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Die Legende der scharlachroten Wolken 2 - Wie Blätter im Wind
Bewertung:
(3.7)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 13.12.2010
Autor:Saverio Tenuta (Autor und Zeichner)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Historisches Japan
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-140-5
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Zu Beginn des zweiten Bandes gibt es einen Blick zurück in die Vergangenheit und der Leser wird Zeuge der Geburt von Meiki. Es ist Yozeru, der Myobu bei der schwierigen Geburt hilft – doch der Kaiserschnitt rettet nur das Kind Meiki und Myobu stirbt, während Yozeru ihr eine alte Sage von einem kleinen Jungen erzählt, der sich im Winter verlaufen hat und von einem Wolf gerettet wurde.

 

Raido, der Unterschlupf bei Meiki im Haus der alten Jera Isegawa gefunden hat, geht es besser und er ist auf der Suche nach seiner Vergangenheit. Meiki verspricht ihm mit ihren Marionetten zu helfen – vielleicht können die alten Fabeln etwas mehr Licht in sein verdunkeltes Gedächtnis bringen. Yozeru Masa, der Schreiber des verstorbenen Totecu Fujiwara, ist nunmehr der Gefangene von Nobu Fudo und wird in den Verliesen des Kerkers verhört. Er soll den Aufenthaltsort von Meiki verraten, dem Mädchen, dem er einstmals geholfen hat zu fliehen, als Ryin befohlen hat, alle jungen Frauen auf dem Tempelweg zu versammeln und sie einem ungewissen Schicksal entgegen zu führen. Unter dem Einfluss von Drogen und nach den körperlichen Torturen bricht Yozeru endgültig zusammen und verrät das Versteck von Meiki und damit auch den Aufenthaltsort von Raido.

 

Drei Ninjas mit den klangvollen Namen „Der Dieb des Atems“, „Die rote Zunge“ und „Die langen Arme“ machen sich noch in derselben Nacht auf Befehl von Fudo auf den Weg zu dem Haus von Jera Isegawa, wo Meiki damit beschäftigt ist Reiko mit ihren Marionetten die Geschichte des finsteren Wolfes zu erzählen. Als alle im Haus schlafen, schlagen die Männer los, aber sie haben nicht mit der Gegenwehr von Raido gerechnet, der sich ihnen im Kampf stellt. Fast scheint es, als würden die Ninjas den Kampf gewinnen und können Meiki gefangen nehmen. In ihrem Hochmut erzählen sie Raido, sie würden im Auftrag von Fudo handeln und ihn sollen sie lebend zu ihm bringen, als die alte Isegawa mit einer Glocke Alarm schlägt. In einem Anfall von Raserei gelingt es Raido die Männer zu töten, doch wird in dem Handgemenge Isegawa schwer verletzt.

 

Von der im Sterben liegenden Isegawa erfährt Raido, dass sie die Anführerin der Rebellen ist, die sich gegen die Herrschaft der Shogunai Fujiwara Ryin stellen. Allerdings erfahren auch die anderen Männer, die sich im Haus von Isegawa eingefunden haben, dass der Fremde niemand geringeres als Raido Caym, ehemaliger erster General des verstorbenen Shogunai Totecu Fujiwara ist. Sie beschließen Yozeru aus dem Kerker des Schlosses zu befreien und Meiki soll ihnen den Weg durch die geheimen und verborgenen, unterirdischen Gänge zeigen. Doch es scheint, als habe man die Rebellen bereits erwartet und so entwickelt sich der Weg durch die Gänge zu einem mehr als gefährlichen Unterfangen, wobei Raido und Meiki feststellen müssen, dass sie scheinbar viel mehr verbindet, als ihnen bewusst ist.

 

Schreibstil & Artwork:

Saverio Tenuta wurde am 14.05.1969 in Rom in Italien geboren und ist auch dort aufgewachsen. Später graduierte er an der renommierten „Accademia di belle arti“ in Rom. Nach seinem Abschluss begann er zunächst als Kunstgraveur und Werbegraphiker zu arbeiten. Seine ersten Arbeiten im Bereich Comics waren Kurzgeschichten und einige Cover für verschiedene italienische Verlage, bei denen er unterschiedliche Techniken und verschiedene Stile einsetzte.

 

Unzufrieden mit seinem beruflichen Fortkommen, beschloss er sich zu spezialisieren und besuchte für ein Jahr die „Scuola Internazionale di Comics“, die unter der Leitung von Dino Caterini und dem künstlerischen Direktor Paolo Eleuteri Serpieri steht, wo er später selbst als Dozent Comic-Kurse geben sollte. Während dieser Zeit arbeitete Tenuta bereits mit einer ganzen Reihe von italienischen und amerikanischen Verlegern zusammen, darunter so namhafte wie Cierre (Arthur King), Universo (Intrepido), Tattilo (Playmen Comix), General Press (Il Corvo Presenta), RCS (2000 giorni al 2000) und Phoenix (Laida Odius und Italia XXIII Secolo). Für Phoenix veröffentlichte er gemeinsam mit dem Autor Otto Gabos auch seine erste Graphic-Novel „Cold Graze - Risvegli di Ghiaccio“.

 

Später entstanden durch die Zusammenarbeit mit amerikanischen Verlagen aber auch die Gestaltungen von beispielsweise Trading Cards, Tarot-Karten oder Cover-Illustrationen. Dank seiner Kurzgeschichten wurde Tenuta ein regelmäßiger Gast im Magazin „Heavy Metal“, allerdings fand auch der One-Shot „Dolls“, den er gemeinsam mit Autor Lorenzo Bartoli für den Verlag Sirius schuf, durchaus Beachtung. Mit einer seiner besten Arbeiten legte er für den DC Comic „JLA – Riddle of the Beast“ vor, wo er für die graphische Gestaltung eines alternativen Batman verantwortlich war.

