Links zur Rezension Die neue Ausgabe der „Cthuloide Welten“, dem halbjährlich erscheinenden, offiziellen deutschen Cthulhu-Magazin aus dem Hause Pegasus, erscheint wie immer als Softcover in bester Druckqualität und präsentiert auf 132 Seiten wieder eine Fülle von Artikeln, Abenteuern, Hintergrundinformationen und Spielhilfen zu „H. P. Lovecrafts Cthulhu - Das Rollenspiel“.
Das von Pegasus Press in der „Cthuloiden Welten“ präsentierte Layout hat sicherlich einen Standard im optischen Erscheinungsbild von Fanmagazinen gesetzt: Ein durchgehend zweispaltiges und schwarz-weißes Layout, welches durch zeitgenössische Fotos bzw. Illustrationen aufgelockert wird, durch eine übersichtliche Gestaltung und Seitenumbruch besticht und durch seine Autoren und Übersetzer auch sprachlich zu überzeugen weiß. Die Covergestaltung dieser Ausgabe oblag – wie gewohnt – Manfred Escher, wobei das Coverbild von Jennifer S. Lange stammt.
Inhalt:Den Auftakt macht das kurze aber informative Vorwort des Herausgebers Frank Heller, in dem dieser die Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe vorstellt. Es schließen sich die Cthulhuiden Nachrichten an, bei denen sich alles um die bereits veröffentlichten oder anstehenden Publikationen sowohl von Pegasus Press im Bereich Cthulhu und der anderen, einschlägig für Cthulhu-Publikationen bekannten, englischsprachigen Verlage, seien es Chaosium, Cubicle 7 Entertainment, Goodman Games, Miskatonic River Press oder Super Genius Games, dreht.
In dem Abenteuer „MorgenGrauen“ von Sebastian Weitkamp können die Spieler ein wahrlich cthuloides Kammerspiel erwarten, war dieses Szenario doch ursprünglich für den Abenteuerband "Kleine Räume" verfasst worden. Die Charaktere werden zu einer Feier bei einem guten Freund eingeladen und sehen sich recht bald gezwungen, eine Nacht in einem Haus zu überstehen, das sie nicht mehr verlassen können. Mit rund 40 Seiten, einem detaillierten Zeitplan, Spieltestbericht und entsprechenden Handouts erwartet einen hier ein absolut spannendes und atmosphärisch sehr dichtes Abenteuer.
Ein weiteres Abenteuer in den 1920er Jahren heißt „Der tiefe Fall des Dr. Erben“ und spielt im verschneiten Harz, in dem kleinen Kurort Schierke am Fuße des Brockens. Einer der Charaktere ist an einem Hirntumor erkrankt und die letzte Rettung scheint eine Behandlung durch Dr. Erben zu sein, der mit seinen neuen Methoden unglaubliche Erfolge erzielt. Doch hinter der Fassade des Arztes steckt noch viel mehr, als die Charaktere auf den ersten Blick erahnen können. Eine insgesamt sehr gelungene Atmosphäre, ein ausgefallener Schauplatz und eine Handlung, welche die Spieler in ihren Sog zieht.
Ursprünglich erschien das Abenteuer „Die versunkene Stadt“ von William Jones in dem Band „Secrets of Morocco“ von Chaosium unter dem Titel „The Ocean of Sand“. Es handelt sich von seinem Inhalt her nicht unbedingt um ein klassisches Cthulhu-Abenteuer, ist aber wegen seines Zusammenhangs mit dem bei Pegasus Press erschienenen Bandes „Geheimnisvolles Marokko“ durchaus einen Blick wert, führt es die Spieler doch mitten in die Sahara, wo sie einen der größten Schätze der Welt entdecken können: Katuris – eine Stadt, die einst Außenposten des sagenumwobenen Reiches von Atlantis war. Wer Lust auf einen Hauch Flair von Indiana Jones bei seiner Expedition hat, sollte sich dieses Abenteuer nicht entgehen lassen.
Autor Stepan Behrens präsentiert in „Tunguska – Weltuntergang in der Taiga“ einen Blick auf die Geschehnisse, welche dort 1908 vielleicht wirklich stattgefunden haben. Wer sich über diesen Artikel wundert, da es im Band „Terra Cthulhiana“ von Pegasus Press bereits einen Artikel über Tunguska gab, sei an dieser Stelle beruhigt. Hier gibt es eine lesenswerte Alternativversion der Geschehnisse, die mit einigen neuen Ideen und Plothooks aufwarten kann.
