Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Cthulhoide Welten 18
Bewertung:
(3.9)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 21.02.2011
Autor:Adam Crossingham, Koen Gorrickx, Nils Hinrichsen, Wolfgang Hübner, Sam Johnson u.a.
Übersetzer:Frank Heller, Markus Widmer, Kai Zimmermann
Typ:Magazin
System:Cthulhu
Setting:Cthulhu
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:ISSN 1610-5362
Inhalt:132 Seiten, Softcover
Preis:9,95 EUR
Sprache:Deutsch

Die neue Ausgabe der „Cthuloide Welten“, dem offiziellen deutschen Cthulhu-Magazin aus dem Hause Pegasus, erscheint wie immer als Softcover in bester Druckqualität und präsentiert auf 132 Seiten wieder eine Fülle von Artikeln, Abenteuern, Hintergrundinformationen und Spielhilfen zu „H. P. Lovecrafts Cthulhu - Das Rollenspiel“.

 

Zum Layout der „Cthuloiden Welten“ der Ausgabe 18 brauche ich an dieser Stelle sicherlich nicht viele Worte zu verlieren, da Pegasus Press mehr oder weniger den optischen Standard in Sachen Fanmagazin mit seiner halbjährlichen Ausgabe gesetzt hat: Ein durchgehend zweispaltiges und schwarz-weißes Layout, welches durch zeitgenössische Fotos bzw. Illustrationen aufgelockert wird, durch eine übersichtliche Gestaltung und Seitenumbruch besticht und durch seine Autoren und Übersetzer auch sprachlich zu überzeugen weiß. Die Covergestaltung dieser Ausgabe oblag – wie gewohnt – Manfred Escher, wobei das Coverbild von Francois Launet stammt

 

Inhalt

Nach dem obligatorischen, kurzen und informativen Vorwort des Herausgebers Frank Heller, in dem dieser auf die Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe eingeht, schließen sich die Cthulhuiden Nachrichten an, bei denen sich alles um die bereits veröffentlichten oder anstehenden Publikationen sowohl von Pegasus Press im Bereich Cthulhu und der anderen einschlägig für Cthulhu-Publikationen bekannten englischsprachigen Verlage, seien es Chaosium, Catalyst Game Labs, Miskatonic River Press oder Goodman Games dreht.

 

Den Auftakt macht das Abenteuer „Der Schattengang“ von Nils Hinrichsen, welches für das Setting von „Mittelalter – Die dunklen Jahre“ konzipiert und mit einigen sehr guten Illustrationen von Ralph G. Kretschmann versehen ist.

In diesem Abenteuer übernehmen die Spieler die Charaktere von Bewohnern des schweizerischen Bergdorfs Flühli, das von dem tyrannischen Hauptmann Sigebriht und seinen Männern drangsaliert wird. Die Zwangsarbeit der Bauern an der neuen Wehranlage bringt die Ernte in Gefahr und damit auch die Lebensgrundlage der Menschen im Tal. Doch der alte Einsiedler Chuonrad weiß, wie man die alten Götter um Hilfe bitten kann und so wird ein finsteres Ritual vorbereitet, welches Flühli und seine Bewohner befreien soll.

Wer auf der Suche nach neuen Abenteuern für die cthuloide Welt des Mittelalters ist, dürfte hier auf jeden Fall fündig werden. Zwar gibt es gewisse literarische Vorbilder, die nicht geleugnet werden und einige Einschränkungen bei der Auswahl der Charaktere, doch mit diesen kleinen Schönheitsfehlern kann man sich durchaus anfreunden und erhält ein stimmungsvolles Szenario.

 

Mit „Suite 608“ präsentieren Daniel Neugebauer und Sebastian Weitkamp ein Szenario im „Grandhotel Arcadia“ in den 1920ern.

Die Charaktere verschlägt es aus unterschiedlichen Gründen in das „Grandhotel Arcadia“, wo sie allerdings nicht nur ein Aufenthalt der Luxusklasse erwartet: Sie werden Zeuge eines tragischen und spektakulären Todesfalls und weitere Nachforschungen ergeben, dass es in einem Zimmer des Hotels nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint.

Ein überaus imposanter und spieltechnisch sehr interessanter Hintergrund trifft auf eine geschickt inszenierte Detektivgeschichte, die sich langsam aber sicher cthuloid entwickelt und einige Gefahren aufweist. Wer als Spielleiter unter Umständen Hilfe bei der Umsetzung benötigt, dem sei der beigefügte Spielbericht als Lektüre empfohlen, der, ebenso wie die entsprechenden Handouts, abgedruckt ist.

