Gesamtausgabe konzipiert sein, die sich wohl ansonsten auch an die chronologische Erscheinung der einzelnen Geschichten halten wird.

 

Fazit:

Mit dem von CrossCult vorgelegten ersten Band von „Roland, Ritter Ungestüm“ startet die auf 7 Bände angelegte Reihe der prächtig aufgemachten und hervorragend ausgestatteten Büchern, an deren Ende die vollständige deutsche Gesamtausgabe des Klassikers von François Craenhals stehen soll. Dabei sind sich die Macher zwar sicher, das ihre Reihe nicht unbedingt das breite Publikum ansprechen wird, aber dennoch dürfte es nicht zu unterschätzende Anzahl von Lesern geben, die sich auf ein Wiedersehen mit Ritter Roland freuen oder einfach nur neugierig sind, einen Klassiker kennen zu lernen.

 

Die Geschichten um Roland von Wallburg sind selbst für heutige Verhältnisse spannend erzählt, unterhaltsam in Szene gesetzt und erinnern manchmal an alte Abenteuerromane oder -filme, die nicht unbedingt mit einer bombastischen Handlung aufwarten können, aber irgendwie ein heimeliges Gefühl vermitteln. Insofern macht es Spaß der Entwicklung von Roland zu folgen, der noch einen weiten Weg vor sich hat, bevor er sein ungestümes Wesen vielleicht hinter sich lässt.