Links zur Rezension Der Quellenband „Unterwelten“ zu der Edition 3.01 von Shadowrun fällt als allererstes durch sein 3.01-typisches, düsteres Cover auf. Die Gestaltung des Hardcovers, sowie der Illustrationen im Quellenband, sind nach dem Artwork von 3.01 gestaltet. Mit seinen 256 Seiten gehört es auch eindeutig zu den umfangreicheren Quellenbüchern. Im gewohnten Shadowrun- Charme präsentiert sich auf dem Cover bereits die Hauptthematik des Quellenbands. Je ein Vertreter der vier großen und bekannten Shadowrun Unterweltkartelle (Triaden, Yakuza, Vory v Zakone und die Geisterkartelle) wird hier dargestellt. Die Yakuza präsentieren sich wie gewohnt im schwarzen Anzug mit dem klassischen Katana (Manko: die Triaden und die Geisterkartelle werden ebenfalls mit dieser Waffe dargestellt, hier wäre eine kultureller angehauchte Waffe von Vorteil gewesen). Gleich zu Beginn fällt dem Leser die Vielfalt der im Quellenband behandelten Informationen auf. Diese beziehen sich auf Themen, wie die vier genannten „Megakartelle“ aber auch auf kleinere, illegale Zusammenschlüsse, wie z.B. Gangs oder das sogenannte „1x1 des Verbrechens“. Im 1x1 des Verbrechens werden detailliert die verschiedenen Arten und Möglichkeiten eines Verbrechens aufgezeigt, sowie deren typische Anwendungsgebiete. Das Besondere daran ist, dass diese aus der Sicht der Kartelle erläutert werden. Der Leser und Spielleiter erfährt hier viel darüber, wie diese Verbrechensarten angewendet werden können. Von der einfachen Brandstiftung über Entführung bis hin zur sogenannten Wirtschaftskriminalität werden Vorgehensweisen, typische Ziele und teils auch Gründe, wieso ein Kartell zu dieser Art des Verbrechens greifen sollte, genannt. Hier taucht auch erstmals der alt bekannte „Shadowtalk“ auf. Die Kommentare der Runner werden hierbei im gewohnt makabren/witzigen Stil verwendet und sorgen wie früher für den einen oder anderen Schmunzler. Das Kapitel „Die großen Syndikate“ beschäftigt sich mit den schon genannten Personen auf dem Cover. Die hier vorgestellten sind unter anderem die bekanntesten, aber auch die meist verbreitesten, sowohl national als auch international: die Yakuza, Triaden, Vory v Zakone und die Geisterkartelle Südamerikas. Die Informationen zu den Kartellen sind pragmatisch gestaffelt, der Leser erfährt viel über die jeweilige Organisation, deren Geschichte, Aufbau und Infrastruktur. Typische illegale Geschäfte der Kartelle werden ebenso behandelt, wie deren Traditionen und Riten. Auf den darauf folgenden Seiten werden zum Teil lokale, kleinere Gruppen „abgefertigt“. Im Vergleich zu den vier großen Kartellen wirkt deren Beschreibung etwas lieblos und wie ein nachträglicher Lückenfüller. Man bekommt einige Informationen über die derzeit aktuelle Lage der Gruppe und deren territoriale Ausbreitung sowie deren Entstehungsgeschichte. Inwiefern diese auch der Wahrheit entspricht (sei es eine „reale“ Gruppierung oder eine aus dem Shadowrun Universum bekannte) hat sich mir verschlossen, da hierbei detaillierte Kenntnisse erforderlich gewesen wären. An dieser Stelle wurde viel Platz darauf verschwendet warum eine Gruppierung wo und aus welchen Gründen aktiv ist. Angenehmer wäre es gewesen mehr Informationen über die Anführer, eventuell die Ressourcen und die Mitglieder zu erhalten. Die Informationen über den Aufbau einer Gruppierung und ihre Rekrutierungsvorgänge sind zwar ganz nett, aber bei weitem nicht das, was ich mir gewünscht hätte und auch nicht ausreichend, um ordentlich damit arbeiten zu können. Der folgende Abschnitt über die Gangs wiederum entschädigt den Leser mehr ausreichend. Auf fast 60 Seiten werden Gangs verschiedener Schichten und Einflussgrade sowie deren illegale Machenschaften aufs Korn genommen. Deren Aufnahmerituale und Initiationsriten sowie die kulturelle Herkunft und der Aufbau der jeweiligen Gang. Die Bedeutung der Mitgliedschaft für ein Individuum und für das Kollektiv und das genutzte Rangfolgesystem. All diese Informationen werden dem Leser durch Nennung