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The Unknown Regions
Bewertung:
(4.2)
Von
Alias: Matrix
Am: 24.02.2011
Autor:Gary Astleford, Own K.C. Stephens, Rodney Thompson
Typ:Regelerweiterung, Kampagnenweltbeschreibung
System:Star Wars Saga
Setting:Star Wars
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:978-0-7869-5399-8
Inhalt:223 Seiten
Sprache:Englisch

„The Unknown Regions“ ist das letzte Buch, welches für das Star Wars Saga-System erscheinen wird, bevor WotC die Lizenz verliert (bzw. mittlerweile schon verloren hat).

 

Erster Eindruck

Das Coverbild entspringt einmal mehr den Zeichenkünsten von Gonzalo Flores, der auch bereits viele andere Cover von Saga-Büchern gezeichnet hat. Das Titelbild weiß zu gefallen und birgt in sich viel Action. Die Qualität der Bindung ist gewohnt gut, auch das quadratische Format weiß mich, auch am Ende der Saga-Reihe, weiterhin zu überzeugen. Die altbekannte Wellung der Seiten ist vorhanden, aber nur leicht ausgeprägt, weswegen es nicht weiter stört.

 

Introduction:

Die Einführung macht klar, was man in „The Unknown Regions“ zu erwarten hat: Material, mit welchem man Regionen außerhalb des Outer Rims, abseits jeglicher bekannter Planeten, bespielen und erleben kann. In einem Extrakasten wird darauf hingewiesen, dass das meiste Material den Köpfen der Autoren entstammt, Geschichten und allerlei andere Dinge jedoch mindestens eine Erwähnung in bestimmten Büchern und Romanen des Expanded Universe haben. Mit diesen Informationen ausgerüstet, beginnen wir mit den Character Options.

 

Chapter 1: Character Options:

Eröffnet wird dieses Kapitel mit den obligatorischen neuen Rassen, die für Nichtkenner des EU wohl komplett neu sein werden. Besonders interessant sind die „Near-Humans“, also menschenähnliche Rassen, die ihren Ursprung einst beim Menschen hatten. Es werden Regeln geboten, mit denen man sich sein eigenes „Near-Human“-Volk erschaffen kann. Eine recht große Tabelle bietet dabei die nötigen Auswahlmöglichkeiten. In meinen Augen besteht mit den Near-Humans die Gefahr, dass sich in einer unregulierten Runde jeder Spieler einen Near-Human bastelt, so wie er ihn gerade braucht. Dieser Gefahr sollte sich der SL gegebenenfalls bewusst sein.

 

Im Anschluss finden wir die ebenfalls obligatorischen Talent Trees für die einzelnen Grundklassen, sowie für einige Prestigeklassen vor. Diese sind etwas schwankend in der Qualität. Der „Outsider Talent Tree“ setzt das Bild des etwas dümmlichen oder speziellen Außenseiter/Fremden in interessante Fähigkeiten um. So wie z.B. „Outsider’s Query“, welches bei einem fehlgeschlagenen Persuasion-Check die Einstellung des Zieles gegenüber des SCs nicht verschlechtert. Hier verbindet sich ein interessantes Thema mit passenden Fähigkeiten. Weniger gelungen ist meiner Ansicht nach der „Exile Talent Tree“, der bspw. aus der „Band together“-Fähigkeit mit dem „Directed Attack“ besteht. Trifft ein Verbündeter in einem bestimmten Radius einen vorher festgelegten Gegner erhält dieser 1d6 mehr Schaden. Bei diesem Tree passt alles nicht so recht zusammen. Warum ein Exilant Leute für einen gemeinsamen Zweck besonders gut zusammen bringen soll, sei mal dahin gestellt. Unpassend erscheint mir die Verquickung der „gezielten Attacke“ mit einem simplen Bonusschaden. Das ist leider wenig kreativ.

An diesen beiden Beispielen lässt sich der durchwachsene Eindruck, jedoch mit positiver Tendenz, gut erkennen.

