Links zur Rezension InhaltAuf der Station Sankt Cäcilia des Krankenhauskomplexes Sankt Johannes von Jerusalem gelingt es Ji-A, dem kleinen Bruder von Yiu, den Bildschirm seiner interaktiven Bibel mit dem externen medizinischen Datenkanal zu verbinden. Gemeinsam mit seinen Freunden, die ebenfalls auf der Station für die Behandlung juveniler Adeopathie leben, verfolgt er live die Reportage von Colwynn Wallace der Interkonfessionellen News, der sich im Herzen von Neu-Jersualem befindet und über die wahnsinnigen Jünger und Christen berichtet, die sich zu tausenden auf den Weg vor die Ökumenische Festung gemacht haben, um die Geburt des Gottes der Erlösung und das Versprechen eines Gottesgerichtes zu feiern.
Delfi Miyazannhauer, der starb, als er das Tier gebar, verkündet auf riesigen Bildschirmleinwänden der Welt im Abstand von sechs Stunden seine posthumen Prophezeiungen, während im Inneren des Tempels ein erbitterter Kampf zwischen Yiu, die auf der Suche nach dem Tier ist, um es zu vernichten und den Wachmannschaften tobt. Nur noch wenige Stockwerke trennen sie von dem Zielgebiet ihrer Mission, doch der Weg wird dort hin wird hart verteidigt.
Die Vermittler der Kirche nähern sich derweil dem Tier, um mit ihm Kontakt aufzunehmen – doch was soll man von einem Wesen halten, welches die Apokalypse bringen soll? Und auch Yiu und ihre Mitstreiter treffen ein. Der äußerst ungleiche Kampf gegen das Wesen wird unerbittlicher Härte aufgenommen, so wie der Weg zu ihrem Ziel freigekämpft werden musste.
Doch der Vernichtungsschlag des Selbstmordkommandos unter der Führung von Yiu entwickelt sich zu einem Fiasko. Während die Heilige Stätte geräumt und alle noch verbliebenen Personen auf Befehl von Anton Sarmann-Shel hin evakuiert werden sollen, stellt sich Yiu endlich dem Tier und muss eine bizarre Entdeckung machen, als dieses plötzlich mit ihr zu kommunizieren beginnt. Doch das ist noch längst nicht alles – Yiu scheint bei ihrem Auftrag eine gänzlich andere Rolle einzunehmen, als sie gedacht hat und ihre Auftraggeber werden nicht mehr lange zögern ihren geheimen Plan umzusetzen.
Schreibstil & Artwork:Der Szenarist und Zeichner Thierry Terrason (Jahrgang 1966) studierte nach seinem BAC (Baccalauréat) zunächst an der renommierten „École de bandes dessinées“ in Angoulême, bevor er gemeinsam mit seinem Bruder im Animationsbereich zu arbeiten begann, bis er 1988 in den Bereich der Comics wechselte und erstmalig unter dem Pseudonym Téhy für den Verlag Vents d´Ouest an dem Band „La Teigne“ arbeitete und in Erscheinung trat. Allerdings blieb er dem Animationsbereich treu und arbeitete ab 1992 für verschiedene Fernsehsender, wie beispielsweise Canal J., Canal + und France 3 für das Layout und das Storyboard in unterschiedlichen Bereichen.
Andere Arbeiten folgten unter dem zweiten Pseudonym Jim, wobei er allerdings auch unter dem Namen Téhy Szenarios für Zeichner wie Béatrice Tillier („Fee et Tendres Automates“), Curd Ridel („Rigoletto Loustic“) oder aber Fredman und Gaston verfasste. Mit bislang über 70 veröffentlichten Alben, von denen mehr als eine Millionen verkaufter Exemplare unter dem Namen Jim bzw. über 300.000 unter dem Namen Téhy erschienen, dürfte Thierry Terrason, der Mann mit den zwei Pseudonymen, heute sicherlich zu den kommerziell herausragenden Künstlern des Genres gehören.
Mit seiner seltsam dunklen Zukunftsvision einer Welt, in der alle Glaubensrichtungen unter einem Dach vereint sind und die dennoch zur Erreichung ihrer Ziele sich Mord, Intrige und Totschlags bedienen, scheint Thierry Terrason ironischerweise den Nerv der Zeit zu treffen und unzählige Leser zu faszinieren. Auf der einen Seite dient ihm der vorherrschende religiöse Wahnsinn einer Gesellschaft und die anbrechende Apokalypse durch die Geburt des Tieres als Transportmittel für einen über spektakulären und brutalen Comic, doch gleitet er dabei nicht ins philosophische ab und überlässt es letztlich dem Leser zu entscheiden, ob und wie weit dieser etwas in diese Bilder und Texte interpretieren möchte. Es steht dem Betrachter also frei sich zu entscheiden, ob er die Geschichte um Yiu, ihren Bruder und den scheinbar aussichtslosen Kampf gegen das Tier ernst nimmt, oder aber einfach nur als spektakulär in Szene gesetzte Unterhaltung, die manchmal recht drastisch in Szene gesetzt ist.
