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Hellboy 11 - Der Krumme
Bewertung:
(4.2)
Von: Gordon Gurray
Alias: Talamar
Am: 03.01.2011
Autor:Autor: Mike Mignola, Zeichner: Mike Mignola, Richard Corben, Duncan Fegredo, Joshua Dysart, Guy Davis, Farbe; Dave Stewart
Übersetzer:Frank Neubauer
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Hellboy / Mignolaverse
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-78-6
Inhalt:192 Seiten, Hardcover, DinA5,
Preis:22,00 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

In den Appalachen trifft Hellboy auf einen jungen Mann, der seine Seele dem Teufel verpfändet hat. An der amerikanischen Atlantikküste muss sich der dämonische Ermittler mit einem kopflosen Piraten – kein geringerer als Blackbeard höchstpersönlich – herumschlagen, der auf der Suche nach seinem Kopf ist. In Portugal bekommt es Hellboy mit einer vorbiblischen Gottheit zu tun, die eine alte Kapelle und einen Künstler heimsucht und in zwei weiteren Geschichten erfahren wir mehr über die russische Folklore, spezieller über Koschej und die Baba Jaga.

 

Schreibstil & Artwork:

Der elfte Band der deutschen Hellboy-Hardcover-Reihe bildet einen Übergangsband, denn der eigentliche Plot um Hellboy und Co in der Gegenwart, der in den beiden vorigen Bänden „Ruf der Finsternis“ und „Die wilde Jagd“ begonnen wurde, wird erst im nächsten Jahr mit „Der Sturm“ weitergeführt.

Im vorliegenden Band gibt es eine Handvoll Kurzgeschichten aus dem „Mignolaverse“, die einige neue Erkenntnisse zu bekannten Charakteren offenbaren und/oder Abenteuer aus Hellboys Vergangenheit erzählen. Den Anfang macht die (eigentliche dreiteilige) Titelstory „Der Krumme“, die 2009 den Eisner-Award als „Beste Mini-Serie“ gewann und das durchaus zu recht, denn die gruselige Erzählung um einen jungen Mann in den Appalachen, der seine Seele dem Teufel verkauft hat, weiß vom ersten Panel an zu fesseln. Die Geschichte spielt in 1958, also nicht allzu lange nachdem Hellboy überhaupt auf der Erde aufgetaucht ist und noch viel kürzer nachdem der Höllenjunge erwachsen geworden ist. „Der Krumme“ weist dabei spürbar diesen typischen Mignola-Ton auf, was kein Wunder ist, denn der Hellboy-Erfinder hat diese Story natürlich auch selbst verfasst. Nur bei den Artworks war er selbst nicht tätig - von den sechs Geschichten im Buch, hat Mignola selbst nur eine einzige selbst gezeichnet, aber alle geschrieben. Zu den Artworks aber später mehr.

„Der Krumme“ ist eine wirklich umwerfend gute Hellboy-Story, aber auch die folgenden Kurzgeschichten im Band haben es in sich. „Die in Schiffen übers Meer fahren“ ist im Zuge des Piraten-Booms vor ein paar Jahren entstanden und erzählt über den untoten Blackbeard, der nach seit Jahrhunderten nach seinem Kopf sucht. Natürlich interveniert Hellboy hier, als Blackbeard seinem Ziel nahe kommt. Gute und spannende Geschichte, vor allem dann, wenn man die Piraten-Thematik mag – allerdings sollte man hier kein „Fluch der Karibik“ erwarten, sondern eine deutlich blutigere und grausigere Geschichte.

„Die Kapelle von Moloch“ spielt in Portugal und dreht sich um eine alte Gottheit. In meinen Augen die schwächste Geschichte des Bandes, dennoch aber keine Schlechte und doch bekommt sie direkt einen Bonus, da sie die einzige Story ist, die von Mignola gezeichnet wurde. „Das Mal“ ist eine extrem kurze Story, die aber eine hervorragende Pointe aufweisen kann und vielleicht sogar etwas zeigt, das in Hellboys Zukunft noch eine gewichtige Rolle spielen könnte.

Die letzten beiden Kurzgeschichten, gezeichnet von Guy Davis (B.U.A.P.), spielen zwar im Hellboy-Universum, der rote Held ist hier aber nicht zu sehen, denn die Stories erzählen aus der russischen Folklore. Zum Einen gibt es die Entstehungsgeschichte von Koschej (siehe unter anderem „Hellboy 4 – Sarg in Ketten“ und „Hellboy 9 – Ruf der Finsternis“), der zunächst ein sehr gnadenvoller Soldat gewesen war und erst durch widere Umstände zu dem seelen- und gnadenlosen Monster geworden ist, mit dem Hellboy es später zu tun bekommt. Und auch die Baba Jaga wird hier kurz behandelt und eine kleine Episode zeigt ein einschlägiges Ereignis aus ihrem Dasein, das Auswirkungen auf ihr späteres Verhalten hat.