 

Die neuen Talente liefern ein ähnliches Bild. Einige der hier Präsentierten lesen sich sehr ähnlich wie jene aus D&D. An dieser Stelle haben die Autoren wohl beim großen Bruder etwas abgeschaut. Die anderen Talente sind ganz nett und an der einen oder anderen Stelle auch nützlich. So erlaubt das „Instinctive Attack“-Feat eine Wiederholung des Angriffswurfes im Gegenzug für einen Machtpunkt und macht es möglich, dass der SC das bessere Ergebnis wählt. Wirklich innovative Feats sehen anders aus, solche habe ich im letzten Buch der Saga-Reihe aber auch nicht mehr erwartet.

 

Abgeschlossen wird das Kapitel mit der „Blazing Chain“, einer machtbenutzenden quasi-Piratentruppe. Unter verschiedenen Gesichtspunkten wie „History“ und „Philosophy“ wird diese Gruppe näher vorgestellt. Es handelt sich im Grunde um eine Verbindung machtsensitiver Personen, die in den unbekannten Regionen Raubzüge durchführen. Eine tiefere Philosophie ist nicht zu finden und erweckt daher den Eindruck von Kanonenfutter für potentielle SCs. Unter „Playing a Member of the Blazing Chain“ hatte ich mir Informationen zur Spielweise erhofft, wie z.B. ein Charakter, der laut der Beschreibung in diesen losen Flottenverbänden sein sollte, zu den SCs stößt. Dagegen findet man lediglich eine Auflistung welcher Klasse ein SC angehören könnte/sollte, wenn er bei der „Blazing Chain“ ist.

Die Organisation ist nett und bietet dem SL Möglichkeiten für eine Begegnung mit dieser Organisation, aber leider nicht mehr.

 

Chapter 2: Explorer’s Equipment:

Ebenfalls obligatorisch ist eine Handvoll an neuer Ausrüstung, die wir auch in “The Unknown Regions” finden. Ob es wirklich notwendig gewesen wäre, in beinahe jedem Buch irgendein neues Schwert oder einen neuen Blaster einzuführen, sei mal dahin gestellt. Interessanter wird es bei den neuen Droiden, Vehikeln, Raumschiffen und Reittieren. Eine Aufzählung bzw. Besprechung aller würde den Rahmen dieser Rezension sprengen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Mischung abwechslungsreich ist und wir z.B. bei den Reittieren von Banthas bis zu den Kaadu, den Reittieren der Gungans, vieles dabei haben. Leider gibt es nicht zu jedem Droiden, Vehikel, und so weiter ein eigenes Bild. Hier ist eigene Recherchearbeit gefragt. Etwas wett gemacht wird dies durch die zwei tollen Raumpläne des JumpMaster5000 und des MRX-BR Pacifier Raumschiffes, die beide sehr gelungen sind.

 

Chapter 3: Exploration Campaign:

"The Unknown Regions" liefert dem Spielleiter mit diesem Kapitel ausgearbeitete Kampagnen, deren Verlauf bereits zu großen Teilen vorgegeben ist, gibt ihm Hilfsmittel an die Hand, wie er neue Planeten erschaffen kann (samt Zufallstabellen), wie er neue Kreaturen kreieren kann und wie er das "Erkunden" und den Reiz des Neuen in seine Kampagne optimal einbringt.

 

Die zwei ausgearbeiteten Kampagnen sind ein netter Denkanstoß, jedoch angereichert voller Klischees und Railroading. So ist die Grundsituation der ersten Kampagne, dass die Abenteurer auf einem gegnerischen Schiff durch einen experimentellen Antrieb plötzlich in den Unknown Regions herauskommen - und nun den Weg nach Hause suchen müssen. Das ist Raumschiff Voyager oder Stargate: Universe und eines der Standardthemen im Rahmen der Science Fiction. Die andere Idee basiert auf dem Prinzip "Auf der Suche nach Planet X um Objekt/Person/Rasse/Technologie Y zu finden".

