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Dark Sun Campaign Setting
Bewertung:
(4.2)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 17.11.2010
Autor:Richard Baker, Robert J. Schwalb, Rodney Thompson
Typ:Regelwerk / Kampagnenband
System:D&D 4
Setting:Dark Sun
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-5493-3
Inhalt:222 Seiten, Hardcover + Landkarte
Sprache:Englisch

Aufmachung

Wie immer gibt es bei den D&D 4-Hardcovern von Design und Optik kaum etwas zu mäkeln. Durch die farbliche Gestaltung des Rückens (Dark Sun hat hier eine Art schwarz-grau verpasst bekommen), weiß man auch genau, wohin man das Teil in sein Regal zu stellen hat. Als alter Sack muss ich natürlich an der Cover-Illu (wie auch an denen im Inneren) kurz herummäkeln, weil ich den von der Stimmung her deutlich düsteren Brom gewöhnt bin und die neuen, etwas peppigeren, bunten Illustrationen, wie das Cover von Wayne Reynolds, sehr gewöhnungsbedürftig sind. Da ist das halbseitige Bild von William O'Connor auf der Rückseite schon eher nach meinem Geschmack.

All das wird wohl dem Neuankömmling in Athas gar nicht auffallen und ich muss fairerweise zugeben, dass die Illustrationen eine unverwechselbare Note haben, gut zum Setting passen und der D&D 4-Version einen ähnlich definierenden Stil geben werden, wie es Brom mit dem Dark Sun zu AD&D 2-Zeiten getan hat.

Die großformatige Karte gefällt mir ausgezeichnet. Da gibt es kein Gemäkel! Schon hier erkennt man an den gezeigten Regionen, dass die neuen Köpfe hinter Dark Sun die erste Sache richtig gemacht haben und die Veränderungen durch die Revised Edition aus dem Jahr 1995 ignoriert und dort angeknüpft haben, was Dark Sun 1991 erfolgreich machte. Hoffen wir mal, dass sich das beim genaueren Ansehen des Inhalts bestätigt.

 

Inhalt

Blättern wir doch mal kurz durch. Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt. Kapitel 1 klärt Grundsätzliches zur Welt Athas, danach (zweites Kapitel) gibt es alles, was man wissen muss, um die neuen Rassen zu spielen und zu wissen, was sich bei den schon bekannten Klassen ändert. Im dritten Kapitel gibt es eine Neuerung – neben seiner Klasse hat nämlich jeder DS-Charakter ein sogenanntes zusätzliches „Character Theme“, das grob gesagt seine gesellschaftliche und „politische“ Stellung widerspiegelt. Kapitel 4 befasst sich mit „Charakter Options“, bevor wir in Kapitel 5 ans Eingemachte gehen, denn dort gibt es genaue Hintergrundinfos zur Welt Athas und ganz besonders zu 16 besonderen Regionen und Städten. Zum Abschluss gib es dann Hinweise zum Leiten von Runden und Kampagnen im Dark Sun-Universum, sowie spezielle Regeln, die dazu dienen, die Welt zu etwas Besonderem zu machen.

 

… und jetzt nochmal in langsam:

 

The World of Athas:

Für alle, die es noch nicht wissen: Athas ist ein brutale, unfassbar heiße Welt, die durch den Gebrauch von Magie zu der Wüste geworden ist, die sich uns heute zeigt. Es gib fiese Hexerkönige, Sklaverei, Gladiatorenspektakel und ganz, ganz wenig Wasser.

Dadurch, dass Magie nicht direkt als etwas Positives angesehen wird, haben es auch arkane Klassen schwer in diesem Setting.

Kleine, aber wichtige Informationen, beispielsweise zu Sprachen oder der Währung auf Athas sowie ein kurzer historischer Überblick und der athasische Kalender, runden das Kapitel ab.

 

Races of Athas

Es gibt drei neue – den harten Lebensbedingungen angepasste – Rassen. Neu sind die Mul (eine „Kreuzung“ aus Mensch und Zwerg, sprich: eine Kampfmaschine und dann noch die Thri-Kreen, Gottesanbeterinnen-Krieger mit sechs Armen und merkwürdigen Haltungen gegenüber Gesellschaft. Nicht komplett neu, aber im Kontext und mit etwas gutem Willen als neu zu bezeichnen, ist der Goliath, oder Halbriese. Für diese drei gibt es dann auch gleich noch je einen neuen „Paragon Path“. Selbstverständlich gibt es auf Athas auch noch Menschen und für alle anderen Rassen (Dragonborn/Dray, Dwarf, Eladrin, Elf, Half-Elf, Halfling, Tiefling) gibt es noch zwei oder sogar drei mögliche Hintergründe, mit denen man direkt bei der Charaktererschaffung sinnvoll arbeiten kann. Ich hatte mir vorgenommen, nicht viel zu Änderungen zur AD&D 2-Version zu sagen, aber schon hier fällt auf, dass einige Ecken und Kanten abgefeilt wurden. So sind Halblinge jetzt keine fiesen kleinen Menschenfresser mehr, sondern sie sind so der Natur verbunden, dass sie alles essen, was sie auch jagen – seien das nun Viecher oder auch Menschen. Jawoll, das ist schön „pc“ - sie fressen zwar noch Menschen, aber nur aus der Liebe zur Natur heraus.

 

Character Themes

Diese „Themes“ sind eine dritte Komponente neben Rasse und Klasse, die den Charakter näher bestimmen und ihm gleichzeitig mehr Tiefe geben sollen. Bei ihnen handelt es sich meist um eine eher soziale Einordnung oder eine Rolle in der athasischen Gesellschaft.

