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Götterdämmerung 2 - Siegfried
Bewertung:
(3.3)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 28.12.2010
Autor:Nicolas Jarry (Szenario) und Djief (Zeichnungen)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fantasy
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-133-7
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Zu Beginn folgt der Leser Wotan, der alleine seinen Gedanken nachhängt und in beeindruckenden Bildern einen Blick zurück auf die Geschichte der Entstehung der Welt und der Götter wirft – doch es ist der Ring, dessen eisiger Biss an seinem Herzen zerrt und für den er so viel geopfert hat.

 

Nach dem Tod ihres Bruders und Geliebten Siegmund hat man Sieglinde auf eine abgelegene Insel gebracht, wo sie nunmehr in einem kleinen Dorf lebt und auf die Geburt ihres Kindes wartet. Vor Urzeiten herrschten über den Landstrich allerdings die Nibelungen, welche die Menschen versklavten. Im Kampf gegen einen gewaltigen Drachen werden die Nibelungen aber tödlich geschlagen, ihre Macht gebrochen und die Menschen gewannen die Überhand im Land – so viel zu den uralten Legenden, die sich abends am Feuer erzählt werden. Allerdings überlebte Mime, der berühmte Anführer der Nibelungen, die Schlacht gegen den Drachen und lebt seit dieser Zeit als Eremit in der alten und verfallenen Feste der Nibelungen. Die Menschen wissen um seine Anwesenheit, aber sie meiden ihn, ebenso wie Mime den Menschen aus dem Weg geht.

 

Es droht jedoch Gefahr, als die finsteren Horden aus Jotunheim, dem Land der Riesen, über die Dörfer und Menschen des verschneiten Landstriches herfallen und eine furchtbare Spur der Verwüstung hinter sich her ziehen. Während die Männer sich auf den Weg machen, um die Horden in einem scheinbar aussichtslosen Kampf zu besiegen, schickt sich die hochschwangere Sieglinde an, die Dorfbewohner auf ihre Art zu retten. Sie sollen sich in der alten Festung der Nibelungen verschanzen.

 

Aber auch die Götter sind nicht untätig und so mischt sich der durchtriebene Loge in das Geschehen ein und überzeugt Mime in einer Vision seines toten Bruders Alberich davon den Ring von Fafnir zurück zu bekommen. Das Mittel um den mächtigen Drachen zu besiegen trägt Sieglinde unter ihrem Herz – das noch ungeborene Kind, der Erbe von Wotans Feuer.

 

Und so schicken sich die Horden an, die Zitadelle zu überrennen und Mime versucht das Kind von Sieglinde in seine Hände zu bekommen.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor Nicolas Jarry wurde am 19.06.1976 in Rosny-sous-Bois, einem Vorort von Paris, in Frankreich geboren und wandert als Szenarist für Comics sowie als klassischer Romanautor zwischen den beiden Genres. Seine erste große Romanproduktion hieß „Les Chroniques d'un guerrier Sînamm“, ein drei Bände umfassender Fantasy-Zyklus, der zwischen 2000 und 2001 bei Editions Mnémos erschien. Beim renommierten „Festival du Film Fantastique“ in Brüssel lernte er Jean-Luc Istin kennen, mit dem der für den Verlag Soleil ab 2003 die Reihe „Les Brumes d'Asceltis“ und später „Les exilés d'Asceltis“ schuf.

 

Gemeinsam mit Autor France Richemond schrieb er an den beiden Bänden „Sphinx“ und „Le peuple de la mer“, zusammen eine historisch-mythologische Saga, die im Verlag Rocher veröffentlicht wurde. Als Autor war er unter anderem aber auch an dem Band „L'essayeur des anneaux“ (dt. „Die Mär der Ringe“; Epsilon Verlag) beteiligt, der 2003 bei dem Verlag Delcourt erschien und die Geschichte von Tolkiens „Herr der Ringe“ satirisch aufs Korn nimmt, als auch an der Fantasy-Reihe „Les Contes de Brocéliande“, die seit 2004 als Comic im Verlag Soleil erscheint. Überaus umtriebig folgte 2003 die Reihe „Les Chroniques de Magon“ und 2005 der One-Shot „Maxime Murène“ für den Verlag Delcourt. Seine erste Zusammenarbeit mit Djief war bereits 2006 für den ersten Band von „Tokyo Ghost“.

 

Mit seiner Interpretation des klassischen Stoffes der Nibelungensaga präsentiert Nicolas Jarry ein recht modernes und eher an Fantasy gemahnendes Szenario, welches nicht unbedingt die klassischen Klischees, die man vielleicht mit Richard Wagner und dessen Bühnenfassung assoziiert, bedient. Nachdem er im ersten Band (hier lasse ich mal das Prequel „Der Fluch des Rings“ von Jean-Luc Istin und Gwendal Lemercier, der als Band 0 der Reihe erschien, außen vor) die zahlreichen Akteure, insbesondere die Welt der Götter, in Position gebracht hat, widmet er sich nunmehr mit etwas mehr Zeit und Muße seinen menschlichen Protagonisten, was der Geschichte recht gut bekommt, allerdings manchmal auch etwas langatmig ist. Und so fehlt auch diesem zweiten Band der rechte Schwung, da sich Jarry zwar redlich bemüht die Geschichte mit zahlreichen, interessanten Details aus der Welt der nordischen Mythen und Götter anzureichern, es ihm aber nicht so recht gelingen mag, seinen Akteuren – trotz aller Zeit – genügend überzeugende Tiefe zu verleihen und sie etwas blass und ziellos in dem Ränkespiel der Götter wirken.