 

Wer das Szenario „Suite 608“ passend umsetzen möchte oder aber auf der Suche nach einem universellen Abenteuerschauplatz ist, dürfte bei der Beschreibung des „Hotel Arcadia“ von Sebastian Weitkamp an der richtigen Adresse sein. Neben einem kompakten Überblick über unterschiedliche luxuriöse Hotels in Europa und einigen allgemeinen Informationen über „First-Class-Herbergen“ in den 1920ern, gibt es eine komplette Beschreibung des „Hotel Arcadia“, die beim Hotelmanager anfängt und beim Portier Franz aufhört. Zudem gibt es noch Skizzen für drei verschiedene Szenarios, in welche Charaktere bei ihrem Aufenthalt in diesem Hotel hineingeraten können.

Gerne hätte man sich von Autor Sebastian Weitkamp einen etwas längeren Artikel gewünscht, da die Beschreibung des „Hotel Arcardia“ in einigen Bereichen doch etwas knapp ausfällt – hier ist der kreative Spielleiter gefordert, entsprechende Lücken zu füllen. Auf jeden Fall aber sehr schön gemacht ist der abgedruckte Grundriss des Erdgeschosses, der sicherlich universell zu verwenden ist.

 

Einen Artikel über die faszinierende Kunst der Bühnenmagie für die 1890er und 1920er liefert Daniel Neugebauer in „Magie ist keine Zauberei“. Von der magischen Kunst, der Magie auf der Bühne bis hin zu Tricks, die verzaubern, stellt Neugebauer die Entwicklung der modernen Bühnenmagie und einige wichtige Vertreter dieses Genres vor. Vorgestellt wird aber auch der Beruf des Magiers als Charakter – egal ob es sich um einen schlechten Taschenspieler mit seinen Tricks oder um einen großen Magier mit eigenem Ensemble und Revue handelt. Wer nach diesem Artikel auf den Geschmack gekommen ist, dem sei die (leider) sehr knappe Liste mit weiteren Empfehlungen zu Büchern und Filmen ans Herz gelegt.

 

In der Reihe „Personen aus den 20er Jahren“ porträtiert Autor Sebastian Mangels den Lebensweg von Fritz Haber, der auch als „Der Vater des Gaskrieges“ Einzug in die Geschichtsbücher gefunden hat. Fritz Haber, wilhelminischer Spross jüdischer Herkunft hatte kein einfaches Leben, da ihm immer wieder wegen seines jüdischen Glaubens gesellschaftliche Verachtung entgegenschlug. Die Rolle, die Fritz Haber bei der Entwicklung von Giftgas als Pionier der chemischen Kriegsführung übernahm wird ebenso dargestellt, wie die wissenschaftliche und persönliche Tragödie des späteren Nobelpreisträgers. Manchem Spieler dürfte Haber allerdings ohnehin kein Unbekannter sein, spielt er doch in dem Abenteuer „Ein Sommernachtsalptraum“ aus dem Band „Niemandsland – Grabenkrieg & Heimatfront“ eine ganz besondere Rolle.

Ein lesenswertes Porträt, welches nicht zuletzt auch mit einigen Abenteuerideen aufwarten kann, da es durchaus leichtfallen dürfte, Haber das Klischee eines kaltblütigen und genialen Wissenschaftlers anzuhängen, der einen kultischen Hintergrund hat.

 

Mit „Snofrus Schwert“ wird auf 22 Seiten eine Geheimorganisation vorgestellt, die sich dem Kampf gegen das kriechende Chaos und dem Wirken Nyarlathoteps verschrieben hat und deren Wurzeln weit zurück in die Vergangenheit reichen. Von der Entstehung, der wechselvollen Geschichte bis hin zur modernen Organisation, dem Hauptquartier und vorgefertigten Charakteren beleuchtet dieser Artikel, der eigentlich für „Cthulhu Now“ gedacht ist, die komplette Bandbreite dieser Geheimorganisation ab. Natürlich lässt sich „Snofrus Schwert“ ohne große Probleme auch für Cthulhu in den 20ern einsetzen.

