Links zur Rezension Inhalt:Amerika, zu einer Zeit, als das Land noch den Indianern gehörte, sie es bewahrten und ehrten, so wie es die Geister wollten: Ein betagter Häuptling lädt seine drei zerstrittenen Söhne zu sich ein um den Zorn der Geister zu besänftigten und um die unfruchtbare Erde wieder zum gedeihen zu bringen. Er bietet ihnen die Friedenspfeife an, doch der Tabak ist vergiftet und er bringt seine betäubten Söhne um. Zwar weiß er, das ihre Seelen auf immer dazu verdammt sein werden, an diesem Ort umher zu irren, doch das ist der Preis dafür, dass die Nachkommen dieses Land erben und es von nun an immer jenen gehören wird, die bereit sind, das Blut von ihrem Blut zu opfern.
Nach diesem düsteren Auftakt verschlägt es den Leser unversehens in das Jahr 1756 in ein Haus in der Nähe des Hafens von Boston: Der Akadier Constant vergnügt sich mit der Tochter des Colonels Steeckwood, doch ihr Stelldichein wird jäh unterbrochen, als Soldaten ihres Vaters die Wohnung stürmen, die auf der Suche nach Constant sind. Dieser konnte allerdings über den Fenstersims die Flucht in die Stadt ergreifen. Die Soldaten folgen ihm und eine wilde Hetzjagd durch die Gassen des Hafenviertels beginnt, der Constant nur mit knapper Not entgehen kann.
Colonel Steeckwood befindet sich bei seinem Vorgesetzten, der ihn und seine Abteilung in Richtung Fort Niagara abkommandiert. Sein General erläutert ihm, das man jüngst entschieden hat, eine Offensive gegen Fort Frédéric und Fort Niagara zu starten, um die Franzosen daran zu hindern das britische Fort Oswego anzugreifen.
Constant ist weiterhin auf der Flucht und lässt Boston hinter sich um sich auf den Weg in Richtung Quebec zu machen, wo er Arbeit finden und ein neues Leben beginnen will. An einem großen See wartet er gemeinsam mit anderen Menschen auf eine Fähre und lernt dort den Huronen Otiron´Tara kennen, der ebenfalls unterwegs nach Quebec ist, um sich dort bei der französischen Armee zu verpflichten. Während ihrer gemeinsamen Reise lernen sich beide besser kennen und schließen Freundschaft - doch in Quebec trennen sich ihre Wege.
In der Stadt lernt der ausgehungerte Constant Reverend Boniface kennen, der ihm nach der abendlichen Predigt eine warme Mahlzeit anbietet und ihm auch Arbeit verspricht. Constant macht sich also abends auf den Weg zur Messe und es gibt tatsächlich etwas zu essen, doch die versprochene Arbeit scheint recht ungewöhnlich zu sein, gilt es doch im Hafen eine Ladung Kisten abzuholen, die unverzollt an Land gebracht werden sollen.
Die vermeintlich leichte Arbeit stellt sich allerdings als Falle heraus, da Constant und die anderen Männer von Soldaten verhaftet und eingekerkert werden. Man beschuldigt sie die „Compagnie d´Occident“ bestohlen zu haben, da in den Kisten Pelze enthalten waren. Auf diese Ware besteht ein königliches Monopol und so dürften die Männer einige Jahre Zwangsarbeit erwarten. Allerdings bietet man ihnen die Möglichkeit, sich als Freiwillige für die französische Armee zu melden. Constant willigt gezwungenermaßen ein und marschiert widerwillig in der französischen Uniform einem ungewissen Schicksal Richtung Fort Niagara entgegen. Zu seiner großen Freude begegnet er in dem Tross Otiron´Tara wieder, der als Späher für die französische Armee dient.
Wegen einer Schlägerei mit einem anderen Soldaten, der sich abschätzig über Otiron´Tara und Indianer ausgelassen hat, versetzt man Constant zu den Spähern. Eigentlich wäre dies die ideale Möglichkeit für ihn zu fliehen, doch dazu bekommt er keine Gelegenheit, da ihr Tross in einen Hinterhalt von Indianern gerät. Diese sind allerdings nicht feindlich gesinnt, sondern bitten die Franzosen ihr Gebiet weitläufig zu umgehen. Der Kommandant der Franzosen willigt zunächst ein, den Weg zu ändern. Allerdings war das nur ein Ablenkungsmanöver, um dann nach einigen Meilen wieder auf die ursprüngliche geplante Strecke zurückzukehren.