Nach seinem Kunststudium begann Nicolas Guénet 1993 bei dem Verlag Soleil zu arbeiten. Hier arbeitete er unter anderem mit dem Szenaristen Eric Corbeyran an der Reihe „Dédal“ und „Le Voleur de Paradis“. Seit 1999 arbeitet er als Zeichner und Grafiker gemeinsam mit seinem Kollegen Renéaume an der Reihe „Yiu“ bzw. später an „Yiu – Die Apokalypse“, die er seit dem dritten Band der Reihe allerdings alleine betreut. In 2002 begann er seine Reihe „Suleyman“ nach einem Szenario von Hubert Touzot. Gemeinsam mit Tacito illustrierte er die Reihe „Magika“, deren Skript von Angleraud stammt.
Mit der Unterstützung von J.M. Vee, der sich bereits in den vergangen Alben neben der Mitarbeit am Szenario insbesondere um die historische und technologische Ausgestaltung des SF-Hintergrundes der Reihe bemühte, hat sich bei der Gestaltung des Artwork der Reihe durch Nicolas Guénet nichts geändert: Die bisherige Linie wird weiterhin konsequent umgesetzt und so sind die Panels auch in diesem Band wiederum aufwändig gestaltet und bestechen insbesondere durch ihre absolute passende und dynamische Anordnung, die den Betrachter unmittelbar in ihren Bann zieht und deren Handlungsverlauf sich absolut intuitiv ergibt. Dabei besticht insbesondere der immer wieder vorgebrachte Einfallsreichtum und die Detailfreude an der Architektur und der technischen Ausstattung, die ihren Anteil dazu beiträgt, keine Langeweile aufkommen zu lassen, auch wenn es ohnehin immer ziemlich entschlossen und brutal zur Sache geht. Einen großen Anteil an der Stimmung hat auch die hervorragende Kolorierung, die den vorherrschenden düsteren und ausdrucksstarken Ton der Welt von „Yiu“ mehr als nur unterstreicht.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungDieser Band – wie bereits die Vorgänger der Reihe – erscheint im übergroßen Albumformat und hat einen Hardcover-Einband. Die Qualität der Produktion bewegt sich, wie man es auch bei anderen Produkten des Splitter Verlages nicht anders gewohnt ist, auf hohem Niveau. Wie auch bei den anderen Bänden gibt es an der Übersetzung von Tanja Krämling nichts auszusetzen, da sich die Textpassagen flüssig und gut lesen lassen. Am Ende des Bandes erhält der Leser noch einige ergänzende Informationen über einige wichtige Personen und Örtlichkeiten – sehr angenehm.
FazitDiese Reihe trägt nicht zu Unrecht den Titel „Die Apokalypse“, den was das Trio Téhy, Guenet und Vee hier an visueller Vision entwickeln, die zugegebenermaßen nicht unbedingt durch die ihre ausgefeilten Dialoge glänzt, dürfte wahrlich ein erschreckender Entwurf eines möglichen zukünftigen Weltunterganges sein, wie man ihn selten mit solcher Dynamik und Spannung im Comic zu sehen bekommen hat. Allerdings steht hier keine beißende Gesellschaftskritik einer möglichen Zukunft zur Diskussion, sondern eine überwiegend actiongeladene Handlung, die ihren Leser alleine schon wegen ihrer Zeichnungen fesseln wird.
Dabei glänzt die Reihe „Yiu - Die Apokalypse“ aber nicht nur durch seine brachiale Gewalt, Menschenverachtung und die perfekte Inszenierung seiner Bilder. Es ist auch die Geschichte um Yius kranken Bruder Ji-A, der sein Leben in einer abgeschotteten Station einer riesigen Krankenstation fristen muss und für dessen Heilung Yiu bereit ist, jeden Auftrag anzunehmen, um genügend Geld für seine Operation verdienen zu können. Das mag zwar nicht unbedingt ein wahnsinnig interessanter und intellektuell sonderlich toller Ansatz sein, doch für diese auf insgesamt rund 500 Seiten konzipierte und atemberaubend inszenierte Saga, die meines Erachtens zumindest visuell einige neue Maßstäbe setzt, dürfte dies vollkommen ausreichen.
Unterm Strich: Ein bombastischer Kampf auf schier endlosen Schlachtfeldern einer sehr eigensinnigen Frau vor der Kulisse einer düsteren und von religiösen Fanatikern bevölkerten Welt. Eine absolute Empfehlung für die hartgesottenen Kenner von SF-Comics, die ihre Freude am Comicmagazin „Schwermetall“ hatten (und noch haben). Mit diesem Band sind 57,12 % der Geschichte abgeschlossen.
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