Links zur Rezension Vorwort:Axt und Hammer! Die Legenden sagen, die Zwerge seien aus den Funken von Torags Hammer geboren worden, als dieser die Hiebe schlug, die die Welt schmiedeten.
Die Zwerge Golarions ist ein Handbuch, welches die kurzbeinige Rasse für die phantastische Welt Golarions aus der Feder des feinen Verlages Paizo vorstellt. Das Handbuch wurde von Mario Truant produziert, Manfred Fischer übersetzt, Mario Schmiedel lektoriert und von Matthias Schäfer ge-layoutet. Ulisses Spiele ist der Verlag, der die deutsche Lizenz für das Pathfinder Regelwerk hält. Die Reihe der Handbücher stellt in der deutschen Übersetzung auf der einen Seite die verschiedenen Völker aus dem Grundregelwerk (Menschen, Zwerge, Elfen, Halblinge, Gnome, Halbelfen, Halborks) des Kontinents vor, als auch fünf große Länder (Cheliax, Taldor, Andoran, Osirion, Qadira). Noch sind beileibe nicht alle Handbücher auf Deutsch erschienen, aber wenden wir uns nun den standfesten Zwergen zu.
Ersteindruck:Das Handbuch ist ein zweiunddreißigseitiges Softcover, welches vollfarbig und in vernünftiger Qualität daherkommt. Die Bindung ist fest und unempfindlich getackert. Leider leiden die Ecken des Buches schnell, wenn man es nicht äußerst sorgsam transportiert. Das Cover ist hochglänzend und zeigt vier Zwerge, welche einen Feuerriesen, einen ausgemachten Feind des kleinen Volkes, attackieren. Die Innenseite des Kartons ist matt und zeigt auf der ersten Seite sowohl die Volksmerkmale der Zwerge, als auch eine kleine Tabelle mit den für Zwerge typischen Göttern. Eine sinnvolle und übersichtliche Hilfe. Die letzte Seite zeigt eine Karte des Zwergenkönigreiches „Die Fünfkönigsberge“, welche in einem, für Pathfinderprodukte, ungewöhnlich rauen und abstrakten Stil gehalten ist. Vielleicht soll sie einen zwergischen Stil darstellen, dennoch ist man von Rob Lazarretti deutlich besseres Material gewohnt. Die Seiten des dünnen Buches sind seidenglänzend und von guter Qualität. Hier hat Ulisses definitiv auf die vielen Rufe der Fans aus diversen Medien gehört und fühlbar nachgebessert. Kleiner Wermutstropfen sind die vielen Fingerabdrücke, welche man unübersehbar hinterlässt. Die Bebilderung ist durchweg gelungen und fängt das zwergische Flair Golarions recht gut ein. Ebenso sind die Überschriften in einer kantigen Schriftart sehr passend für das Völkchen ausgewählt.
Der Inhalt des Buches:Das Buch beinhaltet folgende 8 Kapitel:
I: Die Zwerge Golarions, 8 Seiten II: Zwergische Wesenszüge, 2 Seiten III: Die Fünfkönigsberge, 8 Seiten IV: Kampf: Axt, Jette und Hammer, 2 Seiten V: Glaube: Die Kinder Torags, 2 Seiten VI: Magie: Zauber der Zwerge, 2 Seiten VII: Persönlichkeiten: Götter und Anhänger, 4 Seiten VIII: Gesellschaft: Bärte, Bier und Handwerk, 2 Seiten
Das Inhaltsverzeichnis und Werbung für andere Pathfinderprodukte, sowie der OGL stellen auch noch einmal zwei Seiten des Buches.
Die Zwerge Golarions:Es wird in unspektakulärer Manier das Wesen, die körperlichen, wie auch geistigen Eigenschaften, sowie die Lebensart von Zwergen erzählt. Hier sind wir schon bei einem kleinen Manko des Buches angekommen. Zum einen wird über die Sinne, die Ernährung und Co berichtet, doch wirkt das Erzählte wie eine in Schriftform festgehaltene Beschreibung der Regelseite der Zwerge. Zwerge besitzen – für Menschen untypische - Fähigkeiten und diese werden kurz umrissen und bieten wenig Neues für einen erfahrenen Spielleiter. Das Regelseitige wird zwar nicht in Werten erklärt, aber etwas zu kühl und trocken beschrieben. Die Geschichte der Zwerge wiederum bietet einen schönen Einblick in die Entwicklung der Zwerge, die nur noch ein Schatten ihrer Selbst darstellen. Die Geschichte ist innovativ und lässt sich ebenso schön in laufende Kampagnen integrieren, die außerhalb Golarions angesiedelt sind. Auch wird kurz über die zwergische Tradition und Kultur referiert, was sich natürlich gut am Tisch umsetzen lässt und für Tiefe im Spiel eines entsprechenden Charakters sorgen kann. Ich hatte sofort diverse Abenteuerideen für eine Zwergenkampagne, oder zumindest eine Kampagne, welche sich auf zwergischem Gebiet abspielt. Ein großer Pluspunkt. Denn genau diese Inspiration suche ich in Büchern. Alles in allem ein lesenswertes Kapitel, welches ich einem Spielleiter aber nur bedingt empfehlen kann. Zu meiner Meinung über diese Art von Ergänzungsbänden aber im Fazit mehr.
