Links zur Rezension AufmachungWie immer sehr aufgeräumt und organisiert. Man findet sich direkt zurecht. Auf dem Cover kämpft ein amtlich gerüsteter Krieger mit einem grünen Scheusal – ich verrate mal nicht, um wen oder was es sich handelt. Unten rechts in der Ecke ist einer meiner Favoriten aus dem ursprünglichen Abenteuer aus dem Jahr 1978 – das Steinrelief eines Kopfes mit geöffnetem Mund. Ein absoluter Klassiker der Fallengeschichte von AD&D… Aber ich schweife ab. Die Innenillustrationen beschränken sich größtenteils auf Karten – einmal in der Übersicht zu Beginn jedes Kapitels und dann in Einzelteilen in den einzelnen Begegnungen. Wie beim ursprünglichen Tomb gab es erstmalig Illustrationen, die der Spielleiter in bestimmten Szenen den Spielern zeigen konnte, um ihnen eine bessere Vorstellung von der Umgebung zu geben. Oft waren in diesen Bildern Hinweise versteckt, die man besser nicht außer Acht ließ. Im Jahr 2010 sind diese Bilder natürlich farbig gestaltet, trotzdem aber häufig sehr nah am Original gehalten und machen insgesamt fast schon einen – sagen wir mal – altmodischen Eindruck. Die riesige Battlemap ist klasse – so groß, dass ich gar nicht mehr sagen kann, welchem A die wohl entsprechen mag. Inhalt99% Spoilerfrei – auch von potentiellen Spielern gut zu lesen!!!
Vom Format her bieten die Wizards mit Tomb of Horrors mal etwas Neues – das Abenteuer kann nicht komplett in einem Rutsch durchgespielt werden. ToH bietet 4 Einzelabenteuer, zwischen denen der Spielleiter noch andere Abenteuer platzieren muss, damit stufentechnisch alles hinkommt. Diese Abenteuer sind: Garden of Graves (10. Stufe) The Tomb of Shadows (14. Stufe) Skull City (18. Stufe) Dead Gods’ Tomb (22. Stufe)
Sehr schick finde ich eine Box ziemlich direkt zu Beginn des Abenteuers „step and die“, die Tipps gibt, wie man das Abenteuer tödlicher gestalten kann – quasi für die Verrückten, die es „auf die harte Tour“ haben wollen. Nette Idee.
Zum Inhalt möchte ich gar nichts schreiben, es sei gesagt, dass die Charaktere Gräber in verschiedenen Dimensionen besuchen werden – besonders gelungen finde ich hier immer die Zonen, in denen diese Dimensionen verschwimmen. Die sind immer sehr – sagen wir: „speziell“. Als Mini-Spoiler (neben der Erwähnung von „Acererak“) soll noch gesagt sein, dass man sich als Spieler die Gedichte, auf die man im Laufe des Spiels trifft, gut merken und versuchen sollte, sie auf die Handlung zu übertragen. Das erspart so manchen Stress.
Neben den eigentlichen Abenteuern sind auch immer die kleinen grünen Boxen sehr hilfreich, geben sie doch Tipps und Hinweise über den Abenteuer-Tellerrand hinaus – etwa, wie man ein Abenteuer als einzeln stehendes Abenteuer leiten kann, wie und an welchen Stellen man es ausbauen kann…
Das Abenteuer besteht nicht nur in einer simplen Kopie und Regelanpassung des ursprünglichen Materials (kein Wunder, waren das doch nur 20 Seiten), sondern Marmell und Grey haben die Pläne des wahnsinnigen und äußerst machthungrigen Acererak weiter gesponnen, neue Orte erfunden und mit der ursprünglichen Handlung verknüpft. Wer sich fragen sollte, wo der ursprüngliche Dungeon wohl geblieben sein mag: Der befindet sich in Abenteuer 3, Skull City, und ist zwar in seinem Grundriss exakt übernommen – bis auf die zwei falschen Höhleneingänge, die in den meisten Gruppen schon zu den ersten Toten führten – der Inhalt aber ist völlig anders, da viele Fallen ausgelöst wurden und Bewohner im Laufe der Zeit das Grab verlassen haben oder neue hinzugekommen sind.
Toll gefallen mir die Illustrationen, die den Spielern die Situation verdeutlichen. Eine gute Idee, die auch 32 Jahre nach ihrer ersten Anwendung einem Abenteuer eine besondere Note verleiht.
Haha! Die Begegnungen sind in einem Fall lustig angeordnet. Die Reihenfolge der G-Encounters ist G2, G3 und dann G1. Spezialisten stellen sogar fest, dass der Maßstab des ursprünglichen Tomb verändert wurde. War ein Kästchen des ursprünglichen Dungeons 10’ groß, so sind es nun 5’ – wohl damit auf der Battlemap genügend Platz ist.
Kommen wir zu meinem großen Problem mit dem Abenteuer, das sich aber in der Bewertung nicht niederschlagen wird. Was kann denn das Abenteuer des Jahres 2010 für seinen Urahnen und design-theoretische Unterschiede? Das ursprüngliche ToH war für mich immer DAS Abenteuer schlechthin, das Spieler herausfordert und nicht ihre Charaktere. Es gibt unwahrscheinlich viele Rätsel und Fallen – deutlich mehr als Monster, die es zu bekämpfen gilt. Und selbst die Kämpfe verlangten im Abenteuer des Jahres 1978 den Spielern eher als ihren Charakteren alles ab. Das Design der letzten etwa 15 Jahre geht allerdings in eine komplett andere Richtung. Die Herausforderungen werden für die Charaktere designt, nicht für die Spieler. Das ist natürlich mit einem Abenteuer, das von komplett anderen Voraussetzungen ausgeht, nur schwer hinzubekommen. Rätsel und Fallen werden also nicht primär durch Gehirnschmalz gelöst und umgangen, sondern durch das Anwenden von Attributen oder Fertigkeiten. Dem kritischen Rezensionsleser sei gesagt: Ich behaupte nicht, dass D&D 4 kein Gehirnschmalz verlangt. Wer zu dieser Erkenntnis gekommen ist, sollte sich den vorhergehenden Abschnitt noch mal durchlesen.
Eine sehr nette Geste ist das Nachwort, in dem Bruce Cordell nach hinten blickend noch einmal ein paar Worte über den Autoren des ursprünglichen Abenteuers, Gary Gygax, verliert und gleichzeitig optimistisch nach vorne schaut, um auch Ari Marmells Verdienste an diesem Abenteuer zu würdigen.
Himmelherrgottsakra! Ich weiß nicht, wann ich mich an Monster mit fast vierstelligen Trefferpunkten gewöhnen werde… Fazit:Eine absolut gelungene Neuauflage. Abgesehen von meinem Problem mit dem Design-Ansatz eine wirklich stimmige Fassung mit vielen Rätseln, Fallen, „Skill Challenges“ und fiesen Monstern, die nur mit Überlegung in die Schranken gewiesen werden können. Wer auf genannte Komponenten steht, wird mit diesem Abenteuer seinen Spaß haben. Für D&D ganz sicher bisher das Abenteuer, das sich mit den wenigsten strategischen Komponenten spielen lässt.
Nette Anekdote am Rande: Die deutsche (mit extrem unglücklich übersetztem Titel) Fassung „Gruft des Grauens“ wird in amerikanischen Sammlerkreisen deutlich höher gehandelt, wenn sie KEIN Autogramm von Gary Gygax trägt. Er hat nämlich im Jahr 1999 eintausend Kopien signiert und es gab nur ganz wenige Exemplare, die überzählig gedruckt und dann nicht unterschrieben wurden. |
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