Aber auch Colonel Steeckwood ist mit seiner Abteilung auf dem Weg in Richtung Fort Niagara. In dem großen Konvoi der zahlreichen Männer und Wagen befindet sich auch seine Tochter, die ihre Schwangerschaft nicht länger verheimlichen kann und sich um den Vater ihres Kindes sorgt.
Constant und Otiron´Tara stoßen als Späher auf ein niedergebranntes Dorf von Siedlern. Allerdings scheint dies kein Angriff der Engländer gewesen zu sein, da die Leichen skalpiert wurden. Otiron´Tara ist verwundert darüber, da man sich auf neutralem Gebiet befindet und eigentlich kein Stamm es wagen würde die Siedler anzugreifen. Erstaunlich ist auch, das keine einzige indianische Leiche zu finden ist. Der Kommandant beschließt den Ort zu befestigen und Gräben auszuheben, damit der Feind es nicht zu leicht hat. Noch in der gleichen Nacht verschwindet die Nachtwache der Soldaten im Wald und nur noch schreckliche Schreie sind zu hören – der Feind scheint immer noch da zu sein. Die Befestigungsarbeiten gehen voran und auch der Waldrand wird abgeholzt. Der Kommandant geht davon aus, das die Engländer und ihre indianischen Verbündeten, die Mohawks, sie zum Rückzug bewegen wollen.
In ihrer Eigenschaft als Späher werden Constant und Otiron´Tara ausgesandt, um nach möglichen Überlebenden der Nacht zu suchen. Tatsächlich finden sie auch Spuren, denen sie bis zu einer indianischen Kultstätte folgen, wo sich unzählige tote Weiße befinden. Constant verliert die Nerven und er will nur noch so rasch wie möglich desertieren und weg aus diesem Landstrich. Seine Äußerungen werden allerdings von einer zweiten Patrouille gehört, die sich ihnen nähert. Constant zögert nicht lange und will mit seinem Gewehr auf die Soldaten schießen, doch Otiron´Tara wird in dem Handgemenge durch den Schuss eines Soldaten schwer verletzt und Constant als vermeintlicher Deserteur verhaftet.
Während man Constant für nur zehn Tage Arrest hinter Gittern sperrt und sich ein Doktor um die schwere Verwundung von Otiron´Tara kümmert, verschwinden weiterhin jede Nacht Soldaten, um nie wieder aufzutauchen. Und dann ist es eines Nachts soweit und Constant kann die Unbekannte mit eigenen Augen sehen...
Schreibstil & Artwork:Der in Deutschland noch nicht allzu bekannte Szenarist Fabrice David wurde 1975 in Saint-Étienne, der Hauptstadt des südfranzösischen Départments Loire geboren. Mit seiner Leidenschaft für Literatur, egal ob historisch oder Science-Fiction, betrat Fabrice David die Welt der Comics mit dem Band „Live War Heroes“, der gemeinsam mit dem Zeichner Eric Bourgier entstand und 2003 beim französischen Verlag Soleil erschien. Die erfolgreiche Arbeit mit Bourgier setzte er ab 2006 mit der auf 10 Bände ausgelegten Reihe „Servitude“ (dt. „Söldner“) fort, von denen die beiden ersten Bände „Le chant d'Anoerer“ (dt. „Das Schwert von Anoroer“) und „Drekkars“ (dt. „Drekkars“) beim Splitter Verlag vorliegen.
Für die Reihe „Serial Killer“ des Verlages Soleil zeichnete sich Fabrice für das Szenario des Bandes „Zodiac Killer“ verantwortlich, der mit den Zeichnern Serge Fino, Denis Rodier und Dan Popescu 2007 entstand. Gemeinsam mit Grégory Lassablière entwarf er das Szenario der Reihe „Les Voies du Seigneur“, das von Zeichner Jaime Calderon umgesetzt wurde. Der erste Band „Hastings 1066“ wurde im Frühjahr 2009 in Frankreich veröffentlicht. Ebenfalls in 2009 erschien der Einzelband „La Croisade des Enfants“, ein historischer Comic, der um 1212 in Cloyes spielt. In Zusammenarbeit mit dem Co-Szenaristen Gregory Lassablière entstanden zuletzt die beiden Bände von „Bravesland“.