 

Eine mögliche Version der Geschichte der Templer, wie sie in einer Cthulhu-Kampagne auftreten können, schildert der Artikel „Die Tempelritter“ von Sam Johnson in der Übersetzung von Kai Zimmermann, der ursprünglich für den Arkham-Band übersetzt, dort allerdings nicht verwendet wurde. Mehr eine Inspiration für Spielleiter, wie man die zahlreichen Rätsel und Geheimnisse, die diesen Orden umgeben, mit cthuloidem Hintergrund anreichern kann, als „echte“ Geschichtsschreibung. Ein Beispiel aus dem Inhalt: Die Tempelritter haben die Originalausgabe von Alhazreds „Al-Azif“ erbeutet, welches sich bis zum heutigen Tage im Besitz des Ordens befindet.

 

Ein Novum wird ebenfalls in dieser Ausgabe vorgestellt: Eine kleine cthuloide Kurzgeschichte mit dem Titel „Im Krieg und in der Liebe“. Diese, ursprünglich für den Band „Mittelalter – Die dunklen Jahre“ vorgesehene Geschichte, von Astrid Mosler (die schon zur Erstauflage des Grundregelwerks „Engel“ eine Kurzgeschichte beigesteuert hat) konnte leider mangels Platz im Mittelalterband nicht mehr veröffentlicht werden. Kein Problem, dachte sich da wohl die Redaktion und nahm kurzerhand die aktuelle Ausgabe der „Cthuloiden Welten“ für die verspätete Präsentation dieser durchaus lesenswerten Kurzgeschichte.

 

Ein Interview mit Robert Maier, der als Übersetzer von Werken wie „Horror im Orient-Express", „Geheimnisvolles Marokko", „Innsmouth" oder aber auch „Berge des Wahnsinns" gearbeitet hat, bietet einen sehr guten Einblick in die vermeintlich langweilige und anspruchslose Welt des Übersetzers. Nach diesem Artikel dürften einige Kritiker von vermeintlich misslungenen Übersetzungen diesen Berufsstand sicherlich mit etwas anderen Augen sehen.

 

In der Rubrik „Spielend leiten – Spieler leiten“ widmet sich Thomas Michalski im mittlerweile fünften Teil der Überarbeitung des Regelkonzepts für Cthulhu einem weiteren interessanten Thema und zwar „Der Regeln blanker Wahnsinn“. Und so dreht sich hier alles um Wahnsinn, geistige Gesundheit und Stabilität. Die neuen Ansätze hierbei sind auf jeden Fall eine Überlegung wert, machen sie aus der bislang nur vorhandenen „Geistigen Stabilität“ als Indikator für die Gesundheit der Psyche eines Charakters weitaus mehr.

 

Den Abschluss des Heftes macht wie immer der obligatorische „Unspeakable Vault of Doom“, ein lovecraft´scher Comic von Francois Launet, der wiederum von Frank Heller übersetzt wurde.

 

Fazit

Wer „Cthulhu“ spielt, dürfte auch an dieser neuen Ausgabe der „Cthulhoiden Welten“ nicht vorbeikommen. Wie so oft eine absolut lesenswerte Ausgabe, die sich auch den vermeintlichen „Nischenprodukten“ wie „Cthulhu Now“ und „Mittelalter – Die dunklen Jahre“ mit Hintergrundmaterial widmet. Mir persönlich hat die Beschreibung von „Snofrus Schwert“ sehr gut gefallen, bildet doch diese „Sekte“ reichlich Platz für Ideen und Anregungen für das eigene Spiel. Die beiden vorgestellten und spielfertigen Abenteuer lesen sich sehr interessant und sollten ohne Probleme (und ohne größere Vorbereitung) spielbar sein. In Sachen Qualität stehen sie dabei den Abenteuerbänden ohnehin in nichts nach – im Gegenteil. Oftmals erscheint mir die „Cthuloide Welten“ wie eine Art Versuchslabor, in dem erfreulicherweise auch einmal ungewöhnliche Wege eingeschlagen werden, die sich für den Käufer aber auf jeden Fall lohnen.

 

In der dritten Ausgabe des Online-Magazins „Der Ruf“ gab es mit „Grand Hotel" bereits einmal eine Spielhilfe über die großen Luxushotels zwischen 1871 und 1930 für Cthulhu. Wer diese Ausgabe verpasst hat, dürfte jetzt mit der Beschreibung des „Arcadia“ als luxuriöse Unterkunft passende Hintergrundinformationen erhalten, die sich problemlos auch in andere Abenteuer einbauen lassen. Das Abenteuer „Suite 608“ vor die Beschreibung des Grandhotels zu setzen war vielleicht etwas unglücklich – das dürfte allerdings schon jammern auf sehr hohem Niveau sein.