Die Themes kommen jeweils mit zwei „Paragon Paths“ daher und sind:

 Athasian Minstrel (eine Art Barde, der sich auch als Agent verdingen kann)

 Dune Trader (ein Repräsentant eines der Händlerhäuser)

 Elemental Priest (Priester eines der Elemente)

 Gladiator (Na, was wohl...? Arbeitet nicht beim Friedenskorps)

 Noble Adept (Adeliger Psioniker)

 Primal Guardian (Beschützer von Witwen und Waisen – und von Oasen und Wäldern)

 Templar (fieser Handlanger der Hexerkönige)

 Veiled Alliance (heimlicher Anwender arkaner Magie – kämpft gegen die Templerkönige)

 Wasteland Nomad (Spricht auch für sich selbst.)

 Wilder (natürliches Psi-Talent)

Mir gefällt dieses Konzept ganz gut, denn es spiegelt ganz gut die verschiedenen Facetten des Lebens in dieser harten Welt wieder. Ich weiß nicht, ob das ein Standard für D&D werden sollte, aber hier passt es wie die Faust auf's Auge.

 

Character Options

Hier gibt es die nächsten regeltechnischen Anpassungen von D&D 4 an die Welt. Einer der Hauptpunkte ist hier die Magie, welche entweder „schändend“ oder „bewahrend“ gewirkt werden kann. Sprich: Man nimmt in Kauf, dass die Umwelt zerstört wird, da ihre Kraft für die Magie aufgewendet wird oder man hat halt Sprüche mit weniger Bumms, nimmt aber Rücksicht auf die umgebende Natur.

Ein weiterer Punkt sind die wilden Psi-Talente, die einem Charakter schon zu Beginn zustehen können.

Ein ganzer Rutsch an „Builds“, „Epic Destinies“ und „Feats“ runden den Langzeitspielspaß ab. Schließlich verhalten sich auch Rituale anders als im „normalen“ D&D-Universum und es gibt ordentlich viele neue Waffen.

Zu den Waffen sollte ich vielleicht noch ein paar Takte erzählen, denn es gibt kaum Metall für Rüstungen oder Waffen, daher sind Waffen meist aus Knochen, Kristall, Obsidian oder Holz. Natürlich entwickelt eine Welt mit diesem Handicap etliche neue Waffen, wie die Chatkcha, eine Art dreistrahligen Wurfstern oder die Calhulaks, eine Art Bola mit Enterhaken anstatt Kugeln an den Seilenden. Auch für die Rüstungen muss man sich andere Materialien einfallen lassen und so werden diese aus allen möglichen Bewohnern von Athas hergestellt.

 

Atlas of Athas

Satte 62 Seiten beschäftigen sich mit Geografie und Politik. Den größten Teil nimmt hier die Beschreibung des Stadtstaates Tyr ein, der auch schon zu AD&D 2-Zeiten der zentrale Dreh- und Angelpunkt war. Für Traditionalisten gibt es sogar den kleinen Dungeon „Under-Tyr“.

Dieses Kapitel definiert nach den Umweltbedingungen und den Voraussetzungen der letzten Kapitel auch die Gesellschaft, beziehungsweise die Gesellschaften von Athas. Man erfährt etwas über die Stadtstaaten und ihre Herrscher, über die Handelshäuser, interessante Regionen und so weiter.

Gerade dieses Kapitel ist wirklich eine tolle Lektüre und sämtliche Orte sind mit Abenteueraufhängern „en masse“ gespickt. Ich hatte ja immer ein Herz für das Städtchen Urik – mal sehen, ob ich da nicht in nächster Zukunft mal eine Kampagne entwerfe. Ich denke jeder, der sich durch Kapitel 5 pflügt, wird einige Stellen finden, die ihn dazu inspirieren, damit zu arbeiten, es auszubauen oder ein dort spielendes Abenteuer zu schreiben. Das is eine Qualität, die man heutzutage viel zu selten sieht.

 

Running a Dark Sun Game

Hier gibt es Tipps zu klassischen Szenarien/Encounters und Skill Challenges auf Athas, zum Reisen unter der sengenden Sonne und zu Schätzen und Belohnungen. Den Abschluss bildet das aus drei Begegnungen bestehende Abenteuer „Sand Raiders“.

 

Fazit:

Gar nicht einfach! Als jemand, der Dark Sun schon kannte, finde ich es schade, dass einige Ecken und Kanten des ursprünglichen Settings abgefeilt wurden und die Illustrationen etwas weniger düster sind, während positiv ist, dass man einen Reboot gefahren hat, der fast alle „Errungenschaften“ der Revised Edition ignoriert und das Setting zur Aufbruchszeit kurz nach dem Tod des Hexerkönigs von Tyr spielt.

Leuten, die Dark Sun noch gar nicht kennen, kann all das völlig egal sein! Sie bekommen ein fieses, kleines Setting geboten, in dem zuerst einmal nichts so ist, wie es die Spieler gewohnt sind und erwarten. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Spielmotivation auch über diesen Punkt hinaus anhält. Dark Sun bietet eine absolut spielenswerte Welt, die dafür zuständig war, dass ich D&D 4 überhaupt eine zweite Chance gegeben habe.

Gerade das Kapitel über Geographie und Politik ist wirklich inspirierend und bietet etliche Punkte, wo der motivierte Spielleiter einhaken und eine interessante Begegnung, ein spannendes Abenteuer oder gar eine langfristige Kampagne entwickeln kann.