Möchte man den vorgestellten Ablauf (jeweils in 3 Akte gegliedert) streng nach dem Buch durchziehen, ist starkes Railroading seitens des SLs gefragt. Hingegen als Ideensammlung betrachtet, bieten sich einige nette Optionen.

Inspirierend ist auch die Sammlung von Tipps, wie "Erkundung" am besten in die Kampagne zu integrieren ist. Der SL wird an die Hand genommen und erhält hilfreiche Tipps, leider aber auch profane. Dass eine tickende Zeitbombe die Spannung erhöht, dürfte den meisten Spielleitern bereits davor klar gewesen sein.

 

 

Chapter 4: Hazards:

Das Regelelement der "Hazards" als Hindernis für die SCs wurde bereits im Grundregelwerk eingeführt. In diesem Kapitel werden sie nochmals aufgegriffen und in ein neues Statblockformat gebracht. Neben einer ausführlichen Anleitung, wie man eigene Hazards erstellt und sie bspw. dem Herausforderungsgrad der Gruppe anpasst, werden am Ende des Kapitels einige Hazards geliefert. Dieses Kapitel besteht vorwiegend aus Regelmaterial und lässt am Ende kaum Fragen offen. Positiv fällt auf, dass für alle Levelbereiche Hazards geliefert werden.

 

 

Chapter 5: Threats:

Wie der Name schon sagt, ist dieses Kapitel eine Ansammlung von "Bedrohungen" jeglicher Art. Auf über 30 Seiten werden viele verschiedene Volksgruppen oder Organisationen mit Beschreibungen, Motiven, Methoden, Geschichte und einem Abschnitt, wie sie einzubringen sind, präsentiert. Die Varianz ist dabei groß und reicht von Ebruchi-Piraten, die Hyperraum-Routen belagern, bis hin zu den mysteriösen Sorcerers of Rhand.

Mir persönlich gefällt dieses Kapitel sehr gut, da man besonders bei einer Kampagne außerhalb des normalen Star Wars Rahmens viel eigene Fantasie braucht, wenn man ein neues Spielerlebnis schaffen möchte. Hier kommen die "Threats" als Inspiration oder auch als play-out-of-the-book Bösewichte oder Begegnungen gerade recht. Kombiniert mit den Kampagnenideen aus Kapitel Drei lassen sich in relativ kurzer Zeit bereits viele Abenteuerideen finden und umsetzen. Die dargebotenen Informationen sind zweckmäßig und decken die meisten Fragen ab.

 

 

Chapter 6: Planets:

Zu diesem Kapitel lässt sich nur wenig sagen. Wir bekommen eine Auflistung von acht Planeten deren Geschichte dargelegt und mit kurzen Beschreibungen von Örtlichkeiten, Fraktionen, Abenteuerideen und Gefahren ausgestattet wird. Durch die ausgelagerten Gefahren zerfasern sich diese über das ganze Buch und der Spielleiter muss viel blättern, bis er wirklich alle Hazards gelesen hat.

In Anbetracht des Themas "Unknown Regions" ist solch eine Auflistung von neuen Planeten logisch und zweckführend. In einem anderen Buch hätte ich den Autoren (einmal mehr) Platzschinderei vorgeworfen, da es zum klassischen Star Wars-Setting tonnenweise Informationen aus anderen Quellen gibt. In diesem Fall helfen sie dem Spielleiter, ebenfalls wie in Kapitel drei und fünf, sich Inspirationen zu holen oder ganze Planeten direkt aus dem Buch heraus zu bespielen, da dazu nur noch wenig Arbeit zu leisten ist.