Alle Stories sind hervorragend erzählt und wissen auf die eine oder andere Weise zu fesseln. Es ist zwar schade, dass der eigentliche Plot um Hellboy in diesem Band noch nicht weitergeführt wird, aber zumindest kann diese Kurzgeschichten-Sammlung die Wartezeit verkürzen. So oder so treffen die Stories hier das Hellboy-Flair auf den Punkt – was kein Wunder ist, denn Mignola selbst hat sie ja geschrieben.

 

Allerdings lassen die Artworks einen teilweise etwas bitterem Beigeschmack zurück. Das liegt vielleicht aber auch an meinem persönlichen Geschmack und an der Tatsache, dass ich finde, das nur Mignola selbst Hellboy genauso zeichnen kann, wie die Comicserie sein sollte. Im vorliegenden Falle – ich hatte es bereits oben erwähnt – sind verschiedene Zeichner für die verschiedenen Kurzgeschichten verantwortlich und das ergibt zum Einen ein Sammelsurium an unterschiedlichen Stilen, zum Anderen aber auch eine fehlende Konsistenz, auch wenn die Stile für sich gesehen, durchaus gut sind. Vor allem stören mich hier die Stile, die sehr weit von Mingolas Art zu zeichnen entfernt sind, wie beispielsweise der von Richard Corben in „der Krumme“. Corbens Artworks mochte ich persönlich noch nie, denn sie wirken mir zu puppenhaft und zu grob (ich mochte zum Beispiel Bigfoot von Corben schon nicht). Auch wenn die Story mit einem Eisner Award ausgezeichnet wurde, so finde ich, das Corben der absolut falsche Zeichner für Hellboy ist. Aber damit steh ich wohl allein auf weiter Flur.

Richtig gut sind hingegen die Illustrationen von Guy Davis, der Mignolas Stil schon sehr ähnlich ist, aber dennoch sein eigenes gewisses etwas aufweisen kann und die von Duncan Fegredo. Diese beiden Künstler arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip wie Mignola, nämlich nach dem weniger-ist-mehr Prinzip.

 

Was gibt es sonst noch zu sagen?

Für diese deutsche Ausgabe wurden ein paar Extraseiten angefertigt, die es so noch nicht gegeben hat. Außerdem gibt es zu jeder Geschichte ein Vorwort von Mignola (mit Ausnahme einer Story, da springen die Jungs von Cross-Cult in die Bresche), bei dem der Autor davon erzählt, wie und wo es zu der jeweiligen Geschichte kam. Dabei plaudert der Hellboy-Vater oft aus dem Nähkästchen und zeigt auch, das oftmals sehr persönliche Ereignisse die Grundsteine für die Stories bilden.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Verlags- und Serienüblich kommt der Band im DinA5-Hardcover und lässt aus qualitativer Sicht keine Wünsche offen. Auch Übersetzung und Lektorat erscheinen gut und solide. Extras gibt es in Form eines ausgiebigen Vorworts von Gahan Wilson, einem renommierten amerikanischen Zeichner und Karikaturisten, und einem umfangreichen Sketchbook, sowie ein paar ultraschicke Cover-Artworks.

 

Fazit:

Zack, der nächste Hellboy-Streich. Auch wenn in „der Krumme“ die in den vorigen Bänden begonnen Ereignisse noch nicht weitergesponnen werden, sondern der elfte Band „nur“ eine Sammlung an Kurzgeschichten ist, hat es das Buch in sich und überzeugt auf ganzer Linie. Die sechs Geschichten bieten tiefe Einblicke in das Mignolaverse, beleuchten ein paar sehr interessante Abenteuer/Ereignisse in Hellboys Leben und gehen auch auf zwei seiner Erzfeinde näher ein. Die Stories sind allesamt enorm spannend und haben dieses typische, ein wenig bedrückende, Hellboy-Feeling und die gruselige, Gänsehaut erzeugende Atmosphäre, die man von dieser Reihe kennt und weswegen man sie wohl schätzen gelernt hat. Zwar sind die meisten der Geschichten nicht von Mignola selbst gezeichnet (geschrieben wurde sie aber alle von ihm) – was mehr als schade ist – aber die meisten Stile sind vollkommen okay und kommen nah an Mignolas Illustrationen heran. Dennoch bleibt ein leicht fader Nachgeschmack, denn eigentlich will man bei Hellboy eben auch Mignolas meisterhaft gezeichnete Schattenspiele sehen. Deswegen gibt es auch einen ganz kleinen Punktabzug.

„Der Krumme“ fügt sich aber trotzdem nahtlos in die Hellboy-Reihe ein und schenkt dem Leser neue Einblicke und Blickwinkel. Ein tolles Zwischenspiel, das in keinem Regal fehlen darf. Super!