Links zur Rezension InhaltGemeinsam mit dem Schnuffel Blauhorn macht sich Vei-Din auf den Weg in das Vertikale Reich, um zu Madalis zu gelangen. Allerdings werden sie von Borlan und seinen Häschern verfolgt, die ein Treffen von Vei-Din mit Madalis um jeden Preis verhindern wollen, und ihr Vorsprung ist nur knapp.
Madalis – die nunmehr als vertikale Kaiserin herrscht – arbeitet weiterhin an ihrem fast wahnwitzigen Plan, eine Kettenreaktion auszulösen, die alle Menschen im Turm miteinander verschmelzen lassen soll, so dass ein neues, unsterbliches Ganzes mit einem allumfassenden Bewusstsein entsteht. Vei-Din will Madalis aufhalten und ihrem Treiben ein Ende bereiten, doch dies ist nicht einfach. Madalis ist viel zu schlau, als dass sie nicht die Beweggründe von Vei-Din durchschaut. Der Versuch, zunächst an die Liebe seiner Gattin zu appellieren, überzeugt Madalis nicht. So ist es letztlich eine andere perfide List zu der Vei-Din mit Unterstützung der Schnuffel greifen muss, um das scheinbar unaufhaltsame Ende abzuwenden.
Doch auch Borlan ist nicht untätig und trifft auf den Kaiser, der sein Reich wieder haben möchte und andere einflussreiche Männer und Frauen, die dem Irrsinn von Madalis ein Ende bereiten wollen. Ein Ränkespiel um Macht und Einfluss geht in die alles entscheidende Phase und Vei-Din gerät in arge Bedrängnis, als er von den Verschwörern gefangen genommen wird. Doch die Dinge entwickeln sich ganz anders, als man es vielleicht geahnt hätte – selbst die Schnuffel zeigen am Ende dieses beeindruckenden Bandes, was eigentlich ihre Pläne sind.
Schreibstil & Artwork:Nicolas Fructus studierte an der renommierten Kunsthochschule Emile Cohl in Lyon und bewies nebenbei auch sein kreatives Talent im Design von Videospielen oder im Bereich der Filmanimation. Seit 1997 ist er künstlerischer Direktor der Firma „Arxel Tribe“, die neben der Entwicklung von Adventuregames zurzeit ein weiteres Standbein im Rollenspielbereich aufbaut.
Nicolas Fructus selbst dürfte zu den talentiertesten „Infographisten“ unserer Zeit zählen: Er hat eine Fülle von Illustrationen für Presse- und andere Printmedien entworfen, mit namhaften Künstlern wie z.B. Moebius bei der Umsetzung des PC-Games „Pilgrim“ oder Druillet bei „Ring“ zusammen gearbeitet, das Colouring des Comics „Bouncer“ an der Seite von François Boucq übernommen oder aber auch die Mitarbeit beim Bühnenbild und dem Figurendesign des Films „Arthur und die Minimoys“ übernommen.
Neben seinen zahlreichen beruflichen Verpflichtungen ist es Fructus nunmehr gelungen sowohl als Autor als auch Zeichner mit seiner Schöpfung „Thorinth“ endlich auch in Deutschland in Erscheinung zu treten. Er selbst hat sich mit diesem ambitionierten Erstlingswerk, dessen erster Band bereits 2002 in Frankreich erschienen ist, viel vorgenommen, wobei ihm die erste Herausforderung in Frankreich bereits gelungen ist, da der hoch geschätzte Verlag „Les Humanoides Associes“ diese Reihe verlegt hat. Die auf insgesamt fünf Bände ausgelegte Reihe liegt im Mutterland der frankobelgischen Comics bereits komplett vor und wird in Deutschland vom Splitter Verlag in einer hochwertigen Ausführung veröffentlicht.
Was zu Beginn noch aussieht, als wäre es lediglich eine Fortsetzung der Geschehnisse des vierten Bandes, entwickelt sich ziemlich schnell zu einem intensiven Ränkespiel der zahlreichen Akteure von Thorinth, und man sollte die Protagonisten gut im Gedächtnis haben, um der Geschichte folgen zu können. Bei allen präsentierten Bildern, Akteuren und Verschwörungen, so besitzt doch diese ganze Geschichte einen nicht zu leugnenden philosophischen Tiefgang, der sehr verwirrend und manchmal schwer nachzuvollziehen ist, aber man befindet sich ja schließlich auch im Narrenturm und Fructus bleibt bis zum Letzten seinem surrealen Stil treu.