 

 

Chapter 7: Deep Space Encounters:

Abgeschlossen wird "The Unknown Regions" mit einer ganzen Hand voll an Miniabenteuern. In der Einleitung werden sie als Notfallplan deklariert, falls der SL einmal schnell ein paar Stunden Zeit füllen muss oder es dringend eine Ablenkung vom Hauptplot benötigt. Diesem Anspruch werden die Abenteuer (rein formell) gerecht. Es wird ein einfacher Grundplot geboten, der innerhalb kurzer Zeit aufgelöst werden kann. Dabei werden mit den Statblocks und Begegnungskarten alles mitgeliefert, was der SL dazu braucht. Leider beschränken sich die Abenteuer bis Level 11 und gehen nicht darüber hinaus.

Nichtsdestotrotz stelle ich an solche Miniabenteuer den Anspruch, dass sie sich in ihrem Plot am Grundthema der "Unknown Regions" orientieren. Dies ist leider nicht der Fall. Jedes Abenteuer lässt sich ohne irgendein Problem auch in der bekannten Star Wars-Welt spielen. In einem wird ein SC gar von einem Verwandten kontaktiert. Mit der Kampagnenidee eines gestrandeten Schiffes aus Kapitel drei im Hinterkopf erscheint ein solcher Plot beinahe lachhaft.

Auch hätten ebenso vier, statt acht, Abenteuer gereicht. In diesem Fall jedoch hätte ich lieber mehr Planeten oder Threats an dem Platz gesehen, der für diese Abenteuer draufgegangen ist. Eine Aufteilung der Abenteuer in Level 5, 10, 15 und 20 wäre ein wirklicher Gewinn gewesen.

 

Fazit:

"The Unknown Regions" gelingt es, die sich selbst gesteckte Prämisse zu erfüllen. Das Buch liefert alle Informationen und alles Material, das es benötigt, um eine Kampagne in den unbekannten Gebieten aufzuziehen. Neben dem obligatorischen Crunch-Teil ist dieses Buch hauptsächlich für die Spielleiter gedacht.

Die Kampagnenideen erweisen sich in Kombination mit den neu aufgearbeiteten "Hazards", den "Threats" und "Planets" als dankbare Inspirationsquelle für den Spielleiter. Es ist nicht schwer, bestehendes (gerade in den Kampagnenideen) den eigenen Wünschen anzupassen und doch ist es möglich alles auch ohne größeren Aufwand out-of-the-book zu spielen. Die gegebenen Tipps um das Gefühl einer "Erkundungs-Kampagne" hervorzurufen sind gut dosiert. Leider driften die Ideen immer wieder in starke Science Fiction Klischees ab, die der Spielleiter mit dem Kauf dieses Buch gerade vermeiden wollte. Doch selbst wenn man diese weglässt, bleibt genug verwertbares Material.

 

Potential wurde in meinen Augen bei der Organisation der "Blazing Chain" verschwendet. Zusätzlich hätte sie genauso gut im Kapitel "Threats" unterkommen können, was die Sinnhaftigkeit des Kapitels "Organization" in Frage stellt. Diese Streuung an ähnlichem Material findet sich leider seit jeher in den SAGA-Büchern. So finden wir auch hier bei den "Threats" eine Auflistung von passenden Hazards, die wir eigentlich im gleichnamigen Kapitel vermutet haben. Ebenso tauchen immer wieder "Species Traits" für bestimmte Rassen im Buch auf, die am Anfang des Kapitels wohl besser aufgehoben wären. Mir persönlich wäre eine solche Bündelung an einem Ort lieber, wohingegen ich aber auch bereits vielen Befürwortern dieser Praxis begegnet bin und es daher nicht weiter negativ anrechne.

 

"The Unknown Regions" ist ein Buch für Spielleiter, die aus dem normalen Star Wars-Feeling ausbrechen möchten, ohne aber Star Wars selbst zu verlassen. Besonders für solche, die sich schwer am Erfinden von eigenen Rassen oder Organisationen tun oder beständig Gefahr laufen doch wieder im alten Star Wars-Klischee zu landen, werden sich an dem Buch erfreuen.

Natürlich ist es ebenso eine Bereicherung für all jene, die ihre normalen Kampagnen durch eine neue Rasse, Bedrohung oder Organisation aufpeppen möchten.