Unermüdlich arbeitet Fabrice David an der Entwicklung anderer Comic-Projekte, darunter mehrere für den Verlag Soleil und ist unlängst damit beschäftigt, ein wissenschaftliches Szenario für das Planetarium von Saint-Étienne zu schreiben.
Unter dem Begriff des „Franzosen- und Indianerkrieges“ wurden die zwischen 1754 – 1763 von Briten und Franzosen geführten Auseinandersetzungen in Nordamerika sowie den mit der jeweiligen Partei verbündeten Indianern bezeichnet, die sich vor und vor allem während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) in Europa abspielten. Im Sommer 1756 befahlen die Engländer die Deportation der französischstämmigen Akadier aus Neuschottland, da diese sich geweigert hatten einen Treueeid auf den englischen König abzulegen. Dieses so genannte „Grand dérangement“ betraf mehr als 7.000 Personen.
Das Autorenduo David und Lassablière wandert mit ihrem Motiv sicherlich in den Fußspuren des Klassikers „Der letzte Mohikaner“ (1826) von James F. Cooper, dessen Handlung zur Zeit des Franzosen- und Indianerkriegs angesiedelt ist und der sich als erster Autor der Verarbeitung dieser Begebenheiten annahm. Bereits hier wurde die Grundlage geschaffen, diesen Krieg mit seinen zum Teil verbürgten historischen Fakten mit fiktiven Geschehnissen und Personen zu vermischen und dem Publikum als Abenteuerroman zu präsentieren. In jüngerer Geschichte – insbesondere im Comicbereich – fällt mir jüngst „Canon Bay“ ein, dessen Geschichte zwar einen anderen Schwerpunkt hat, sich aber einer ähnlichen Thematik annimmt.
Auch wenn der grandiose und reichlich mysteriöse Auftakt im Indianerdorf zu Beginn des ersten Bandes den Leser neugierig macht, wird man aber sehr abrupt in die recht gefällig arrangierte Geschichte um den Arkadier Constant hineingezogen und Zeuge, wie dieser im Verlauf seines durchaus abenteuerlichen Treibens den Huronen Otiron´Tara kennen lernt, mit dem er gemeinsam als Späher in der französischen Armee dient. Das ist handwerklich sehr schön gemacht und weiß auch zu unterhalten – doch wo schließt sich der Kreis wieder? Erst ganz am Schluss wird der Handlungsfaden wieder aufgenommen und hinterlässt beim Leser ein recht seltsames Gefühl über den weiteren Fortgang dieser Geschichte – spielt der Autor hier mit indianischen Mythen oder besteht tatsächlich eine reale Gefahr. Es macht auf jeden Appetit auf den zweiten Band!
Federico Carlo Ferniani wurde 1974 in Empoli, einem Ort nahe von Florenz, geboren. Sein Vater, Berufspilot bei der italienischen Armee, sah seinen Sohn eigentlich schon eine wissenschaftliche Karriere einschlagen, doch Federico entwickelte sich (glücklicherweise für den Leser) in eine gänzlich andere Richtung, zumal ihm sein Vater von Kindesbeinen an einiges über Kunst vermittelte.
Nach seinem Schulabschluss wollte Ferniani eigentlich die Kunsthochschule besuchen, doch schaffte er die Aufnahmeprüfung nicht. Enttäuscht schrieb er sich an der Universität für Geschichte und Anthropologie in Florenz ein, doch blieb seine Leidenschaft für das Zeichnen erhalten. Er besuchte – parallel zu seinem Studium – die renommierte “Scuola Internazionale di Comics, Accademia delle Arti Figurative e Digitali” in Florenz. Nach einer kurzen künstlerischen Pause – bedingt durch seinen Militärdienst – beschloss er seinem Schicksal ins Auge zu sehen: Mit seinen Bildern schaffte er die Vorstellung an einer der renommiertesten Zeichenschulen von Florenz: The Inklink. Zusätzlich zu seinen Studien spezialisierte er sich in Abendkursen in DTP und andere Formen der digitalen Bildbearbeitung.