Zwergische Wesenszüge:Eigentlich ist dies ein Unterkapitel zum ersten, großen Kapitel. Hier bekommen wir Regelseitiges geboten. Die Wesenszüge sind für das System Pathfinder so etwas wie halbe Talente. Die Wesenszüge bekommen Charaktere bei ihrer Erschaffung vom SL gewährt, wenn er den Spielern zum Einen etwas mehr Macht geben möchte und zum Anderen, um die Charaktere auch auf der Regelebene in die Welt Golarion einzubetten. Die Wesenszüge (im Englischen „traits“) sind unterteilt in die Kategorien Volk, Religion und Magie. Passend zu den unterschiedlichen Berufungen der Charaktere kann man sich schöne kleine Boni aussuchen, welche zudem –ein schöner Zug, wie ich finde- in schöne Worte für den Hintergrund gekleidet wurden. Beispiel: „Erbarmungslos: Du zögerst niemals, jemandem den finalen Hieb zu verpassen. Du erhältst einen Wesenszugbonus von … auf …“ Die Boni sind zumeist kumulativ, da sie explizit als Wesenszugboni ausgeschrieben wurden und passen sich außerdem sehr gut in die Vorstellung ein, welche ich von Zwergen habe.
Die Fünfkönigsberge:Wie der Name des Kapitels vermuten lässt, wird hier das größte der zwergischen Königreiche Golarions ausführlich beschrieben. Sehr schön hier, dass der Spagat zwischen Ausführlichkeit und Raum für eigene Ideen geschafft wurde. Ein Sidebar erklärt die Fünfkönigreiche auf einen Blick in kurzen Stichpunkten, wie die Regierung, das Gelände, die Hauptstadt, weitere erwähnenswerte Ansiedlungen, die Sprache, die Religionen, sowie Import- als auch Exportgüter. Alles Wissenswerte auf einen kurzen Blick. Im Kapitel selbst werden eben diese Punkte ausführlicher dargelegt, ohne dem SL zu sehr in dessen eigener Kreativität einzuschränken. Dem einen mag es sauer aufstoßen, dass nicht alles en-detail beschrieben ist, dem anderen ist eben das der Segen. Die großen Zwergenstädte werden circa halbseitig abgehandelt, ihre Herrschaftsstruktur erklärt und der ein oder andere interessante Hintergrund beschrieben. Auch weitere Merkmale, wie die großen, gemeißelten Königsköpfe (den amerikanischen Präsidentenköpfen gleich), welche in die Flanken jener Berge geschlagen wurden, in denen diese Könige regier(t)en werden präsentiert. Sehr stimmiges Bild, welches durch ein nettes Artwork zu überzeugen weiß. Die Beziehungen zu den angrenzenden Ländern werden kurz beschrieben, was recht deutlich darlegt, wie Zwerge über ihre Nachbarn denken und in welchen Beziehungen sie zu diesen stehen. Für eine politische Kampagne ist das bisschen Material leider zu dürftig ausgefallen. Schließlich werden die Zwerge außerhalb der Fünfkönigreiche unter die Lupe genommen. Das mit der Lupe ist übrigens ein schlechter Witz, wie der Elf in unserer Gruppe unlängst feststellen durfte… Vereinzelt finden sich auch andernorts Zwergenreiche, Städte oder kleinere Ansiedlungen. Von typischen Einsiedlern bis hin zu kahlrasierten Wüstenmönchszwergen bietet Golarion doch etwas mehr, als den üblichen Sermon. Und ich bin dankbar, dass das Zwergenbild trotz allem recht kernig und knuffig geblieben ist. Wenn ich mich an Material zu Zwergen in anderen Systemen/Kampagnenwelten erinnere, wie zum Beispiel Midgard… *schüttel* Hier findet sich zum Abschluss noch ein lesenswerter Artikel zu den Himmelszitadellen, welche in der zwergischen Geschichte eine große Rolle spielen und auch in laufenden Kampagnen als Orte für große Abenteuer dienen können.
Kampf: Axt, Kette und HammerAuf zwei Seiten bekommt man Material fürs Grobe geboten. Kampfstile werden präsentiert, ebenso wie neue Talente und eine neue Zwergenwaffe. Die Erwartung an dieses, zugegeben etwas sehr kurz geratene Kapitel war sehr hoch, da der Kampf in meinem Empfinden für Zwerge etwas Besonderes ist, was sie auszeichnet und von anderen Völkern abheben sollte. Das ist hier nicht passiert, was sehr schade ist. Die zwei Seiten wirken etwas fade und lieblos.