Fructus gibt dem Leser zwar im letzten Band einige Antworten auf Fragen, die seit Langem im Raum stehen, aber eine richtige Auflösung der zum Teil seltsamen Geschehnisse findet auch diesmal nicht statt. Dies ist aber in diesem phantastischen Reigen mit seinem mehr als imposanten Schluss auch nicht schlimm, da Fructus ohnehin in diesem Band scheinbar jeglichen Bezug zur bislang noch vorherrschenden Realität fallen lässt und mit seiner Handlung zu einem fulminanten Rausch von Bildern und Text wird – da verzeiht man dem Autor auch einige vielleicht vermeintlich logische Fehler im Aufbau der Geschichte.
Als Zeichner weiß Fructus nach wie vor zu begeistern und zaubert großartige Bilder einer phantastischen Welt, die ihresgleichen sucht. Doch manchmal scheint es auch, als habe Fructus seine liebe Not mit der Darstellung seiner Akteure. So sind beispielsweise die Gesichter von Vei-Din und Madalis (aber auch einiger anderer Figuren) in ihrer Ausführung manchmal sehr unscharf geraten und nachlässig gearbeitet. Aber dieses Problem hatte ich bereits bei der Rezension der anderen Bände der Reihe zum Teil bemängelt. Doch steht dieses Manko im krassen Gegensatz zu den zum Teil großformatigen Panels, die zwar klassisch in ihrer Anordnung sind, in denen aber der Zeichner Fructus mit atemberaubenden Ideen und einer geradezu brillanten Ausführung bei der Gestaltung von Thorinth glänzt, die durch eine hervorragende Kolorierung unterstützt wird.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungAuch der letzte Band der Reihe steht in Sachen Qualität den bisherigen Bänden in nichts nach. In gewohnter Manier präsentiert der Splitter Verlag seinem Leser einen Band, bei dem weder die Optik noch die Qualität der Verarbeitung zu bemängeln ist. Auch dieser Band wurde von der von mir hoch geschätzten Tanja Krämling übersetzt und lässt sich angenehm lesen. In Sachen Ausstattung gibt es leider auch im letzten Band keinen Blick hinter die Kulissen von Thorinth oder Anmerkungen von Fructus zu seinem Werk – einzig eine großformatige Skizze am Anfang des Bandes gibt einen Eindruck vom handwerklichen Können Nicolas Fructus‘.
FazitMit seiner Reihe „Thorinth“ dürfte sich Fructus als Autor und Zeichner ganz klar in der Comic-Szene etabliert haben, hat er es doch geschafft, den Leser mit seiner Geschichte in einen Grenzbereich zu führen, in dem sich Realität und Fiktion zu einer ganz besonderen Mischung vereinen. Auch im letzten Band der Reihe wird Fructus nicht müde, den Leser mit immer neuen Bildern zu überraschen, während seine Geschichte allerdings einem nicht unbedingt befriedigenden Ende entgegensteuert. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber es sind lediglich die Bilder, die einen fulminanten Abschluss bilden und weniger der Inhalt. Hier hatte ich mir etwas mehr erhofft, da doch in den ersten vier Bänden der Reihe genügend Material für ein spektakuläres Ende angesammelt wurde. Erzählerisch bleibt Fructus in diesem Band hinter seinen bisherigen Möglichkeiten zurück und fast hat man das Gefühl, als habe er Eile gehabt, das Konzept dieses Bandes so rasch wie möglich zu Papier zu bringen.
Trotz aller Kritik möchte ich an dieser Stelle aber ein großes Lob für diese Reihe aussprechen, da der Handlungsfaden alles andere als leichte Kost ist und die Geschichte in ihrem Aufbau überaus komplex – was nicht zuletzt durch die wunderbar in Szene gesetzten Panels der Welt noch unterstrichen wird. Zumindest kann man jetzt den Skeptikern die komplette Reihe ans Herz legen und damit eine skurrile und phantastische Geschichte, die mit beeindruckenden Illustrationen den Leser in ihren Bann zieht.
Der Splitter Verlag hat mit der Reihe „Thorinth“ einen Comic vorgelegt, der mit seinem Stil und seinem Inhalt die Leserschaft durchaus polarisieren wird: Entweder ist man verstört und erschlagen von der Bildgewaltigkeit und der abstrusen Erzählung dieser Reihe oder man gibt sich dieser seltsamen Suche des Protagonisten hin und lässt sich von dem alptraumhaften Zauber des Narrenturms zu einem Lesegenuss ganz besonderer Art einfangen.
Für mich ist diese Reihe ein gelungenes Debüt des überaus kreativen Autors und Zeichners Nicolas Fructus, welche ich Freunden der „anspruchsvollen“ Phantastik nur wärmstens empfehlen kann, auch wenn der Schluss vielleicht nicht ganz so ausfällt, wie man sich das vorgestellt hat.
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