diverser Beispielgangs deutlich gemacht. Diese wurden nach Einfluss und nationaler und, wenn vorhanden, internationaler Macht geordnet. Positiv überrascht war ich von den Informationen über diverse Hacker und Deckergruppen, die in der Matrix operieren und deren Beschreibung, was solch eine Gruppierung von einer normalen unterscheidet. Ein negativer Kritikpunkt für mich ist auch an dieser Stelle, dass mir die genannten Gruppierungen, trotz jahrelanger Shadowrun Erfahrung, gar nichts sagen. Es wäre besser gewesen bekannte Namen zu verwenden und diese für die Spielwelt anzupassen. Die angepriesenen anderen Organisationen, die die restlichen Seiten des Kapitels füllen, stellen sich schnell als interessant aber falsch deklariert heraus. Die Rede ist von Organhändlern, Crackerz und Go-Gangs. Was meiner Meinung nach aber keine anderen Gruppierungen sind, sondern „Aktivposten“ der bereits genannten. Dennoch, Shadowrun wäre nicht Shadowrun, wenn es hier nicht auch gelingen würde ein großes Interesse zu erzielen und so lernt man schnell alles über das Vorgehen und die Beschaffung von Organen, die Geschichte des Organhandels und die Überschneidung des Legalen und Illegalen in der Welt des Organhandels. (Wirklich schön: Die Bestellmöglichkeiten bei illegalen Lieferanten, die sich in einem online-Auktionshaus organisiert haben. Ebay 3.01?)
Ein weiterer interessanter Punkt des Quellenbuchs ist eine Auflistung der meistgesuchten Verbrecher und die damit verbundenen Informationen mit denen sich spielend ganze Kampagnen aufziehen lassen. Erhält der Spielleiter doch unter anderem Informationen über den Vor- und Zunamen, verwendete Decknamen, die Verbrechen und der Hintergrund eines Übeltäters. Ein besonderes Bonbon stellt das psychologische Profil dar, das sich durchaus gut recherchiert „anhört“. Eben das hätte ich mir auch für die Anführer gewisser Kartelle und Gangs gewünscht. Der Abschluss des Quellenbandes beschäftigt sich mit der anderen Seite, den Gesetzhütern, ob diese nun staatlicher oder privater Natur sind. Es wird auf diverse Sicherheitsfirmen (bekannte wie „Knight Errant“), die Gesetze nach Lebensstilen und den Abschluss der Kontrakte mit diesen Mietbullen sowie deren Einsatztaktiken und Vorgehensweisen eingegangen. Aber auch auf bekannte Gesetzesvertreter aus der realen Welt wie Interpol. Was mich mit großer Freude erfüllt hat war das umfangreiche Hintergrundmaterial für die ADL. Die letzten Seiten beschäftigen sich eingehend mit dem Einfluss und der Verbreitung der genannten „Megakartelle“ in der ADL. Kennt man als Brennpunkt von Shadowrun doch sonst meist Seattle und die UCAS, stellt diese Darstellung der Shadowrunseite auf einem anderen Kontinent doch sicherlich auch ein breites deutsches Publikum zufrieden. Zu diesen Informationen zählen unter anderem die genauen Aktivitäten der Kartelle, aber auch die kleinkriminellen. Manche typisch für die ADL, wie zum Beispiel die Flusspiraten, andere altbekannt.
Fazit: Ein durchaus gutes Buch mit noch besseren Ansätzen. Natürlich gibt es auch in diesem Buch Schwachstellen, aber die findet man in jedem. Die Mischung aus realen und Shadowrun-Informationen ist mehr als gelungen und schon beim einfachen Durchsehen kann man sich in diese Welt hineinversetzen. Durch die Art und Weise wie das Quellenbuch seine Informationen preisgibt und vor allem durch die Thematik lässt es sich ohne Probleme auch in 2.01 oder 4.01 verwenden, wenn nicht sogar in grundlegend anderen Systemen. Natürlich wäre es schön gewesen, mehr über diverse Anführer und Mitglieder in Form von NSC´s zu lesen, aber wenn man das ganze Produkt überblickt ist das zu verschmerzen. Alles in allem ist das Buch eine Empfehlung an alle Shadowrun-Fans wert und nicht nur an solche, die Bücher ob der Vollständigkeit halber kaufen. Es stellt nicht nur einen Gewinn und ein Nachschlagewerk für eine Kampagne oder Spielrunde dar, nein, es kann sogar Aufhänger für diverse Gruppen und Kampagnen werden.
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