 

Der Kanadier Jean-François Bergeron, er dürfte dem Leser wahrscheinlich besser unter seinem Künstlernamen “Djief “ bekannt sein, wurde am 07.07.1971 in LaSalle (Québec) geboren.

Von Beruf eigentlich Experte für Computer-Graphiken im 2D- und 3D-Bereich und Designer für Videogames, der lediglich in seiner Freizeit im Comic-Bereich arbeitete, hatte er 1989 sein Debüt in der neunten Kunst anlässlich eines Austauschs von kanadischen und belgischen Künstlern, die an dem Album „Villa Versa“ (Éditions Papyrus) arbeiteten. Zu seiner großen Überraschung gewann er hierfür 1990 in Charleroi (Belgien) einen Preis anlässlich des „6ième Concours International de Bande Dessinée“ und weitere Arbeiten im Comicbereich sollten folgen: Er arbeitete an den Alben „Ecran d'Arrêt“ und „Rêves“ mit, illustrierte einige kürzere Szenarios von André-Philippe Côté, zeichnete 1993 „La Voyante“ für den Verlag Falardeau und gründete mit seinen Freunden Éric Asselin und Philippe Girard das Comic-Fanzine „Tabasko!“.

 

Begeistert von moderner Technologie arbeitete er 2002 wieder mit André-Philippe Côté an dem Multimedia-Comic „L'Oreille Coupée“. Seit 2002 arbeitet er auch gemeinsam mit Szenarist Alcante (Didier Swysen) gelegentlich für das Comic-Magazin „Spirou“. 2005 wurde er Vollzeitmitarbeiter als Illustrator bei „Studio Grafiksismik“, einem Künstlerkollektiv in Quebec, welches sowohl im Bereich Comics als auch Animation, Videospiele und Filmbereich tätig ist. Allerdings arbeitet Djief seit 2006 als Freelancer weiter und produziert vorwiegend Zeichnungen für französischsprachige Comics in Europa, unter anderem für Soleil, aber auch für Glénat.

 

Die Bilder von Dijef sind durchgehend von guter Qualität und er hat einen sicheren und ausdrucksstarken Stil – aber für ihn gilt ähnliches wie für Nicolas Jarry: Irgendetwas scheint zu fehlen, um diesen Bildern Kraft zu verleihen. Zwar gibt es, insbesondere zu Beginn, einige mehr als imposante Bilder, in denen Wotan gedankenverloren die Schöpfung der Welt vor seinem geistigen Auge Revue passieren lässt oder aber auch gelungene Kampfszenen, in denen sich tapfere Krieger den finsteren Horden aus Jotunheim entgegenwerfen, allerdings sind mir diese Bilder insgesamt auch weiterhin zu sauber, als dass sie nordische Mythologie, geschweige denn die Sage der Nibelungen transportieren.

Allerdings scheint sich Dijef nach einigen kleinen Problemen im ersten Band „eingearbeitet“ zu haben und so kommt er in diesem Band zeichnerisch langsam auf höheres Niveau. Seine bereits im letzten Band von mir gelobte Koloration weiß erneut durch ihre erdigen und gedeckten Farben zu überzeugen, wobei es diesmal auch reichlich Schnee gibt, der mit seiner Schattierung optisch zu überzeugen weiß.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität liefert der Splitter Verlag seinem Kunden wie immer einen Hardcoverband mit solider Fadenheftung, der durch seine einwandfreie Druckqualität besticht. In Sachen Ausstattung gibt es in diesem Band leider keine zusätzliche Zeichnungen und Erklärungen zu einigen Personen – hier muss man schon den Anhang im ersten Band nutzen, falls man den Überblick verlieren sollte. Die tadellose Übersetzung stammt wiederum von Tanja Krämling.

 

Fazit:

Leider konnte mich dieser Band nicht vollends überzeugen, hatte ich mir doch bei dem zugrunde liegenden Stoff doch eine wesentlich düstere Mischung aus Versatzstücken von Wagner und nordischer Mythologie gewünscht. Lässt man allerdings diese eigene und sehr persönliche Meinung außer Acht, so liefern Jarry und Dijef objektiv eine sehr eigene und recht moderne Interpretation des „Nibelungenliedes“ und plündern dabei ungeniert den vorhandenen Fundus an Sagen, Erzählungen und anderen Überlieferungen, um ihn in die Moderne zu transportieren. Was dabei entsteht – und sich auf insgesamt sieben Bände in dieser Reihe hinziehen soll – ist sehr angenehm gestaltete Fantasy, die nordisch geprägt ist und trotz einiger Mängel durchaus zu unterhalten weiß.

 

Diese Reihe scheint sich Zeit zu nehmen und so darf man sich auch nicht wundern, wenn dieser Band „Siegfried“ heißt und dieser später überaus wichtige Protagonist aber erst gegen Ende dieses Bandes auf die Welt kommt. Doch ungeachtet dessen dreht sich der Reige n der Akteure mit ihren Intrigen, Machenschaften und Liebeleien weiter, insbesondere was die Welt der Götter angeht.

 

Handwerklich ist dieser Band auf jeden Fall eine absolut solide Leistung, die sicherlich einige Schwächen aufweist, aber auch mit einigen schönen Bildern und einigen schön arrangierten Panels von Djief entschädigt, der sichtlich anfängt sich in diesem Kosmos wohl zu fühlen. Wer also seine Freude an einer recht modernen und unkomplizierten Adaption dieses Sagen-Stoffes hat (die auch keinerlei Vorkenntnisse benötigt) dürfte bei dieser Interpretation uneingeschränkt auf seine Kosten kommen; wer allerdings düstere Mythen mit charismatischen Helden vor dem Hintergrund einer nordischen Götterwelt sucht, der könnte unter Umständen von diesem Band ein wenig enttäuscht sein.