Links zur Rezension Inhalt:Der Titel des dritten Bandes erklärt sich fast umgehend auf den ersten Seiten durch den Auftritt der Shogunai Ryin Fujiwara, die zurückgezogen in den Gemächern ihres Palastes vor einer noch leeren Leinwand steht und in einem Anflug von Wahn und Besessenheit damit beginnt, mit roter Farbe den „perfekten Strich“ auf die noch weiße Leinwand zu bringen.
Nach dem Tod von Kriegsherr Fudo hat Hauptmann Kenzo Kawakami unterdessen mehr oder weniger die Macht an sich gerissen und in der Stadt beginnt seine brutale Herrschaft über das Volk. Aus Angst vor weiteren Angriffen der Rebellen verhängt er eine nächtliche Ausgangssperre, die er unter Androhung der Todesstrafe bei Verstößen auch durchsetzt. Wer bei Dunkelheit auf den Straßen und Gassen der Stadt unterwegs ist, wird noch vor Ort geköpft und die Haut wird vom Gesicht abgezogen, die man als Warnung für andere vor deren Häusern ausstellt. Zu den Opfern der Ausgangssperre gehört auch der Vater von Ogi, als dieser zwei kleine Kinder, die spät abends noch unterwegs waren, vor den Stadtwachen beschützen will.
Auf der Suche nach seiner Vergangenheit und in der Hoffnung seine Erinnerung vielleicht wieder zu erhalten, hat sich Raido Caym in den Eiswald begeben, zumal er ohnehin auf der Suche nach Meiki ist, die er hier irgendwo vermutet. Es verschlägt ihn in sein ehemaliges Heimatdorf, wo die Erinnerung zurückkommt und er vor seinem geistigen Auge die Truppen des Shoguns Fujiwara sieht, die über das Dorf herfallen und es niederbrennen. Bei den erbitterten Kämpfen um das Dorf stirbt auch sein Vater, doch Raido Caym beweist schon in jungen Jahren seinen Mut, indem er als Kind den weiteren Kampf aufnimmt. Aber auch seine Verbindung zu Meiki scheint sich langsam zu lüften...
Schreibstil & Artwork:Saverio Tenuta wurde am 14.05.1969 in Rom in Italien geboren und ist auch dort aufgewachsen. Später graduierte er an der renommierten „Accademia di belle arti“ in Rom. Nach seinem Abschluss begann er zunächst als Kunstgraveur und Werbegraphiker zu arbeiten. Seine ersten Arbeiten im Bereich Comics waren Kurzgeschichten und einige Cover für verschiedene italienische Verlage, bei denen er unterschiedliche Techniken und verschiedene Stile einsetzte.
Unzufrieden mit seinem beruflichen Fortkommen, beschloss er sich zu spezialisieren und besuchte für ein Jahr die „Scuola Internazionale di Comics“, die unter der Leitung von Dino Caterini und dem künstlerischer Direktor Paolo Eleuteri Serpieri steht und in der er später selbst als Dozent Comic-Kurse geben sollte. Während dieser Zeit arbeitet Tenuta bereits mit einer ganzen Reihe von italienischen und amerikanischen Verlegern zusammen, darunter so namhafte wie Cierre (Arthur King), Universo (Intrepido), Tattilo (Playmen Comix), General Press (Il Corvo Presenta), RCS (2000 giorni al 2000) und Phoenix (Laida Odius und Italia XXIII Secolo). Für Phoenix veröffentlichte er gemeinsam mit dem Autor Otto Gabos auch seine erste Graphic-Novel „Cold Graze - Risvegli di Ghiaccio“.
Später entstanden durch die Zusammenarbeit mit amerikanischen Verlagen aber auch die Gestaltung von beispielsweise Trading Cards, Tarot-Karten oder Cover-Illustrationen. Dank seiner Kurzgeschichten wurde Tenuta ein regelmäßiger Gast im Magazin „Heavy Metal“, allerdings fand auch der One-Shot „Dolls“, den er gemeinsam mit Autor Lorenzo Bartoli für den Verlag Sirius schuf, durchaus Beachtung. Mit einer seiner besten Arbeiten legte er für den DC Comic „JLA – Riddle of the Beast“ vor, wo er für die graphische Gestaltung eines alternativen Batman verantwortlich war. Im Jahr 2004 begann seine Arbeit mit dem französischen Verlag Les Homanoïdes Associés für den er 2006 den ersten Band seiner Reihe „Die Legende der scharlachroten Wolken“ („La Légende des Nuées Écarlates”) vorlegte.