Es gab in diesem Jahrhundert zahlreiche bedeutende „Geisterjäger“, von denen der Engländer Harry Price vielleicht einer der bekanntesten ist. Er konnte im Laufe der Jahre die neuesten wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen für ihr Ziel heranziehen, die Echtheit eines über alle Zweifel erhabenen Spuks nachweisen und brachte alle Einzelheiten über seine Entwicklung zu einem Geisterjäger in dem Buch „Fifty Years of Psychical Research“ (1939) aufs Papier. Harry Price war ein schillernder und arbeitsamer Parapsychologe, der nur gelegentlich die Bedeutung seines Werks durch bewusste Sensationsmache und effektvolle Darbietungen schmälerte. Seine Forschung auf verschiedenen Gebieten des Übernatürlichen und insbesondere seine umfangreiche Untersuchung des Pfarrhauses von Borley in Essex, dem „spukreichsten Haus Englands“, machten ihn weltberühmt. Die Autoren Tim Scharnweber und Paul Adams widmen sich in der Reihe „Personen in den 1920ern“ dieser umstrittenen Persönlichkeit und präsentieren ganz nebenbei einige interessante Abenteuerideen.
Der Einfluss von „August Derleth“ auf Lovecraft und den Mythos, wie wir ihn heute kennen, ist immens und so widmet sich Autor Holger Göttmann der „Epigone aus Wisconsin“, ohne den es den „Cthulhu-Mythos“ eigentlich nicht unbedingt gäbe. Wer auf den Geschmack gekommen ist, dem sei die Übersicht der Veröffentlichungen von Derleth empfohlen (soweit diese ohnehin nicht schon längst alle gelesen sind und im Regal stehen).
Den Auftakt zur Reihe „Geschichten aus dem Mittelalter" macht in dieser Ausgabe die Übersetzung des lateinischen Textes „Der unheilige Windhund“, der dem Leser von Nathanael Busch präsentiert wird und von niemand geringeren als Sir Hansen Poplan, dem berühmten Mythoskundigen, dem geneigten Leser als mehr oder weniger aufschlussreiche Lektüre empfohlen wird. Die gelungene Handoutgestaltung von Marc Meiburg macht diesen lateinischen Text zu einem hübschen Kleinod.
Die Autoren von „Berge des Wahnsinns“, Janyce und Charles Engan, geben im „Interview“ mit der Redaktion einen überaus aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen der groß angelegten Kampagne, ihre mühsame Entstehung und den Spaß an der Ergänzung und Überarbeitung der deutschen Neuauflage.
Nicht zu vergessen sei Thomas Michalski mit seinem Artikel „Magische Kräfte und monströse Kreaturen“ aus der Reihe „Spielend leiten – Spieler leiten“, in dem er den vorläufigen Schlusspunkt unter sein überarbeitetes Regelwerk für die Welt von Cthulhu setzt und mit seinem letzten Artikel zugleich auch einige Probleme der bisherigen Änderungen aufnimmt und seine Erfahrungen nach einer gut vierjährigen Erprobungsphase schildert. Auch wenn es sich nicht um ein offizielles Regelwerk handelt, so hat Thomas Michalski doch mit viel Feingefühl einige Fragen aufgeworfen, die sich bislang vielleicht noch niemand in dieser Form getraut hat zu fragen. Respekt vor dieser großartigen Arbeit. UIch habe die stille Hoffnung vielleicht einiges in der nächsten Edition des deutschen Regelwerkes wiederzufinden.
Natürlich darf auch „Unspeakable Vault of Doom“ nicht fehlen und so schließt der Lovecraftsche Comic von Francois Launet in der Übersetzung von Frank Heller die Ausgabe.
Fazit:Drei gute Abenteuer mit einem Umfang von rund 90 Seiten, die nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch überzeugen können – hier bekommt man als Leser für recht wenig Geld eine ganze Menge geboten. Zwar mag in diesem Trio das Abenteuer „Die versunkene Stadt“ nicht ganz das Niveau der beiden anderen erreichen, aber selbst dieses besitzt seinen ganz eigenen Reiz. Ansonsten gibt es wie so oft eine ganze Reihe von sehr gut recherchierten Artikeln und einiges an Hintergrundmaterial, welches sich ohne größere Probleme für eigene Ideen nutzen lassen oder aber einfach nur als Inspirationsquelle dienen kann.
Besonders interessant und sehr lesenswert ist das Interview mit Janyce und Charles Engan, den beiden Autoren der Kampagne „Berge des Wahnsinns“, da es nicht nur um das Abenteuer geht, sondern es auch einen Blick zurück in die manchmal etwas chaotischen Gründerzeiten des Rollenspiels wirft, als es noch Enthusiasten gab, die mehr wollten als nur Zeilengeld, wenn sie ein neues Abenteuer konzipierten.
Wie so oft bei der „Cthuloide Welten“ kann ich auch diesmal den Kauf nur empfehlen!
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