Inhalt:

Dream, der Herr der Träume, ist tot und die restlichen der Ewigen finden sich zu einer Trauerfeier zusammen, um den Verstorbenen zu ehren. Dabei sinnieren sie über Morpheus Fehler und Untaten, aber auch über seine guten Seiten und Taten. Doch was ihnen scheinbar nicht bewusst ist, ist das der Herr der Träume nicht gehen kann, ohne das er beerbt wird. Und so steht schon sein Nachfolger in den Startlöchern und macht sich darüber Gedanken, ob er denn Akzeptanz finden wird.

 

Daneben gibt es noch ein paar Kurzgeschichten, die sich um die Taten von Dream drehen. Im Mittelpunkt stehen hier unter anderen ein weiser Mann, der nach Unsterblichkeit sucht, ein Faun, der sich Träume als schöne Illusion wünscht und William Shakespeare, der an seinem Meisterwerk arbeitet und dabei ganz besondere Hilfe hat.

 

Zu Story, Schreibstil & Artwork:

"Das Erwachen" ist der Abschluss der Sandman-Reihe, die im neunten Band mit dem Tod des Protagonisten einen fulminanten Abschluss gefunden hat. Der zehnte Band ist daher mehr ein Rückblick, eine Ehrerbietung und gleichermaßen ein Neuanfang. Im Mittelpunkt stehen hier Lobgesänge über Dream, aber auch Reflektionen über seine weniger schönen Taten und Marotten. Denn eins ist klar, Dream war nie eine einfache Persönlichkeit. Er war nicht nur mysteriös, sondern auch eigensinnig und verschlossen, auf der anderen Seite aber stets fair und zuvorkommend. Das ist sowohl seinen Geschwistern, den Ewigen, wie auch den Sterblichen klar, die mit ihm zu tun hatten.

Dann ist da noch der neue Dream, der auf der einen Seite das optische Gegenstück zu Morpheus ist, da er komplett weiß ist, aber auf der anderen Seite auch dem alten Meister sehr ähnlich zu sein scheint. Wird dieser in die Fußstapfen von Morpheus treten können oder verfolgt er eine ganz eigene Linie. Letztendlich bleibt hier eine Menge offen, aber das ist auch gut so, denn die "Sandman"-Reihe hat schon immer darauf basiert, das der anspruchsvolle Leser viel Platz für eigene Gedanken und Vorstellungen hat. Das ist beim abschließenden Band auch nicht anders und so bleibt die Reihe bis zum Ende konsistent. Die Grundstimmung der Reihe war immer irgendwie düster melancholisch, zu weilen sogar verwirrend konfus. Auch das wird beim "Erwachen" beibehalten, denn obwohl der Protagonist gestorben ist, wirkt die Erzählung nicht negativ, sondern schildert eben auch von einem Neuanfang und das aus allem was stirbt, etwas Neues entstehen (kann).

Wie immer hat Ausnahmeautor Neil Gaiman geschickte Andeutungen und höchst anspruchsvolle und oft zweideutige Dialoge in seine Geschichte eingebaut.

Aber nicht nur die eigentliche Trauerfeier um Morpheus ist hier anspruchsvoll und interessant gestaltet, auch die restlichen Geschichten treffen das Ambiente des Settings wie die Faust aufs Auge. Hervorzuheben ist dabei die Shakespeare-Geschichte, die eine amüsante Sichtweise offenbart, wie der Literat zu seinem berühmten Namen gekommen ist.

 

Die Artworks stammen von diversen Zeichnern und halten sich weitestgehend an die Optik, der vorigen Werke. Die Stile sind also auch weiterhin recht skurril und oftmals grob. Das ist nun mal Sandman und gehört zur Serie, auch wenn es sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist. Mittlerweile hat man sich aber daran gewöhnt und was die Illustrationen zweifellos haben, ist Ausdrucksstärke.

 

Qualität & Ausstattung:

Serientypisch erscheint auch dieser Band im US-Format und als Softcover. Die Produktion ist erstklassig und der Band enthält die US-Originalhefte #70-75.

 

Fazit:

"Das Erwachen" ist ein glorreicher Abschluss der Sandman-Reihe und überzeugt auf ganzer Linie. Zwischendurch hatte die Reihe ein wenig nachgelassen, aber mit den letzten beiden Bänden wieder zur alten Klasse gefunden. Der vorliegende Band ist aber auch anders, denn er ist mehr Hommage oder besser Requiem, an den Protagonisten, der die Reihe neun Bände lang begleitet hat und letztendlich sein Leben gelassen hat, um nun von einem neuen Traumherrn ersetzt zu werden. Grandios anspruchsvoll und vieldeutig geschrieben. Ein Band an dem die Sandman-Fans eh nicht vorbei kommen. Alle anderen werden nicht allzu viel damit anfangen können, wenn sie die Reihe nicht von Anfang an verfolgt haben. Erste Klasse!