Mit dem dritten Band der auf vier Bände konzipierten Reihe rückt natürlich auch das Ende dieser mysteriösen Geschichte um den Ronin Raido Caym näher. Erneut zeigt Tenuta sein erzählerisches Können, indem er dem Leser einige weitere Einblicke in die seltsame Beziehung von Raido und Meiki bietet (ohne dabei allerdings zuviel zu verraten) und auch die Shogunai, deren Beweggründe sich ebenfalls nur sehr langsam ergründen lassen, etwas mehr in den Vordergrund rückt. Dabei ist das Szenario dynamisch erzählt, in stimmungsvolle und hervorragende Bilder gesetzt und besticht nicht zuletzt durch seinen fernöstlichen Charme. Es scheint, als habe Tenuta, nach dem etwas schwächeren zweiten Band, wieder zu seiner alten Form gefunden und versteht es seinen Protagonisten wieder in symbolträchtige Auftritte in Szene zu setzen. Aber es scheint nach wie vor so, als wolle er sich die abschließende Lösung des „Rätsels“ bis zum letzten Band aufheben und dort einen (hoffentlich) fulminanten Schluss hinlegen.
Doch nicht nur als Erzähler, sondern auch als Zeichner versteht Tenuta sein Handwerk sehr gut: Sein Artwork ist hervorragend gezeichnet und in Szene gesetzt. So ähneln einzelne Panels mit ihrer aufwendigen und sorgfältigen Kolorierung eher Illustrationen, die auch für sich alleine stehen könnten. Es sind immer wieder Bilder voller Brutalität, die er oftmals in rote und weiße Farbtöne taucht, die aber in ihrer Inszenierung immer etwas geheimnisvolles und absolut ästhetisches besitzen. Gleichzeitig strahlen diese Panels dabei eine sonderbare Ruhe und Stille aus, wie sie manchen alten japanischen Holzschnitten zu eigen ist.
Qualität, Ausstattung & Übersetzung:In Punkto Qualität liefert der Splitter Verlag wiederum einen solide verarbeiteten Hardcoverband ab, der sowohl im Druckbild als auch in der Übersetzung von Tanja Krämling keinerlei Anlass zu Beanstandungen gibt. In Sachen Ausstattung gibt es leider keine aufsehenerregenden Extras, wobei ich bei diesen zum Teil ausgezeichneten Illustrationen gerne einen Blick auf den Skizzenblock von Saverio Tenuta geworfen hätte. Wie bereits in den anderen Bänden der Reihe gibt es ein Namensregister der wichtigsten Akteure, so dass man als Leser bei den ungewohnten japanischen Namen nicht durcheinander kommt.
Fazit:Was Saverio Tenuta hier als Autor und Zeichner dem Leser in seinem Debüt „Die Legende der scharlachroten Wolken“ präsentiert ist sicherlich außergewöhnlich, da es ihm nicht einfach darum geht, fernöstliche Mystik mit einem gehörigen Schuss Fantasy zu mischen, sondern eine überaus komplexe und anspruchsvolle Geschichte vor einem authentischen Hintergrund in atemberaubende Bilder zu packen. Bereits bei den anderen Bänden der Reihe habe ich diese poetisch anmutende Geschichte sehr gelobt, welche nach dem zeichnerisch eher etwas schwächeren zweiten Band der Reihe hier wieder absolut überzeugen kann.
Insgesamt gibt es hier für den Leser eine sehr effektvoll in Szene gesetzte Geschichte, die über einen wunderbaren Spannungsbogen verfügt und die auch noch von fabelhaften Bildern begleitet wird. Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Besser kann man es eigentlich nicht machen – es sei denn, der Abschluss im vierten Band sollte maßlos enttäuschend sein, was ich mir im Moment allerdings nicht vorstellen kann.
Man muss nicht unbedingt ein Interesse für japanische Settings haben, um Geschmack an diesem Comic zu finden, der einfach durch eine restlos gelungene Kombination von Szenario und Bildern besticht, bei denen allerdings auch immer wieder Gewalt und Kampf verherrlicht werden. Insofern vielleicht nicht unbedingt etwas für jeden Leser, aber dennoch auf jeden Fall einen Blick wert und eine absolute Kaufempfehlung!
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