Glaube: Die Kinder ToragsAuf zwei Seiten werden neun neue Zauber vorgestellt. Es sind allesamt Kleriker und Paladinzauber, welche gewissen Zwergengottheiten zugeordnet sind. Eine schöne Idee und zudem sind die Zauber selbst absolut spielenswert. Die Büchse der Pandora ist nicht dabei, aber durchaus nützlich.
Magie: Zauber der ZwergeAuf diesen beiden Seiten finden wir erneut neue Zauber. Warum man diese sechs weiteren Zauber von den anderen abtrennen sollte erschließt sich mir nicht. Zumal sich drei weitere Klerikersprüche darunter befinden. Ein neuer Zauber für Waldläufer und Druiden, sowie zwei Magier-, Hexenmeisterzauber runden dieses kurze Kapitel ab. Die Zauber sind wieder sehr nützlich, was eindeutig dem Wesen der Zwerge zuzuordnen sein muss.
Persönlichkeiten: Götter und AnhängerZuerst möchte ich sagen, dass ich die Übersetzung dieses Kapitelnamens recht unglücklich finde. Im Englischen Persona: Gods and Minions hätte ich mir eine passendere Kapitelüberschrift gewünscht. Aber gut, das sind Nebensächlichkeiten, es geht schließlich um den Inhalt. Es werden zuerst drei zwergische Persönlichkeiten vorgestellt, welche (in Gate-Sprache) sowohl mit Fluff, als auch mit Crunch aufwarten können. Das Bild einer Zwergenfrau ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber durchaus passend. Die drei Persönlichkeiten lassen sich hervorragend als Kontakte für Spielercharaktere nutzen. Die Werte haben einer ersten Prüfung stand gehalten und weisen keine offensichtlichen Schnitzer auf. Die letzte Seite ist den gängigen Zwergengöttern gewidmet. Neben den bekannten Göttern Golarions finden sich hier eine handvoll waschechter Zwergengötter, welche neben einem Titel auch einen kurzen Abriss über ihre Herkunft bieten. Torag wird beispielsweise „Der Allvater“ genannt und der Nemesis und Hauptgott der Duergar, Droskar, wird „Der Finstere Schmied“ betitelt. Etwas, das ich für Zwergengötter sehr passend finde, was sich aber auch im restlichen Pantheon Golarions wiederfindet. Nichtsdestotrotz sind die zwergischen Titel sehr… zwergisch eben.
Gesellschaft: Bier, Bärte und HandwerkEin Zwerg ohne Bart? Unvorstellbar! Frevel und schlimmer als der Tod selbst sein könnte. Auf einer guten Seite wird über die zwergische Barttradition referiert. Doch leider nehmen zwei magische Kleinodien recht viel des knapp bemessenen Platzes ein und was bleibt ist etwas enttäuschend. Ich erinnere mich gern an ein Buch über die Kunst der Bärtetracht aus dem Regal meines Vaters. Es hat mich, damals wie heute, sehr beeindruckt. Und ich hätte mir von einem Kapitel über zwergische Bärte mehr erhofft, als mickrige 36 Zeilen in diesem Buch. Ebenso wären ein paar Zeichnungen sehr wünschenswert gewesen. Nun gut, das Zwergenbier wird kurz beschrieben und drei bekanntere Sorten genauer beleuchtet. Die zwergische Handwerkskunst wird ebenfalls auf einer schmalen Spalte abgehandelt. Das mit Abstand enttäuschendste Kapitel in diesem Buch.
Fazit:An sich mag ich das Buch. Es ist kurzweilig geschrieben und bietet einen oberflächlichen, aber interessanten und gut strukturierten Einblick in die Lebensart der Zwerge Golarions. Ich hätte mir mehr Witz und Charme gewünscht. Witz und Charme im Stile eines Markus Heitz und seiner Hetzjagd der Zwerge durch das Geborgene Land. Das wird ebenso wenig geboten, wie ein tieferer Einblick in die für Zwerge typischen Merkmale jenseits von Werten und Waffen. Schade, dass dieses Potential ungenutzt bleibt. Das Buch wirkt trocken und humorlos. Die Eigenarten, Traditionen und Lebensweisen von Zwergen in den verschiedenen Reichen kamen mir etwas zu kurz und auch das mich persönlich enttäuschende Kapitel möchte ich noch einmal erwähnen. Die Quintessenz eines Zwergen ist weniger seine Axt, als sein Bart. Dass hier an Material gespart wurde, würde ich gerne mit einem saftigen Punktabzug quittieren. Doch das Gesamtbild des Bandes ist so gut, dass ich milde gestimmt wurde. Auffallend gut haben mir die Geschichte und die Beschreibung der Königreiche gefallen. Sie fügt sich nahtlos in die spannende und vielschichtige Geschichte der Welt Golarions ein und wirkt nicht fremd oder mit Gewalt künstlich eingepflanzt. Die Zwerge haben ihren Platz in der viele Jahrhunderte andauernden Geschichte. Die Qualität der Übersetzung ist größtenteils gut, das Artwork weiß zu gefallen und die Qualität des Produktes an sich ist spieltischtauglich.
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