Nach zehn Jahren, in denen er Hunderte von Illustrationen für zahlreiche europäische Publikationen und etliche italienische Museen veröffentlich hat, beschloss er 2006 etwas ganz anderes zu machen. Zwei schwierige Jahre folgten, in denen er nach einer neuen Herausforderung suchte, bis er auf die Autoren David und Lassablière stieß, die auf der Suche nach einem Zeichner für ihr Szenario von „Bravesland“ waren. Es waren für Ferniani die ersten richtigen Schritte in der Neunten Kunst, die ihn darin bestätigten, seine berufliches Glück nunmehr endgültig als freier Illustrator und Designer in diesem Bereich zu suchen.
Ferniani überzeugt bei „Bravesland“ durch seine überaus realistisch gehaltenen Zeichnungen, die mit einem wunderbar gelungenen Detailreichtum aufwarten können. Allerdings wirken die Hintergründe der Bilder manchmal – vielleicht auch bedingt durch die Kolorierung von Delphine Rieu – etwas zu glatt und treiben die Darstellung in Stück weit in die Belanglosigkeit. Eine besondere Stärke von Ferniani dürfte auf jeden Fall in der Darstellung der Charaktere liegen. Hier stimmt jeder Gesichtsausdruck und die einzelnen Schattierungen, die den Akteuren eine gelungene Lebendigkeit verleiht. In der Seiten- und Panelaufteilung bleibt Ferniani überwiegend klassisch, versteht es aber vortrefflich mit unterschiedlichen Perspektiven und Einstellungen dem Auge des Betrachters zu schmeicheln und in seinen Bann zu ziehen, wobei er sich auch nicht scheut einzelne Panels genial aufzuteilen, um Spannungsmomente zu unterstreichen. Für das deutschsprachige Debüt des Zeichners dürfte dies insgesamt ein sehr gelungener Auftakt sein, der auf weitere vielversprechende Arbeiten hoffen lässt.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungSolide Fadenheftung in gediegener Hardcover-Qualität als großformatiges Album – das dürfte beim Splitter Verlag sicherlich eine Selbstverständlichkeit sein, so wie es auch die gelungene Übersetzung von Tanja Krämling ist, an der es nichts zu bemängeln gibt. Eine zusätzliche Ausstattung, wie beispielsweise Skizzen, Entwürfe oder ähnliches wird man in diesem Band vermissen. Dafür entschädigt allerdings die zeitgenössische Karte von Nordamerika im Vorsatzblatt.
Fazit:Während der Newcomer Ferniani mit wunderbaren Bildern überraschen kann, gelingt dies den Autoren David und Lassablière mit ihrer Geschichte bedauerlicherweise nicht ganz. Nach einem fulminanten Auftakt im Lager der Indianer und der mysteriösen Prophezeiung des alten Häuptlings, erhält die Geschichte einen harten Schnitt und lenkt ihr Augenmerk auf Constant und dessen Abenteuer, die in ihrer Konzeption von dem sich auf der Flucht befindlichen und nach einem neuen Leben strebenden jungen Mann nichts sonderlich neues darstellen. Das wäre nicht weiter schlimm, da die Geschichte durchaus das Potential besitzt den Leser gediegen zu unterhalten weiß, doch ist es den Charakteren nicht vergönnt genügend Platz und Zeit eingeräumt zu bekommen, damit sie sich auch entfalten und entwickeln können. Eilig rasen die Erzähler von einem Schauplatz zum nächsten und schaffen es glücklicherweise auf der letzten Seite des ersten Bandes einen recht versöhnlichen und spannenden Cliffhanger zu konstruieren, der zumindest Appetit auf den zweiten Band macht.
Die Darstellung der indianischen Kultur ist – soweit ich das als Laie überschauen kann – sehr authentisch in ihrer Darstellung und zeigt deutlich den beginnenden Untergang dieser Kultur, die sich nicht länger gegen die Besiedlung ihres Landes wehren kann und beginnt, sich mit den unübersehbaren Tatsachen zu arrangieren. Aber auch hier streifen die Autoren nur dieses überaus interessante Thema und präsentieren uns somit insgesamt einen recht schönen und solide gemachten Historiencomic.
Unterm Strich also eine sehr schöne Abenteuergeschichte, welche historische Fakten mit einigen recht netten Ideen, Charakteren und einem Schuss indianischer Mythologie mischt. Für Freunde des Genres sicherlich einen Blick wert, zumal der Cliffhanger auf einen spannenden zweiten Teil hoffen lässt.
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