 

Im Jahr 2004 begann seine Arbeit mit dem französischen Verlag Les Homanoïdes Associés für den er 2006 den ersten Band seiner Reihe „Die Legende der scharlachroten Wolken“ („La Légende des Nuées Écarlates”) vorlegte.

 

Nach dem von mir hochgelobten ersten Band der Reihe hat mich die Fortsetzung der Geschichte um den Ronin Raido ein wenig enttäuscht. Standen im ersten Band noch die mystisch-mysteriösen Hintergründe von Raido im Vordergrund, der seine Erinnerung verloren hatte und sich diese mühsam wieder erkämpft, so bietet der zweite Band mit seiner Mischung aus Rückblenden und Ausflügen ins Phantastische zwar viel sehenswertes, aber die Geschichte bleibt doch etwas kryptisch und als Leser weiß man nicht so genau, wohin sich diese seltsame aber anmutige Reise des Protagonisten, vor der verschneiten Landschaft eines mittelalterlichen Japans, entwickeln soll. Zwar gibt es auch einige Antworten in den Rückblicken, aber in diesem Band überwiegen doch einige sehr gut eingesetzte Spannungselemente (die nicht unbedingt zur Aufklärung beitragen) und nicht zuletzt gegen Ende einige opulente Kampfszenen.

 

Angesiedelt zwischen Manga und klassischem Comic hat diese Geschichte weiterhin viel Potential, selbst wenn man als interessierter Leser einige Versatzstücke aus etlichen anderen Stories und japanischen Animationsfilmen wiedererkennt. Ich hoffe, die manchmal durchschimmernde, erzählerische Schwäche des zweiten Bandes wird wieder durch die bereits unter Beweis gestellte, ausgewogene und stilsichere Kombination ersetzt, die Tenuta im ersten Band an den Tag gelegt und die seiner Erzählung etwas besonderes verliehen hat.

 

Selbst wenn der zweite Band mit seiner Geschichte nicht unbedingt zur Gänze überzeugen kann, so weiß doch Newcomer Tenuta auch weiterhin durch sein grandioses zeichnerisches Talent zu überzeugen. Es ist wiederum die Mischung aus ruhigen, fast meditativen Bildern, die sich mit spannungsgeladenen Zeichnungen von Kämpfen abwechseln und den Leser in einen Rausch von hervorragend Sequenzen führt. Zwar erscheinen auch weiterhin einige Szenen etwas statisch und hier und da gibt es auch kleinere zeichnerische Patzer, aber insgesamt befällt mich nach wie vor das Gefühl alte japanische Farbholzschnitte zu betrachten, insbesondere wenn ich die sehr intensive aber ausgewogene Kolorierung in Betracht ziehe, bei natürlich Rot und Weiß weiterhin die dominierenden Farben sind.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Fast ist es schon müßig den hohen Qualitätsstandard der Produkte des Splitter-Verlages zu loben. Auch hier gibt es wieder einen solide verarbeiteten Hardcoverband mit Fadenheftung, der sowohl im klaren Druckbild als auch in seiner Übersetzung von Tanja Krämling zu überzeugen weiß. In Sachen Ausstattung gibt es bislang in dieser Reihe allerdings keine Extras, was ich angesichts des Talentes von Tenuta sehr bedauerlich finde, hier hätte ich nur zu gerne einen Blick auf den Skizzenblock geworfen oder vielleicht noch andere Sachen gesehen. Wie bereits im ersten Band gibt es allerdings ein Namensregister der wichtigsten Akteure, so dass man als Leser die japanischen Namen einfacher zuordnen kann.

 

Fazit:

Bei allen kritisierten Schwächen dieses zweiten Bandes bleibt die Geschichte doch ungewöhnlich und faszinierend und so dürfte meine vorgebrachte Kritik auch als Jammern auf sehr hohem Niveau betrachtet werden. Zwar hat Saverio Tenuta in diesem Band scheinbar einige Probleme seinem eigenen roten Faden durch die Geschichte zu folgen, doch macht er dies mit einem gerüttelt Maß an Phantastik seiner auch weiterhin fast poetisch anmutenden Geschichte wieder Wett, die immer wieder von Gewalt und Blut durchzogen wird, ohne dabei niveaulos zu werden.

 

Man muss nicht unbedingt eine Vorliebe für japanische Settings haben, um Gefallen an diesem Band zu finden, in dem westliche Zeichenkunst vortreffliche Bilder eines fiktiven mittelalterlichen Japans liefert. Man bekommt von Tenuta eine spannende Geschichte geliefert, die in ihren Handlungen nicht immer rational nachvollziehbar ist. Aber vielleicht ist es auch der Mangel an westlichem Einfühlungsvermögen in fernöstliche Gepflogenheiten, die mich manchmal über die Entwicklung den Kopf hat schütteln lassen. Etwas schwächer als der fulminante Auftakt im ersten Band, habe ich aber dennoch Gefallen an dieser Reihe gefunden und hoffe auf Besserung in den beiden letzten Bänden der Reihe.

 

Diese Reihe dürfte nicht unbedingt etwas für jeden Leser sein, aber sie ist alleine schon wegen ihrer graphischen Gestaltung einen Blick wert und aus meiner Sicht durchaus eine Kaufempfehlung!